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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 29.06.2017, RV/7101082/2013

Verspätung eines Antrages gemäß § 295 Abs. 4 BAO

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2017/13/0072. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7102586/2020 erledigt.; : Antrag an den VfGH, den letzten Satz des § 295 Abs. 4 BAO, BGBl. Nr. 194/1961 idF BGBl. I Nr. 76/2011, als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erk. v. , G 159/2019-13, G 226/2019-11, G 248/2019-8, sprach der VfGH aus, dass der Satz "Der Antrag ist vor Ablauf der für Wiederaufnahmsanträge nach § 304 BAO maßgeblichen Frist zu stellen." in § 295 Abs. 4 BAO, BGBl. Nr. 194/1961 idF BGBl. I Nr. 76/2011, verfassungswidrig war.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden V und die weiteren Senatsmitglieder R, FL1 und FL2 in der Beschwerdesache Bf, St.Nr. xxx/xxxx, über die Beschwerden vom gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom und den Zurückweisungsbescheid vom (betreffend Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO, in eventu Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO) der belangten Behörde FA Wien 9/18/19 Klosterneuburg, in der Sitzung am zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte im Jahr 1999 unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb (aus der Beteiligung an mehreren Gesellschaften).

Er beantragte mit Eingabe vom die Aufhebung des vorläufigen Einkommensteuerbescheides 1999 vom gemäß § 295 Abs. 4 BAO. Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

"Der genannte Bescheid wurde gemäß § 295 Abs. 1 BAO von einem Schriftstück abgeleitet, das nach Form und Inhalt den unzutreffenden Eindruck eines Feststellungsbescheides bzw. eines Nichtfeststellungsbescheides erweckte. Zwischenzeitlich wurde die gegen dieses Schriftstück erhobene Berufung vom Unabhängigen Finanzsenat mit Berufungsentscheidung vom , RV/0485-K/08 (A-KG) als unzulässig zurückgewiesen, da es sich bei diesem um einen Nichtbescheid handelt.

Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen, dass die mit dem AbgÄG 2011, BGBI I 2011/76 in die BAO eingefügte Bestimmung als Verfahrensvorschrift auch auf vor ihrem Inkrafttreten erlassene Änderungsbescheide iSd § 295 Abs. 1 BAO anzuwenden ist (Ritz, BAO4 § 295 Rz 21e).

Weiters weise ich darauf hin, dass eine Aufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO nicht im Ermessen der Abgabenbehörde liegt und auch dann zu erfolgen hat, wenn einer neuerlichen Änderung (§ 295 Abs. 1 BAO) des Abgabenbescheides bei nachträglicher Erlassung eines wirksamen Grundlagenbescheides der Eintritt der Bemessungsverjährung entgegensteht (Ritz, BAO4, § 295 Rz 21e).

Zur Frage der Rechtzeitigkeit meines Antrages verweise ich auf die Grundsatzjudikatur des Verwaltungsgerichtshofs vom , 2009/15/0153 über das Verhältnis von Einkommensteuerverfahren und Feststellungsverfahren. Demnach wird "durch die Regelungen des § 188 BAO ... ein Ausschnitt des Einkommensteuer-Verfahrens der Beteiligten, der im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer für die Beteiligten durchzuführen wäre, in ein einheitliches Sonderverfahren gebündelt." Daraus ergibt sich "sohin", dass sich "das Verfahren nach § 188 BAO als Bündelung eines Ausschnittes der Einkommensteuerverfahren aller Beteiligten" darstellt, weshalb "solcherart ... die Person, welche im Feststellungsverfahren dem Finanzamt gegenüber für die Personenvereinigung auftritt, für die Gesellschafter der Personenvereinigung (im Hinblick auf diesen Ausschnitt ihres Einkommensteuerverfahrens) tätig" wird und deren Kenntnis ... auch den Beteiligten hinsichtlich ihrer Einkommensteuerverfahren zuzurechnen ist ().

Bei dem das Verfahren abschließenden Bescheid iSd § 304 BAO handelt es sich somit in derartigen Fällen um die Berufungsentscheidungen gegen jene Schriftstücke (Nichtbescheide), die nach Form und Inhalt den (unzutreffenden) Eindruck erwecken, sie seien Bescheide über die Feststellung von Einkünften (§ 188 BAO) oder Bescheide des Inhaltes, dass eine Feststellung der Einkünfte zu unterbleiben hat (Nichtfeststellungsbescheid). Daher erfolgt mein Antrag rechtzeitig iSd § 295 Abs. 4 letzter Satz BAO."

