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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.07.2017, RV/1100676/2015

Aufwendungen im Zusammenhang mit der Behinderung der Ehegattin als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK  

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. R in der Beschwerdesache XY gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1.  Der Beschwerdeführer hat in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2014 unter der Kennziffer 730 Krankheitskosten in Höhe von 6.727,51 € und unter der Kennziffer 417 Ausgaben für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung für seine zu 100% behinderte  Ehegattin in Höhe von 24.291,27 € als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht.

2.  Im Einkommensteuerbescheid 2014 vom blieben die Ausgaben im Zusammenhang mit der Behinderung der Ehegattin mit der Begründung, diese könnten nur von ihr selbst geltend gemacht werden, unberücksichtigt.

3.  In der dagegen erhobenen Beschwerde hat der Beschwerdeführer vorgebracht, er habe die von ihm getragenen Ausgaben offensichtlich (nur) falsch unter der KZ 417 statt unter der KZ 735 eingetragen und beantrage daher, den unter der Kennziffer 417 als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt geltend gemachten Betrag (24.291,27 €) als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt (KZ 735) zu berücksichtigen. Damit erhöhten sich die Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes von bisher 6.727,51 € um diesen Betrag (abzüglich der bei der Ehegattin unter Berücksichtigung des Existenzminimums in Abzug zu bringenden Ausgaben). Ein nicht unerheblicher Teil der behinderungsbedingten Aufwendungen für die Ehegattin resultiere aus der behindertengerechten Adaptierung ihres neu angeschafften Kraftfahrzeuges. Neben den Pauschbeträgen für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützten, sei die (zusätzliche) Berücksichtigung tatsächlicher Aufwendungen (zB Kosten einer behindertengerechten Adaptierung des Kraftfahrzeuges) im Zusammenhang mit dem Betrieb eines eigenen Fahrzeugs des Körperbehinderten nicht möglich. Jedoch könnten Aufwendungen für nicht mit dem Betrieb des Kraftfahrzeuges verbundene Hilfsmittel zusätzlich geltend gemacht werden. Gemäß § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen würden darunter alle nicht regelmäßig anfallenden Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen fallen, die geeignet seien, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu beseitigen (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel). Nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates zähle dazu der Einbau eines Ladekranes oder einer Rampe für einen Rollstuhl, nicht aber der Einbau eines elektronischen Gasringes mit Bremshebel. Dementsprechend würden auch "nur" die Aufwendungen für die Rollstuhlverladevorrichtung und die elektrische Transferkonsole den außergewöhnlichen Belastungen zugerechnet.

4.  Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt der Beschwerde insoweit teilweise Folge gegeben, als neben den Krankheitskosten (KZ 730) in Höhe von 6.426,90 € (bisher nicht berücksichtigte Kostenersätze wurden in Abzug gebracht) unter der KZ 735 außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 1.967,00 € in Ansatz gebracht wurden. Begründend wurde ausgeführt, Kosten aus der Behinderung des Ehepartners seien nur dann als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt abzugsfähig, wenn der Alleinverdienerabsetzbetrag zustehe oder der Ehepartner Einkünfte in Höhe von maximal 6.000,00 € beziehe. Da diese Voraussetzung nicht erfüllt sei, seien die Kosten aus der Behinderung nicht abzugsfähig. Die ursprünglich beantragten Kosten in Höhe von 24.291,00 € seien um den erst auf Anfrage bekannt gegebenen Zuschuss des Landes Vorarlberg (15.000,00 €) zu kürzen und unter Berücksichtigung des Selbstbehaltes beim Beschwerdeführer abzugsfähig, allerdings nur insoweit, als diese Aufwendungen bei der Ehegattin steuerlich nicht berücksichtigt werden könnten. Somit seien bei der Ehegattin 7.302,00 € und beim Beschwerdeführer 1.967,00 € als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt zu berücksichtigen.

5.  Mit Bescheid vom hat das Finanzamt die Beschwerdevorentscheidung vom gemäß § 299 BAO aufgehoben. Im Zuge des die Ehegattin betreffenden Arbeitnehmerveranlagungsverfahrens habe sich ergeben, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten, mit dem behindertengerechten Umbau des Pkw`s der Gattin im Zusammenhang stehenden Mehraufwendungen nicht abzugsfähig seien bzw. durch den von der Gattin zwar nicht beantragten, aber nach dem Wortlaut der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen zwingend zu gewährenden Freibetrag für das Behindertenfahrzeug abgegolten seien. Die Ausgaben für Heilbehandlungen und Hilfsmittel (1.967,00 €) seien sohin zu Unrecht berücksichtigt worden.

