Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.08.2017, RV/5101143/2016

Ex ante Betrachtung bei beihilfenschädlichem Studienwechsel auch dann, wenn das nach dem Studienwechsel betriebene Studium in besonders kurzer Zeit abgeschlossen wurde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache BF, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vom zu VNR001 betreffend Rückforderung zu Unrecht für das Kind K (VNR002) im Zeitraum von Oktober 2014 bis Juni 2015 bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 1.955,70 € zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Die Tochter der Beschwerdeführerin war ab dem als Studentin für das Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien (Studienkennzahl J 033 561) gemeldet, und hat dieses Studium ab dem Wintersemester 2012/13 auch vier Semester bis einschließlich Sommersemester 2014 betrieben, jedoch nicht abgeschlossen. Laut den von der Universität im elektronischen Weg an die Beihilfendatenbank übermittelten Daten (Studienauskunft), wurden in diesem Studium insgesamt Prüfungen im Ausmaß von 52 ECTS abgelegt.

Dieses Studium ist laut dem auf der Homepage der Wirtschaftsuniversität Wien veröffentlichtem Studienplan ein sozial- und wirtschaftswissenschaftliches Studium im Sinne des § 54 Abs. 1 UG, erstreckt sich über sechs Semester und gliedert sich in die Studieneingangs- und Orientierungsphase und in das Hauptstudium. Das Studium umfasst 180 ECTS-Anrechnungspunkte. Davon entfallen 16 ECTS-Punkte auf die Studieneingangs- und Orientierungsphase, 156 ECTS-Punkte auf das Hauptstudium und 8 ECTS-Punkte auf die Bachelorarbeit. Im Hauptstudium sind Lehrveranstaltungen und Prüfungen des Common Body of Knowledge im Umfang von insgesamt 40 ECTS-Punkten zu absolvieren. Im Hauptstudium können wahlweise die Studienzweige Betriebswirtschaft, Internationale Betriebswirtschaft, Wirtschaftsinformatik oder Volkswirtschaft und Sozioökonomie absolviert werden. Die zusätzlich zu den Prüfungen des Common Body of Knowledge in den einzelnen Studienzweigen zu besuchenden Lehrveranstaltungen und abzulegenden Prüfungen sind in den §§ 13 ff des Studienplanes geregelt.

Ab dem war die Tochter der Beschwerdeführerin für das Diplomstudium Wirtschaftspädagogik an der Johannes Kepler Universität in Linz (Studienkennzahl K 170) gemeldet und betrieb dieses Studium ab dem Sommersemester 2014. Auch dieses Studium ist gemäß § 1 des auf der Homepage der Johannes Kepler Universität Linz veröffentlichten Curriculums gemäß § 54 Abs. 1 UG der Gruppe der Sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Studien zuzuordnen.

Schließlich war die Tochter der Beschwerdeführerin ab für das Bachelorstudium der Wirtschaftswissenschaften an der Johannes Kepler Universität in Linz (Studienkennzahl K 033 572) gemeldet, und betrieb dieses ab dem Wintersemester 2014/15. Dieses Studium dauert laut dem auf der Homepage der Universität veröffentlichtem Curriculum sechs Semester und umfasst 180 ECTS-Punkte. Diese ECTS-Punkte verteilen sich auf Pflichtfächer (75 ECTS), Wahlfächer (90 ECTS), die Bachelorarbeit (6 ECTS) und freie Studienleistungen (9 ECTS). Nach Ablegung der Studieneingangs- und Orientierungsphase können im Hauptstudium die Studienschwerpunkte Betriebswirtschaftslehre, Internationale Betriebswirtschaftslehre, E-Business-Management und Kommunikationssysteme, Volkswirtschaftslehre, Management and Applied Economics und Business Engineering and Logistics Management gewählt werden.

