Aussetzung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache XY, Adr, vertreten durch PwC PricewaterhouseCoopers Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH, Erdbergstraße 200, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , Zl.1234 betreffend Aussetzung gemäß § 212a BAO zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom wies die Abgabenbehörde den Antrag des XY (in weiterer Folge: Bf.) vom auf Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) der Glücksspielabgaben 01-09/2011 von € 36.156,14 samt Säumniszuschlägen ab.
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antrag sei gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO nicht zu bewilligen, soweit die Beschwerde nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheine.
In den Erkenntnissen vom , GZ RS/7100015/2012, und vom , RV/7103459/2012, habe das Bundesfinanzgericht (BFG) festgestellt, dass für Ausspielungen mittels dislozierten Eingabeterminals, die über Internet mit landesbehördlich bewilligten Glücksspielautomaten verbunden seien, die Befreiung nach § 60 Abs. 25 GSpG nicht zu gewähren sei und solche Ausspielungen daher nach § 57 GSpG glücksspielabgabepflichtig seien. Ebenso habe das BFG die der gegenständlichen Beschwerde inhaltlich vergleichbaren verfassungsrechtlichen Bedenken als unbegründet verworfen. Die Behandlung der zum Erkenntnis vom , RV/7103459/2012, zu E 564/2015 beim VfGH erhobenen Beschwerde sei mit Beschluss vom abgelehnt worden. Daraus ergebe sich, dass den behaupteten - der gegenständlichen Beschwerde inhaltlich vergleichbaren - verfassungsrechtlichen Bedenken keine Berechtigung zukomme.
Da die der gegenständlichen Beschwerde zu Grund liegenden Rechtsfragen durch die genannten Erkenntnisse geklärt worden seien, erscheine die Beschwerde als wenig erfolgversprechend, sodass der Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO abzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende frist- und formgerechte Beschwerde des Bf. vom wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit folgender Begründung:
Hinsichtlich des Sachverhaltes werde auf die zu Grunde liegende Bescheidbeschwerde in der Sache selbst vom (gemeint wohl der entsprechende Vorlageantrag ebenfalls vom ) verwiesen.
In ihrer Begründung habe das Finanzamt angeführt, dass die Aussetzung nicht zu bewilligen gewesen sei, insoweit die Beschwerde nach Lage des Falles wenig Erfolg versprechend erscheine. Demnach werde auf Judikatur des BFG verwiesen, indem festgehalten werde, dass im zu Grunde liegenden Sachverhalt Glücksspielabgabe gemäß § 57 GSpG anfalle. Weiters werde Bezug genommen, dass der VfGH die Behandlung einer Beschwerde abgelehnt habe.
Festzuhalten sei, dass es sich im verfahrensgegenständlichen Sachverhalt um einen Sachverhalt mit EU-Rechtsbezug handle, da der Anbieter der Ausspielungen eine EU-Gesellschaft gewesen sei und insofern die Rechtmäßigkeit des Anfalles und der Einhebung von Glücksspielabgaben unter Zugrundelegung der europäischen Grundfreiheiten zu prüfen sei. Die zitierte BFG Judikatur sei keine höchstgerichtliche Judikatur. Der VfGH habe sich mit EU-rechtlichen Aspekten nicht auseinandergesetzt.
Alleine aus diesem Aspekt könne abgleitet werden, dass sich die Rechtsansicht des Finanzamtes hinsichtlich der mangelnden Erfolgsaussicht als nicht schlüssig erweise.
Er werde beantragt:
gemäß § 262 Abs. 2 lit. a BAO auf Unterlassung einer Beschwerdevorentscheidung,
gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 lit. a und b BAO auf Entscheidung über die Beschwerde durch den gesamten Senat sowie
gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. a und b BAO auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.)
Aus dem der Beschwerde beigelegten Vorlageantrag vom , auf dessen Inhalt von der Bf. verwiesen wird, geht Folgendes hervor:
„1. Rechtsansicht der Finanzverwaltung
Gemäß § 59 Abs. 2 GSpG sind bei der Abgabenpflicht nach § 57 GSpG bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler Abgabenschuldner. Diese mehreren Personen sind daher unmittelbar kraft dieser gesetzlichen Bestimmung Gesamtschuldner der Glückspielabgabe. Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses in Abgabensachen steht der Abgabenbehörde die Wahl zu, ob sie alle Gesamtschuldner oder nur einzelne, im letzteren Fall welchen der Gesamtschuldner, die dieselbe Abgabe schulden, sie zur Leistung heranzuziehen will. Auswahl der zur Leistung der Abgabenschuld heranzuziehenden Gesamtschuldner, die Belastung der einzelnen mit der Gesamtschuld oder nur einen Teil davon, die Bestimmung des Zeitpunktes und die Reihenfolge der Heranziehung der einzelnen Gesamtschuldner liegt im Ermessen der Behörde. Das Gesetz räumt der Abgabenbehörde sohin einen Ermessensspielraum ein, in dessen Rahmen sie ihre Entscheidung gemäß § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen hat.
