Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.08.2017, RV/7100393/2013

Technischer Zeichner als Dienstnehmer oder Werkvertragsnehmer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Krafft in der Beschwerdesache Architekt Bf., Anschrift, vertreten durch Stb., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA Waldviertel vom , betreffend Dienstgeberbeitrag für 2009 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert, der Dienstgeberbeitrag 2009 wird mit 
3.803,91 € festgesetzt. 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Architekt Bf. wurde im Jänner 2012 durch die belangte Behörde (FA) einer gemeinsamen Prüfung aller Lohnabgaben (GPLA) unterzogen. Mit Bescheid vom schrieb das FA der Bf. unter anderen hier nicht streitgegenständlichen Beträgen Dienstgeberbeitrag (DB) in Höhe von 717,44 € vor und führte begründend aus, dass Herr NN seit als freier Dienstnehmer (DN) gemeldet gewesen sei. Er nutze für seine Tätigkeit die gesamte Büroinfrastruktur und sei zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet, eine Vertretung sei aus Gründen der Geheimhaltung nicht möglich. Die Abrechung erfolge nach geleisteten Stunden mit einem bestimmten Stundensatz, was ein wichtiger Hinweis auf ein Dienstverhältnis sei. Das Gesamtbild der Verhältnisse spreche für ein echtes Dienstverhältnis.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde führt die Bf. aus, der freie Dienstvertrag sei zutreffend auf eine gewisse Kontinuierlichkeit der Tätigkeit abgestellt, aber er freie DN sei an keine persönlichen sondern nur an sachlichen Weisungen gebunden gewesen. Bei fehlender persönlicher Weisungsgebundenheit liege jedenfalls kein Dienstverhältnis vor.

Der freie DN habe sich jederzeit im untergeordneten Ausmaß vertreten lassen können, er sei an keine festen Arbeitszeiten gebunden gewesen, es sei ihm vielmehr frei gestanden auch am Abend, in der Nacht oder am Wochenende zu arbeiten. Zudem habe kein Konkurrenzverbot bestanden. Er sei an keinen bestimmten Arbeitsort gebunden gewesen, keinen betrieblichen Ordnungsvorschriften unterlegen oder hätte ein Mindestausmaß an Stunden abzuleisten gehabt. Es sei daher das Kriterium der Eingliederung, trotz Verwendung der Betriebsmittel der Bf. nicht gegeben gewesen.

Unternehmerwagnis habe zudem bestanden, da der DN Projekte hätte ablehnen und/oder Subunternehmer anstellen können, welche dann ebenfalls unter die vereinbarte Verschwiegenheitsverpflichtung gefallen wären. Zudem sei die Abrechnung mittels Honorarnote des freien DN erfolgt.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung vom führte das FA aus, dass sich die Eingliederung in der kontinuierlichen Ableistung von Arbeitsstunden mit längeren Abwesenheiten während der Sommermonate manifestiere. Die persönliche Weisungsgebundenheit sei aus der laufenden Planbesprechung mit dem Geschäftsführer der Bf. zu erkennen, typisch für einen freien Dienstvertrag wäre gewesen den Gegenstand des Vertrages als solches aber nicht Teile oder Abschnitte zu kontrollieren.
Die vereinbarte Vertretungsmöglichkeit sei nicht genutzt worden und der freie DN sei nur für die Bf. tätig gewesen.

Da Herr NN wöchentlich etwa 40 Stunden gearbeitet habe sei er insofern in die Büroorganisation eingebunden gewesen, als er den PC und den Plotter, sowie  Sekretariatsagenden in Anspruch genommen habe. Eine Arbeit von zu Hause stehe einem echten Dienstverhältnis nicht entgegen, da sie in der Arbeitswelt gängige Praxis wäre. Sachliche Weisungen seien auch für freie Dienstverhältnisse üblich, jedoch sei im gegeben Fall fraglich, ob Herr NN über die entsprechend  qualifizierte Ausbildung im Bereich des Ziviltechnikwesens verfüge, um einen selbständige Tätigkeit auszuführen. Es hätte regelmäßige Besprechungen gegeben, die in der Arbeit von Herrn NN Niederschlag gefunden hätten. Zudem lasse nichts auf eine unternehmerischen Struktur hinweisen.

Gemeinsam mit dem fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag, legte die Bf. eine Mitteilung der niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (NöGKK) vom vor, aus welcher hervorgeht, dass Erhebungen im Anschluss an die GPLA ergeben hätten, dass die Tätigkeit des NN als freie Dienstvertrag einzustufen sei und eine entsprechende Gutschrift (von vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträgen) bereits erfolgt sei.