Laut einer von der Beschwerdeführerin vorgelegten Bestätigung des Studienerfolges vom zum letztgenannten Studium (K 033 572) wurden für dieses Studium bis zu diesem Zeitpunkt () folgende Prüfungen angerechnet:

1) Anerkennung laut Bescheid vom von Prüfungen im Umfang von insgesamt 33 ECTS, die an der Wirtschaftsuniversität Wien im Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften abgelegt worden waren

2) Anerkennung laut Bescheid vom von Prüfungen im Umfang von insgesamt 8 ECTS, die an der Johannes Kepler Universität Linz im Diplomstudium Wirtschaftspädagogik abgelegt worden waren

3) Anerkennung laut Bescheid vom von weiteren Prüfungen im Umfang von insgesamt 6 ECTS, die ebenfalls an der Johannes Kepler Universität Linz im Diplomstudium Wirtschaftspädagogik abgelegt worden waren

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt für die Tochter der Beschwerdeführerin im Zeitraum von Oktober 2014 bis Juni 2015 bezogene Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 1.955,70 € zusammengefasst mit der Begründung zurück, dass ein beihilfenschädlicher Studienwechsel im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG iVm § 17 Abs. 1 Zif. 2 StudFG vorliege. Der Wechsel vom Bachelorstudium an der Uni Wien auf das Bachelorstudium an der Uni Linz sei erst nach dem vierten Semester erfolgt. Aufgrund der Anrechnung von „41 ECTS“ verkürze sich die Wartezeit von vier auf zwei Semester. Anspruch auf Familienbeihilfe ergäbe sich daher erst wieder ab Oktober 2015.

Damit wurde die vom Finanzamt für den genannten Zeitraum bereits ausbezahlte Beihilfe zurückgefordert. Für den Zeitraum Juli bis September 2015 wurde keine Beihilfe gewährt. Laut Anmerkungen in der Beihilfendatenbank wurde ab Oktober 2015 wieder Familienbeihilfe ausbezahlt.

Die in der Bescheidbegründung erwähnte Summe von „41 ECTS“ wurde vom Finanzamt offenbar als Summe der oben unter den Punkten 1 und 2 angeführten Anrechnungsbescheiden ermittelt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , zur Post gegeben am , beim Finanzamt eingelangt am . Darin wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass ihre Tochter nach vier Semestern mit Oktober 2014 vom Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der WU Wien auf das Bachelorstudium Wirtschaftswissenschaften an der JKU in Linz gewechselt habe. Ihrer Meinung nach handle es sich hierbei nicht um einen Studienwechsel im Sinne des § 17 StudFG, da ein solcher nicht vorliege, wenn die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind. Da ihre Tochter diese vier Semester an der WU in Wien zu vollem Umfang angerecht bekommen habe und derzeit nachweislich im siebten Semester in Linz studiere, könne man somit nicht von einem Studienwechsel sprechen.

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Mit Wintersemester 2012/13 habe die Tochter der Beschwerdeführerin das Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien inskribiert. Laut vorliegenden automationsunterstützten Informationen seien in dieser Studienrichtung bis inklusive Sommersemester 2014 Prüfungen im Ausmaß von 52 ECTS abgelegt worden. Im Wintersemester 2014/15 habe ihre Tochter die Studienrichtung auf Bachelor Wirtschaftswissenschaften an der Universität Linz gewechselt. Von den an der Wirtschaftsuniversität abgelegten Prüfungen seien „41 ECTS“ auf das neue Studium an der Universität Linz angerechnet worden. Grundsätzlich stelle der Wechsel einer Studieneinrichtung bei gleichbleibender Studienrichtung keinen schädlichen Studienwechsel im Sinne des § 17 StudFG dar. Durch die Privatautonomie der Universitäten könne jedoch jede Studienrichtung individuell gestaltet sein und somit „trotz gleichbleibender Studienrichtung“ beim Wechsel einer Universität die Gleichwertigkeit der Studien verloren gehen. Ein wesentliches Indiz für die Gleichwertigkeit zweier Studien sei neben der gleichen Bezeichnung des jeweiligen Studiums die Anrechnung aller im zuerst betrieben Studium abgelegten Prüfungen auf das neue Studium. Laut vorliegenden Informationen bzw. Unterlagen seien aber nicht alle Prüfungen aus der Studienrichtung Bachelor Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, abgelegt an der Wirtschaftsuniversität Wien, auf das Bachelor Studium Wirtschaftswissenschaften (an der JKU in Linz) angerechnet worden. Es sei somit von keiner Gleichwertigkeit der beiden Studienrichtungen auszugehen.

