Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.07.2017, RV/7102656/2017

Hochrechnung von Einkünften, die nicht während des Zeitraumes des Bezugs von Transferleistungen bezogen worden sind

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Karoline Windsteig in der Beschwerdesache der Bf., adresse, W , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 8/16/17 vom , betreffend die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2015 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog im Streitjahr für die Zeiträume bis und  bis  Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit von zwei unterschiedlichen Arbeitgebern. Zusätzlich erhielt sie im Rahmen einer Bildungsteilzeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 für den Zeitraum bis Geldleistungen in Höhe von 3.264,80 €

Den Begründungsausführungen des Einkommensteuerbescheides 2015 ist zu entnehmen, dass bei der Ermittlung des Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) zuerst die steuerpflichtigen Einkünfte auf den Jahresbetrag umgerechnet, die Sonderausgaben und andere Einkommensabzüge berücksichtigt worden wären und anhand der sich für das umgerechnete Einkommen ergebenden Tarifsteuer ein Durchschnittssteuersatz ermittelt und auf Ihr Einkommen angewendet (Umrechnungsvariante) worden sei. Anhand einer Kontrollrechnung sei festzustellen gewesen, ob sich bei Hinzurechnung der Bezüge gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 gegenüber der Umrechnungsvariante eine niedrigere Steuer ergeben hätte. Da dies im konkreten Fall zugetroffen habe, sei der Tarif daher nicht auf das im Bescheid ausgewiesene, sondern auf ein Einkommen von 21.357,59 € angewendet worden.

Dagegen erhob die Bf. Beschwerde, in der sie zunächst feststellte, dass der Berechnung der Einkommenssteuer für das Jahr 2015 folgende Einkünfte zu Grunde gelegt worden seien: Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei den Wiener K für den Zeitraum bis , die parallel hiezu bezogenen Geldleistungen der sogenannten Bildungsteilzeit im Zeitraum bis  sowie die Bezüge aus dem seit bestehenden Dienstverhältnis zum Bund.

Bei der Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens wären jedoch fälschlicherweise (wie im Übrigen bereits 2014 - wo der Bescheid auch berichtigt wurde) sämtliche der oben genannten Bezüge addiert und als Gesamtbetrag der Einkünfte angesetzt worden. Damit seien die Geldleistung aus dem Titel Bildungsteilzeit aber in voller Höhe und zusätzlich als einkommenssteuerpflichtig angesehen. Diese Berechnung sei aber falsch und würde im Ergebnis auch den Sinn und Zweck der Bildungsteilzeit (hierfür habe die Bf. letztlich insgesamt 3.264,80 € bekommen und müsste nun 722,00 € nachzahlen) völlig konterkarieren.

Das Finanzamt erließ am eine abweisende Beschwerdevorentscheidung und stellte in einer gesonderten Berechnung die gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 vorzunehmende Abgabenbemessung sowohl unter Hochrechnung der steuerpflichtigen Bezüge (Hochrechnung), als auch unter Berücksichtigung sämtlicher Bezüge (Kontrollrechnung) dar.

In den Begründungsausführungen der Beschwerdevorentscheidung verwies die belangte Behörde auf die Bestimmungen des § 3 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 sowie auf § 3 Abs. 2 EStG 1988 und legte zu der darin vorgesehenen Anwendung des besonderen Progressionsvorbehaltes unter anderem wie folgt dar:

"Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des Abs. 1 Z 5 lit. a oder c, Z 22 lit. a (5.Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 2001), lit. b oder Z 23 (Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 des Zivildienstgesetzes 1986) nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4) für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs. 10) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dabei ist das Werbungskostenpauschale noch nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde (§ 3 Abs 2 EStG 1988).

Der Erhalt derartiger Bezüge (vom Arbeitsmarktservice) zusätzlich zu den vom Arbeitgeber gewährten (steuerpflichtigen) Zahlungen wird auch in der Bescheidbeschwerde nicht bestritten.

§ 3 (2) EStG 1988 legt für die Besteuerung des im Veranlagungszeitraum erzielten steuerpflichtigen Einkommens fest, dass die festzusetzende Steuer unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte nicht höher sein darf als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde.

Da im vorliegenden Fall die Steuer unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte höher wäre, als bei einer Besteuerung sämtlicher Bezüge (also auch jener i. S. des § 3 Abs.l Z.5 EStG 1988) war das aus dem besonderen Progressionsvorbehalt resultierende steuerliche Ergebnis mit eben diesem Betrag begrenzt, und folgte auch die Darstellung am angefochtenen Bescheid nicht der Hochrechnung, sondern der maßgeblichen Kontrollrechnung.