Aus der Niederschrift der Einvernahme des NN durch die NöGKK am sowie dem sonstigen Akteninhalt ergibt sich folgender entscheidungsrelevante Sachverhalt:

Herr NN fertigte im Auftrag der Bf. Einreichpläne und Polierpläne nach den Vorgaben der Architekten an. Die Kontrolle dieser Arbeiten erfolgte im Rahmen diverser Besprechungen mit dem/den verantwortlichen Architekten. Diese Tätigkeit übte er in den Büroräumen der Bf. unter Verwendung deren Computer und Software aber auch zu Hause auf dem eigenen Computer aus. Bei der Ausübung seiner Tätigkeit war er an keine fixen Arbeitszeiten oder Bürozeiten gebunden. Er konnte sich vertreten lassen, musste aber dafür Sorge tragen, dass der Vertreter die ihn bindende Verschwiegenheitsverpflichtung beachtete. Von dieser Möglichkeit machte Herr NN nicht Gebrauch, da er niemanden mit den entsprechenden Fachkenntnissen in seinem Bekanntenkreise hatte. Die Stundenaufzeichnungen des Herrn NN, die die Grundlage für die von ihm erstellten Honorarabrechnungen bildeten, erfolgten projektbezogen. Die Entlohnung erfolgte allerdings monatlich ohne Bezug auf die einzelnen Projekte. Herr NN führte eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und reichte Steuererklärungen ein. Eine Koordination mit den Mitarbeitern der Bf. erfolgte nicht und war auch nicht erforderlich. Abgestimmt wurden nur die Besprechungstermine mit dem/den Architekten zur Planbesprechung.

Nach § 41 Abs. 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen. Nach Abs. 2 sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinn des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Die Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG fordert, dass der Arbeitnehmer einem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet, und enthält zwei Kriterien, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) auf weitere Abgrenzungskriterien, wie etwa auf das Vorliegen eines Unternehmerrisikos oder Befugnis, sich vertreten zu lassen Bedacht zu nehmen (; , 2008/15/0180; , 2009/15/0200).

Die für das Dienstverhältnis charakteristische Weisungsunterworfenheit ist durch weitgehende Unterordnung gekennzeichnet und führt zu einer weitreichenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Dienstnehmers. Ein persönliches Weisungsrecht beschränkt die Entschlussfreiheit über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus (; Doralt, EStG6, § 47 Tz 37). Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (). Hievon muss die sachliche und technische Weisungsbefugnis unterschieden werden, die etwa im Rahmen eines Werkvertrages ausgeübt wird und sich lediglich auf den Erfolg einer bestimmten Leistung bezieht (; Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 47 Tz 4.3).

Nicht schon jede Unterordnung unter den Willen eines anderen muss die Arbeitnehmereigenschaft einer natürlichen Person zur Folge haben, denn auch ein Unternehmer, der einen Werkvertrag erfüllt, wird sich in aller Regel bezüglich seiner Tätigkeit zur Einhaltung bestimmter Weisungen seines Auftraggebers verpflichten müssen, ohne hiedurch allerdings seine Selbständigkeit zu verlieren.

Wiewohl im gegenständlichen Fall eine gewissen Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Bf. erkennbar ist, ist das Kriterium der persönlichen Weisungsgebundenheit nicht ersichtlich. Wie aus der Einvernahme des Herrn NN deutlich erkennbar ist, schuldete dieser ein bestimmtes Ergebnis, nämlich einen fertigen Einreichplan bzw. Polierplan. Dass im Zuge der Planung eines Gebäudes im Rahmen von laufenden Besprechungen regelmäßige Plananpassungen erforderlich sind, ergibt sich aus der Natur der Planungstätigkeit. Daher stellen die regelmäßigen Abstimmungsarbeiten, nach vorheriger Terminabstimmung zwischen Herrn NN und dem verantwortlichen Architekten, keine Ausprägungen eines persönlichen Weisungszusammenhanges dar, sondern sind ein Fall des sachlich/technischen Weisungsrechtes, welches für die Einstufung als Werkvertrag unschädlich ist.

Auch in seinem aufhebenden Erkenntnis vom , GZ 2012/15/0025 zu einem vergleichbaren Sachverhalt verweist der VwGH ausdrücklich darauf, dass die dort belangte Behörde in ihrer Berufungsentscheidung (-K/10) die Weisungsgebundenheit gerade eben nicht feststellte. In einem weiteren vom Sachverhalt vergleichbaren Erkenntnis gelangte der VwGH am , 95/13/0289 zu dem Ergebnis, dass die dort strittige Tätigkeit, nämlich das Anfertigen von Polierplänen unter teilweise Verwendung der auftraggebereigenen Infrastruktur, mangels persönlicher Weisungsgebundenheit nicht als Dienstverhältnis einzustufen sei.

Da daher eines der beiden wesentlichen Kriterien für die Einstufung als Dienstverhältnis iSd. § 47 Abs. 2 EStG 1988 im gegenständlichen Fall jedenfalls fehlt, wird die Überprüfung anderer Haupt- oder Hilfskriterien obsolet.

Es ergibt sich sohin folgende Abgabenberechnung: DB laut Bescheid 4.521,35€ abzügliche 717,44 € ergibt den Spruchbetrag von 3.803,91 €.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt hier nicht vor, da das gegenständliche Erkenntnis der Judikatur des VwGH folgt ( und , 2012/15/0025.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise



-K/10
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7100393.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at