Im gegenständlichen Fall wäre die Beschwerdeführerin Gesamtschuldnerin für die in Anspruch genommene Abgabe, da sie Veranstalterin der Ausspielung sei. Im Rahmen der Ermessensabwägung gemäß § 20 BAO wurde die A. Netgames Ltd. als erster Gesamtschuldner für die gegenständliche Glücksspielabgabe in Anspruch genommen. Da diese die Glücksspielabgabe bislang nicht entrichtet hat und deren Einbringlichmachung nach der Aktenlage als unwahrscheinlich anzusehen ist (Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit), ergeht der Bescheid an die Beschwerdeführerin als weiterer Gesamtschuldner zumal nach der Aktenlage kein weiterer Gesamtschuldner für die gegenständliche Glücksspielabgabe existiert.
Dem ist wie folgt entgegenzutreten:
2. Sachverhalt und bisheriger Verfahrenslauf
Festzuhalten ist, dass die von der Finanzverwaltung mit Glücksspielabgabenbescheid vom in Anspruch genommene Gesamtschuldnerin A. Netgames Ltd. am Berufung gegen diesen Bescheid eingelegt und die Aussetzung der Einhebung der Glücksspielabgabe begehrt hat. Die Berufung wurde mit Vorlagebericht, zugestellt am , vom Finanzamt an den UFS vorgelegt und bisher noch nicht entschieden. Somit gilt das gegenständliche Verfahren als unerledigt. Zum heutigen Tag ist uns nicht bekannt, dass bereits Entscheidungen von einem UFS noch von einem österreichischen Höchstgericht zur Beurteilung der Abgabepflicht im zu Grunde liegenden Sachverhalt vorliegen.
Hinsichtlich der Funktionsweise der von der A. Netgames Ltd. betriebenen Ausspielungen und der sich daraus ableitenden steuerrechtlichen Konsequenzen im Zeitraum - ist folgendes festzuhalten (diesbezügliche Gutachten sind bereits aktenkundig):
[...]
Jeder dieser in der Steiermark aufgestellten Glücksspielautomaten iSd § 4 Abs. 2 GSpG a.F. verfügt über eine entsprechende landesrechtliche Bewilligung, wobei für alle Glücksspielautomaten, die in der Steiermark vorgeschriebenen Landes-/Gemeindeabgaben bis zum Ablauf der Übergangsfrist gemäß § 60 Abs. 25 GSpG ordnungsgemäß entrichtet werden. Die in einem anderen Bundesland aufgestellten Eingabeterminals haben keine mechanische oder elektronische Einrichtung, die eine Entscheidung über Gewinn und Verlust im Eingabeterminal selbst herbeiführen kann. Bei diesen handelt es sich daher um keine Glücksspielautomaten iSd § 2 Abs. 3 GSpG, weshalb sie auch in diesem Bundesland über keine landesrechtliche Bewilligung verfügen.
3. Würdigung der Beschwerdeführerin
3.1. Rechtliche Würdigung - erlaubte Ausspielung unter Anwendung der Übergangsregelung des § 60 Abs. 25 Z 2 GSpG
Handelt es sich daher - wie im vorliegenden Fall - um eine Ausspielung mittels eines genehmigten Glückspielautomaten gemäß iSd § 2 Abs. 3 iVm § 4 Abs. 2 GSpG a.F., für welche die Übergangsregelung des § 60 Abs. 25 Z 2 GSpG anwendbar ist, ist keine Glücksspielabgabe iSd § 57 GSpG im Übergangszeitraum zu entrichten.