Für den Fall, dass diesem Antrag nicht stattgegeben werden sollte, beantragte der Bf. in eventu das Verfahren zur Festsetzung der Einkommensteuer 1999 (Einkommensteuerbescheid vom ) gemäß § 303 BAO wieder aufzunehmen. Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:

"Der Antrag stützt sich auf eine neu hervorgekommene Tatsache iSd § 303 Abs. 1 lit. b BAO:

- Mit am bei der Berufungswerberin eingelangten Erkenntnissen vom jeweils entschied der Verwaltungsgerichtshof in zwei Grundsatzentscheidungen wie folgt:

Soweit eine Personengesellschaft unter Benennung ihrer Gesellschafter dem Finanzamt gegenüber mit dem Begehren auf bescheidmäßige Feststellung von Einkünften nach § 188 BAO auftritt (insbesondere durch Einreichung einer entsprechenden Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften), muss die bescheidmäßige Erledigung gegenüber diesen Rechtssubjekten einheitlich ergehen. Die vom Finanzamt vorgenommenen gesplitteten Erledigungen an die Komplementäre im Sinne des § 188 BAO und an die Kommanditisten mit dem Ausspruch, dass eine Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO zu unterbleiben hat, stellen demgegenüber keine Bescheide dar. Sie können daher auch keine Rechtswirksamkeit erlangen (; ).

- Infolge dessen wurden auch die gegen Wiederaufnahme"bescheide", Feststellungs- und Nichtfeststellungs"bescheide" ergriffenen Berufungen vom UFS mit Berufungsentscheidung vom , RV/0485-K/08 (A-KG) als unzulässig zurückgewiesen.

Nun setzt eine Maßnahme nach § 295 BAO aber die nachträgliche Erlassung eines Feststellungsbescheides (Grundlagenbescheides) voraus. Ergeht ein solcher nicht (z.B. "Nichtbescheid" als Folge fehlerhafter Adressierung, unterlassene Zustellung), so ist ein dennoch erlassener Änderungsbescheid (§ 295 Abs. 1 BAO) rechtswidrig. Zur Geltendmachung dieses Umstandes kommt auch ein Antrag auf Wiederaufnahme des "abgeleiteten" Abgabenverfahrens in Betracht, wenn die "Nichtexistenz" des Grundlagenbescheides im Verfahren zur Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO der für die abgeleitete Einkommensteuer zuständigen Abgabenbehörde nicht bekannt war. Diesfalls ist der Umstand, dass kein Grundlagenbescheid erlassen wurde, im abgeleiteten Abgabenverfahren eine neu hervorgekommene Tatsache iSd § 303 BAO ( BAO-Erlässe 12/61 "Wiederaufnahme zur Aufhebung eines zu Unrecht auf § 295 BAO gestützten Bescheides").

Den Wiederaufnahmewerber trifft in derartigen Fällen idR kein grobes Verschulden an der Nichtgeltendmachung dieses Umstandes im abgeschlossenen Verfahren, weil er grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass kein Finanzamt einen auf § 295 Abs. 1 BAO gestützten Bescheid erlässt, obwohl die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht vorliegen ( BAO-Erlässe 12/61).

Die Bewilligung der Wiederaufnahme, somit die Aufhebung des Änderungsbescheides (§ 295 Abs. 1 BAO) hat auch dann zu erfolgen, wenn in der Zwischenzeit ein wirksamer Grundlagenbescheid ergangen ist. Dieser saniert nämlich nicht die Rechtswidrigkeit eines trotz Fehlens der diesbezüglichen Voraussetzungen erlassenen Änderungsbescheides. Die Wiederaufnahme ist übrigens auch dann zu bewilligen, wenn die Bemessungsverjährung der Erlassung eines (den zwischenzeitlich erlassenen Grundlagenbescheid berücksichtigenden) neuerlichen Änderungsbescheides entgegensteht ( BAO-Erlässe 12/61).