Gegen diese Beschwerdevorentscheidung richtet sich der Vorlageantrag vom . Darin hielt die Beschwerdeführerin der Ansicht des Finanzamtes, dass nicht alle an der WU Wien abgelegten Prüfungen beim Studienwechsel zur JKU Linz angerechnet worden seien und damit die Gleichwertigkeit der beiden Studienrichtungen nicht gegeben sei, entgegen, dass sehr wohl alle Prüfungen anerkannt worden wären. Die Differenz von den auf der WU erworbenen 52 ECTS zu den von der JKU anerkannten 41 ECTS resultiere lediglich daraus, dass nicht alle Prüfungen mit der vollen Punktezahl anerkannt worden seien. Zur Studiendauer weise sie darauf hin, dass ihre Tochter „das Bachelor-Studium“ mit Wintersemester 2012/13 an der WU begonnen und am an der JKU erfolgreich abgeschlossen habe; ihre Studiendauer für „das Bachelorstudium“ habe somit sieben Semester betragen. Mit habe sie für das Masterstudium inskribiert. Für das Bachelorstudium bestehe Anspruch auf Familienbeihilfe für die gesetzliche Mindeststudiendauer von sechs Semestern zusätzlich eines weiteren Semesters. Nachdem vom Finanzamt für zwei Semester die Familienbeihilfe zurückgefordert worden sei, erhalte sie somit nur für insgesamt fünf Semester Familienbeihilfe, also für einen geringeren Zeitraum als den der festgelegten Mindeststudiendauer. Sie sehe darin eine Bestätigung ihrer Argumentation im „Berufungsschreiben“ vom , dass im gegenständlichen Fall der Tatbestand des § 17 Abs. 1 StudFG erfüllt sei, demzufolge nicht als Studienwechsel jene gelten würden, bei denen die gesamte Vorstudienzeiten für die Dauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind. Es handle sich im gegenständlichen Fall also nicht um einen schädlichen Studienwechsel. Vielmehr seien alle Voraussetzungen des § 16 StudFG gegeben (zielstrebig betriebenes Studium, vorgesehene Studiendauer nicht wesentlich überschritten, Nachweis vorgelegt). Die Benachteiligung von Studierenden, welche die Universität wechseln, sei ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Ein erfolgreicher Abschluss des Bachelorstudiums nach sieben Semestern an der WU oder an der JKU, also ohne Wechsel der Universität, hätte einen Anspruch auf Familienbeihilfe für sieben Semester bedeutet. Im gegenständlichen Fall resultiere aus dem erfolgreichen Abschluss des Bachelorstudiums mit Wechsel der Universität (zuerst vier Semester an der WU und dann drei Semester an der JKU - zusammengezählt wieder sieben Semester) lediglich ein Anspruch auf Familienbeihilfe für fünf Semester. Bei gleichem Studienerfolg (Abschluss nach Regelstudiendauer + 1 Semester) seien daher Studierende, die bei gleichem Ergebnis lediglich die Uni gewechselt haben, benachteiligt gegenüber solchen, die „sesshaft“ geblieben wären. Das sei nicht konform mit Grundprinzipien wie etwa Gleichheitsgrundsatz, Freiheit der Lehre und Forschung, Verbot zwanghaften Bindens des Studierenden an die Universität. Die Anwendung des § 17 StudFG in der Argumentation des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung führe somit zu verfassungswidrigen Ergebnissen. Es werde darauf hingewiesen, dass der VfGH den § 17 Studienförderungsgesetz schon einmal „gekippt“ habe.