Da Begriff der Ausspielung an das Tatbestandsmerkmal eines (genehmigten) Glücksspielautoamten gebunden ist, kann im vorliegenden Sachverhalt
•und sich der Ort der Ausspielung in systematischer und historischer Interpretation des Glücksspielgesetzes - an die die Behörden und Gerichte gebunden sind - sich dort befindet, wo die Entscheidung über Gewinn und Verlust fällt,
•und die Entscheidung über Gewinn und Verlust nachweislich auf einem in der Steiermark befindlichen landesrechtlich genehmigten Glücksspielautomaten iSd §§ 2 Abs. 3 iVm 4 Abs. 2 GSpG aF stattfindet und demnach der Anforderung des Wortlautes der Befreiungsbestimmung des § 57 Abs. 6 Z 2 GSpG genüge getan wird,
•und es sich mangels gesetzlicher Normierung bei den Eingabeterminals um keine genehmigungspflichtige Glücksspielautomaten iSd §§ 2 Abs. 3 iVm 4 Abs. 2 GSpG aF, sondern
•diese es einem Spieler lediglich ermöglichen an den in Frage stehenden erlaubten Ausspielungen, die auf in der Steiermark befindlichen landesrechtlich genehmigten Glücksspielautomaten iSd §§ 2 Abs. 3 iVm 4 Abs. 2 GSpG idF vor 54 und 73/2010 stattfinden, teilzunehmen,
kann es sich in logischer Schlussfolgerung um
•keine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG nF handeln,
•die Eingabeterminals auch keine verbotenen Eingriffsgegenstände darstellen,
•es sich gleichzeitig um Ausspielungen in Form von elektronische Lotterien iSd § 12a GSpG handeln,
wodurch
•für diese Alt der erlaubten Ausspielungen die Übergangsbestimmungen des §§ 57 Abs. 6 iVm 60 Z 25 GSpG nF inhaltlich voll anwendbar sind und
•daher im Übergangszeitraum auch keine Glücksspielabgabe iSd § 57 GSpG im Übergangszeitraum zu entrichten ist.
3.2. Rechtsfolgen bei Vorliegen einer Elektronischen Lotterie mittels VLTs
Sollte die Berufungsbehörde dennoch zum Schluss kommen, dass die Übergangsbestimmung der §§ 57 Abs. 6 iVm 60 Z 25 GSpG nF auf die zu Grunde liegende Ausspielung nicht Anwendung findet und eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG n.F. mittels einer elektronischen Lotterie iSd § 12a GSpG n.F. vorliegt, die mittels Video Lotterie Terminals stattfindet und daher eine Glücksspielabgabe iSd § 57 Abs. 3 GSpG n.F. in Höhe von 30% der um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen fällig wird, ist Folgendes festzuhalten:
a) Anzuwendende Grundsätze bei der Beurteilung der Anwendung von Monopolregelungen
- Die Beschwerdeführerin kann sich auch als inländischer Wirtschaftsteilnehmer aufgrund des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes gegenüber Österreich auf die unionsrechtlich eingeräumte Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit berufen.
- Ein Mitgliedstaat, der ausnahmsweise in die Grundfreiheiten eingreifen will, braucht dafür einen Rechtfertigungsgrund und trägt die Beweislast der Verhältnismäßigkeit und Kohärenz seines Eingriffs.
- Da die Vergabe der Spielbanken- und Lotterienkonzession 1997 unter Verletzung des Transparenzgebotes erfolgte und Monopolregelung und -praxis des österreichischen Glücksspielgesetzes nicht den Vorgaben der Judikatur des EuGH entsprach und daher unionsrechtswidrig ist, darf sie jedenfalls in Sachverhalten mit Unionsrechtsbezug nicht weiter angewendet werden (Vorrang der unmittelbar anwendbaren Grundfreiheiten des Unionsrechts). Sie kann daher Wirtschaftsteilnehmern aus anderen EU-Mitgliedstaaten, die von ihrer Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen, nicht entgegengehalten werden. Gleiches gilt aufgrund des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes auch für vergleichbare Inlandssachverhalte, da dieser nach ständiger Judikatur des VfGH im gegebenen Fall vorschreibt, dass inländischen Staatsangehörigen die gleichen Rechte zustehen, die einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats in der gleichen Lage kraft Unionsrechts zustünden.
- Ein „Wegdenken“ nur einzelner unionsrechtswidriger nationaler Regelungen - wie dies der VwGH in der Vergangenheit unterstellt hat - kann hier nicht möglich sein, weil dann, wenn eine Rechtfertigung für das Marktzugangsregime (des Ausschließlichkeitsrechtes des Monopolisten) fehlt, die Monopolregelung insgesamt den in Frage stehenden Grundfreiheiten widerspricht. Fehlt demnach eine Rechtfertigung für die Monopolregelung insgesamt, sind auch die Schutzregeln des Marktzugangsregimes (des Monopols) „ein Hindernis für die volle Wirksamkeit“ der in Frage stehenden Grundfreiheiten. Bei einer anderen Sicht würden ausländische Wirtschaftsteilnehmer schlicht und einfach (bei Anwendung der Sanktionsinstrumente zum Schutz des Monopols) gehindert am Markt teilzunehmen, auch wenn die Rechtfertigung für das Monopol fehlt; damit würde den in Frage stehenden Grundfreiheiten die praktische Wirksamkeit genommen.