Die Rechtsansicht des BMF betreffend der auch nach Eintritt der Verjährung zu verfügenden Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens ergibt sich zwingend aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs. Dieser betont, dass "durch die Regelungen des § 188 BAO ... ein Ausschnitt des Einkommensteuer-Verfahrens der Beteiligten, der im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer für die Beteiligten durchzuführen wäre, in ein einheitliches Sonderverfahren gebündelt" wird. Daher stellt sich "sohin das Verfahren nach § 188 BAO … als Bündelung eines Ausschnittes der Einkommensteuerverfahren aller Beteiligten" dar, weshalb "solcherart … die Person, welche im Feststellungsverfahren dem Finanzamt gegenüber für die Personenvereinigung auftritt, für die Gesellschafter der Personenvereinigung (im Hinblick auf diesen Ausschnitt ihres Einkommensteuerverfahrens) tätig" wird und deren Kenntnis (über einen Wiederaufnahmegrund) auch den Beteiligten hinsichtlich ihrer Einkommensteuerverfahren zuzurechnen ist ().

Bei dem das Verfahren abschließenden Bescheid iSd § 304 BAO handelt es sich daher in derartigen Fällen um die Berufungsentscheidungen gegen jene Schriftstücke (Nichtbescheide), die nach Form und Inhalt den (unzutreffenden) Eindruck erwecken, sie seien Bescheide über die Feststellung von Einkünften (§ 188 BAO) oder Bescheide des Inhaltes, dass eine Feststellung der Einkünfte zu unterbleiben hat (Nichtfeststellungsbescheid).

Da der steuerliche Vertreter jener Personengesellschaft, an der ich als Gesellschafter beteiligt bin, erst mit der Zustellung der eingangs erwähnten Grundsatzjudikatur des VwGH am davon in Kenntnis gelangte, dass die als Nichtfeststellungsbescheide bzw. Gewinnfeststellungen iSd § 188 BAO gedachten Erledigungen des Finanzamts keine Bescheidqualität ausweisen, wird der Antrag zur Wiederaufnahme des Verfahrens innerhalb der Dreimonatsfrist des § 303 Abs. 2 BAO gestellt.

Auch die Berufungsentscheidung des UFS iS A-KG, GZ RV/0485-K/08 vom wurde erst am zugestellt."

Mit Eingabe vom ergänzte der Bf. seinen Antrag vom wie folgt:

"Ich habe am einen Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO gestellt. Ich präzisiere die Begründung zu diesem Antrag mit der Berufungsentscheidung des GZ RV/2047-W/08, mit welcher die Berufung gegen den Feststellungsbescheid der B-KG als unzulässig zurückgewiesen wurde.

Aufgrund dieser Entscheidung des UFS ist auch mein gleichzeitig eingebrachter Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO zu ergänzen."

Mit einer weiteren Eingabe vom ergänzte der Bf. seinen Antrag vom wie folgt:

"Ich habe am einen Antrag auf Aufhebung des vorläufigen Einkommensteuerbescheides 1999 vom gemäß § 295 Abs. 4 BAO gestellt. In der Begründung habe ich im ersten Absatz auf die Berufungsentscheidung des RV/0485-K/08 (A-KG) verwiesen. Ich ergänze diese Ausführungen dahingehend, dass auch bezüglich der C-KG eine Berufungsentscheidung des vorliegt, derzufolge es sich bei diesem angefochtenen Grundlagenbescheid um einen Nichtbescheid handelt.

Dasselbe gilt auch für den in meinem Schriftsatz vom unter Punkt 2 gestellten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO. Diesbezüglich ist der zweite Absatz auf Seite 3 meiner Eingabe zu ergänzen."

Mit Bescheid vom wurde den Anträgen vom , und vom Finanzamt zunächst entsprochen. Der Einkommensteuerbescheid 1999 vom wurde gemäß § 295 Abs. 4 BAO ersatzlos aufgehoben.

Der Bescheid vom wurde vom Finanzamt jedoch in der Folge mit Bescheid vom gemäß § 299 Abs. 1 BAO aufgehoben. In der Begründung ist Folgendes ausgeführt:

"Die Abgabenbehörde erster Instanz kann von Amts wegen einen Bescheid aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat. Somit tritt der nach § 295 Abs. 1 BAO geänderte Einkommensteuerbescheid 1999 vom wieder in den Rechtsbestand.

Das Recht auf Festsetzung einer Abgabe verjährt spätestens 10 Jahre ab Entstehen des Abgabenanspruches (absolute Verjährung § 209 Abs. 3 erster Satz BAO).

Betreffend die Einkommensteuer für 1999 war mit Ablauf des Jahres 2009 absolute Bemessungsverjährung eingetreten. Eine Festsetzung der Abgabe ist danach nicht mehr zulässig und dem Antrag auf Aufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO wurde zu Unrecht stattgegeben."