In der gleichzeitig ergangenen neuen Beschwerdevorentscheidung hat das Finanzamt nur mehr die Krankheitskosten in Höhe von 6.426,90 € als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt in Ansatz gebracht. Der Beschwerdeführer habe beantragt, die behinderungsbedingten Kosten für Heilbehandlungen und Hilfsmittel insoweit in Abzug zu bringen, als diese bei seiner Ehegattin keine Berücksichtigung finden könnten. In der anlässlich der Arbeitnehmerveranlagung der Ehegattin eingereichten korrigierten Aufstellung seien die behinderungsbedingten Kosten nach Abzug der Landesförderung mit 22.314,34 € angegeben worden. Nach Kürzung um die nicht abzugsfähigen Sanierungskosten (die Kosten für den Einbau der behindertengerechten Dusche seien bereits 2011 berücksichtigt worden) und diverse Kleinbeträge verbleibe ein Betrag von 17.841,00 €, der primär bei der Gattin zu berücksichtigen sei. Dem Wortlaut der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen zufolge seien Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen (zB der Mehrpreis für Automatikgetriebe, Schiebetüren, Gasring am Lenkrad, Bremshebel udgl.) in einem von einem Behinderten verwendeten eigenen Kraftfahrzeug zwingend mit dem Kfz-Pauschale (monatlich 190,00 €) abgegolten. Somit verblieben aber keine nicht bereits bei der Gattin unter der Kennziffer 476 berücksichtigten Kosten.

6.  Mit Schreiben vom hat die steuerliche Vertretung die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt und gleichzeitig Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid der Ehegattin des Beschwerdeführers vom erhoben, da der Ausgang dieses Verfahrens unmittelbare Auswirkung auf die Höhe der beim Beschwerdeführer zu berücksichtigenden außergewöhnlichen Belastungen habe. Begründend wurde ausgeführt, die Gattin des Beschwerdeführers sei seit Geburt gelähmt (Grad der Behinderung 100%) und somit auf den Rollstuhl und ein entsprechend umgebautes Kraftfahrzeug angewiesen. Im Einkommensteuerbescheid der Ehegattin sei für diverse behinderungsbedingte Umbau- bzw. Ausstattungskosten der pauschale monatliche Freibetrag von 190,00 € berücksichtigt worden, obwohl dieser nicht beantragt worden sei, sondern die tatsächlichen Kosten geltend gemacht worden seien. Der Begründung, dass sich dies zwingend aus der Verordnung ergebe, werde ausdrücklich widersprochen. Wie der UFS bereits mit Entscheidung vom , RV/1151-W/05,  festgestellt habe, sei die Auffassung, dass Mehraufwendungen eines Gehbehinderten im Zusammenhang mit der Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges nur in Höhe der Pauschbeträge abgesetzt werden könnten und die Berücksichtigung tatsächlicher Aufwendungen nicht möglich wäre, im Gesetz nicht gedeckt, da weder dem Gesetz noch der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen zu entnehmen sei, dass die Berücksichtigung des monatlichen Freibetrages zwingend und die Berücksichtigung tatsächlicher Aufwendungen für die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges durch einen Körperbehinderten daher grundsätzlich ausgeschlossen wäre. Auch nach Doralt, EStG, § 35 Tz 14, sowie Baldauf/Jakom, EStG, 2015, § 35 Rz 13, bestehe die Möglichkeit der Geltendmachung der tatsächlichen, über die Kosten der allgemeinen Lebensführung hinausgehenden Mehraufwendungen. Dies entspreche auch dem der Besteuerung zu Grunde zu legenden Leistungsfähigkeitsprinizip. Eine zwingende Pauschalierung würde angesichts der zahlreichen höchst unterschiedlichen Behinderungsformen und Grade (und der damit verbundenen individuell stark schwankenden Mehrkosten) unweigerlich zu einer sachlich und verfassungsrechtlich verbotenen Ungleichbehandlung führen.  