- Liegen die vom EuGH formulierten Voraussetzungen für eine mitgliedstaatliche Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (vgl. unten Kapitel: Materielle Vorgabe des Unionsrechts für die Zulässigkeit eines Monopols im Glücksspielbereich: Kohärenz- Punkte 1.-3.) durch eine Ausschließlichkeitsregelung nicht kumulativ vor, so ist nach der Rechtsprechung des EuGH die gesamte Monopolregelung nicht unionsrechtskonform und kann daher wegen des Vorrangs des Unionsrechts als Ganzes nicht mehr angewendet werden (EuGH C-347/09, Dickinger und Ömer):
„Im Kontext des Ausgangsverfahrens ist zunächst festzustellen, dass der Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen eine in einem Mitgliedstaat erlassene Monopolregelung im Glücksspielbereich nicht zu strafrechtlichen Sanktionen führen kann, wenn diese Regelung mit [dem Unionsrecht] nicht vereinbar ist.“ (Rz 43)
„Daher ist auf die zweite Frage zu antworten, dass das Unionsrecht und insbesondere Art [56 AEUV] einer Regelung, die den Verstoß gegen ein Betriebsmonopol für Glücksspiele wie das in der im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung vorgesehene Betriebsmonopol für Internet-Kasinospiele unter Strafe stellt, entgegenstehen, wenn eine solche Regelung nicht mit den Bestimmungen dieses Rechts vereinbar ist.“ (Rz 32)
- Dieser Sichtweise hat sich der OGH in seiner jüngsten Rechtsprechung () angeschlossen, in der er festhält:
„Werden diese [vom EuGH aufgestellten] Vorgaben nicht eingehalten, ist das Monopol gemeinschaftsrechtswidrig und sind die Monopol-Vorschriften aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts unanwendbar. Im Sinne einer effektiven Umsetzung des EU-Rechts („effet utile'“), sich in einem solchen Fall [Gemeinschaftsrechtwidrigkeit des Monopols in Folge der Nichteinhaltung der unionsrechtlichen Vorgaben] sich die Unanwendbarkeit auf alle Bestimmungen des GSpG beziehen muss, die das Monopol normieren und seine Umsetzung regeln.
[...] Da das ABGB selbst nicht Glücksspiele verbietet, sondern diesbezüglich auf die „politischen Gesetze“ verweist und dieses konkrete Verbot sich aus dem GSpG und seiner Monopolregelung ergibt, bestünde im Fall der Unanwendbarkeit dieser Bestimmungen wegen Verstoßes gegen das EU-Recht kein innerstaatliches Verbot von Glücksspielen in „politischen Gesetzen“ mehr [...]“ (VI.2., VI.3.).
- Geradezu mustergültig hat jüngst auch das deutsche Bundesverwaltungsgericht eine Prüfung der deutschen Monopolregelung als solche an den vom EuGH entwickelten Vorgaben vorgenommen (BVerwG , 8 C 10.12)
Im Anschluss an eine eingehende Auseinandersetzung mit der Werbung für das Monopolangebot und Fragen der Kohärenz der Ausgestaltung der deutschen Glücksspielregelungen gelangt das BVerwG zum Ergebnis, dass das OVG Nordrhein Westfalen als belangte Behörde zu Recht
„die Monopolregelung [...] wegen ihres Verstoßes gegen Unionsrecht für unanwendbar gehalten [habe]. Als primärrechtliche Gewährleistungen binden die Grundfreiheiten die Mitgliedstaaten der Union im jeweiligen Anwendungsbereich unmittelbar, und zwar auch außerhalb der bereits durch sekundäres Unionsrecht harmonisierten Regelungsbereiche. Ihr Anwendungsvorrang schließt eine Anwendung grundfreiheitswidriger Regelungen prinzipiell aus [...].“
Eine Monopol- oder Alleinkonzessionsregelung verstößt nicht per se gegen das Unionsrecht. Sie hat aber bestimmten Kriterien, insb. dem Kohärenzgebot zu genügen. Verstößt es gegen diese vom EuGH entwickelten präzisen Vorgaben - die wie das BVerwG weiter ausführt, von jedem Gericht überprüft werden können und müssen - so wird es als gesamtes unanwendbar.
Sehr klar wird dies von einer Äußerung im Schrifttum für die deutsche Rechtslage ausgedrückt:
„Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die derzeitige Regelung des Glücksspielwesens in Deutschland nicht den unionsrechtlichen Vorgaben entspricht. Dies muss nach den oben dargestellten Grundsätzen zu einer Unanwendbarkeit sowohl der derzeitigen Monopolregelung als auch des Erlaubnisvorbehaltes führen. Folge hieraus ist eine faktische zeitweise Duldungspflicht privater Vermittler. Auch wenn dies aus ordnungspolitischen Gesichtspunkten nicht wünschenswert sein mag, bleibt den Gerichten aus Gründen des Gewaltenteilungsgrundsatzes eine Lückenfüllung verwehrt.“
- Dementsprechend tritt auch die Verbotsnorm hinter die vorrangige Dienstleistungsfreiheit zurück, die als unmittelbar anwendbare Norm des Unionsrechts die Regel darstellt und die es Begünstigten aus der Dienstleistungsfreiheit wie der Beschwerdeführerin grundsätzlich ermöglicht, ihre Leistungen anzubieten, sofern nicht eine staatliche Einschränkung gerechtfertigt werden kann, was im gegebenen Fall eben gerade nicht zutrifft.