Mit einem weiteren Bescheid vom wies das Finanzamt die Eingaben vom , und als nicht fristgerecht zurück.

Der Bf. erhob gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom und den Zurückweisungsbescheid vom am Berufungen (nunmehr: Beschwerden), in denen er beantragte, die angefochtenen Bescheide aufzuheben und seinen Anträgen auf Bescheidaufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO bzw. auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO stattzugeben. Er führte in der Begründung Folgendes aus:

"1.1 Zur historischen und teleologischen Interpretation des § 304 lit. b iVm § 295 Abs. 4 BAO

Sowohl der Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO als auch der Zurückweisungsbescheid betreffend meine beiden oben erwähnten Eingaben werden mit Eintritt der absoluten Verjährung und des Ablaufes der Frist von 5 Jahren gemäß § 304 BAO begründet. Zu diesem Ergebnis kommt das Finanzamt, weil es davon ausgeht, dass es sich bei dem im § 304 lit. b BAO angesprochenen "das Verfahren abschließenden Bescheid" um den Einkommensteuerbescheid 1999 vom handelt.

Diese Ansicht ist mE unrichtig:

Wie bereits im Aufhebungsantrag sowie im Wiederaufnahmeantrag ausführlich dargelegt, kann im konkreten Fall der im § 304 lit. b BAO angesprochene Bescheid nur jene Berufungsentscheidung sein, mit der sich herausstellte, dass es sich bei der als Feststellungsbescheid intendierten Erledigung des Finanzamt Gänserndorf Mistelbach um einen absolut nichtigen Verwaltungsakt (somit um einen Nichtbescheid) gehandelt hat.

Diese Berufungsentscheidung (GZ RV/0485-K/07 iS A-KG) ist jedoch erst am und somit erst vierzehn Tage vor der Antragstellung auf Bescheidaufhebung bzw. auf Wiederaufnahme des Verfahrens ergangen. Der Aufhebungs- bzw. Wiederaufnahmeantrag wurde daher nicht verspätet eingebracht.

Die von mir vertretene Rechtsansicht, dass es sich bei dem "das Verfahren abschließenden Bescheid" iSd § 304 lit. b BAO um die Berufungsentscheidung gegen die als Feststellungsbescheid gedachte Erledigung handeln muss, folgt unmittelbar aus dem Gesetz:

• So regelt § 295 Abs. 4 BAO die auf Antrag vorzunehmende Aufhebung von auf § 295 Abs. 1 BAO gestützten Einkommensteuerbescheiden für jene Fälle, in denen sich in einem Berufungsverfahren gegen einen Feststellungsbescheid herausstellt, dass das die Form und den Inhalt eines Feststellungsbescheides habende Dokument tatsächlich kein Bescheid ist.

§ 295 Abs. 4 BAO soll insbesondere verhindern, dass Berufungen gegen Einkommensteuerbescheide vorsorglich (sicherheitshalber) nur zwecks Vermeidung des Eintritts der Verjährung mit der Behauptung eingebracht werden, es lägen ihnen Nichtbescheide zugrunde (EB zu § 295 Abs. 4 BAO idF BGBl I 2011/76).

• Folglich kann diese Norm klarer Weise nur dann ihren Zweck erfüllen, wenn sie auch in Fällen greift, in denen bereits Bemessungsverjährung eingetreten ist. Die im § 295 Abs. 4 BAO vorgesehene Antragsfrist muss daher auch Zeiträume umfassen, die nach dem Eintritt der Verjährung liegen.

• Dementsprechend verweist § 295 Abs. 4 BAO auf die Bestimmungen des § 304 BAO, der die Voraussetzungen für Wiederaufnahmen nach Eintritt der Verjährung regelt.

• Da § 295 Abs. 4 BAO als Anwendungsvoraussetzung erfordert, dass eine Zurückweisung einer Berufung (als unzulässig) gegen einen Nichtbescheid (somit gegen eine Erledigung, die als Feststellungsbescheid iSd § 188 BAO beabsichtigt war) bereits erfolgt ist, muss die in ihm eingeräumte Fristsetzung somit auch erst dann zu laufen beginnen, wenn die im erster Satz leg. cit. angesprochene Berufungsentscheidung erst nach Eintritt der Verjährung erfolgt.

