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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.05.2015, RV/2100676/2013

Einjährige Kündigungsfrist bei Bestandvertrag (Geschäftsraummiete)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf.-GmbH, Adr., vertreten durch Dr. Zsizsik & Dr. Prattes, Rechtsanwälte OG, Hauptplatz  23, 8600 Bruck a. d. Mur gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , betreffend Festsetzung einer Gebühr und Gebührenerhöhung (ErfNr. 123) zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zuge einer finanzbehördlichen Überprüfung der Selbstberechnung erging am ein Bescheid nach § 201 BAO über die Festsetzung einer Gebühr nach § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 und einer Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 2 GebG 1957 mit einer gesamten Nachforderung von 636,56 €.

Gegenstand der Festsetzung war der schriftliche Mietvertrag vom , abgeschlossen zwischen der Beschwerdeführerin (Bf.) als Vermieterin und der X GmbH als Mieterin. In der Bescheidbegründung wurde auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung verwiesen. In der Niederschrift wird ua. ausgeführt, dass durch beiderseitigen Kündigungsverzicht ein Vertrag auf die Dauer dieses Verzichts unkündbar und damit zu einem Vertrag bestimmter Dauer auch dann wird, wenn er auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde. Der Gebührenbemessung sei dabei nicht nur die vom beiderseitigen Kündigungsverzicht umfasste bestimmte Dauer, sondern auch die unbestimmte Dauer zu Grunde zu legen. Dabei sah das Finanzamt die Vertragszeit des Mietverhältnisses mit 1 Jahr bestimmter und daran anschließend mit unbestimmter Dauer an und ging damit bei der Berechnung der Gebühr vom 4-fachen Jahreswert aus.

Dagegen wandte sich die Bf. und führte aus, dass der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sei und dass das Mietverhältnis von beiden Vertragsteilen unter Einhalt einer 12-monatigen Kündigungsfrist jeweils zum 31. Dezember eines Kalenderjahres aufgekündigt werden könne, wobei ein einseitiger Kündigungsverzicht vereinbart worden sei. Die Selbstberechnung (3-fache des Jahreswertes) sei daher richtig erfolgt und der Festsetzungsbescheid sei aufzuheben.

Ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung wurde der Akt dem Unabhängigen Finanzsenat vorgelegt, wobei das Finanzamt in seinem Vorlagebericht davon ausging, dass ein beidseitiger Kündigungsverzicht vorläge, der dazu führe, dass der Vertrag auch eine bestimmte Dauer aufweise.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Der Mietvertrag vom enthält ua. folgende Bestimmungen:

Mietgegenstand ist ein von der Vermieterin errichteter Zubau bei einem schon bestehenden Bestandsobjekt der Mieterin. Das gesamte Mietobjekt wird als Büro-, Produktions- sowie als Lagergebäude verwendet.

Punkt IV der Vereinbarung lautet:

"Dauer und Kündigungsverzicht

Der Mietvertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann von beiden Vertragsteilen unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Monaten zum Ende eines jeden Kalenderjahres mittels eingeschriebenen Briefes gekündigt werden. Für die Rechtzeitigkeit gilt das Datum des Postaufgabestempels des Kündigungsschreibens.

Die Vermieterin verzichtet ausdrücklich darauf, den gegenständlichen Mietvertrag nicht vor dem (in Worten: einunddreißigsten Dezember zweitausendachtzehn) zur Aufkündigung zu bringen und nimmt die Mieterin diesen Kündigungsverzicht ausdrücklich an."

Nach § 17 Abs. 1 GebG 1957 ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend.

Nach § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 sind Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert im allgemeinen mit 1 v.H. zu vergebühren.

Nach Abs. 3 leg. cit. sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes.

Strittig ist, ob es sich im gegenständlichen Fall um einen auf bestimmte Dauer und darüber hinaus auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Vertrag handelt (Ansicht des Finanzamtes) oder ob nur ein Vertrag mit unbestimmter Dauer (Ansicht des Bf.) vorliegt.

Der Vertragstext spricht von einer unbestimmten Dauer und normiert eine Kündigungsfrist von einem Jahr, wobei die Vermieterin für ca. 10 1/2 Jahre auf ihr Kündigungsrecht verzichtet. Damit ist erwiesen, dass kein beidseitiger Kündigungsverzicht vorliegt, der eine Auflösung des Vertrages für eine gewisse Zeit ausschließt und zur Folge hätte, dass von einer bestimmten Vertragsdauer auszugehen ist.

Die vereinbarte Kündigungsfrist von einem Jahr ist nicht generell gleichzusetzen mit einem beidseitigen Kündigungsverzicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 797/69, ausgeführt, dass eine Rechtsmeinung, wonach eine bestimmte Dauer des Bestandvertrages jedenfalls bis zum Zeitpunkt vereinbart sei, an dem das Vertragsverhältnis bei Ausnützung der ersten Kündigungsmöglichkeit frühestens endigen kann, abzulehnen sei. Eine solche Auslegung würde dazu führen, dass bei jedem auf unbestimmte Dauer abgeschlossene Bestandvertrag zunächst von einem auf bestimmte Dauer eingegangener Vertrag auszugehen wäre, was nicht in der Intention des Gesetzgebers gelegen sei. Die Vereinbarung einer verhältnismäßig längeren Kündigungsfrist kann in Einzelfällen zwar die Annahme stützen, dass ein Vertrag mit bestimmter Dauer gewollt war, allerdings muss dabei die Länge der Kündigungsfrist im Hinblick auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten ungerechtfertigt erscheinen (vgl. ; 703-721/76 zitiert in Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, § 33 TP 5 Rz 129; Frotz/Hügel/Popp, Kommentar zum Gebührengesetz, § 33 TP 5, B II 2 b) cc)).

Im gegenständlichen Fall hat das Finanzamt diesbezüglich keinerlei Feststellungen getroffen. Bei der gegenständlichen Geschäftsraummiete hat das Bundesfinanzgericht keine Bedenken auch eine 12-monatige Kündigungsfrist als angemessen anzusehen. Der Bestandvertrag ist somit als ein solcher mit ausschließlich unbestimmter Vertragsdauer zu qualifizieren.

Die Selbstberechnung der Bestandvertragsgebühr erweist sich daher als richtig, weshalb die Bescheide über die Festsetzung nach § 201 BAO und über die Festsetzung einer Gebührenerhöhung aufzuheben waren.

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG). Im gegenständlichen Fall handelt es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der im Erkenntnis dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt.

Damit war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
Doralt in RdW 2017/636
Mayer/Schaffer in ecolex 2018/243
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.2100676.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
SAAAC-14932