Dem Vorlageantrag war eine Ablichtung des Bescheides der JKU Linz vom angeschlossen, demzufolge die Tochter der Beschwerdeführerin das Bachelorstudium Wirtschaftswissenschaften am abgeschlossen hat und ihr der akademische Grad Bachelor of Science in Wirtschaftswissenschaften verliehen wird.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ist im Wesentlichen unstrittig und ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen, dem Vorbringen der Beschwerdeführerin sowie den Anmerkungen in der Beihilfendatenbank. Bereits eingangs wurde unter den Punkten 1 bis 3 darauf hingewiesen, dass von den an der WU Wien abgelegten Prüfungen im Umfang von 52 ECTS tatsächlich lediglich 33 ECTS anerkannt wurden; die weitere Anerkennung von Prüfungen im Ausmaß von insgesamt 14 ECTS betrifft Prüfungen, die im Diplomstudium Wirtschaftspädagogik an der JKU Linz abgelegt worden waren.

Strittig ist im vorliegenden Fall die Rechtsfrage, ob im gegenständlichen Fall überhaupt ein Studienwechsel oder lediglich ein Wechsel der Studieneinrichtung vorlag und je nachdem die Bestimmung des § 17 StudFG zur Anwendung gelangt bzw. vom Finanzamt rechtskonform angewendet wurde.

Rechtslage und Erwägungen

1) Studienwechsel oder lediglich Wechsel der Studieneinrichtung

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes enthält das FLAG selbst keine Definition eines Studienwechsels und verweist in § 2 Abs. 1 lit. b nur für den Fall, dass ein Studienwechsel vorliegt, auf § 17 StudFG, welche Bestimmung aber auch keine abschließende Definition des Studienwechsels enthält. Es ist somit zu prüfen, ob überhaupt ein Studienwechsel iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegt, bevor auf einen solchen Studienwechsel die Bestimmungen des § 17 StudFG angewendet werden können (z.B. ; ).

Dabei ist ein Studienwechsel iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, der beim Wechsel vom Studium einer Studienrichtung zum Studium einer anderen Studienrichtung vorliegt, vom bloßen Wechsel der Studieneinrichtung (bei gleichbleibender Studienrichtung) zu unterscheiden. So unterscheidet § 2 Abs. 1 lit. b vorletzter Satz FLAG ausdrücklich zwischen dem Wechsel der Einrichtung und dem Wechsel des Studiums. Im Übrigen regelt auch § 50 Abs. 2 Z 3 StudFG das Erlöschen des Anspruchs auf Studienbeihilfe, wenn der Studierende "ein anderes Studium" aufnimmt und lässt diese Regelung für den (auch dort vom Studienwechsel zu unterscheidenden) Wechsel der Studieneinrichtung gelten (vgl. neuerlich ).

Die JKU Linz führt auf ihrer Homepage unter dem Punkt Studienangebot im Unterpunkt Studienrichtungen aus: „Hier finden Sie eine Übersicht über alle Studienrichtungen, die an der Johannes Kepler Universität angeboten werden. An der Johannes Kepler Universität Linz werden derzeit 19 Bachelorstudien, 2 Diplomstudien, 37 Masterstudien, 5 Doktoratsstudien und 1 PhD-Studium angeboten.“ Unter der Überschrift „Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Studien“ werden fünf Bachelorstudien, 14 Masterstudien, ein Diplomstudium und zwei Doktoratsstudien ausgewiesen. Dabei werden folgende fünf Bachelorstudien angeboten: Sozialwirtschaft, Soziologie, Statistik/Statistics, Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftswissenschaften. Wirtschaftswissenschaften ist daher eine eigenständige Studienrichtung aus dem Kreis der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Studien. Der Aufbau dieses Studiums wurde bereits eingangs näher dargestellt.