• Es kann sich bei dem im § 304 lit. b BAO angesprochenen "das Verfahren abschließenden Bescheid" daher nur um die Berufungsentscheidung gegen jenes Schriftstück (Nichtbescheid) handeln, das - wie im § 295 Abs. 4 BAO ausdrücklich normiert -, nach Form und Inhalt den unzutreffenden Eindruck erweckte, es sei ein Bescheid über die Feststellung von Einkünften.

Jede andere Auslegung würde dazu führen, dass § 295 Abs. 4 BAO seinen Zweck - nämlich die Vermeidung von vorsorglich eingebrachten Berufungen gegen Einkommensteuer- (Änderungsbescheide) zwecks Verhinderung des Eintritts der Verjährung - nicht erfüllen kann.

Eine derartige Auslegung stünde daher sowohl mit einer historischen Interpretation (klare, in den EB dokumentierte Absicht des Gesetzgebers) als auch einer teleologischen Interpretation (nach dem Sinn und Zweck der Regelung) in unauflösbaren Widerspruch. Die teleologische Interpretation ist jedoch für die Auslegung der Steuerrechtsnormen nach ständiger Rechtsprechung des VwGH vorrangig zu beachten (Doralt/Ruppe, Steuerrecht Band II4, Rz 421 mN).

1.2 Zur Interpretation des § 304 lit. b BAO anhand des Wesens des im § 188 BAO normierten Feststellungsverfahrens

Weiters ergibt sich die von mir vertretene Auslegung des § 304 lit. b BAO zwingend aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs. Dieser betont, dass "durch die Regelungen des § 188 BAO ... ein Ausschnitt des Einkommensteuer-Verfahrens der Beteiligten, der im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer für die Beteiligten durchzuführen wäre, in ein einheitliches Sonderverfahren gebündelt" wird. Daher stellt sich "sohin ... das Verfahren nach § 188 BAO ... als Bündelung eines Ausschnittes der Einkommensteuerverfahren aller Beteiligten" dar, weshalb "solcherart ... die Person, welche im Feststellungsverfahren dem Finanzamt gegenüber für die Personenvereinigung auftritt, für die Gesellschafter der Personenvereinigung (im Hinblick auf diesen Ausschnitt ihres Einkommensteuerverfahrens) tätig" wird und deren Kenntnis (über einen Wiederaufnahmegrund) auch den Beteiligten hinsichtlich ihrer Einkommensteuerverfahren zuzurechnen ist ().

Der VwGH sieht somit in Bezug auf die Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens eine unmittelbare Verbindung zwischen dem Abschluss eines Berufungsverfahrens gegen einen Feststellungsbescheid und dem (abgeleiteten) Einkommensteuerbescheid.

Auch aus dieser Sichtweise folgt daher unmittelbar, dass es sich bei dem das Verfahren abschließenden Bescheid iSd § 304 BAO um die Berufungsentscheidung gegen jenes Schriftstück (Nichtbescheid) handeln muss, das nach Form und Inhalt den (unzutreffenden) Eindruck erweckte, es sei ein Bescheid über die Feststellung von Einkünften (§ 188 BAO) oder ein Bescheid des Inhaltes, dass eine Feststellung der Einkünfte zu unterbleiben hat (Nichtfeststellungsbescheid).

Die Zurückweisung des Aufhebungs- bzw. Wiederaufnahmeantrags ist daher zu Unrecht erfolgt."

Mit Erkenntnis vom , Ro 2015/13/0005, hat der Verwaltungsgerichtshof die strittige Frage des Beginnes der Frist für den Antrag auf Aufhebung nach § 295 Abs. 4 BAO im Sinne der vom Finanzamt vertretenen Rechtsansicht beantwortet.

Das VwGH-Erkenntnis vom wurde dem Bf. vom Bundesfinanzgericht mit Schreiben vom übermittelt.

Mit Schreiben vom zog der Bf. seinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück. Er wies bezüglich des VwGH-Erkenntnisses vom , Ro 2015/13/0005, auf einen Artikel von Beiser in ÖStZ 8/2017 mit dem Titel "Der Rechtsschutz bei Nichtbescheiden" hin und führte aus, dass dieser das VwGH-Erkenntnis vom in Punkt 6 als "Fehlerkenntnis" werte. Der Bf. ergänzte zugleich seine Beschwerdeausführungen vom betreffend den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom , indem er Folgendes ausführte:

Er sei bisher nicht explizit auf den Aufhebungsbescheid vom eingegangen. Bei nunmehriger Überprüfung des Aufhebungsbescheides sei er zu der Ansicht gekommen, dass dieser zu Unrecht erlassen wurde und aufzuheben sei. Dies begründe er wie folgt:

"Die Aufhebung gemäß § 299 BAO setzt die Gewissheit der Rechtswidrigkeit des Bescheides voraus, die bloße Möglichkeit reicht nicht (Ritz, BAO5, Rz 13 zu § 299 mwN, , , 2012/13/0059, Althuber/Tanzer/Unger, BAO 812, Ellinger/Sutter/Urtz, BAO E 11 zu § 299 E).

