Vorsteuerabzugsfähigkeit aus der Errichtung eines auf den künftigen Mieter abgestimmten Einfamilienhauses durch eine GmbH
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Stb, über die Beschwerden gegen die Bescheide des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln, betreffend
1. Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO hinsichtlich der Umsatzsteuer für die Jahre 2004 und 2005
2. Umsatzsteuer für die Jahre 2004 – 2013
im Beisein der Schriftführerin XY nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
1. Der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer für die Jahre 2004 und 2005 wird Folge gegeben.
Die Wiederaufnahmebescheide 2004 und 2005 werden aufgehoben.
2. Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2004 und 2005 wird als unzulässig geworden zurückgewiesen.
3. Den Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2006 bis 2013 wird Folge gegeben.
Die Umsatzsteuerbescheide 2006 bis 2013 werden gemäß § 279 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
A) Sachverhalt und Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet wurde und Realitätenwesen, Vermögensverwaltung sowie die Vermietung von Immobilien zum Betriebsgegenstand hat.
Die beiden Gesellschafter, A , welcher gleichzeitig als Geschäftsführer fungiert, und B, sind jeweils im Ausmaß von 50 % an der Bf. beteiligt. Die Bf. wurde mit einem Stammkapital von € 35.000 ausgestattet.
Im Jahr 2004 wurde eine Liegenschaft in **** , erworben und mit der Errichtung eines Einfamilienhauses begonnen. Dieses einzige, im Rahmen der Geschäftstätigkeit der Bf. ausgeführte, Projekt wurde zur Gänze fremdfinanziert.
Mit Bescheid vom wurde die Umsatzsteuer 2004 erstmalig festgesetzt und ein Gesamtbetrag an Vorsteuern in der Höhe von € 1.997,61 berücksichtigt. Weiters wurde mit Bescheid vom die Umsatzsteuer 2005 erstmalig festgesetzt und ein Gesamtbetrag an Vorsteuern in der Höhe von € 3.303,94 berücksichtigt.
Im Jahr 2008 fand bei der Bf. Außenprüfung gemäß § 147 Abs. 1 BAO statt, welche die Prüfungszeiträume betreffend die Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer der Jahre 2004 und 2005 sowie einen Nachschauzeitraum 01/2006 – 09/2009 zum Gegenstand hatte.
Im Zuge der Schlussbesprechung am wurde der Bf. das Ergebnis der Außenprüfung zur Kenntnis gebracht. Das Finanzamt führte dabei in seiner Niederschrift folgendes aus:
„Tz. 1 Vermietung
Steuerliche Beurteilung:
Sachverhalt
Das im Jahr 2004 errichtete und spezielle auf die Bedürfnisse des Mieters C abgestimmte Einfamilienhaus in ****, wurde zu 100 % fremdfinanziert. Die Rechnungen lauten teilweise auf den zukünftigen Mieter C, teilweise auf die Bf.. Die Mietzahlungen des C werden direkt aufgrund einer Generalzession an die kreditgewährende Bank bezahlt. Im Jahr der Errichtung wurde eine Art Vorvertrag (Vereinbarung) mit dem zukünftigen Mieter C abgeschlossen, welcher eine mindestens 10-jährige Dauer des Mietverhältnisses festlegt. Die Vermietung der gegenständlichen Liegenschaft ist die einzige Betätigung der GmbH. Die Gesamterrichtungskosten (inklusive Grundkauf) beliefen sich zum Zeitpunkt des Kreditvertragsabschlusses auf € 1,685.000 (€ 900.000 für den Hausbau bzw. € 785.000 für den Ankauf der Liegenschaft). Die Fremdfinanzierung wurde um € 100.000 erhöht.
Rechtliche Beurteilung
Für die im Zusammenhang mit der Errichtung und Nutzungsüberlassung anfallenden Vorleistungen steht kein Vorsteuerabzug zu. Dies ergibt sich aus dem Naheverhältnis der beiden Gesellschafter der Bf., A und B, zum Mieter C. Denn ein Fremdvergleich ist auch dann anzustellen, wenn zwar keinerlei familiäre Verflechtungen, aber entsprechende gesellschaftsrechtliche Verflechtungen bestehen. Dies ist hier der Fall, denn B und C sind in verschiedenen Gesellschaften Gesellschafter - zB X (Gesellschafter C und B), Y (Kommanditisten sind B und C), Z (Kommanditisten sind B und C).
Auch wenn C diese Beteiligungen treuhändig hält, liegt trotzdem wie betrachtet eine Geschäftsbeziehung vor. Gegenständliche Geschäftsbeziehung hält aus folgenden Gründen einem Fremdvergleich nicht stand:
Gegenständliche Liegenschaft ist voll auf die Bedürfnisse des Mieters zugeschnitten, die Rechnungen beinhalten vielmals die Beschreibung „Bauvorhaben C“, einige Rechnungen sind auf C ausgestellt.
Im vorliegenden Bauplan des Gebäudes wurden im Kellergeschoß 3 Ordinationsräume im Ausmaß von 20,26 m², 36,73 m² und 18,71 m², ein Ordinations-WC (3,36 m²) und ein Ordinationsgang (9,58 m²) geplant. Dies bedeutet, dass bereits bei der Planung nicht auf die Allgemeinheit sondern auf bestimmte Berufsbedürfnisse Rücksicht genommen wurde.
Der GmbH wird es nicht möglich sein, gegenständliche Liegenschaft auch an Fremde Dritte zu vermieten – denn die äußerst kostenintensiven Sonderausstattungen sind bei fremdüblicher Vermietung nicht in die Miethöhe einrechenbar. bzw. ist kein Fremder bereit, für dieses Objekt mit einer Nutzfläche von 523,11 m² (Wohnhaus) und 43,10 m² (Garage) eine monatliche Miete von € 11.800 (brutto) zu bezahlen.