An der Wirtschaftsuniversität Wien werden laut Homepage dagegen zwei Bachelorstudien angeboten: Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WISO) und Wirtschaftsrecht (WIRE). Dabei werden im Bachelorstudium WISO vier Studienzweige – Betriebswirtschaft, Internationale Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft & Sozioökonomie sowie Wirtschaftsinformatik angeboten.

Vergleicht man die beiden Studienpläne zu den Bachelorstudien WISO an der WU Wien und Wirtschaftswissenschaften an der JKU Linz, so finden sich bei den Lehrveranstaltungen und Prüfungen zwar durchaus Gemeinsamkeiten (weshalb auch Prüfungen anrechenbar sind), aber doch auch wesentliche Unterschiede, die nicht nur im unterschiedlichen Aufbau der Studien, den unterschiedlichen Prüfungen und den wählbaren Studienschwerpunkten, sondern auch aus den unterschiedlichen Qualifikationsprofilen beider Studien deutlich werden. Diese beschreiben, welche wissenschaftlichen und beruflichen Qualifikationen die Studierenden durch die Absolvierung des betreffenden Studiums erwerben (§ 51 Abs. 1 Zif. 29 UG). Während gemäß § 1 des Studienplans für das Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien (Qualifikationsprofil) das Studium für "anspruchsvolle betriebswirtschaftliche, volkswirtschaftliche und sozialwissenschaftliche Tätigkeiten" qualifiziert, fehlt diese sozialwissenschaftliche Komponente in § 1 des Curriculum für das Bachelorstudium Wirtschaftswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz, der ebenfalls das Qualifikationsprofil umschreibt. Dieses Studium soll "die Vermittlung umfassender wirtschaftswissenschaftlicher Qualifikationen gewährleisten". Das Studium dient der "wissenschaftlich Berufsvorbildung und der Qualifikation für berufliche Tätigkeiten, welche die Anwendung wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden erfordern".

Das Finanzamt ging daher unter Berücksichtigung aller Umstände zutreffend nicht bloß von einem Wechsel der Studieneinrichtung aus, der aufgrund gleichbleibender Studienrichtung beihilfenrechtlich keine weiteren Folgen hat, sondern von einem Studienwechsel im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG.

2) Beihilfenschädlicher Studienwechsel

Liegt ein Studienwechsel im Sinne des FLAG vor, ist auf diesen (nur) die Bestimmung des § 17 StudFG anzuwenden; auf weitere Bestimmungen des StudFG verweist das FLAG nicht, diese sind daher nicht (auch nicht sinngemäß) anzuwenden.

§ 17 StudFG (Studienwechsel) normierte in der im vorliegenden Fall noch maßgebenden Fassung des BGBl I 47/2008:

(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende

1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder

3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:

1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind,

2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,

3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,

4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 3.

(3) Nicht als Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 und 2 gilt der Wechsel von der Studienrichtung Medizin zur Studienrichtung Zahnmedizin für Studierende, die die Studienrichtung Medizin vor dem Studienjahr 1998/99 aufgenommen haben und den Studienwechsel spätestens im Sommersemester 2001 vornehmen.

(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben. Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.

Ein Studienwechsel ist somit gemäß § 17 Abs. 2 Zif. 1 StudFG nur dann nicht beihilfenschädlich, wenn die gesamten Vorstudienzeiten für das neue Studium angerechnet werden. Es genügt somit nicht, dass alle vor dem Studienwechsel abgelegten Prüfungen des Vorstudiums von der zuständigen Studienkommission angerechnet werden, vielmehr müssen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden. Die im Vorstudium besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen müssen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen dem nunmehr betriebenen Studium gleichwertig sein. Wenn also die gesamten Vorstudienzeiten in die neue Studienrichtung eingerechnet werden, liegt im Sinne des § 17 Abs. 2 Z 1 StudFG kein Studienwechsel vor (vgl. Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, § 2 Tz 101).