Ich bin nun der Meinung, dass im gegenständlichen Fall bei Erlassung des Aufhebungsbescheides vom eine derartige Gewissheit nicht vorgelegen ist. Für die Aufhebung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Aufhebung maßgebend (Ritz, BAO5, Rz 14 zu § 299 mwN). In meinem Verfahren und auch im vom VwGH im Erkenntnis vom behandelten Fall ging es im Wesentlichen um die Problematik der Verjährung von gegen Nichtbescheide ergriffenen Rechtsmitteln und sonstigen Anträgen, für die bis zum damaligen Zeitpunkt keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorlag; nur in der Literatur gab es vereinzelte Abhandlungen, welche sich mit dieser Problematik beschäftigten und eine der Finanzverwaltung entgegengesetzte Meinung vertraten (Beiser, ÖStZ 2013/848, 476 f, Keppert/Koss, SWK 26/2013, 1241). Das mir übermittelte VwGH Erkenntnis vom ist somit die erste höchstgerichtliche Rechtsprechung, die sich mit dieser Problematik befasst. Dass bis dahin keine Rechtsprechung des VwGH vorlag, erklärt sich auch daraus, dass das BFG die ordentliche Revision zugelassen hat.

Somit ergibt sich zusammenfassend folgende Schlussfolgerung:

1. Der Aufhebungsbescheid gemäß § 295 Abs. 4 BAO vom basierte auf meinen Anträgen vom , und . Diese Anträge habe ich im Wesentlichen mit den Argumenten begründet, die auch im (späteren) VwGH-Erkenntnis vom angeführt werden. Damit hat aber das Finanzamt zum damaligen Zeitpunkt meine Rechtsmeinung bezüglich der Verjährungsfrage akzeptiert.

2. Am , also bei Erlassung des angefochtenen Aufhebungsbescheides, lag bezüglich der Verjährungsproblematik keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor.

3. Daraus folgt wiederum, dass am das Finanzamt nicht absolut sicher sein konnte (durfte), dass der Aufhebungsbescheid vom rechtswidrig war. Das hat sich erst am herausgestellt. Damit lag aber die im § 299 BAO geforderte Gewissheit der Rechtswidrigkeit am nicht vor.

4. Die vom Finanzamt in der Begründung für die Aufhebung des Aufhebungsbescheides vom eingetretene absolute Verjährung betreffend Einkommensteuer 1999 war bis zum Ergehen des VwGH-Erkenntnisses ebenfalls keine gesicherte Rechtsmeinung, welche den Aufhebungsbescheid vom mit Gewissheit rechtswidrig gemacht hat.

5. Da sich die strittigen verfahrensrechtlichen Rechtsfragen im Zusammenhang mit Wiederaufnahms-, Aufhebungsanträgen und Verjährung erst im Jahr 2016 durch das VwGH-Verfahren geklärt haben, war der Aufhebungsbescheid vom mit der geforderten Gewissheit nicht rechtswidrig, die Aufhebung am erfolgte daher zu Unrecht und meiner Beschwerde ist bereits aus diesem Grund stattzugeben.

Ich möchte im Folgenden auch aus dem in Reaktion auf das VwGH-Erkenntnis vom erschienenen Artikel von Beiser in ÖStZ 8/2017 "Der Rechtsschutz bei Nichtbescheiden" - in welchem dieses Erkenntnis als "Fehlerkenntnis" bezeichnet wird - zusätzlich ableiten, dass die Verjährungseinrede des Finanzamtes im Aufhebungsbescheid vom nicht haltbar ist:

1. Vorab möchte ich feststellen, dass die von Beiser in den Punkten 3.1. bis 3.7. angezeigten Fehlleistungen der Behörden allesamt auch in meinem Fall stattgefunden haben, womit von einem fairen Abgabeverfahren keine Rede sein kann.