- Sohin ist die vom VwGH in der Vergangenheit vertretene Auffassung, wenn die Konzessionsvergabe oder die Konzessionsausübung (z.B. wegen expansionistischer Werbung durch den Konzessionsinhaber) mit den Vorgaben des EuGH nicht vereinbar wäre, dies nicht zur Konsequenz hätte, dass dadurch die grundsätzliche Verbotsnorm unanwendbar würde, sohin (spätestens) seit dem Dickinger und Ömer-Urteil und der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des EuGH und der Rechtsprechung des OGH nicht mehr anwendbar. Diese Rechtsprechung ist daher nicht mehr geeignet, die Anwendung einzelner Regelungen des GSpG zu begründen.
- Da die gesamte Monopolregelung über die Ausspielungskonzession als solche nicht mit EU-Recht vereinbar ist, kann sie auch als Gesamtes (gegenüber Begünstigten aus der Dienstleistungsfreiheit wie dem Beklagten) nicht mehr angewendet werden. Die Frage, ob die Beschwerdeführerin theoretisch eine Konzession hätte erhalten können (Frage nach Erfüllung der einzelnen Konzessionskriterien usw.) bzw. Detailregelungen der Ausübung der Konzession (z.B. § 12a Abs. 2 und 3 GSpG), ist damit ohne jede Bedeutung. Ebenso hängt die Frage der Anerkennung von Konzessionen anderer Mitgliedstaaten damit nicht zusammen.
- Die durch das österreichische Glücksspielrecht normierten Einschränkungen sind damit unwirksam. Das von der Beschwerdeführerin durchgeführte Glücksspiel ist daher nicht verboten und damit nicht rechtswidrig.
- Das schlägt u.a. auch auf die das Monopol absichernde Strafvorschrift des § 168 StGB sowie auf die diversen Verwaltungssanktionen (Strafbestimmungen, Beschlagnahmen, Einziehungen gemäß §§ 52 ff. GSpG) sowie auf Abgabenvorschriften (§ 57 Abs. 3 und Abs. 4 GSpG sowie § 31a GSpG iVm § 15 Abs. 3 FAG 2008) durch. Die Unanwendbarkeit der Monopolregelung hat zur Folge, dass eine unterschiedliche Besteuerung von elektronischen Lotterien iSd § 12a GSpG mittels Video Lotterie Terminals (VLTs), welche auf Basis einer Konzession nach § 14 GSpG betrieben werden gegenüber solchen, die (aufgrund der unionrechtswidrigen Vergabe) ohne eine solche Konzession betrieben werden (müssten) ist geeignet, die Tätigkeiten eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Wirtschaftsteilnehmers zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen und daher unzulässig.
- Zusammenfassend kann damit festgehalten werden, dass die Annahme einer bloß partiellen, auf einzelne unionsrechtswidrige Regelungen beschränkten Unanwendbarkeit des Monopols, nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Diese durch den EuGH entwickelten Auslegungsgrundsätze wurden durch die jüngste Rechtsprechung des OGH und des deutschen BVerwG bestätigt.
- Der Auslegungsansatz der Finanzverwaltung, dass das Monopol weiterhin anzuwenden ist, sofern der Abgabepflichtige nicht alle in § 14 GSpG vorgesehenen Kriterien erfüllt, ist sowohl durch die Rechtsprechung des EuGH wie auch jene des OGH und des deutschen BVerwG widerlegt.
- Aufgrund der unionsrechtswidrigen Vergabe der Lotteriekonzession 1997 in Folge der Verletzung des Transparenzgebotes steht sohin fest, dass das Monopol als solches sowie die daraus resultierende steuerliche Schlechterstellung für nicht konzessionierte Anbieterin Folge des Fortwirkens der Rechtslage vor den GSpG-Novellen 2008 und 2010 bis zum unanwendbar zu bleiben hat.
b. Anzuwendendes Prüfschema des EuGH bei der Beurteilung der Anwendung von Monopolregelungen
Ob das Monopol an sich sonst in einer unionsrechtskonformen Art und Weise ausgestaltet war, sei im Folgenden der Vollständigkeit halber trotzdem dargestellt:
Materielle Vorgabe des Unionsrechts für die Zulässigkeit eines Monopols im Glücksspielbereich: Kohärenz
- Unter Verweis auf die Judikatur des EuGH muss das nationale Gericht wie in der Rs Pfleger dargelegt weiters prüfen,
„ob die nationalen Regelungen tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, das Ziel in kohärenter und systematische Weise zu erreichen.“ (, Pfleger)
- Die Beweislast für die ausnahmsweise Zulässigkeit der Beschränkung der Grundfreiheiten durch eine monopolistische Regelung trägt dabei die Republik Österreich. Dabei muss der Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte,
„alle Umstände vorlegen, anhand deren dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt.“ (, C-358/07, C-360/07, C-409/07 und C-410/07, Markus Stoß u.a., RZ 72)
Dies wird ausdrücklich nochmals in den in der Rs Pfleger bestätigt.