Die Nutzungsüberlassung ist daher von einem Begünstigungswillen getragen und die Überlassung des Wohngebäudes stellt daher keine unternehmerische Betätigung iSd. § 2 Abs. 1 UStG dar. Die bezahlten Umsatzsteuern in der Höhe von € 31.563,64 bleiben kraft Rechnungslegung unberührt, die geltend gemachten Vorsteuern in der Höhe von € 268.275,47 werden neutralisiert.“
Aufgrund der Ergebnisse der Außenprüfung wurden die Verfahren betreffend die Umsatzsteuer der Jahre 2004 und 2005 mit Bescheiden vom gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO wieder aufgenommen und neue Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2004 und 2005 erlassen. Darin wurden die in den Erstbescheiden festgesetzten Vorsteuerbeträge mangels unternehmerischer Betätigung iSd. § 2 Abs. 1 UStG nicht mehr anerkannt, was in beiden Jahren zu Abgabennachforderungen (2004: € 1.997,61, 2005: € 3.303,94) führte.
Des Weiteren wurde am das Verfahren betreffend die Festsetzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum 07/2007 gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO wieder aufgenommen und die Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer gemäß § 21 Abs. 3 UStG für die Zeiträume 01-06/2006, 07-12/2006, 01-06/2007, 07/2007, 08-12/2007 und 01-09/2008 erlassen. Begründend wurde auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung verwiesen.
Mit Eingabe vom erhob die Bf. gegen die am erlassenen Wiederaufnahmebescheide betreffend Umsatzsteuer 2004 und 2005, neuen Sachbescheide betreffend Umsatzsteuer 2004 und 2005 sowie Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer gemäß § 21 Abs. 3 UStG betreffend die Zeiträume 01-06/2006, 07-12/2006, 01-06/2007, 07/2007, 08-12/2007 und 01-09/2008 das Rechtsmittel der Berufung (im Folgenden nunmehr Beschwerde) und führte begründend aus, dass mangels einer ausreichenden Bescheidbegründung nicht auf die einzelnen Tatbestände im Detail eingegangen werden könne.
Gemäß § 253 BAO gelten die Beschwerden gegen die Festsetzung von Umsatzsteuer 01-06/2006 und 07-12/2006 als gegen den Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2006 eingebracht. Das gleiche gilt für die Beschwerden gegen die Festsetzung von Umsatzsteuer 01-06/2007, 07/2007 und 08-12/2007, welche als Beschwerde gegen den Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2007 zu werten sind sowie für die Beschwerde gegen die Festsetzung von Umsatzsteuer 01-09/2008, welche als Beschwerde gegen den Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2008 zu werten ist.
Am wurde der Bf. der Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung zugestellt, welcher folgende Feststellungen enthält:
„Tz. 1 Vermietung – Steuerliche Beurteilung
Sachverhalt
Die Bf. wurde im Juni 2004 gegründet. A und B sind zu je 50 % beteiligt. A ist auch Geschäftsführer dieser GmbH. Die GmbH wurde mit dem Stammkapital von € 35.000 ausgestattet. Im Jahr 2004 wurde eine Liegenschaft in ****, erworben und mit der Errichtung eines Gebäudes begonnen. Dieses teilmöblierte (Küche) Gebäude wird an eine an der GmbH nicht beteiligte Person, C, vermietet. Dieses, speziell auf die Bedürfnisse des Mieters C abgestimmte Einfamilienhaus samt Swimmingpool und Weinkeller wurde zu 100 % fremdfinanziert. Die Rechnungen lauten teilweise auf den zukünftigen Mieter C (Rechnung Nr. R080111 vom S GesmbH an Herrn C € 8.400 brutto, € 7.000 netto), teilweise auf die Bf.. Die Mieteinzahlungen des C werden direkt aufgrund einer Generalzession an die kreditgewährende Bank bezahlt. Im Jahr der Errichtung wurde eine Art Vorvertrag (Vereinbarung) mit dem zukünftigen Mieter C abgeschlossen, welcher eine mindestens 10-jährige Dauer des Mietverhältnisses festlegt. Die Gesamterrichtungskosten (inklusive Grundkauf) beliefen sich zum Zeitpunkt des Kreditvertragsabschlusses auf € 1.685.000 (€ 900.000 für den Hausbau bzw. € 785.000 für den Ankauf der Liegenschaft). Die Fremdfinanzierung wurde im Zuge der Errichtung um € 100.000 erhöht.
2. Rechtliche Beurteilung:
Das Finanzamt hat zu prüfen, ob die Bf. unternehmerisch tätig ist und kommt zu dem Ergebnis, dass für die in Zusammenhang mit der Errichtung und Nutzungsüberlassung anfallenden Vorleistungen, kein Vorsteuerabzug zusteht. Dies ergibt sich aus dem Naheverhältnis der beiden Gesellschafter der Bf., A und B, zum Mieter C. Denn ein Fremdvergleich ist auch dann anzustellen, wenn zwar keinerlei familiäre Verflechtungen, aber entsprechende gesellschaftsrechtliche Verflechtungen bestehen. Dies ist hier der Fall, denn B und C sind in den verschiedenen nachfolgend angeführten Gesellschaften Gesellschafter – zB X (Gesellschafter C und B), Y (Kommanditisten sind B und C), Z (Kommanditisten sind B und C). Auch wenn C diese Beteiligungen treuhändig hält, liegt trotzdem wie betrachtet eine Geschäftsbeziehung vor.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH, sowie auch der Lehre können Verträge zwischen nahen Angehörigen nur dann steuerlich anerkannt werden, wenn sie
nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen
einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben, und
zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären.
