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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.07.2017, RV/3101084/2015

Pflichtveranlagung bei Zusammentreffen der Pensionsbezüge eines Postbeamten mit einer Urlaubsersatzleistung gemäß § 13e Gehaltsgesetz 1956

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf. über die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Landeck Reutte vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2014 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I.)  Sachverhalt und Verfahrensgang

1.) Der Beschwerdeführer ist Postbeamter und seit  im Ruhestand.  Über seinen Antrag vom wies ihm die Österreichische Post AG (Personalamt Innsbruck) im Juli 2014 eine Urlaubsersatzleistung gemäß § 13e Gehaltsgesetz 1956 von 4.005,04 Euro brutto an, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurde. Dem Finanzamt wurden von der Österreichischen Post AG für das Jahr 2014 zwei Lohnzettel übermittelt, nämlich der Lohnzettel über den Ruhegenuss (Bezugszeitraum 1.1. bis ) und ein weiterer Lohnzettel über die im Juli 2014 ausbezahlte Urlaubsersatzleistung.

2.) Im März 2015 reichte der Beschwerdeführer beim Finanzamt eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2014 ein, in der er die Berücksichtigung von Sonderausgaben sowie einer außergewöhnlichen Belastung (Krankheitskosten) beantragte. Im Einkommensteuerbescheid 2014 vom wurden die Sonderausgaben antragsgemäß abgezogen; die geltend gemachte außergewöhnliche Belastung blieb ohne steuerliche Auswirkung, weil sie den Selbstbehalt (§ 34 Abs. 4 EStG 1988) nicht überstieg. Im Gesamtbetrag der Einkünfte (aus nichtselbständiger Arbeit) ist neben den Pensionsbezügen auch die Urlaubsersatzleistung enthalten. Die Veranlagung führte zu einer Nachforderung an Einkommensteuer im Betrag von 41 Euro.

3.) In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wendete der Beschwerdeführer ein, die Urlaubsersatzleistung dürfe bei der Veranlagung nicht berücksichtigt werden. Entscheidend sei nämlich nicht deren Auszahlung "für den Monat Juli 2014", sondern "das arbeitsrechtliche Ende“ mit . Es sei daher „zu keiner Überschneidung von Dienstverhältnissen gekommen, weder 2013 noch 2014“. Bei der Veranlagung 2014 müsse es somit zu einer Steuergutschrift kommen, nämlich „zumindest durch Sonderausgaben und Kirchenbeitrag“.

4.) Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab. Begründend führte es aus, eine Pflichtveranlagung sei durchzuführen, wenn im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehr mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen worden seien, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden. Eine Urlaubsersatzleistung führe zu keinem Pflichtveranlagungstatbestand, wenn sie gemeinsam mit dem Bezug des „Endemonats“ abgerechnet werde. Werde die Urlaubsersatzleistung später, dh. in einem neuen Kalendermonat ausbezahlt und komme es dadurch im tatsächlichen Auszahlungsmonat zu einer Überschneidung mit anderen Bezügen, liege hingegen ein Pflichtveranlagungstatbestand vor.

5.) Im Vorlageantrag verwies der Beschwerdeführer ergänzend auf eine Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0827-L/07, wonach für den Zeitraum, für den eine Urlaubsersatzleistung ausbezahlt werde, keine Beschäftigung mehr vorliege und folglich auch kein eigener Lohnzahlungszeitraum entstehe. Bei Bezug einer Urlaubsersatzleistung aus einem beendeten Beschäftigungsverhältnis und gleichzeitigem Bezug aus einem neuen Beschäftigungsverhältnis komme es daher zu keiner Überschneidung von Lohnzahlungszeiträumen. Ein solcher Sachverhalt führe nicht zu einer Pflichtveranlagung nach § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988.
Auch werde nach der Rechtsprechung des unabhängigen Finanzsenates eine Pflichtveranlagung dann nicht ausgelöst, wenn ein Beschäftigungsverhältnis beendet und zeitlich anschließend (nicht überschneidend) ein neues Dienstverhältnis begonnen werde, wobei das alte Beschäftigungsverhältnis in keiner Weise im neuen Beschäftigungsverhältnis fortwirke.
Sollte die beantragte Veranlagung („Steuergutschrift aus Sonderausgaben und Kirchenbeitrag“) nicht möglich sein, ziehe der Beschwerdeführer den Antrag auf Veranlagung zurück.