Das vom EuGH vorgegebene Prüfprogramm umfasst folgende Fragen:
1. Kann der Nachweis geführt werden, dass kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Zusammenhang mit den Spielen und die Spielsucht in Österreich tatsächlich ein Problem dargestellt haben und nur eine Ausweitung der zugelassenen und geregelten Tätigkeiten diesem Problem hätte abhelfen können?
2. Zum zweiten ist der Nachweis zu führen, dass die Geschäftspolitik des Konzessionärs - und insbesondere seine Werbeaktivitäten - maßvoll und begrenzt sind. Dies, so der EuGH, ist z.B. dann nicht der Fall, wenn „verführerisch bedeutende Gewinne in Aussicht“ gestellt werden.
3. Zum dritten muss das Gesamtsystem der innerstaatlichen Glücksspielregelungen den Vorgaben des EuGH hinsichtlich seiner Kohärenz genügen.
- Die vom EuGH präzisierten (kumulativen) Voraussetzungen für eine solche ausnahmsweise Beschränkung der Grundfreiheiten durch die Republik Österreich liegen allesamt nicht vor. Dies vor allem wegen des mangelnden Nachweises, dass im entscheidungserheblichen Zeitraum kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Zusammenhang mit den Spielen und die Spielsucht in Österreich tatsächlich ein Problem dargestellt haben, dem in den Rs Dickinger und Ömer und Pfleger präzisierten Maßstab, der an das (Werbe)Verhalten des Monopolisten anzulegen ist sowie in Folge der Inkohärenz der österreichischen Glücksspielpolitik.
- Demzufolge ist klargestellt, dass aufgrund der direkten Anwendung der Dienst- bzw. Niederlassungsfreiheit im vorliegenden Fall keine Schlechterstellung eines nichtkonzessionierten Betreibers im Vergleich zu einem konzessionierten Betreiber hinsichtlich der Einhebung von Glücksspielabgaben erfolgten darf. In diesem Zusammenhang sei nochmals abschließend darauf hingewiesen, dass alle mit der Frage der unionsrechtlichen Zulässigkeit der österreichischen Glücksspielregelungen im Einzelnen (darunter fällt auch die Zulässigkeit einer unterschiedlichen Besteuerung von Marktteilnehmern in Folge der in Frage stehenden Unionsrechtswidrigkeit österreichischen Glückspielmonopols) befassten Gerichten damit vom EuGH - nicht zuletzt nochmals ausdrücklich und unmissverständlich dargelegt in der Rs Pfleger - eine ganze Reihe umfangreicher empirischer Feststellungen sowie rechtlicher Würdigungen aufgetragen wurde.
- Die Verpflichtung zur Überprüfung des Glückspielmonopols hinsichtlich der vom EUGH entwickelten Kriterien und bei Verneinung auch nur eines Kriteriums das Unangewendet-Sein-Lassen der glückspielrechtlichen Regelungen (auch im Hinblick auf die Besteuerung) trifft jedes Gericht, egal in welcher Verfahrensphase, sohin auch das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Fall, sofern die Unanwendbarkeit des Monopols sich ohnehin nicht bereits aus der Verletzung des Transparenzgebotes bei der Vergabe der Konzession im Jahr 1997 ergibt.
3.3 Verfahrensmängel
3.3.1. Verletzung der Ermessensausübung
Bei der Ermessensübung ist auch das aus Art. 126b B-VG ableitbare (, Slg 5421) Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung zu beachten. Was an der Vorgangsweise des Finanzamtes wirtschaftlich und sparsam und zweckmäßig sein soll, in einem Gesamtschuldnerverfahren die österreichische Vertragspartner im vorliegenden Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen, wenn noch keinerlei Judikatur in einer Abgabensache zu dem zu Grunde liegenden Sachverhalt vorliegt, bleibt der Beschwerdeführerin verschlossen. Vielmehr mutet es an, dass die Behörde ihren Ermessensspielraum bewusst überschreitet, indem sie sich von unsachlichen Gesichtspunkten leiten lässt. Dies ist nicht zuletzt auch im Blickwinkel auf die verfassungswidrige Vorgangsweise der Verwaltungsbehörde im Hinblick auf die rechtswidrigen Beschlagnahmen und die verhängte Doppelbestrafung zu sehen und betrifft auch die in der Bescheidbegründung unrichtig dargestellte Rechtsposition der Beschwerdeführerin. Fest setzt, dass die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht Veranstalterin der Ausspielungen ist, sondern allenfalls Vermittlerin iSd § 59 Abs. 5 GSpG.