Wird der Studienerfolg in ECTS-Punkten bemessen, ist die Anzahl der anerkannten ECTS-Punkte aus den Vorstudien maßgeblich. Das Arbeitspensum eines Studienjahres ist nach § 51 Abs. 2 Z 26 UG 2002 für alle Bildungseinrichtungen und für alle Studien mit 60 ECTS-Punkten bemessen, daher ist pro Anerkennung von Vorstudienleistungen im Ausmaß von 30 ECTS-Punkten ein Semester zu berücksichtigen (bei Anerkennung von 1 bis 30 ECTS-Punkten ein Semester, bei Anerkennung von 31 bis 60 ECTS-Punkten zwei Semester usw.). Wird mit dieser Anrechnung die Semesteranzahl der Vorstudien erreicht, wird vom Gesetzgeber damit unterstellt, dass für das nunmehr betriebene Studium der annähernd gleiche (Zeit)Aufwand erforderlich gewesen wäre, und der Studienwechsel bleibt nach § 17 Abs. 2 Z 1 StudFG ohne weitere Folgen (siehe auch dazu Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, a.a.O.).

Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass im Bachelorstudium an der WU Wien in den dort absolvierten vier Semestern insgesamt nur Prüfungen im Ausmaß von 52 ECTS abgelegt wurden. Selbst wenn daher die in diesem Studium abgelegten Prüfungen nicht nur im Umfang von 33 ECTS, sondern im vollen Umfang von 52 ECTS anerkannt worden wären, würde sich nichts ändern: auch in diesem Fall würde es bei der Anrechnung von lediglich zwei Semestern (31 bis 60 ECTS-Punkte) bleiben. Ein nicht beihilfenschädlicher Studienwechsel hätte die Anrechnung aller vier Semester, somit von Prüfungen im Umfang von mindestens 91 ECTS (91 bis 120 ECTS) vorausgesetzt. Nur in diesem Fall wäre der Studienwechsel beihilfenrechtlich ohne Folgen geblieben.

Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG wird Familienbeihilfe nur auf Antrag gewährt. Die Familienbeihilfe wird nach § 10 Abs. 2 leg. cit. von Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt. Für ein Monat gebührt gemäß § 10 Abs. 4 FLAG Familienbeihilfe nur einmal. Die Frage, ob für einen bestimmten Anspruchszeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum ist der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruchs für ein Kind kann somit von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa , mwN). Bei der Beurteilung, ob der Anspruch auf Familienbeihilfe für den Anspruchszeitraum gegeben ist, ist daher grundsätzlich eine ex ante Prüfung vorzunehmen (vgl. und ). Eine ex-post Betrachtung ist dagegen nur ausnahmsweise, etwa auf Grund der gesetzlichen Anordnung des § 5 Abs. 1 FLAG oder im Falle der Zuordnung einer nach Semesterende absolvierten Prüfung zu einem vorangegangen Semester nach universitären Vorschriften anzustellen ( mwN).

Die von der Beschwerdeführerin angestellte ex post Betrachtung, derzufolge ihre Tochter insgesamt nur sieben Semester für die Absolvierung „des Bachelorstudiums“ benötigt habe und dieses daher innerhalb der „Regelstudiendauer“ zuzüglich eines Toleranzsemesters abgeschlossen worden wäre, ist im gegenständlichen Verfahren nach der aufgezeigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zulässig, da Familienbeihilfe eben nicht am Ende eines Studiums rückwirkend zuerkannt, sondern nach § 10 FLAG für den einzelnen Monat bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für diesen jeweiligen Monate gewährt wird.

