Pfändung mehrerer beschränkt pfändbarer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Pfändung einer Geldforderung gemäß § 65 AbgEO, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheiden vom pfändete die Abgabenbehörde gemäß § 65 AbgEO wegen Abgaben einschließlich Nebengebühren in Höhe von € 43.545,08 , dazu an Gebühren und Barauslagen für diese Pfändung in Höhe von € 443,75, zusammen somit € 43.988,83, die dem Beschwerdeführer (Bf) angeblich gegen die DS1 zustehenden beschränkt pfändbaren Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis oder sonstigen Bezüge im Sinne des § 290a EO, überwies sie gem. § 71 AbgEO der Republik Österreich ohne Beeinträchtigung früher erworbener Rechte dritter Personen bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung zur Einziehung und untersagte gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO dem Bf jede Verfügung über die gepfändeten Forderungen sowie die Einziehung der Forderungen.
Mit Bescheiden vom pfändete die Abgabenbehörde gemäß § 65 AbgEO wegen Abgaben einschließlich Nebengebühren in Höhe von € 43.988,83 die dem Bf angeblich gegen die DS2zustehenden beschränkt pfändbaren Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis oder sonstigen Bezüge im Sinne des § 290a EO, überwies sie gem. § 71 AbgEO der Republik Österreich ohne Beeinträchtigung früher erworbener Rechte dritter Personen bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung zur Einziehung und untersagte gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO dem Bf jede Verfügung über die gepfändeten Forderungen sowie die Einziehung der Forderungen.
Mit Eingabe vom erhob der Bf gegen das Verfügungsverbot und den Pfändungsbescheid vom Beschwerde und führte dazu aus wie folgt:
„Das Verfügungsverbot und der Pfändungsbescheid gehen ins Leere. Mein Pensionseinkommen ist bereits durch den Beschluss des BG1 zu GZ1 vom und die Exekutionsbewilligungen des BG2 zu GZ2 vom sowie GZ3 bis auf das Existenzminimum gepfändet. Die mir danach verbleibenden Pensionszahlungen des Drittschuldners DS2 sind somit der Pfändung entzogen. Das von der Finanzbehörde ausgesprochene Verfügungsverbot und die Pensionspfändung sind rechtswidrig und haben zu unterbleiben.
Ich stelle daher den Antrag, das Drittverbot und die über das Existenzminimum hinausgehende Pensionspfändung unverzüglich zu widerrufen.“
Mit Eingabe vom erhob der Bf gegen das Verfügungsverbot und den Pfändungsbescheid vom Beschwerde und führte dazu aus wie folgt:
„Das Verfügungsverbot und der Pfändungsbescheid gehen ins Leere. Mein Pensionseinkommen ist bereits durch den Beschluss des BG1 zu GZ1 vom und die Exekutionsbewilligungen des BG2 zu GZ2 vom sowie GZ3 bis auf das Existenzminimum gepfändet. Die mir danach verbleibenden Pensionszahlungen des Drittschuldners DS2 sind somit der Pfändung entzogen. Das von der Finanzbehörde ausgesprochene Verfügungsverbot und die Pensionspfändung sind rechtswidrig und haben zu unterbleiben.
Ich stelle daher den Antrag, das Drittverbot und die über das Existenzminimum hinausgehende Pensionspfändung unverzüglich zu widerrufen.“
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerden vom und gegen die Verfügungsverbote und Pfändungsbescheide vom und als unbegründet ab.
Da auf dem Abgabenkonto ein vollstreckbarer Rückstand (Rückstandsausweis vom ) unberichtigt aushafte, seien die Pfändungen zu Recht erfolgt.
Mit Vorlageantrag vom stellte der Bf den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht und begründete dies wie folgt:
„Die beschwerdegegenständlichen Verfügungsverbote und Pfändungsbescheide richten sich gegen die pfändungsfreien Teile meiner Pensionseinkommen, die ohnedies schon bis auf das Existenzminimum durch die Gläubigerin Gl in Adr., gepfändet sind.
Die Zusammenrechnung gem § 292 Abs 2 EO iV mit § 53 AbgEO ist in beiden Beschwerdefällen auf mein pfändungsfreies Existenzminimum gerichtet und führt zur Reduzierung meiner einzigen Existenzgrundlage auf ein unerträgliches Minimum. Die von der belangten Behörde gewählte Vorgangsweise ist nicht nur gesetz- und verfassungswidrig, sondern bildet auch einen Verstoß gegen die EMRK. Richtigerweise hätte die belangte Behörde mit den bekämpften Pfändungsbescheiden und Verfügungsverboten nur nach Maßgabe ihres Ranges im anhängigen Exekutionsverfahren vor dem BG2 vorgehen dürfen.