Soweit die Bescheidbeschwerde einwendet, dass das Ergebnis den Sinn und Zweck der Bildungsteilzeit "konterkariere", ist festzuhalten, dass die Anwendung des besonderen Progressionsvorbehaltes bei Zufluss von Bezügen i. S. des § 3 Abs.1 Z.5 EStG 1988 in den Bestimmungen des § 3 Abs.2 EStG 1988 explizit vorgesehen ist, und auch mit den (betreffenden) Vorgaben des Arbeitslosenversicherungsgesetzes keine Regelungen über eine bestimmte (besondere) Form der steuerlichen Behandlung, und/oder einen (den steuerrechtlichen Vorschriften zuwider laufenden) Ausschluss von den Normen zum besonderen Progressionsvorbehalt festlegen."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Auf Grundlage der gemäß § 84 bzw. § 3 Abs. 2 EStG 1988 von den bezugsauszahlenden Stellen dem Finanzamt gemeldeten Bezüge ist im Beschwerdefall unstrittig, dass die Bf. im Zeitraum bis Bezüge von den Wiener K, vom Arbeitsmarktservice AMFG sowie für den Zeitraum bis Bezüge aus einem Bundesdienstverhältnis erhalten hatte.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 a-e EStG 1988 sind versicherungsmäßiges Arbeitslosengeld, Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen, wie zB. das Weiterbildungsgeld im Rahmen einer Bildungskarenz oder einer Bildungsteilzeit (§ 26 Abs. 8 oder § 26a Abs. 5 AlVG) von der Einkommensteuer befreit.

§ 3 Abs. 2 EStG 1988 legt in diesem Zusammenhang fest:

"Erhält der Steuerpflichtige steuerfreie Bezüge im Sinne des Abs. 1 Z 5 lit. a oder c, Z 22 lit. a (5.Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 2001), lit. b oder Z 23 (Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 des Zivildienstgesetzes 1986) nur für einen Teil des Kalenderjahres, so sind die für das restliche Kalenderjahr bezogenen laufenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 und die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 41 Abs. 4) für Zwecke der Ermittlung des Steuersatzes (§ 33 Abs. 10) auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Dabei ist das Werbungskostenpauschale noch nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen ist mit jenem Steuersatz zu besteuern, der sich unter Berücksichtigung der umgerechneten Einkünfte ergibt; die festzusetzende Steuer darf jedoch nicht höher sein als jene, die sich bei Besteuerung sämtlicher Bezüge ergeben würde."

Dies bedeutet, dass im Beschwerdefall der Bezug einkommensteuerbefreiter Ersatzleistungen auf Grundlage einer Bildungsteilzeit zu einer Hochrechnung im Sinne des § 3 Abs 2 EStG 1988 führen.

Das Ziel der Hochrechnung von Einkünften ist die Vermeidung überhöhter Nettoeinkommen auf Grund von Transferleistungen. Beabsichtigt ist die Vermeidung einer unverhältnismäßigen Absenkung der Steuerprogression durch die Miteinbeziehung der steuerfreien Bezüge in das Jahreseinkommen. Die Regelung ist verfassungskonform ().

Im Fall des Vorliegens bestimmter steuerfreier Bezüge, die nur für einen Teil des Kalenderjahrs bezogen werden, findet eine Hochrechnung der restlichen Einkünfte statt (vgl. Jakom/ Laudacher EStG 2016, § 3 Rz 120, 122).

Umzurechnen sind daher nur die laufenden Einkünfte und dies nur insoweit, als sie nicht während des Zeitraumes des Bezuges von Transferleistungen (im konkreten Fall: Geldleistungen aufgrund der Bildungsteilzeit vom bis ) bezogen worden sind. Dies heißt für den Beschwerdefall, wie die belangte Behörde zutreffend in ihrer ergänzenden Berechnung am darstellte, dass nur die vom Bund außerhalb des Zeitraumes des Bezuges der Transferleistungen erhaltenen steuerpflichtigen Geldleistungen auf das Kalenderjahr hochgerechnet worden sind. Die nach dieser Methode ermittelte Steuer darf aber nicht höher sein als jene Steuer, die sich ergäbe, wenn die Geldleistungen aus der Bildungsteilzeit steuerpflichtig wären.

Aus der von der belangten Behörde dargelegten Hochrechnung ergibt sich eine Einkommensteuernachforderung in Höhe von 723,00 € während die  Kontrollrechnung zu einer Nachforderung in Höhe von 722,00 € führte, weshalb nach dem für diese Fälle geltenden Günstigkeitsvergleich die Einkommensteuer für das Streitjahr in Höhe von 722,00 € festzusetzen war.

Das Weiterbildungsgeld ist eine Leistung nach § 26 AlVG, die vom Arbeitsmarktservice an Personen, die sich in einer (Bildungs-)karenz befinden, gezahlt wird.

Da es sich beim Weiterbildungsgeld sohin um eine Geldleistung des Arbeitsmarktservices handelt, die für die Karenzdauer an die Stelle des Arbeitslosengeldes tritt und derartige Ersatzleistungen zur oben dargestellten Hochrechnung nach § 3 Abs. 2 EStG führen, ist das Finanzamt bei der in seiner Beschwerdevorentscheidung vorgenommenen Hochrechnung gesetzeskonform vorgegangen (vgl. auch ).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im vorliegenden Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da sich die Anwendung des besonderen Progressionsvorbehaltes unmittelbar aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen ergab.

Wien, am

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