Die behinderungsbedingten Mehrkosten (d.s. laut Aufstellung einschließlich der bisher als Krankheitskosten geltend gemachten Aufwendungen und nach Abzug der Landesförderung insgesamt 24.239,90 €) würden vom Beschwerdeführer und seiner Ehegattin im gemeinsamen Haushalt bestritten. Für das Tragen der Krankheitskosten ergebe sich bereits aus der Unterhaltspflicht eine rechtliche Verpflichtung. Die Ehegattin habe die Kosten im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst zu tragen, wobei jedoch eine Kostentragung über das Existenzminimum hinaus nicht gefordert werden könne. Nach geltender Praxis werde das steuerliche Existenzminimum von 11.000,00 € für die Berechnung herangezogen. Die behinderungsbedingten außergewöhnlichen Belastungen seien daher insoweit bei der Ehegattin ohne Selbstbehalt in Abzug zu bringen, als das Einkommen 11.000,00 € nicht unterschreite (auf Basis der erfolgten Veranlagung wären dies 6.096,88 €). Die darüber hinausgehenden außergewöhnlichen Belastungen (18.143,02 €) seien folglich beim Beschwerdeführer zu berücksichtigen.

7.  In der über die Beschwerde der Ehegattin absprechenden Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt neben dem Pauschbetrag in Höhe von 2.280,00 € Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes in Höhe von 1.944,75 € sowie nachgewiesene Kosten aus eigener Behinderung in Höhe von 3.201,01 € als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt. Neben dem pauschalen Freibetrag bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges sei die Berücksichtigung tatsächlicher Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Fahrzeuges nicht möglich. Nur nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel könnten nach § 4 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen zusätzlich berücksichtigt werden. Ein elektronischer Gasring mit Bremshebel sei kein Hilfsmittel, da diese Vorrichtung unmittelbar dem Betrieb des Kraftfahrzeuges diene und diese Mehraufwendungen für eine besondere Behindertenvorrichtung bereits durch den gewährten Freibetrag abgegolten seien. Dies gelte nach Ansicht des Finanzamtes auch für ein Automatikgetriebe und für elektrische Schiebetüren. Der Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom , RV/2835-W/12, zufolge sei auch eine Verladevorrichtung für den Rollstuhl eine Zusatzvorrichtung des Fahrzeuges und kein Hilfsmittel. In den übrigen behinderungsbedingten Mehraufwendungen (9.431,92 €) seien auch die bisher als Krankheitskosten beim Ehegatten geltend gemachten Aufwendungen (6.426,90 €) enthalten. Diesbezüglich lägen weder Belege noch Angaben über die behandelte Person und den Grund der Behandlung vor; es seien nur die Namen der jeweiligen Ärzte und Therapeuten angeführt worden. Nach Recherchen des Finanzamtes handle es sich dabei ua. um Kinder-, Frauen-, Augen- und Zahnärzte. Es werde jedoch als glaubhaft angenommen, dass (insgesamt) ein Betrag von 3.201,01 € auf in direktem Zusammenhang mit der Behinderung bzw. Hilfsmitteln stehende Aufwendungen entfalle (im Einzelnen angeführte Aufwendungen wurden nicht anerkannt, hinsichtlich der Krankheitskosten wurde ein Betrag von 1.520,48 € den behinderungsbedingten Aufwendungen zugerechnet). Von den verbleibenden mit Selbstbehalt zu berücksichtigenden Aufwendungen in Höhe von 4.906,42 € (6.426,90 € - 1.520,48 €) könne ein Betrag von 1.944,75 € berücksichtigt werden, ohne dass das Existenzminimum von 11.000,00 € unterschritten werde; die restlichen Krankheitskosten (2.961,67 €) könnten beim Ehegatten berücksichtigt werden, lägen aber weit unter dem Selbstbehalt und hätten sohin keine steuerliche Auswirkung.

8.  Im Vorlagebericht hat das Finanzamt neuerlich darauf hingewiesen, dass neben dem Pauschalbetrag von 190,00 € monatlich keine tatsächlichen Kosten im Zusammenhang mit der behindertengerechten Adaptierung eines Kraftfahrzeuges in Abzug gebracht werden könnten. Hinsichtlich der bisher antragsgemäß berücksichtigten Krankheitskosten in Höhe von 6.426,90 € könne eine Prüfung bzw. Korrektur unterbleiben, da beim Beschwerdeführer nach Abzug der bei der Gattin anzusetzenden Kosten lediglich 2.961,67 € zu berücksichtigen wären und dieser Betrag unter dem Selbstbehalt von 8.053,00 € liege. Nachdem die beim Beschwerdeführer anzusetzenden Kosten unter dem Selbstbehalt lägen, werde beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
 

II. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer erzielt ebenso wie seine Ehegattin, die seit ihrer Geburt gelähmt (Grad der Behinderung: 100%) und infolgedessen auf einen Rollstuhl und ein entsprechend behindertengerecht umgebautes Kraftfahrzeug angewiesen ist, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Im Jahr 2014 hat die Ehegattin ein neues Fahrzeug um 27.350,00 € erworben, wobei der Mehrpreis dieses für die erforderlichen behinderungsgerechten Umrüstungen geeigneten und mit einem Automatikgetriebe sowie elektrischen Schiebetüren ausgestatteten Modells gegenüber dem zunächst angebotenen Modell 9.550,00 € betragen hat. Die Kosten für  die behindertengerechte Umrüstung des Fahrzeuges (Ladevorrichtung für den Rollstuhl, pneumatischer Türantrieb, elektrische Transferkonsole, Sondersitz, elektronischer Gasring, Bremshebel rechts mit Feststellbremse, Lackschutz) haben sich der vorgelegten Rechnung zufolge auf 19.970,28 € belaufen. Hierfür hat die Ehegattin vom Land Vorarlberg einen Zuschuss in Höhe von 15.000,00 € erhalten. Weiters hat sie im Streitjahr Pflegegeld der Stufe 4 in Höhe von 7.971,60 € jährlich bezogen.

In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2014 hat der Beschwerdeführer unter der Kennziffer 730 mit Selbstbehalt zu berücksichtigende Ausgaben in Höhe von 6.727,51 € (diverse Arztrechnungen samt Fahrkosten, Brille, Kontaktlinsen) und unter der Kennziffer 417 Aufwendungen im Zusammenhang mit der Behinderung seiner Ehegattin in Höhe von 24.291,27 € als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht, wobei in letzterem Betrag ua. die Ausgaben für die behindertengerechte Adaptierung des Fahrzeuges enthalten sind.

Im Vorlageantrag bzw. der das Verfahren der Ehegattin betreffenden Beschwerde hat die steuerliche Vertretung die behinderungsbedingten Mehraufwendungen (einschließlich der bisher unter der KZ 730 separat ausgewiesen Krankheitskosten) mit 24.239,90 € beziffert. Davon hat das Finanzamt in der über die Einkommensteuer der Ehegattin absprechenden Beschwerdevorentscheidung einen Betrag von 513,04 € ausgeschieden. Von den bisher unter der KZ 730 geltend gemachten Ausgaben (Arztkosten samt Fahrtkosten, Brille, Kontaktlinsen) in Höhe von 6.426,90 € hat das Finanzamt einen Betrag von 1.520,48 € den behinderungsbedingten und sohin ohne Selbstbehalt zu berücksichtigenden Ausgaben und 4.906,42 € den mit Selbstbehalt zu berücksichtigenden außergewöhnlichen Belastungen zugerechnet.

Nachdem dagegen keine Einwendungen erhoben wurden und anhand der Aktenlage diesbezüglich eine Rechtswidrigkeit nicht erkennbar ist, geht das Bundesfinanzgericht somit von einem Gesamtbetrag in Höhe 23.726,86 € (24.239,90 € - 513,04 €) aus, wovon 4.906,42 € mangels Zusammenhang mit der Behinderung auf die mit Selbstbehalt zu berücksichtigenden Aufwendungen und 18.820,44 € auf die behinderungsbedingten Aufwendungen entfallen. Von den geltend gemachten behinderungsbedingten Aufwendungen wiederum entfallen 9.550,00 € auf den Mehrpreis für die Anschaffung eines entsprechend adaptierbaren Fahrzeuges, 4.970,28 € auf den behinderungsgerechten Umbau samt Ladevorrichtung für den Rollstuhl (19.970,28 € abzüglich der Landesförderung in Höhe von 15.000,00 €) und 4.300,16 € auf sonstige in der Auflistung angeführte behinderungsbedingte Aufwendungen.

In der über die Beschwerde der Ehegattin gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 absprechenden Beschwerdevorentscheidung hat das Finanzamt unter Berücksichtigung des Existenzminimums Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes in Höhe von 1.944,75 €, den Pauschbetrag nach § 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastung in Höhe von 2.280,00 € sowie tatsächliche Kosten aus der eigenen Behinderung in Höhe von 3.201,01 €, insgesamt sohin einen Betrag von 7.425,76 € berücksichtigt.
 

III. Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, sie muss zwangsläufig erwachsen und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Die Belastung ist nach § 34 Abs. 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die Belastung beeinträchtigt nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen in der dort näher geregelten Weise zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 können ua. Aufwendungen im Sinne des § 35, die anstelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5) sowie Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen, ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.
Nach dem letzten Absatz dieser Bestimmung kann der Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

§ 35 EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung lautet auszugsweise:

"(1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen

- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des
  (Ehe-)Partners (§ 106 Abs. 3)

- ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des
  (Ehe-)Partners (§ 106 Abs. 3), wenn er mehr als sechs Monate im Kalenderjahr
   verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd
   getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von
   höchstens 6.000 Euro jährlich erzielt

- durch eine Behinderung des Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2), für das keine erhöhte
   Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967
   gewährt wird

und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(...)

(5) Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6).

(...)"

Die auf Grund der §§ 34 und 35 EStG 1988 ergangene Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 430/2010, lautet auszugsweise:

"§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen

- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des
  (Ehe-)Partners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988),

- ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des
  (Ehe-)Partners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988), wenn dieser Einkünfte im Sinne des
  § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt, oder

- bei Anspruch des Steuerpflichtigen selbst oder seines (Ehe-)Partners auf den 
  Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag, durch eine Behinderung des
  Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2 EStG 1988), für das keine erhöhte Familienbeihilfe
  gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,

so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

(...)

(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

(...)

§ 3. (1) Für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, ist zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, daß ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 190 Euro monatlich zu berücksichtigen. Die Körperbehinderung ist durch eine Bescheinigung gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung 1960 oder einen Bescheid über die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 2 Abs. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1952, gemäß § 2 Abs. 1 Z 12 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1992 oder gemäß § 4 Abs. 3 Z 9 des Versicherungssteuergesetzes 1953 nachzuweisen.

(...)

„§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen."“

Außer Streit steht zwischen den Verfahrensparteien, dass die in Rede stehenden Aufwendungen grundsätzlich bei der Ehegattin des Beschwerdeführers zu berücksichtigen sind und beim Beschwerdeführer der Verwaltungspraxis entsprechend nur ein unter Berücksichtigung des Existenzminimums allenfalls verbleibender Überhang als außergewöhnliche Belastung in Ansatz gebracht werden kann. Unbestritten ist von der steuerlichen Vertretung weiters geblieben, dass im Falle der Berücksichtigung des

Pauschales gemäß § 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen die mit dem Betrieb des Fahrzeuges zusammenhängenden Aufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen abgegolten sind bzw. neben dem Pauschbetrag nur die unter § 4 der Verordnung fallenden tatsächlichen Aufwendungen für Hilfsmittel sowie Heilbehandlungen geltend gemacht werden können und die beim Beschwerdeführer in diesem Fall in Ansatz zu bringenden außergewöhnlichen Belastungen den Selbstbehalt nicht übersteigen. 

Strittig ist einzig, ob anstelle des Pauschbetrages gemäß § 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen die tatsächlichen Kosten im Zusammenhang mit der behindertengerechten Adaptierung des neu angeschafften Fahrzeuges in Ansatz gebracht werden können. 

§ 35 EStG 1988 sieht eine gesonderte Regelung für Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Behinderung vor. Anstelle des dort in Abs. 3 vorgesehenen Freibetrages können auch die tatsächlichen Aufwendungen geltend gemacht werden. Nach der allgemeinen Regelung des § 34 EStG 1988 können solche anstelle der Pauschbeträge geltend gemachte Aufwendungen ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen übersteigen. Davon abweichend ist in der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen festgelegt, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 und ohne Anrechnung auf pflegebedingte Geldleistungen zu berücksichtigen sind.

Nach § 34 Abs. 6 iVm § 35 Abs. 1 EStG 1988 ist der Abzug von Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung des Ehepartners bei fehlendem Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag nur zulässig, wenn der Ehepartner Einkünfte von nicht mehr als 6.000,00 € jährlich erzielt. Wird die Einkommensgrenze überschritten, können die behinderungsbedingten Mehraufwendungen nur im Rahmen der Unterhaltsverpflichtung als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt geltend gemacht werden [vgl. Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, 15. Lfg., § 35 Tz 2, sowie Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, § 35 Rz 6 (Stand , rdb.at)].