Weiters ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass die A. Netgames Ltd. ihre Geschäftstätigkeit bis September 2011 auf Grundlage einer vertretbaren Rechtsansicht unter Anwendung der Übergangsregelung des § 60 Abs. 25 GSpG ausgeübt hat. Die Geschäftstätigkeit stützte sich auf die in der Berufung vom gegen den Sachbescheid vom angeführten Gutachten und musste aufgrund der vorgesetzten europarechtswidrigen und verfassungswidrigen Vorgehensweise der Verwaltungsbehörden, die eine Vielzahl von - mittlerweile sich als rechtswidrig erwiesenen - Verwaltungstrafen gegen die Gesellschaft und ihre Geschäftsführung verhängt haben, eingestellt werden. Dieser Zeitpunkt liegt ein Jahr vor dem Zeitpunkt des Abschlusses der zu Grunde liegenden Betriebsprüfung und war dem Finanzamt auch bekannt. Vom Tag der Einstellung der Geschäftstätigkeit bis zum heutigen Tag ist diese, der Finanzverwaltung bekannte Situation, unverändert. Ein Zusammenhang mit der Einstellung des Geschäftsbetriebes - in diesem Zeitpunkt war die Festsetzung von Glücksspielabgaben aufgrund der neuen Rechtslage nicht konkret - und der erst mehr als ein Jahr später erfolgten Festsetzung von Glücksspielabgaben seitens des Finanzamtes ist nicht zu erkennen. In ihrer Ermessensausübung übersieht das Finanzamt, dass der Geschäftsbetrieb der A. Netgames Ltd. de facto behördlich - in rechtswidriger Art und Weise - erzwungen wurde, da die Geschäftstätigkeit aus Sicht der A. Netgames Ltd. unter den angeführten Gegebenheiten in dieser Form nicht weiter zu führen gewesen wäre. Die im Bescheid angeführte Begründung der gegenständlichen Ermessensentscheidung hinsichtlich der Erlassung von Gesamtschuldnerbescheiden erweist sich daher als rechtswidrig.
3.3.2. Höhe der Bemessungsgrundlage
Die Höhe der Bemessungsgrundlage ist für die Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar, da der anteilige Umsatz der Beschwerdeführerin nicht mit der Bemessungsgrundlage im Bescheid übereinstimmt. Gemäß den uns vorliegenden Unterlagen ergibt sich ein Umsatz der Beschwerdeführerin von EUR 41.195,42. Auch insofern erweist sich der Bescheid als rechtswidrig.
4. Zusammenfassung
Im vorliegenden Sachverhalt wird die Rechtsansicht vertreten, dass die Übergangsregelung des § 60 Abs. 25 GSpG zur Anwendung kommt und daher keine Glücksspielabgabe anfällt.
Sollte die Berufungsbehörde dennoch zur Ansicht gelangen, dass eine elektronische Lotterie iSd § 12 GSpG vorliegt, ist festzuhalten, dass das Glücksspielgesetz in § 57 Abs. 3 und Abs. 4 GSpG hinsichtlich der Besteuerung von Glücksspiel zwischen konzessionierten und nichtkonzessionierten Glücksspielanbietern und deren Vermittlern beim Anbieten von Videolotterie mittels Video Lotterie Terminals (VLTs) differenziert. Diese Differenzierung stellt eine Diskriminierung dar und verstößt somit gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Dem liegen weder Rechtfertigungsgründe des Allgemeininteresses zu Grunde noch ist diese Differenzierung als verhältnismäßig einzustufen. In Folge der unmittelbaren Anwendung des Unionsrechts kann einem Nicht-Konzessionär somit keine höhere Steuerbelastung erwachsen als dem Konzessionär.
Aus verfassungsrechtlicher Sicht widerspricht die höhere Besteuerung von (aufgrund des Unionsrechts den Konzessionären gleichgestellten) Nicht-Konzessionären dem Gleichheitssatz der Bundesverfassung und der Erwerbsfreiheit.
Die höhere Besteuerung verletzt auch das Diskriminierungsverbot und die unternehmerische Freiheit der Grundrechte-Charta. Auf diesen Befund können sich in anderen Mitgliedsstaaten niedergelassene Anbieter mit Sekundärniederlassung in Österreich und in Österreich niedergelassene Vermittler eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Anbieters stützen.