2. Beiser leitet in diesem Artikel meines Erachtens völlig schlüssig aus dem Wortlaut der BAO, der auch vom VwGH zitiert wird, Folgendes ab: "Ein Antrag nach § 295 Abs. 4 BAO ist nach § 295 Abs. 4 letzter Satz und § 304 BAO vor Eintritt der Verjährung einzubringen. Die Verjährung richtet sich nach §§ 207 ff BAO. § 209a Abs. 2 und 4 BAO differenzieren hinsichtlich der Verjährung: "Wenn die nach Eintritt der Verjährung vorzunehmende Abgabenfestsetzung zu einer Gutschrift führen würde, gelten Abgabenerklärungen (Erklärungen zur Einkommen- oder Körperschaftsteuerveranlagung oder zur Feststellung von Einkünften nach § 188 BAO) nach § 209a Abs. 4 BAO als Anträge nach § 209a Abs. 2 BAO, die eine Nichtverjährbarkeit begründen." Somit ist im Falle einer Abgabenfestsetzung zu Gunsten des Abgabepflichtigen die Verjährung ausdrücklich aufgehoben. Die Verjährungssperre als Ausschlussfrist für Anträge nach § 295 Abs. 4 letzter Satz in Verbindung mit § 304 BAO greift insoweit ins Leere; die Abgabenfestsetzungen zu Gunsten der Abgabepflichtigen verjähren nach § 209a Abs. 2 und 4 BAO nicht. Diese Nichtverjährbarkeit führt zu einer unbefristeten Antragsoption nach § 295 Abs. 4 BAO.

3. Beiser begründet diese Differenzierung in der Verjährung wie folgt:

"Die Erlassung von Nichtbescheiden liegt in der Verantwortung der Finanzverwaltung. Werden Nichtbescheide erst nach Ablauf der Verjährung der §§ 207 ff BAO als nichtig erklärt/erkannt, so sollen die damit verbundenen Fehlleistungen der Finanzverwaltung nicht die Abgabepflichtigen belasten."

4. Da der VwGH in seinem Erkenntnis vom aber diese Differenzierung in der Verjährung - Anpassungen zu Lasten der Abgabepflichtigen verjähren; Anpassungen zu Gunsten der Abgabepflichtigen verjähren dagegen nicht - übersieht, beurteilt Beiser es als "Fehlerkenntnis", womit "ein faires Abgabeverfahren und das Rechtsstaatlichkeitsprinzip auf den Kopf gestellt werden. Anstatt vor Besteuerungswillkür in Form von Nichtbescheiden zu schützen, wird eine Rechtsschutzlücke contra legem und wider die verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundrechte geöffnet."

5. Ich bin daher der Ansicht, dass die Aufhebung des geänderten Einkommensteuerbescheides 1999 vom mittels Aufhebungsbescheides vom zu Recht erfolgt ist, der Antrag gemäß § 295 Abs. 4 BAO somit nicht verspätet eingebracht worden ist, da die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 1999 zu einer Gutschrift geführt hätte. Auch aus diesem Grunde wäre meiner Beschwerde vom stattzugeben."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1.) Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO

Wird eine Berufung (nunmehr: Bescheidbeschwerde), die gegen ein Dokument, das Form und Inhalt eines Feststellungsbescheides (§ 188 BAO) oder eines Bescheides, wonach eine solche Feststellung zu unterbleiben hat, gerichtet ist, als nicht zulässig zurückgewiesen, weil das Dokument kein Bescheid ist, so sind auf das Dokument gestützte Änderungsbescheide (§ 295 Abs. 1 BAO) gemäß § 295 Abs. 4 BAO auf Antrag der Partei aufzuheben. Der Antrag ist vor Ablauf der für Wiederaufnahmsanträge nach § 304 BAO maßgeblichen Frist zu stellen.

§ 304 BAO in der für den Beschwerdefall maßgebenden Fassung, BGBl. I Nr. 57/2004, lautet:

Nach Eintritt der Verjährung ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen, sofern ihr nicht ein

a) innerhalb des Zeitraumes, bis zu dessen Ablauf die Wiederaufnahme von Amts wegen unter der Annahme einer Verjährungsfrist (§§ 207 bis 209 Abs. 2) von sieben Jahren zulässig wäre, oder

b) vor dem Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Bescheides

eingebrachter Antrag gemäß § 303 Abs. 1 zugrunde liegt.

Die Frist des § 304 lit. a BAO ist durch die absolute Verjährungsfrist (nach § 209 Abs. 3 BAO) begrenzt (vgl. Ritz, BAO4, Tz 5 zu § 304 und die dort zitierte Judikatur).

