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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.07.2017, RV/7101209/2015

Keine Verlängerung des Familienbeihilfenbezugs über das 25. Lebensjahr hinaus

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Gänserndorf Mistelbach vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab November 2014, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den vom Beschwerdeführer (Bf.) am eingebrachten Antrag auf Weitergewährung der Familienbeihilfe für seinen Sohn S (geb. xx.10.1989) ab November 2014 ab. Es führte in der Begründung unter Verweis auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) aus, dass die Familienbeihilfen­gewährung wegen Berufsausbildung längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres möglich sei. Da der Sohn am xx.10.2014 sein 25. Lebens­jahr vollendet habe, bestehe ab November 2014 kein Anspruch auf Familien­beihilfe mehr.

Der Bf. erhob gegen den Abweisungsbescheid vom Beschwerde mit folgender Begründung:

„Die Vorgangsweise widerspricht dem in Artikel 7 Abs. 1 der Österreichischen Bundes­verfassung festgeschriebenen Gleichheitsgrundsatz.

lm Vergleich mit einer weiblichen Person gibt es folgende Ungleichbehandlungen:

- durch das späte Datum der Geburt (xx.10.1989) war ein Schuleintritt erst mit dem Jahrgang 1990 möglich - Zeitverlust 1 Jahr

- durch die Wahl der Schulart HTL (xxx) mit einer 5-jährigen Laufzeit kommt es zu einer Schlechterstellung gegenüber einer Absolventin / einem Absolventen eines Gymnasiums - Zeitverlust 1 Jahr

- durch die Ableistung des Präsenzdienstes (Wehrpflicht für Männer) kommt es zu einer Schlechterstellung aufgrund des Geschlechts - Zeitverlust 1 Jahr.

Insgesamt erleidet mein Sohn durch die oben genannten Tatsachen einen unvermeidlichen Zeitverlust gegenüber einem „frühgeborenen“ Mädchen im Ausmaß von drei Jahren. In den maßgeblichen Gesetzen findet das keine Berücksichtigung und die Vorgangsweise des Finanzamtes realisiert diese Benachteiligung.“

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

Gegen die Beschwerdevorentscheidung stellte der Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 2 Abs. 1 FLAG 1967 in der im Beschwerdefall geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 35/2014) lautet:

Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird,

f) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungs­gesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Freiwilligendienst nach der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 zur Einrichtung von „Erasmus+“, ABl. Nr. L 347 vom S. 50.

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , G6/11, ausgesprochen, dass die Altersgrenzen für die Gewährung der Familienbeihilfe im § 2 Abs. 1 FLAG 1967 (die Vollendung des 24. bzw. 25.  Lebensjahres) nicht verfassungswidrig sind. Der Verfassungs­gerichtshof führt in diesem Erkenntnis, bezugnehmend auf seine Vorjudikatur, auszugs­weise Folgendes aus:

„Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, Beihilfen in unbeschränkter Weise zu gewähren (vgl. VfSlg. 5972/1969). Der VfGH hat in ständiger Judikatur zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber bei Verfolgung familienpolitischer Ziele frei ist (vgl. VfSlg. 8541/1979). Der dem Gesetzgeber grundsätzlich zustehende Gestaltungsspielraum wird durch das Gleichheits­gebot nur insofern beschränkt, als es ihm verwehrt ist, Regelungen zu treffen, für die eine sachliche Rechtfertigung nicht besteht (vgl. VfSlg. 8073/1977).“

„Nicht jede Unbilligkeit, die eine einheitliche Regelung mit sich bringt, kann bereits als unsachlich gewertet werden. Dem Gesetzgeber muss es gestattet sein, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen (vgl. VfSlg. 10455/1985, 11616/1988).

Den rechtspolitischen Spielraum, der dem Gesetzgeber im Beihilfenrecht generell zuzubilligen ist, hat der Verfassungsgerichtshof auch in anderen Erkenntnissen sowohl zum FLAG 1967 (vgl. zB VfSlg. 8605/1979, 16.542/2002) als auch zum Studienförderungsgesetz (VfSlg. 18.638/2008, ) und zum Kinderbetreuungsgeldgesetz (VfSlg. 18.705/2009, ) betont.

Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich auch, dass der Gesetzgeber verfassungsrechtlich weder dazu verhalten ist, den Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder durchgehend mit dem Bestehen einer Unterhaltsverpflichtung zu verknüpfen, noch verpflichtet ist, diesen Anspruch jedenfalls bis zum Abschluss der bzw. einer Berufsausbildung vorzusehen. Es steht ihm daher auch frei, diesen Anspruch an bestimmte Voraussetzungen, insbesondere an das Vorliegen einer zielstrebig betriebenen Berufsausbildung zu knüpfen. Auch ein verfassungsrechtliches Gebot, diesen Anspruch bis zu einer bestimmten Altersgrenze vorzusehen, ist nicht anzunehmen. Es liegt vielmehr im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Altersgrenze, bis zu der ein Anspruch auf Familienbeihilfe grundsätzlich eingeräumt wird, nach Maßgabe familien­politischer Zielsetzungen und budgetärer Bedeckungsmöglichkeiten hinaufzusetzen oder auch wieder herabzusetzen, sofern er dabei sachlich vorgeht.“

Der Verfassungsgerichtshof führt in dem Erkenntnis vom , G6/11, weiters aus, dass eine Vielzahl von Faktoren dafür ausschlaggebend sein kann, wie alt ein Studierender ist, wenn er sein Studium beginnt bzw. beendet (z.B. Zeitpunkt des Schuleintrittes, über­durchschnittliche Dauer der BHS-Ausbildung, allgemeine Wehrpflicht). Der Gesetzgeber muss bei der Ausgestaltung der Regelung aber nicht auf alle diese Faktoren eingehen und sie durch Ausnahmevorschriften berücksichtigen. Dem Gesetzgeber ist es gestattet, einfache und leicht handhabbare Regelungen zu treffen und von einer Durchschnitts­betrachtung auszugehen. Dass dabei Härtefälle entstehen können, macht für sich allein eine Regelung nicht unsachlich. Der Gesetzgeber ist daher nicht verpflichtet, auf alle Fallkonstellationen Bedacht zu nehmen, die einen späteren Studienbeginn zur Folge haben können, zumal bei späterem Studienbeginn der Anspruch auf Familienbeihilfe ja nicht zur Gänze wegfällt, sondern sich die Anspruchsdauer lediglich um ein Jahr verkürzt. Im Übrigen kann bei bedürftigen Studierenden der Entfall der Familienbeihilfe durch eine Erhöhung der Studienbeihilfe kompensiert werden.

Der angefochtene Bescheid entspricht der oben angeführten Rechtslage. Die vom Bf. vorgebrachten Argumente des Schuleintrittes des Sohnes erst mit sieben Jahren und der fünfjährigen Dauer der berufsbildenden höheren Schule vermögen – mangels gesetzlicher Grundlage – keinen weiteren Anspruch auf Familienbeihilfe zu begründen. Dem vom Bf. geltend gemachten Umstand, dass der Sohn den Präsenzdienst abgeleistet hat, wurde dadurch Rechnung getragen, dass für den Sohn nach § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967 bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres Familienbeihilfe gewährt wurde.

Dem Beschwerdebegehren konnte daher nicht entsprochen werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da es im vorliegenden Fall um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung geht. Die gegenständliche Rechtsfrage ist vielmehr klar aus dem Gesetz lösbar.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7101209.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at