Nahebeziehungen können auch durch gesellschaftsrechtliche Verflechtungen entstehen (vgl. Doralt/Renner, EStG Tz 159/2 zu § 2). Es gelten daher die Grundsätze der Angehörigenjudikatur auch für Verträge zwischen einer GmbH und einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person.
Gegenständliche Geschäftsbeziehung hält aus folgenden Gründen einem Fremdvergleich nicht stand:
Die Liegenschaft ist voll auf die Bedürfnisse des Mieters zugeschnitten, die Rechnungen beinhalten vielmals die Beschreibung „Bauvorhaben C“, einige Rechnungen sind auf C ausgestellt. So geht aus den Unterlagen hervor, dass für den mit der Bauaufsicht beauftragten Architekten DI M nur C als Ansprechpartner fungierte.
Im vorgelegten Bauplan des Gebäudes wurden im Kellergeschoß 3 Ordinationsräume im Ausmaß von 20,26 m², 36,73 m² und 18,71 m², ein Ordinations-WC (3,36 m²) und ein Ordinationsgang (9,58 m²) geplant. Dies bedeutet, dass bereits bei der Planung nicht auf die Allgemeinheit, sondern bereits auf bestimmte Berufsbedürfnisse Rücksicht genommen wurde.
Der Bf. wird es nicht möglich sein, gegenständliche Liegenschaft auch an fremde Dritte zu vermieten – denn die kostenintensive Sonderausstattung (Küche – Auftragsvolumen ca. € 43.000 netto excl. Montage; Fliesenleger und Natursteinarbeiten ca. € 93.000 netto; Ausstattung mit Personenaufzug; Ausstattung betreffend Haustechnik mit Elektro-BUS-Systemen etc.), ist bei fremdüblicher Vermietung nicht in die Miethöhe einrechenbar bzw. ist kein Fremder bereit, für dieses Objekt mit einer Grundfläche von 813 m², einer Wohnfläche von 523,11 m² und 43,10 m² (Garage) eine monatliche Miete von € 11.800 netto exklusive Betriebskosten zu bezahlen. Laut Art. 4 des Mietvertrags „Der monatliche Mietzins beträgt € 11.800 …. Zusätzlich ist die Vermieterin berechtigt, die jeweilige gesetzliche Umsatzsteuer – momentan 10 % - in Rechnung zu stellen.“
Der Mietvertrag wurde nicht vergebührt. Dieser Vertrag ist somit nicht nach außen in Erscheinung getreten, es fehlt die Publizität. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass die GmbH missbräuchlich gegründet worden ist, um den wahren Sachverhalt – nämlich die Errichtung eines Gebäudes zur Befriedigung der privaten Wohnbedürfnisse – in ein steuerlich abzugsfähiges Konstrukt zu kleiden.
Die Höhe der Miete ist nicht eindeutig. So ergibt sich aus dem vorgelegten Mietvertrag eine Nettomiete von € 11.800.
Auszug gemäß Art. 4 des Mietvertrags: „Der monatliche Mietzins beträgt € 11.800 (Euro elftausendachthundert) und ist jeweils am Monatsanfang mit einer Frist für den Banklauf von fünf Arbeitstagen – auf das von der Vermieterin bekanntzugebende Konto einzuzahlen. Bei Zahlungsverzug ist die Vermieterin berechtigt 8 % Verzugszinsen (acht Prozent pa) zusätzlich zur Miete in Rechnung zu stellen. Zusätzlich ist die Vermieterin berechtigt, die jeweils gesetzliche Umsatzsteuer – momentan 10 % - in Rechnung zu stellen. Weiters wird die Vermieterin zusätzlich die Betriebskosten gemäß Mietrechtsgesetz in einer jährlichen Abrechnung vorschreiben. Der Mieter wird diese Betriebskostenabrechnung – unter Berücksichtigung allenfalls geleisteter Akontozahlungen - innerhalb von fünf Arbeitstagen an die Vermieterin überweisen“.
C bezahlt aber laut Buchhaltung nur € 11.800, was eine Nettomiete von € 10.727,27 und € 1.027,27 USt bedeutet. In der vorgelegten Prognoserechnung wird mit einer Nettomiete von € 10.000 gerechnet. Unter fremden Dritten wird klar definiert, ob es sich bei der Miete um einen Netto- oder Bruttobetrag handelt, besonders dann, wenn wie im vorliegenden Fall eine derart hohe Monatsmiete verrechnet wird. Es ist ein Unterschied, ob brutto € 141.600 (Monatsmiete € 11.800) oder brutto € 155.760 (Monatsmiete € 12.980) zu begleichen sind. Mietenvergleich: der Durchschnittspreis per m² für Mietwohnungen beträgt für Objekte größer 126 m², für den *** in Wien, brutto inklusive Betriebskosten € 14,54/m² (Quelle wohnnet.at) bzw. sind auf Immobilien.net von der Wohn- und Grundfläche vergleichbare Häuser in *** Wien zwischen € 4.300 und € 6.500 brutto zu mieten.
Die Vermietung gegenständlicher Liegenschaft ist die einzige Betätigung der GmbH. Für diesen Zweck wurde diese eine eigene GmbH gegründet, die auch den Namen der Liegenschaft „Bf.“ = Adresse trägt.