Vor diesem Hintergrund kann es im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob nun anstelle des Pauschbetrages gemäß § 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen die tatsächlichen Kosten im Zusammenhang mit der behindertengerechten Adaptierung des Fahrzeuges in Ansatz gebracht werden können oder nicht (dies bejahend zB , und ), zumal sich dadurch am steuerlichen Ergebnis nichts ändert.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind unter Belastungen im Sinne des § 34 EStG 1988 nur vermögensmindernde Ausgaben, also solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind. Ihnen stehen die Ausgaben gegenüber, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen und die deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Aufwendungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern stellen dann keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn durch sie ein entsprechender Gegenwert erlangt wird, wenn also eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt (vgl. , und , mwN).

Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes sind daher in der Regel von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Diesem Umstand trägt auch der Verordnungsgeber Rechnung, indem er in § 3 Kraftfahrzeuge anspricht, deren Anschaffung zu einem Vermögenswert führt, sodass nur jene Mehraufwendungen (pauschalisierend) als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, die auf die behindertengerechte Ausstattung entfallen und bei denen realistischerweise davon ausgegangen werden muss, dass sie bei einem unterstellten Verkauf nicht abgegolten werden (vgl. ).

Der auf die Anschaffung eines entsprechend teureren, ua. mit Automatikgetriebe und elektrischen Schiebetüren ausgestatteten Fahrzeuges entfallende Mehrpreis (9.550,00 €) stellt damit - auch wenn nur dieses Modell zweckentsprechend umrüstbar ist - von Vornherein keine außergewöhnliche Belastung dar, zumal insoweit ohne Zweifel ein entsprechender Gegenwert erworben wurde, der bei einem allfälligen Verkauf auch abgegolten würde. Derartige Fahrzeuge werden schließlich von Nichtbehinderten gleichermaßen erworben wie von Behinderten.

Die tatsächlichen Kosten belaufen sich, wie oben dargelegt, auf insgesamt 23.746,86 €. Nach Abzug des Mehrpreises für das entsprechend behindertengerecht adaptierbare Fahrzeug (9.550,00 €) sowie des bei der Ehegattin als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigenden Betrages (im Falle von ohne Selbstbehalt zu berücksichtigenden tatsächlichen Aufwendungen sind dies wie von der steuerlichen Vertretung im Vorlageantrag ausgeführt 6.096,88 €) ergibt sich somit nur mehr ein Betrag von 8.099,98 €. Eine Berücksichtigung der gesamten tatsächlichen Aufwendungen kann nach der dargelegten Rechtslage jedenfalls nur außerhalb des Anwendungsbereiches der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen und somit nach den allgemeinen Regelungen der §§ 34 und 35 EStG 1988 erfolgen. Derartige behinderungsbedingte Mehraufwendungen müssen daher konkret nachgewiesen werden und sind (bei Vorliegen der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen) um pflegebedingte Zuwendungen zu kürzen. Damit ergibt sich aber jedenfalls ein unter dem Selbstbehalt des Beschwerdeführers von 8.053,00 € liegender Gesamtbetrag, übersteigt doch schon der Betrag von 8.099,98 € (vor Abzug des Pflegegeldes) den Selbstbehalt nur geringfügig. 

Die vom Finanzamt im angefochtenen Bescheid in Ansatz gebrachten außergewöhnlichen Belastungen (6.727,51 €) lagen unter dem Selbstbehalt (8.053,00 €) und blieben daher ohne steuerliche Auswirkung. Nachdem das Beschwerdevorbringen daran im Ergebnis nichts zu ändern vermag, konnte der Beschwerde somit kein Erfolg beschieden sein.
  

IV. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage der beim Beschwerdeführer zu berücksichtigenden außergewöhnlichen Belastungen wurde auf Grundlage der im Erkenntnis angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung sowie von nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen beurteilt. Auch wenn hinsichtlich der Frage, ob anstelle des Pauschalbetrages gemäß § 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen die tatsächlichen Kosten im Zusammenhang mit der behindertengerechten Adaptierung eines neu angeschafften Fahrzeuges geltend gemacht werden können, soweit erkennbar, keine höchstgerichtliche Judikatur existiert, liegt gegenständlich mangels Beschwer keine vom Verwaltungsgerichtshof zu klärende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor und  ist eine (ordentliche) Revision daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.1100676.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at