Ich wiederhole sohin meine Anträge auf ersatzlose Aufhebung der bekämpften Bescheide.“
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Laut Rückstandsausweis vom schuldet der Bf zu St.Nr.: Z einen Betrag in Höhe von € 43.545,08.
Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekannt zu geben.
Gemäß § 65 Abs. 3 AbgEO ist die Pfändung mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.
Gemäß § 71 Abs. 1 erster Satz AbgEO ist die gepfändete Geldforderung der Republik Österreich nach Maßgabe des für sie begründeten Pfandrechtes unter Bedachtnahme auf § 73 zur Einziehung zu überweisen.
Gemäß § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO ist ein Rechtsmittel unstatthaft gegen Bescheide, welchedem Abgabenschuldner nach der Pfändung die Verfügung über das gepfändete Recht und das für die gepfändete Forderung bestellt Pfand untersagen (§ 65 Abs. 1 und 5).
Gemäß § 53 AbgEO sind im abgabenbehördlichen Vollstreckungsverfahren die Bestimmungen der §§ 290 bis einschließlich 291a, der §§ 291d, 291e, 292, 292d, 292e, 292f, 292g, 292h Abs. 1, 292j und 299a der EO sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 291 Abs. 1 EO sind bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage für den unpfändbaren Freibetrag (§ 291a) vom Gesamtbezug abzuziehen:
1. Beträge, die unmittelbar auf Grund steuer- oder sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Verpflichteten abzuführen sind;
1a. Beiträge nach dem Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetz;
2. die der Pfändung entzogenen Forderungen und Forderungsteile;
3. Beiträge, die der Verpflichtete an seine betrieblichen und überbetrieblichen Interessenvertretungen zu entrichten hat und auch entrichtet;
4. Beiträge, die der Verpflichtete zu einer Versicherung, deren Leistungen nach Art und Umfang jenen der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen, für sich oder seine unterhaltsberechtigten Angehörigen leistet, sofern kein Schutz aus der gesetzlichen Pflichtversicherung besteht.
Gemäß § 291 Abs. 2 EO ist der sich nach Abs. 1 ergebende Betrag abzurunden, und zwar bei Auszahlung für Monate auf einen durch 20, bei Auszahlung für Wochen auf einen durch fünf teilbaren Betrag und bei Auszahlung für Tage auf einen ganzen Betrag.
Gemäß § 291a Abs. 1 EO haben beschränkt pfändbare Forderungen, bei denen der sich nach § 291 ergebende Betrag (Berechnungsgrundlage) bei monatlicher Leistung den Ausgleichszulagenrichtsatz für alleinstehende Personen (§ 293 Abs. 1 lit. a ASVG) nicht übersteigt, dem Verpflichteten zur Gänze zu verbleiben (allgemeiner Grundbetrag).
Der Betrag nach Abs. 1 erhöht sichgemäß § 291a Abs. 2 EO
1. um ein Sechstel, wenn der Verpflichtete keine Leistungen nach § 290b erhält (erhöhter allgemeiner Grundbetrag),
2. um 20% für jede Person, der der Verpflichtete gesetzlichen Unterhalt gewährt (Unterhaltsgrundbetrag); höchstens jedoch für fünf Personen.
Übersteigt die Berechnungsgrundlage den sich aus Abs. 1 und 2 ergebenden Betrag, so verbleiben dem Verpflichteten neben diesem Betrag gemäß § 291a Abs. 3 EO
1. 30% des Mehrbetrags (allgemeiner Steigerungsbetrag) und
2. 10% des Mehrbetrags für jede Person, der der Verpflichtete gesetzlichen Unterhalt gewährt; höchstens jedoch für fünf Personen (Unterhaltssteigerungsbetrag).
Der Teil der Berechnungsgrundlage, der das Vierfache des Ausgleichszulagenrichtsatzes (Höchstberechnungsgrundlage) übersteigt, ist jedenfalls zur Gänze pfändbar.
Gemäß § 291a Abs. 4 EO ist bei täglicher Leistung für die Ermittlung des unpfändbaren Freibetrags nach den vorhergehenden Absätzen der 30. Teil des Ausgleichszulagenrichtsatzes, bei wöchentlicher Leistung das Siebenfache des täglichen Betrags heranzuziehen.