Die Liegenschaft bestand aus den EZ 1125 und 1195 und wurde mit Pfandrechten von insgesamt € 1,095.000 belastet. Die EZ 1195 wurde infolge der Teilung gelöscht, das Pfandrecht über insgesamt € 1,095.000 wurde aber auch in der EZ 1125 gelöscht. Somit ist die Liegenschaft laut Grundbuch mit Stand Jänner 2009 unbelaster. Dies lässt vermuten, dass eine anderweitige Besicherung erfolgte – diese anderweitige Besicherung kann aber mangels anderer Betätigungen nicht durch die GmbH erfolgt sein, vielmehr ist die Schlussfolgerung naheliegend, dass C - in welcher Form auch immer - die Besicherung vornahm.
Im Vergleich zu der Größe (Mindestkapital) und operativen Funktion ist der Liegenschaftserwerb in einer teuren Gegend (*** Wien) und die Errichtung dieses Gebäudes, eine ungewöhnliche Investition. Die Bf. mit Geschäftsanschrift *****, erwirbt nur einen Baugrund und diesen in einer sehr guten Lage. In ***** und Umgebung wären günstigere unbebaute Grundstücke erhältlich gewesen, wodurch sich die Investitionskosten verringert hätten.
Laut Prognoserechnung wird die Vermietungstätigkeit der Bf. erstmalig nach 14 Jahren ein positives Ergebnis bringen. Diese Prognoserechnung liegt für den Zeitraum 2004 bis 2022 vor. Obwohl der Mietvertrag nur 10 Jahre von Seiten des Mieters unkündbar ist, wird für den Zeitraum danach kein Leerstandsrisiko angesetzt. Dies lässt darauf schließen, dass auch kein Leerstandsrisiko besteht und dass C somit auf unbeschränkte Zeit in diesem Gebäude wohnen wird. Dies unterstreicht, dass dieses Konstrukt gewählt wurde, um steuerliche Vorteile zu lukrieren, die sonst nicht möglich wären, da es sich um private Aufwendungen/Ausgaben für die Lebensführung von C handelt.
Es wurden hohe Mietvorauszahlungen direkt an die Bank geleistet:
1. € 35.000: Die Einzahlung dieses Betrags seitens des Mieters C wurde als Grundlage für das Zustandekommen der Vereinbarung abgeschlossen zwischen C und der Bf.. Bei Einzahlung dieses Betrages wurde dieser als Mietvorauszahlung vereinbart. Die Verbuchung erfolgte am , wurde aber nicht am Erlöskonto, sondern am Darlehenskonto erfasst.
2. € 50.000 brutto (€ 45.454,55 netto) verbucht am ,
3. € 150.000 brutto (€ 136.363,64 netto) verbucht am ,
4. € 100.000 brutto (€ 90.909,09 netto) verbucht am .
Insgesamt somit € 335.000, was einem Ausmaß von 18,77 % zur Gesamtinvestitionssumme von € 1.785.000 entspricht.
Der vorliegende Mietvertrag ist aus folgenden Gründen auch nicht fremdüblich:
1. Der vorliegende Mietvertrag wurde nur von A (Gesellschafter Geschäftsführer der Bf.) unterschrieben und ist undatiert. Die Unterschrift des Mieters fehlt.
2. Im Art. 7 wird dem Mieter ein Vorkaufsrecht eingeräumt. Dieses ist aber nicht im Grundbuch eingetragen.
3. Die Betriebskosten werden laut Art. 4 Mietvertrag, in einer jährlichen Abrechnung vorgeschrieben. Eine Konkretisierung der Betriebskosten fehlt.
4. Es gibt keine Aufzählung der mitvermieteten Einrichtungsgegenstände!
5. Es fehlt eine Klausel, ob und wie Investitionen des Mieters abgelöst werden.
6. Es wurde keine Kaution vereinbart.
7. Es fehlt eine Vereinbarung, ob die Liegenschaft untervermietet werden darf.
8. Es fehlt jegliche Klausel über das Betretungsrecht des Vermieters.
9. Es fehlt jegliche Klausel über die Haftung für Schäden.
Unternehmer iSd. § 2 UStG 1994 kann jede natürliche Person und jedes Wirtschaftsgebilde sein, das nachhaltig, selbständig gegen Entgelt Leistungen erbringt, und nach außen hin in Erscheinung tritt (Maßgeblichkeit des Außenverhältnisses). Auch Personengesellschaften und juristische Personen sind nur Unternehmer, wenn sie mit Leistungen an Dritte im Wirtschaftsleben in Erscheinung treten (; ). Nach dem , Enkler, ist das Vorliegen einer nachhaltigen Tätigkeit danach zu beurteilen, ob die wirtschaftliche Tätigkeit unter Umständen ausgeübt wird, unter denen eine entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird. Es wurde ein Wohnhaus in sehr guter Lage errichtet, welches die Wohnbedürfnisse von C auf unbestimmte Zeit befriedigen soll. Dieses Geschäft wurde über eine GmbH abgewickelt, an der C zwar nicht beteiligt ist, aber doch den Gesellschaftern nahe steht. Es stand von Beginn an fest, dass keine andere Person als C das Gebäude beziehen würde. C trat teilweise als Bauherr auf. Das Gebäude wurde nach seinen Wünschen errichtet.