Dem bereits zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom lag folgender Fall zugrunde: ein Student hat die für den ersten Studienabschnitt vorgesehen Zeit überschritten, den zweiten Studienabschnitt, für den eine Mindeststudiendauer von fünf Semestern vorgesehen war, jedoch in drei Semestern absolviert und daher unter Berücksichtigung der Toleranzsemester insgesamt und rückblickend betrachtet die vorgesehene Studiendauer nicht überschritten; den vom damaligen Beschwerdeführer gezogenen Schluss, dass jene Zeit, welche man im ersten Abschnitt länger brauche, im zweiten Abschnitt eingeholt werden könne und daher dennoch für die im ersten Abschnitt zu lange gebrauchte Zeit Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, hat der Verwaltungsgerichtshof aufgrund der gebotenen ex ante Betrachtung als unzulässig verworfen.

Gleiches gilt für den gegenständlichen Fall. Der vorliegende Studienwechsel, der deswegen beihilfenschädlich ist, weil nicht die gesamten – sich aus den ECTS-Punkten ergebenden und auf volle Semester aufgerundeten – Vorstudienzeiten angerechnet wurden, verliert seine Beihilfenschädlichkeit nicht deswegen, weil die Tochter der Beschwerdeführerin das nach dem Studienwechsel betriebene Studium in überdurchschnittlich kurzer Zeit abschließen konnte und damit insgesamt die für ein Bachelorstudium vorgesehene Zeit (sechs Semester plus ein Toleranzsemester) nicht überschritten wurde. Wie bereits aufgezeigt hätte sich auch bei voller Anrechnung aller Prüfungen (52 ECTS-Punkte) nichts an der damit einhergehenden Anrechnung von lediglich zwei Semestern geändert. Tatsächlich liegt die Ursache für die nur teilweise Anrechnung von Vorstudienzeiten (lediglich zwei Semester von insgesamt vier an der WU in Wien verbrachten Semestern) darin, dass die Tochter der Beschwerdeführerin in diesen vier Semestern zu wenig Prüfungen erfolgreich abgelegt hat, um eine volle Anrechnung der vier Semester zu erreichen. Diese Tatsache wird nicht dadurch aufgewogen, dass an der JKU Linz dann in einem kurzen Zeitraum die „restlichen“ Prüfungen abgelegt und das dort betriebene Studium abgeschlossen wurde.

Da der Wechsel des Studiums ohne beihilfenrechtliche Folgen geblieben wäre, wenn die Tochter der Beschwerdeführerin an der WU in Wien in den dort absolvierten vier Semestern zumindest anrechenbare Prüfungen im Ausmaß von 91 ECTS abgelegt hätte, liegt auch die von der Beschwerdeführerin im Vorlageantrag behauptete „Benachteiligung von Studierenden, welche die Universität wechseln“ bzw. der behauptete Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nicht vor. Studenten, die ein Bachelorstudium in sechs Semestern (zuzüglich Toleranzsemester) absolvieren, werden beihilfenrechtlich nicht anders behandelt als Studenten, die innerhalb derselben Zeitspanne das zunächst begonnene Bachelorstudium (Erststudium) abbrechen und zu einen weiteren Bachelorstudium (Zweitstudium) wechseln und dieses Zweitstudium erfolgreich abschließen, wenn sie im Erststudium ausreichend Prüfungen abgelegt haben und daher eine volle Anrechnung der bisherigen Studienzeit erfolgt. Für das Bundesfinanzgericht ist daher nicht erkennbar, dass § 17 StudFG einen verfassungswidrigen (gleichheitswidrigen) Inhalt hätte oder vom Finanzamt willkürlich (in einer das Gleichheitsgebot verletzenden Weise) angewendet worden wäre.

Insgesamt gesehen erweist sich damit der angefochtene Rückforderungsbescheid als rechtmäßig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen, insbesondere die Unzulässigkeit der von der Beschwerdeführerin angestellten ex post Betrachtung, bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

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