Gemäß § 209 Abs. 3 BAO idF BGBl. I Nr. 57/2004 verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4).

Der Abgabenanspruch für die zu veranlagende Einkommensteuer entsteht nach § 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gleichgelagerten Beschwerdefall mit Erkenntnis vom , Ro 2015/13/0005, folgende Rechtsansicht zu § 295 Abs. 4 BAO vertreten: Wortlaut und Sinnzusammenhang lassen keinen Zweifel daran, dass sich der Verweis auf die in § 304 BAO getroffenen Regelungen für Wiederaufnahmen "nach Eintritt der Verjährung" auf die Frist für Wiederaufnahmen im Verfahren zur Festsetzung (im vorliegenden Fall) der Einkommensteuer bezieht. Dies ergibt sich auch aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 76/2011, mit dem § 295 Abs. 4 BAO eingeführt wurde, soweit dort als eines der mit der Änderung verfolgten Ziele die Vermeidung aufwändiger Wiederaufnahmsverfahren in Einkommen- oder Körperschaftsteuerverfahren genannt ist (1212 BlgNR 24. GP 30). Auf das Feststellungsverfahren kann sich der Verweis auch schon deshalb nicht beziehen, weil solche Verfahren keiner Verjährung unterliegen.

Der das Einkommensteuerverfahren 1999 abschließende Bescheid ist am ergangen.

Der am gestellte und mit Eingaben vom und ergänzte Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO wurde mehr als fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des das Einkommensteuerverfahren 1999 abschließenden Bescheides eingebracht.

Der Antrag war somit nicht fristgerecht und wurde daher zu Recht zurückgewiesen.

2.) Antrag auf Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO

§ 303 Abs. 1 BAO idF BGBl. I Nr. 97/2002 lautet:

Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

a) …

b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder

c) …

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Gemäß § 303 Abs. 2 BAO ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

§ 304 BAO idF BGBl. I Nr. 57/2004 lautet:

Nach Eintritt der Verjährung ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen, sofern ihr nicht ein

a) innerhalb des Zeitraumes, bis zu dessen Ablauf die Wiederaufnahme von Amts wegen unter der Annahme einer Verjährungsfrist (§§ 207 bis 209 Abs. 2) von sieben Jahren zulässig wäre, oder

b) vor dem Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Bescheides

eingebrachter Antrag gemäß § 303 Abs. 1 zugrunde liegt.

Der gegenständliche Wiederaufnahmsantrag wurde am zugleich mit dem Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 295 Abs. 4 BAO gestellt. Da er - wie unter Punkt 1.) dargestellt - nach Ablauf der beiden in § 304 BAO geregelten Fristen gestellt wurde, war er nicht fristgerecht. Die Zurückweisung des Antrages ist daher zu Recht erfolgt.

3.) Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Der Inhalt eines Bescheidspruches ist "nicht richtig", wenn er nicht dem Gesetz (im gegenständlichen Fall: dem § 295 Abs. 4 BAO) entspricht, somit rechtswidrig ist.

Die Rechtswidrigkeit muss nicht offensichtlich im Sinne des § 293b BAO sein, d.h. sie muss nicht unvertretbar sein (vgl. z.B. Ritz, BAO5, § 299 Tz 12).

Aufhebungen nach § 299 BAO setzen die vorherige Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes voraus (vgl. z.B. ). Die bloße Möglichkeit, dass bei noch nicht geklärtem Sachverhalt ein Bescheid rechtswidrig sein könnte, rechtfertigt noch keine Aufhebung.

Ist der Sachverhalt geklärt (und auch unbestritten) so kann es im Sinne des § 299 BAO nur eine rechtsrichtige Auslegung des § 295 Abs. 4 zweiter Satz BAO geben. Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ro 2015/13/0005, entschieden, dass sich die dort genannte Frist des § 304 BAO auf den zu Unrecht auf § 295 Abs. 1 BAO gestützten Bescheid bezieht.

Der Umstand, dass diese Rechtsfrage in der Literatur strittig war (vgl. z.B. Beiser, ÖStZ 2013, 476; Keppert/Koss, ) bzw. von Beiser als rechtlich unzutreffend qualifiziert wird, ändert nichts daran, dass dem VwGH zufolge der Aufhebungsantrag vom verspätet war. Daher war dessen Stattgabe mit Bescheid vom rechtswidrig. Der Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom ist somit rechtmäßig.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 295 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 304 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7101082.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at