Wenn wie im gegenständlichen Fall, der künftige Benutzer das Gebäude nach seinen Vorstellungen und Bedürfnissen ohne Vorgaben und Beschränkungen durch den Vermieter errichtet und die Bf. wegen der auf die individuellen Bedürfnisse des Mieters abgestimmten Gestaltung das Risiko einer eingeschränkten Verwertbarkeit (sowohl bei einer alternativen Vermietung als auch bei einem etwaigen Verkauf) in Kauf nimmt , impliziert dies, dass keine der beteiligten Parteien eine Beendigung des Nutzungsverhältnisses herbeiführen wird. Die Bf. trat mit ihrer Vermietungstätigkeit nicht nach außen in Erscheinung, hat also ihre Leistung nicht an Dritte angeboten. Dass die Baurechnungen an die Bf. adressiert sind, ändert nichts am Mangel der Publizität, da es den Professionisten egal sein kann, an wen sie die Rechnung richten und von welcher Seite sie ihre Bezahlung erhalten (UFS RV/0652-W/07). Die Bf. wurde zu Steuervorteilen gegründet, nämlich um die Vorsteuer aus den Errichtungskosten eines Gebäudes zu lukrieren, welches die privaten Wohnbedürfnisse einer den Gesellschaftern nahe stehenden Person deckt. Die Bf. zog sich die Vorsteuer aus der Errichtung des Gebäudes (20% Normalsteuersatz) ab, die Vermietung zu Wohnzwecken unterliegt dem ermäßigten Steuersatz von 10%. Nach 10 Jahren kann die Liegenschaft ohne Vorsteuerberichtigung unecht befreit an C veräußert werden. Das bezeichnete Mietverhältnis wäre mit einer fremden Person aus oa Gründen nicht zustandegekommen und ist ausschließlich aus dem Naheverhältnis und der angestrebten rechtlichen Konsequenz – nämlich dem Vorsteuerabzug für ein Privathaus erklärbar. Außersteuerliche Gründe liegen für dieses Mietverhältnis nicht vor. Allein die Zuordnung der Liegenschaft zum Vermögen der Bf. führt nicht schon zum vollen Vorsteuerabzug für diese Investition (UFS RV/0740-L/05). Vorsteuerabzug ist nur dann zulässig, wenn der Gegenstand, auf den sich die in Anspruch genommene Lieferung oder Leistung bezieht, überhaupt dem Unternehmen dient. Aus der Nutzung eines privaten Eigenheims ist gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 Vorsteuerabzug nicht zulässig. Auch Investitionskosten für ein nach den Wünschen des Mieters errichtetes und von diesem und seiner Familie privat genutzten Wohnhaus verlieren somit nach der Rechtsprechung nicht deshalb den ihrer steuerlichen Berücksichtigung entgegenstehenden Charakter als Kosten der Lebensführung iSd. § 20 EStG, weil die private Nutzung des Wohnhauses zivilrechtlich einem Bestandrechtstitel (zwischen der Bf. und der den Gesellschaftern nahestehende Person) zugrunde gelegt wird. Rechtliche Gestaltungen, die darauf abzielen, Aufwendungen für den Haushalt eines Steuerpflichtigen oder für den Unterhalt seiner Familienangehörigen in das äußere Erscheinungsbild einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu kleiden, sind steuerlich unbeachtlich. Dies gilt selbst unabhängig vom Vorliegen außersteuerlicher Gründe für die gewählte rechtliche Gestaltung. Gemäß EuGH Halifax ist die sechste Mehrwertsteuerrichtlinie dahingehend auszulegen, dass sie dem Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug entgegensteht, wenn die Umsätze, die dieses Recht begründen, eine missbräuchliche Praxis darstellen.
Die Nutzungsüberlassung ist daher von einem Begünstigungswillen getragen (); die Überlassung des Wohngebäudes stellt daher keine unternehmerische Betätigung iSd. § 2 Abs. 1 UStG 1994 dar. Die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer wird gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 geschuldet, die geltend gemachten Vorsteuern in Höhe von € 273.485,58 werden neutralisiert.“
Mit Mängelbehebungsauftrag vom wurde die Bf. gemäß § 85 Abs. 2 BAO aufgefordert, das Fehlen der Inhaltserfordernisse gemäß § 250 BAO (die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird; die Erklärung welche Änderungen beantragt werden und die Begründung) ihrer Beschwerde vom innerhalb einer vom Finanzamt gesetzten Frist zu beheben.
Mit Eingabe vom stellte die Bf. fest, dass die im Prüfbericht vom aufgestellte Behauptung, dass das vermietete Gebäude speziell auf die Bedürfnisse des Mieters abgestimmt worden sei, nicht richtig sei, da bei der Errichtung einer Liegenschaft in diesem Preissegment jeder Nutzer eine gehobene Ausstattung erwarte. Erfolgreiche Vermietungsaussichten seien nur dann gegeben, wenn entsprechend den Anforderungen des „Zeitgeists“ entsprechende Ausstattungsmerkmale vorhanden seien. Als Begründung für die Versagung des Vorsteuerabzuges werde seitens des Finanzamtes auf ein vermutetes Naheverhältnis zwischen den Gesellschaftern und dem Mieter hingewiesen. Dazu sei auszuführen, dass abgesehen von seit langen Jahren bestehenden Beratungsverträgen zwischen dem Rechtsanwalt B und dem Steuerberater A keine wie auch immer gearteten privaten Naheverhältnisse existieren würden. Die Gesellschafterstellung von B und C in der Z sei aufgrund eines Treuhandvertrages betreffend die Geschäftsanteile von MH an der X bzw. W (nunmehr LS KG), die C treuhändig für MH halte, entstanden. Der entsprechende Vertrag liege bei und sei von Anfang an dem betreuenden Steuerberater mitgeteilt worden. Dieser Vertrag sei dem Finanzamt 4/5/10, StrNr. ** bzw. * bereits im Jahr 1995 mitgeteilt worden. Es sei die steuerliche Zurechnung ausschließlich zur Treugeberin erfolgt. Infolge verschiedener Vorkommnisse sei MH bereits am , als (alleinige) Geschäftsführerin der V abberufen worden und C an deren Stelle zum Geschäftsführer der (Komplementär-) GmbH bestellt worden. Es sei nicht nachvollziehbar und rechtlich in keiner Weise vertretbar, warum nun von einem Naheverhältnis – ähnlich dem Verhältnis zu nahen Angehörigen - ausgegangen werde. Der Umstand der Offenlegung obiger Vertragsverhältnisse und der eindeutige Inhalt des Treuhandvertrages würde aber sogar bei Zutreffen eines – wie erwähnt nicht vorhandenen Naheverhältnisses – der Judikatur des Höchstgerichts entsprechen. Es sei sogar bei weniger teuren Wohnungen oder Einfamilienhäusern durchaus üblich, dass der Mieter über Sonderausstattung mitentscheiden könne, zumal die Mehrkosten in der Regel vom Mieter zu tragen seien. Bei der Abschätzung der vergleichbaren Miete sei seitens des Finanzamtes auf die besondere Lage des Grundstücks in keiner Weise eingegangen worden. Dass die Errichtung eines vergleichbaren Hauses z.B. in der Umgebung ***** wegen der geringen Grundstückspreise billiger gewesen wäre, sei trivial, allerdings könnte ein Projekt dieser Art tatsächlich wirtschaftlich nicht erfolgreich abgewickelt werden. Die Offenlegung des Mieters bei der finanzierenden Bank, sowie die Verpfändung der Einnahmen erfülle das Publizitätsgebot nach Ansicht der Bf. ausreichend. Die Bf. verweise auf einen Artikel von Beiser (RdW 12/2010, ArtNr. 812), in dem der Autor zum Schluss gekommen sei, dass – die von der BP bestätigte - marktkonforme Vermietung eine wirtschaftliche/unternehmerische Tätigkeit iSd. Art. 9 MWStSys-RL und des § 2 UStG sei, die die Unternehmereigenschaft begründe. Es werde daher um Anerkennung der unternehmerischen Tätigkeit ersucht.
Am wurden die Umsatzsteuerbescheide betreffend die Jahre 2006 – 2008, am die Umsatzsteuerbescheide betreffend die Jahre 2009 und 2010 erlassen. Im Umsatzsteuerbescheid des Jahres 2006 wurde begründend ausgeführt, dass die Vorsteuer aus der Errichtung der Immobilie in **** , mangels unternehmerischer Betätigung nicht gewährt werde. Es wurde auf den Außenprüfungsbericht vom verwiesen. Die Begründung des Umsatzsteuerbescheides 2007 entspricht jener des Jahres 2006, wobei ergänzend ausgeführt wurde, dass die Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung geschuldet werde. In den Begründungen der Umsatzsteuerbescheide 2008 - 2010 wurde jeweils auf die Begründung des Umsatzsteuerbescheides 2007 verwiesen.
Am erhob die Bf. das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide betreffend die Jahre 2006 – 2010 und verwies zur Begründung auf seine Ausführungen in der Beschwerde bzw. in der „Ergänzung zur Beschwerde“ (Mängelbehebungsauftrag vom ) gegen die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2004 und 2005 sowie gegen die Festsetzungsbescheide betreffend die Umsatzsteuer 01/2006 – 09/2008.
Am wurden die Umsatzsteuerbescheide betreffend die Jahre 2011 und 2012, am der Umsatzsteuerbescheid betreffend das Jahr 2013 erlassen. Gegen die Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2012 erhob die Bf. am , gegen den Umsatzsteuerbescheid 2013 am das Rechtsmittel der Beschwerde und verwies zur Begründung jeweils auf die Beschwerde bzw. „Ergänzung zur Beschwerde“ (Mängelbehebungsauftrag vom ) gegen die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2004 und 2005 sowie gegen die Festsetzungsbescheide betreffend die Umsatzsteuer 01/2006 – 09/2008.
Das Finanzamt legten die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer der Jahre 2004 und 2005 sowie betreffend Umsatzsteuer 2004 und 2005 und Festsetzung der Umsatzsteuer gemäß § 21 Abs. 3 UStG für die Zeiträume 01-06/2006, 07-12/2006, 01-06/2007, 07/2007, 08-12/2007, 01-09/2008 am ; die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2006 bis 2010 am dem Unabhängigen Finanzsenat (nunmehr Bundesfinanzgericht) zur Entscheidung vor.
Die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2010 und 2011 wurden am , die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2013 am dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.
In der mündlichen Verhandlung führte der steuerliche Vertreter der Bf. (gleichzeitig Gesellschafter Geschäftsführer der Bf.) aus, dass er C in den 1990er-Jahren kennengelernt habe und seither steuerlich betreue. Auch B betreue C rechtlich bereits sein ganzes Leben. Abgesehen von wenigen Geschäftsessen würden über dieses Betreuungsverhältnis hinaus weder freundschaftliche Beziehungen noch ein familiäres Verhältnis bestehen.
Die Amtsbeauftragte führte aus, dass aus der Sicht des Finanzamtes die Bf. lediglich zum Zwecke der Errichtung eines privaten Wohnhauses für C gegründet worden sei. Das Vorkaufsrecht von C an der Liegenschaft sei nicht bücherlich eingetragen worden und das Pfandrecht der beiden EZ der Liegenschaft sei gelöscht worden, sodass davon auszugehen sei, dass der Bankkredit durch C besichert werde.
Der steuerliche Vertreter bringt weiters vor, dass der Grund für die Errichtung des Gebäudes im außersteuerlichen Bereich gelegen sei. C habe sich für den Fall einer Scheidung von seiner Ehegattin absichern und aus diesem Grund kein Eigentum erwerben, sondern lediglich ein Mietverhältnis eingehen wollen. Für die Bf. andererseits sei C ein zuverlässiger Mieter gewesen. Darüber hinaus bestehe keinerlei Risiko, die Liegenschaft mit Gewinn wieder zu verkaufen. Auch ein Schätzgutachten bestätige, dass das Grundstück in dieser Lage gut zu verkaufen sei.