II.) Rechtslage

1.) Der mit der Dienstrechts-Novelle 2013, BGBl. I Nr. 210/2013, eingefügte § 13e Gehaltsgesetz 1956 lautet auszugsweise:

Ansprüche bei Ausscheiden aus dem Dienst (Urlaubsersatzleistung)

(1) Der Beamtin oder dem Beamten gebührt anlässlich des Ausscheidens aus dem Dienststand oder aus dem Dienstverhältnis eine Ersatzleistung für den noch nicht verbrauchten Erholungsurlaub, wenn sie oder er nicht unmittelbar in ein anderes Dienstverhältnis zum Bund übernommen wird (Urlaubsersatzleistung). Die Urlaubsersatzleistung gebührt nur insoweit, als die Beamtin oder der Beamte das Unterbleiben des Verbrauchs des Erholungsurlaubs nicht zu vertreten hat.

(2) ...

(3) Die Urlaubsersatzleistung ist für jedes Kalenderjahr, aus dem ein noch nicht verbrauchter und nicht verfallener Anspruch auf Erholungsurlaub vorhanden ist, gesondert zu bemessen. Das ersatzleistungsfähige Urlaubsausmaß beträgt jenen Teil des Vierfachen der Wochendienstzeit, die dem durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß im jeweiligen Kalenderjahr entspricht. Für das laufende Kalenderjahr reduziert sich das ersatzleistungsfähige Urlaubsausmaß entsprechend dem Verhältnis der Dauer der Dienstzeit in diesem Kalenderjahr zum gesamten Kalenderjahr. ...

(4) Die Urlaubsersatzleistung gebührt für jenen Teil des ersatzleistungsfähigen Urlaubsausmaßes, der nach Abzug des tatsächlich verbrauchten Erholungsurlaubs aus diesem Kalenderjahr verbleibt. Ebenfalls abzuziehen ist die Zeit einer Beurlaubung gemäß § 14 Abs. 7 BDG 1979.

(5) Die Bemessungsgrundlage für die Urlaubsersatzleistung für das laufende Kalenderjahr wird anhand der Bezüge und Vergütungen für den Monat des Ausscheidens aus dem Dienst ermittelt. Für die vergangenen Kalenderjahre sind die Bezüge und Vergütungen für den Dezember des jeweiligen Kalenderjahres maßgebend. ... 

(6) Die Ersatzleistung für eine Urlaubsstunde ist durch die Teilung des die Bemessungsgrundlage bildenden Betrages durch die 4,33fache Anzahl der Wochenstundenzahl gemäß § 48 Abs. 2 BDG 1979 zu ermitteln.

(7) ...

(8) Im Fall des Ausscheidens aus dem Dienstverhältnis oder aus dem Dienststand vor dem gebührt die Urlaubsersatzleistung nur auf Antrag und ist der Zeitraum vom bis zum Tag der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 210/2013 nicht in den Lauf der Verjährungsfrist gemäß § 13b einzurechnen.

In den Gesetzesmaterialien (Begründung zum Initiativantrag 41/A XXV.GP) wird dazu auf das Erkenntnis des , verwiesen, wonach auch Beamtinnen und Beamte unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine finanzielle Abgeltung für nicht verbrauchten Erholungsurlaub haben (EuGH C-337/10, Neidel). Es solle daher mit einer allgemeinen Regelung Rechtssicherheit geschaffen werden.

2.) Die Einkommensteuer wird nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat (§ 39 Abs. 1 erster Satz EStG 1988). Hat der Steuerpflichtige lohnsteuerpflichtige  Einkünfte bezogen, so erfolgt eine Veranlagung nur, wenn die Voraussetzungen des § 41 EStG 1988 vorliegen.

Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige nach § 41 Abs. 1 EStG 1988 zu veranlagen, wenn einer der dort aufgezählten Tatbestände erfüllt ist.

Liegen die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 EStG 1988 nicht vor, so erfolgt eine Veranlagung gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen. Der Antrag kann innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraumes (in der Praxis durch die Einreichung einer Steuererklärung) gestellt werden. Der Antrag kann auch wieder zurückgenommen werden. Eine Zurücknahme ist nicht möglich, wenn der Tatbestand einer Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 erfüllt ist.

3.) Nach § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 (in der für das Streitjahr anzuwendenden Fassung) hat eine Veranlagung stattzufinden, wenn im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden, bezogen worden sind. Diese Fassung des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 geht auf das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996, zurück und soll gewährleisten, dass sämtliche Fälle, in denen zwei oder mehrere Bezüge (auch von einem Arbeitgeber) getrennt lohnversteuert wurden, im Rahmen einer (Arbeitnehmer-)Veranlagung erfasst werden können (Sadlo/Renner, Die Lohn- und Einkommensteuer 2013, unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zum StruktAnpG 1996, RV 72 und zu 72 BlgNR 20. GP).