Aufgrund des Verstoßes gegen verfassungs- und europarechtliche Grundsätze ist die Republik Österreich nicht befugt, Glückspielabgaben auf Grundlage des § 57 GSpG für Nicht-Konzessionäre iSd §§ 5, 14, 21und 22 GSpG - wie die Beschwerdeführerin - einzuheben, die höher sind als jene, denen ein Konzessionär nach §§ 5, 14, 21 und 22 GSpG unterliegt.
Insofern beantragen wir die vollständige Aufhebung des angeführten Bescheides und die Festsetzung von Glücksspielabgaben in den Monaten Jänner bis September 2011 mit Null bzw. im Fall des Vorliegens einer elektronischen Lotterie in Höhe jenes Betrages, die der inländische Konzessionär unterlegen ist (25% Glücksspielabgabe in Erlaubnisländern, 10% Glückspielabgabe, max. 150% Landeszuschlag, zeitlich vorgegeben durch die Beschlüsse der jeweiligen Landtage in Verbotsländern).“
Mit Eingabe vom zog die steuerliche Vertretung die Anträge auf Entscheidung über die Beschwerde durch den Senat sowie auf mündliche Verhandlung zurück.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.
Gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO ist die Aussetzung nicht zu bewilligen, insoweit die Berufung nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist es nicht Aufgabe eines Aussetzungsverfahrens, die Beschwerdeentscheidung vorwegzunehmen, sondern haben die Abgabenbehörden (und Gerichte) bei Prüfung der Voraussetzungen für eine Aussetzung der Einhebung die Erfolgsaussichten lediglich anhand des Beschwerdevorbringens zu beurteilen, wobei nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/17/0055, insbesondere auch auf die jeweils herrschende (insbesondere publizierte) Rechtsprechung Bedacht zu nehmen ist. Ein Rechtsmittel erscheint nur insoweit wenig erfolgversprechend, als seine Erfolglosigkeit offenkundig ist. Als offenkundig erfolglos kann eine Berufung etwa insoweit angesehen werden, als sie nach Maßgabe des § 252 BAO zwingend abzuweisen ist, das Beschwerdebegehren mit der Rechtslage eindeutig in Widerspruch steht, der Abgabepflichtige eine der ständigen Judikatur der Höchstgerichte widersprechende Position bezieht oder ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er sich auf gesicherte Erfahrungstatsachen oder auf eine längerwährend unbeanstandet geübte Verwaltungspraxis stützt.
Im Zuge der Beurteilung einer Beschwerde nach § 212a Abs. 2 lit. a BAO sind deren Erfolgsaussichten lediglich abzuschätzen. Eine Beschwerde kann nicht schon deshalb von Vornherein als wenig erfolgversprechend angesehen werden, weil sich der abgabenbehördliche Bescheid im Bereich des möglichen Verständnisses einer verschiedene Interpretationen zulassenden Vorschrift bewegt und zur konkreten Streitfrage noch keine eindeutige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt. Lediglich dann, wenn die Beschwerde einen Standpunkt vertritt, welcher mit zwingenden Bestimmungen ganz eindeutig und ohne jeden Zweifel unvereinbar ist oder mit der ständigen Rechtsprechung in Widerspruch steht, könnte von einer wenig Erfolg versprechenden Beschwerde die Rede sein ().
Dazu ist festzustellen, dass die vom Finanzamt ins Treffen geführten Erkenntnisse des , und vom , RV/7103459/2012, sachverhaltskongruent zum dem gegenständlichen Fall zugrundeliegenden Glücksspielabgabenverfahren sind, da in allen Fällen die Frage der Besteuerung von Ausspielungen über dezentrale Eingabeterminals, die sich mit Glücksspielautomaten in einem anderen Bundesland verbinden, aufgeworfen wurde.
Dass eine Sachverhaltsidentität vorliegt, ergibt sich auch daraus, dass das im Beschwerdeverfahren betreffend das dem hier gegenständlichen Fall zugrundeliegende Glücksspielabgabenfestsetzungsverfahren Vorgebrachte im Wesentlichen wortgleich mit den genannten Revisionen ist.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschlüssen vom , E 49/2015 und vom , E 564/2015, die Behandlung der zu den Erkenntnissen des , und vom , RV/7103459/2012 eingebrachten Beschwerden abgelehnt und mittlerweile auch der Verwaltungsgerichtshof die Revisionen in den selben Angelegenheiten mit Beschlüssen vom , Ro 2015/16/0013 und Ro 2015/16/0021 zurückgewiesen.
Im Hinblick auf die Sachverhaltsidentität ist von der Erfolglosigkeit der dem Aussetzungsantrag zugrunde liegenden Beschwerde auszugehen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis weicht nicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7102875.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at