Die Amtsbeauftragte fragte, wie das Vorkaufsrecht an der Liegenschaft des C gestaltet sei.
Dazu brachte der steuerliche Vertreter vor, dass für den Fall, dass C von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen sollte, dieser den Kaufpreis inklusive USt zu bezahlen habe. Die Bf. habe Gewinne im Ausmaß von € 290.000, welche gänzlich thesauriert seien. Ausschüttung hätten deshalb nicht stattgefunden, weil einerseits der Bankkredit noch nicht getilgt sei und andererseits aufgrund des Finanzverfahrens vorsichtig agiert werden müsse.
Hinsichtlich des Vorkaufsrechtes seien keinerlei Absprachen zwischen der Bf. und C erfolgt, wonach bisher bezahlte Mieten dem Vorkaufsrecht angerechnet würden. Im Hinblick auf die Anteile an der Bf. gäbe es mit C keine Treuhandvereinbarungen.
B) Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die Jahre 2004 und 2005
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann von der Abgabenbehörde ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren vom Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Die Zulässigkeit einer Wiederaufnahme des Verfahrens hängt damit nicht nur von der Voraussetzung, dass Tatsachen neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, sondern auch von der weiteren Voraussetzung ab, dass die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Diese weitere Voraussetzung ist jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn der Spruch der im Fall einer tatsächlich erfolgten Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 307 Abs. 1 BAO mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid zu verbindenden Sachentscheidung nicht anders lautet, als der Spruch des im abgeschlossenen Verfahren ergangenen Bescheides (vgl. ).
Im gegenständlichen Fall ging das Finanzamt davon aus, dass sowohl neu hervorgekommene Tatsachen vorliegen würden, als auch, dass deren Kenntnis im abgeschlossenen Verfahren zu anders lautenden Bescheiden geführt hätte. Das Finanzamt nahm daher die Verfahren betreffend die Umsatzsteuer für die Jahre 2004 und 2005 mit Bescheid wieder auf und erließ auch tatsächlich anders lautende neue Sachbescheide.
Wie sich jedoch in der Folge (unter Punkt 2. des Erkenntnisses) herausstellen wird, ist den Beschwerden gegen die neuen Umsatzsteuer Sachbescheide 2004 und 2005 Folge zu geben, da die seitens der Bf. erfolgte Überlassung des Wohngebäudes sehr wohl als Betätigung iSd. § 2 Abs. 1 UStG anzusehen ist.
Die Kenntnis der seitens des Finanzamtes als neu hervorgekommen beurteilten Tatsachen war daher nicht geeignet, im Spruch gegenüber den ursprünglichen Sachbescheiden anders lautende Bescheide herbeizuführen. Da den Wiederaufnahmebescheiden 2004 und 2005 somit die Eignung fehlte, anders lautende Bescheide herbeizuführen, war der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer 2004 und 2005 Folge zu geben.
Gemäß § 307 Abs. 3 BAO treten dadurch die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2004 und 2005 außer Kraft und es leben der ursprüngliche Umsatzsteuerbescheid 2004 vom , mit welchem die Umsatzsteuer 2004 in der Höhe von € - 1.997,61 festgesetzt wurde, sowie der ursprüngliche Umsatzsteuerbescheid 2005 vom , mit welchem die Umsatzsteuer 2005 in der Höhe von € - 3.303,94 festgesetzt wurde, wieder auf.
2. Umsatzsteuerbescheide betreffend die Jahre 2004 bis 2013
2.1. Umsatzsteuer 2004 und 2005
Soweit die außer Kraft getretenen Umsatzsteuerbescheide 2004 und 2005 mit Beschwerde vom angefochten wurden, ist diese Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
2.2. Umsatzsteuer 2006 bis 2013
Im Hinblick auf die Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide betreffend die Jahre 2006 bis 2013 ist wie folgt festzustellen:
§ 2 Abs. 1 UStG lautet:
„ Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.“
Im Bereich der Überlassung von Wohngebäuden durch eine Körperschaft an ihre Gesellschafter bzw. an Personen, die den Gesellschaftern nahestehen, sind in rechtlicher Hinsicht mehrere dem Vorsteuerabzug allenfalls entgegenstehende Konstellationen zu unterscheiden. Der Vorgang kann einerseits eine verdeckte Ausschüttung darstellen und gegebenenfalls zum Ausschluss des Vorsteuerabzuges nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 führen. Der Vorgang kann sich aber andererseits auch als bloße Gebrauchsüberlassung darstellen, die nicht als wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit einzustufen ist (vgl. ).
Nach Artikel 9 Abs. 1 der im Beschwerdefall anzuwendenden Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABl. L 347, gilt als Steuerpflichtiger, wer die wirtschaftliche Tätigkeit eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufen, unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt. Durch die Bezugnahme auf wirtschaftliche Tätigkeiten wird im Resultat auf nachhaltige Einnahmen orientierte Aktivitäten abgestellt (vgl. zu Artikel 4 Abs. 1 und 2 der Sechsten MwSt-Richtlinie 77/388/EWG).
Somit stellen sowohl die Sechste MwSt-Richtlinie als auch deren Umsetzung in § 2 Abs. 1 UStG 1994 auf eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen ab. Erfolgt die Überlassung der Nutzung des Wohnhauses an den Mieter nicht deshalb, um Einnahmen zu erzielen, sondern um ihm einen Vorteil zuzuwenden (Ausschüttung aus einer Gesellschaft), so fehlt es an einer solchen wirtschaftlichen Tätigkeit.