III.) Erwägungen

1) § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 dient dazu, den korrekten, aus dem Gesamteinkommen abgeleiteten Progressionssteuersatz zur Anwendung zu bringen, da die Anwendung des Tarifs auf die Gesamtbezüge in der Regel eine höhere Einkommensteuerbelastung zur Folge hat als bei getrenntem Lohnsteuerabzug. Voraussetzung ist, dass im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig - somit zeitlich überschneidend - zwei oder mehrere gesondert versteuerte lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen worden sind .

Die im Vorlageantrag zitierte Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0827-L/07, betraf eine Urlaubsabfindung (gemäß § 10 Urlaubsgesetz) aus einem beendeten privatrechtlichen Dienstverhältnis bei gleichzeitigem Bezug von Arbeitslohn aus einem neuen Beschäftigungsverhältnis; nach den Entscheidungsgründen führe diese Konstellation zu keiner Pflichtveranlagung nach § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, weil hinsichtlich der Urlaubsersatzleistung nur ein Entgeltsanspruch aus einer bereits beendeten Beschäftigung vorliege, der keinen eigenen Lohnzahlungszeitraum begründe. Die Spruchpraxis des unabhängigen Finanzsenates zu dieser Rechtsfrage war jedoch nicht einheitlich, worauf in der Entscheidung vom , RV/0827-L/07 (Seite 5), ausdrücklich hingewiesen wurde. Im Schrifttum wird der Zuflusszeitpunkt (der Urlaubsersatzleistung) als m aßgebend für das Vorliegen einer Überschneidung iSd § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 angesehen (Doralt, Einkommensteuergesetz, § 41 Rz 16 und Rz 18; Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG 1988, § 41, Rz 16; Jakom/Baldauf, EStG, 2011, § 41 Rz 10 ).

2) Um eine Urlaubsersatzleistung aus einem beendeten (privatrechtlichen) Dienstverhältnis bei gleichzeitigem Bezug von Arbeitslon aus einem neuen Dienstverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber geht es im Beschwerdefall jedoch nicht: Der Beschwerdeführer ist Bundesbeamter und war vor seiner Versetzung in den Ruhestand der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen (vgl. § 17 Abs. 1a Poststrukturgesetz). Für sein Dienstverhältnis gelten die einschlägigen Rechtsvorschriften des Bundes. Dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund ist wesentlich, dass es grundsätzlich auf Lebenszeit des Beamten begründet wird. Es wird daher - anders als ein privatrechtliches Dienstverhältnis - durch den Übertritt oder die Versetzung in den Ruhestand nicht beendet (siehe die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung des Beamtendienstrechtsgesetzes 1979, Erläut. zur RV 11 BlgNR 15. GP, abgedruckt bei Fellner, BDG, zu § 13). Ruhegenuss und Urlaubsersatzleistung hat der Beschwerdeführer somit innerhalb eines (desselben) Dienstverhältnisses bezogen. I n der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes ist die Rechtsfrage, ob eine Urlaubsersatzleistung gemäß § 13e Gehaltsgesetz neben laufenden Pensionsbezügen (ausbezahlt vom selben ausgegliederten Rechtsträger, im Beschwerdefall von der Österreichischen Post AG) eine Veranlagung gemäß § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 auslöst, unterschiedlich beantwortet worden (eine Pflichtveranlagung bejahend: , eine solche im Hinblick auf das Fehlen von zwei oder mehreren Dienstverhältnissen als Einkunftsquellen verneinend: ). Nach dem Wortlaut und dem (in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden) Willen des Gesetzgebers ist der Auslegung zu folgen, dass auch in einem solchen Fall der (Pflicht-)Veranlagungstatbestand des § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 erfüllt ist: § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 (in der anzuwendenden Fassung) setzt nur voraus, dass der Steuerpflichtige in einem Kalenderjahr - zeitlich überschneidend - lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen hat, die beim Lohnsteuerabzug gesondert versteuert wurden. Ob diese Bezüge durch einen oder mehrere Arbeitgeber (im Sinne der § 47 ff EStG 1988) ausbezahlt wurden, ist nicht entscheidend.

Die dem Beschwerdeführer im Juli 2014 gesondert angewiesene und gesondert dem Lohnsteuerabzug unterzogene Urlaubsersatzleistung musste daher auf Grund der zeitlichen Überschneidung mit dem ganzjährig bezogenen Ruhegenuss jedenfalls zu einer Pflichtveranlagung führen.

IV.) Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfrage, ob der Bezug einer Urlaubsersatzleistung gemäß § 13e Gehaltsgesetz neben laufenden, gesondert versteuerten Pensionsbezügen zu einer Pflichtveranlagung nach § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 führt, wurde in der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes nicht einheitlich beantwortet. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage liegt, soweit ersichtlich, nicht vor. Eine Revision ist daher zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 13e GehG, Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54/1956
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.3101084.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at