Gemäß § 291a Abs. 5 EO sind die Grundbeträge auf volle Euro abzurunden; der Betrag nach Abs. 3 letzter Satz ist nach § 291 Abs. 2 zu runden.
Hat der Verpflichtete gegen einen Drittschuldner mehrere beschränkt pfändbare Geldforderungen oder beschränkt pfändbare Geldforderungen und Ansprüche auf Sachleistungen, so hat sie der Drittschuldner gemäß 292 Abs. 1 EO zusammenzurechnen.
Hat der Verpflichtete gegen verschiedene Drittschuldner beschränkt pfändbare Geldforderungen oder beschränkt pfändbare Geldforderungen und Ansprüche auf Sachleistungen, so hat das Gericht gemäß 292 Abs. 2 EO auf Antrag die Zusammenrechnung anzuordnen.
Gemäß § 292 Abs. 3 EO sind bei der Zusammenrechnung mehrerer beschränkt pfändbarer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner die unpfändbaren Grundbeträge in erster Linie für die Forderung zu gewähren, die die wesentliche Grundlage der Lebenshaltung des Verpflichteten bildet. Das Gericht hat den Drittschuldner zu bezeichnen, der die unpfändbaren Grundbeträge zu gewähren hat.
Unbestritten ist, dass der gegenständlichen Forderungspfändung der Rückstandsausweis vom zugrundeliegt, sodass die Durchführung eines Vollstreckungsverfahren hinsichtlich dieses Betrages infolge des Vorliegens eines Exekutionstitels gemäß § 229 letzter Satz BAO zu Recht erfolgte.
Der Einwand, dass der Pfändungsbescheid ins Leere gehe, übersieht, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () die Pfändung einer nicht bestehenden Forderung ins Leere geht, sie keine Wirkung entfaltet und ein Pfandrecht nicht begründet.
In diesem Fall wäre eine ergriffene Beschwerde daher als unzulässig zurückzuweisen.
Im gegenständlichen Fall wurde vom Bf jedoch vorgebracht, dass sein Pensionseinkommen bereits bis auf das Existenzminimum gepfändet sei, sodass die ihm verbleibenden Pensionszahlungen des Drittschuldners DS2 somit der Pfändung entzogen seien und sich die Pensionspfändung gegen die pfändungsfreien Teile seiner Pensionseinkommen richte.
Dem ist vorerst zu entgegnen, dass durch die vorrangige Verpfändung eine nachfolgende exekutive Pfändung und Überweisung des Arbeitseinkommens nicht unzulässig wird ().
Der pfändungsfreie Teil der Pensionseinkommen ergibt sich aus den Bestimmungen der §§ 291 und 291a EO über den unpfändbaren Freibetrag (Existenzminimum) und ist nach diesen Bestimmungen zu ermitteln. Durch diesen unpfändbaren Freibetrag wird aber nicht die Pfändung unzulässig, sondern ist dieser vom Drittschuldner zu berücksichtigen. Die Meinung, dass die ihm verbleibenden Pensionszahlungen des Drittschuldners DS2 somit der Pfändung entzogen seien, ist somit unzutreffend.
Infolge der beschränkt pfändbaren Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner war die Abgabenbehörde zur Entscheidung über die Zusammenrechnung zuständig (), sodass auch die Anordnung der Zusammenrechnung und Bezeichnung des Drittschuldners, der die unpfändbaren Grundbeträge zu gewähren hat, zu Recht erfolgte.
Der Regelungszweck der Bestimmung des § 292 EO liegt darin, dass der Gesetzgeber dem Verpflichteten nicht von jedem Arbeitseinkommen erneut den vollen Freibetrag unpfändbar belassen wollte, sondern nur jenen Betrag, der auch frei zu lassen wäre, wenn der Verpflichtete nicht mehrere Bezüge, sondern ein einheitliches Arbeitseinkommen hätte. Jeder Verpflichtete soll gleich behandelt werden, unabhängig davon, ob er eine Leistung oder mehrere pfändbare Leistungen in jeweils gleicher Gesamthöhe erhält. In diesem Fall sollen die unpfändbaren Grundbeträge nur einmal zustehen ( 8 Ob A 2250/96g).
Dem Gesetzestext zufolge ist nur der Drittschuldner zu bezeichnen, der den unpfändbaren Grundbetrag zu gewähren hat (§ 292 Abs. 3 EO). Daraus folgt, dass die anderen Drittschuldner von ihren Leistungen (nur) die unpfändbaren Steigerungsbeträge zu berechnen haben ().
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.
Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7105730.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at