Anhaltspunkte für die erforderliche Abgrenzung zwischen wirtschaftlicher Tätigkeit und der bloßen Gebrauchsüberlassung finden sich im , Enkler, in den Rn 24ff, insbesondere Rn 28 (vgl. ; vgl. auch nochmals ).
Im gegenständlichen Fall stellt das Finanzamt fest, dass es bei der Prüfung der unternehmerischen Tätigkeit der Bf. zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die für die im Zusammenhang mit der Errichtung des speziell auf die Bedürfnisse des zukünftigen Mieters abgestimmten Einfamilienhauses in ****, anfallenden Vorleistungen kein Vorsteuerabzug zustehe, weil aufgrund des Naheverhältnisses zwischen dem Gesellschafter Geschäftsführer der Bf., B , und dem künftigen Mieter des Einfamilienhauses, C, ein Fremdvergleich anzustellen sei, welchem weder die Geschäftsbeziehung noch der Mietvertrag standhalte. Da die Nutzungsüberlassung an C daher von einem Begünstigungswillen getragen sei, stelle sie keine unternehmerische Tätigkeit iSd. § 2 Abs. 1 UStG 1994 dar.
Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Kriterien für die Anerkennung von Leistungsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen nicht nur für Angehörige iSd. § 25 BAO sondern für alle Personen anzuwenden sind, die zueinander in einem persönlichen Naheverhältnis stehen. Nahebeziehungen können des Weiteren auch durch gesellschaftsrechtliche Verflechtungen entstehen. Die gleichen Grundsätze gelten somit u.a. auch für Rechtsbeziehungen zwischen einer Personen – oder Kapitalgesellschaft und deren beherrschenden Gesellschaftern sowie den wiederum diesen Gesellschaftern nahe stehenden Personen (vgl. ua. Jakom/Lenneis EStG, 2015, § 4 Rz 331 ff und die dort angeführte Judikatur).
Im gegenständlichen Fall hingegen liegen – entgegen den Feststellungen des Finanzamtes - keine gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen vor, aufgrund derer ein unter Fremden üblicher Interessensgegensatz fehlen hätte können. Weder ist C an der Bf. beteiligt noch stehen die beschwerdeführende Kapitalgesellschaft und die Gesellschaften, an denen C beteiligt ist, in einem wie auch immer gearteten Verhältnis zueinander. Darüber hinaus steht C – wie dessen steuerlicher Vertreter auch in der mündlichen Verhandlung bestätigte - in keinem persönlichen Naheverhältnis zu einem der Gesellschafter der Bf. Der Umstand allein, dass der Gesellschafter Geschäftsführer der Bf., B, und der Mieter, C, in anderen Gesellschaften (X, Y, Z), welche zu der Bf. in keinerlei Beziehung stehen, Gesellschafter sind und damit in einer Geschäftsbeziehung zueinander stehen, genügt nicht, um das Vorliegen einer gesellschaftsrechtlichen Verflechtung zu rechtfertigen. Ein über eine Geschäftsbeziehung hinausgehendes Naheverhältnis zwischen B und C hat das Finanzamt nicht behauptet.
Da C keine der Bf. nahestehende Person darstellt und keine gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen vorliegen, gelten für Verträge zwischen der Bf. und C auch nicht die Grundsätze der Angehörigenjudikatur. Aus diesem Grund ist der zwischen der Bf. und ihrem Mieter C abgeschlossene Mietvertrag keinem Fremdvergleich zu unterziehen und gehen die seitens des Finanzamtes vorgebrachten Mängel des Mietvertrages (z.B. Publizität fehlt, Höhe der Miete ist nicht eindeutig definiert, Datum und Unterschrift des Mieters fehlt, usw.) ins Leere. Dies gilt auch für den seitens der belangten Behörde behaupteten zu hohen Mietzins. Unabhängig davon hat es das Finanzamt aber auch verabsäumt, den ins Treffen geführten zu hohen Mietzins zu belegen; in jedem Fall kann der Mieter durch einen zu hohen Mietzins aber nicht begünstigt werden.
Soweit die belangte Behörde vorbringt, dass die Liegenschaft und das im Jahr 2004 darauf errichtete Einfamilienhaus gänzlich auf die Bedürfnisse des zukünftigen Mieters C abgestimmt sei, ist dazu festzustellen, dass es unter den von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des EuGH dargestellten Bedingungen für die Unternehmereigenschaft - sogar im Falle der Vermietung durch die Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter bzw. an Personen, die den Gesellschaftern nahestehen – für die Vermietungstätigkeit für sich ohne Belang ist, dass der Mieter Einfluss auf die Gestaltung des Gebäudes nimmt.
Darüber hinaus kann dieser Rechtsprechung auch nicht entnommen werden, dass es für die Unternehmereigenschaft der Bf. im Hinblick auf ihre Vermietungstätigkeit schädlich wäre, dass die Vermietung der streitgegenständlichen Liegenschaft die einzige Betätigung der beschwerdeführenden GmbH darstellt und diese somit eigens zum Zweck der Gebäudevermietung an C gegründet wurde.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund war daher davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Vermietung zur nachhaltigen Einnahmenerzielung ausgeübt wird und somit eine unternehmerische Tätigkeit darstellt.
Die angefochtenen Bescheide sind daher unter Berücksichtigung der Vorsteuern und der Mietumsätze in den Abgabenerklärungen der Jahre 2006 bis 2013 entsprechend abzuändern.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Beilage: 8 Berechnungblätter (Umsatzsteuer 2006 – 2013)
C) Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG i.V.m. § 25a Abs. 1 VwGG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da diese Voraussetzungen im Beschwerdefall im Hinblick auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vorliegen, war auszusprechen, dass die Revision unzulässig ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7101375.2011 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at