Einlage auf ein deutsches Namenssparbuch als Zuwendung
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2017/16/0142. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Friedrich Gaigg, Kurhausstraße 7, 4820 Bad Ischl, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom (EN xxxxx), betreffend Schenkungssteuer zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt und Parteienvorbringen
Bei der X-Bank mit Sitz in Deutschland wurden am Konten für H. R., geb. aaa, H. M., geb. bbb, H. S., geb. ccc und H. ddd, geb. eee angelegt.
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurde vorgebracht, dass die Konten von den Eltern der Konteninhaber (Ehegatten H. A. und ddd sen.) angelegt wurden und die Kinder von diesen Konten keine Kenntnis gehabt hätten. Zu diesem Zweck seien am von den vier Kindern Vollmachten unterfertigt worden. Die Kinder hätten diese Vollmachten "blanko" unterfertigt haben.
Von den Ehegatten H. A. und ddd sen. wurde dem Finanzamt V. mitgeteilt, dass beabsichtigt war, diese Sparbücher im Jahr 2010 an die Kinder zu übergeben. Mit Vorhaltsbeantwortung vom - gerichtet an die belangte Behörde - wurde bekanntgegeben,
dass die Sparbücher jeweils am eröffnet worden sind,
dass der Einlagenstand jeweils € 267.225.73 betragen hat,
dass von den Eltern keine weiteren Einlagen aber ev. Entnahmen getätigt wurden,
dass die Kinder von den Sparbüchern keine Kenntnis hatten,
die Verfügungsmacht über die Sparbücher die Eltern inne hatten,
dass die Spareinlagen ausschließlich aus dem Vermögen der Eltern stammen,
dass über dieses Vermögen ausschließlich die Eltern bestimmen hätten können.
In einem Schreiben vom teilte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers (Bf.) darüber hinaus mit, dass sich die Kinder im Falle des Ablebens der Eltern an den Direktor der X-Bank wenden sollten, da dies ein Bekannter der Familie sei.
Festgehalten wurde weiters, dass die Ehegatten A. und ddd H. bereits vor dem Jahr 2005 ein entsprechend hohen Sparvermögen bei der Volksbank Erding angelegt hätten. Aufgrund dieses hohen Sparvermögens hätten sich die Ehegatten H. im Jahr 2005 entschlossen, einen Teil von diesem Vermögen für vier neu zu eröffnende Sparbücher zu verwenden. Ab lauteten die Sparbücher auf die Namen der vier Kinder.
Aktenkundig ist eine Bestätigung der X-Bank, worin bescheinigt wird, dass die Ehegatten H. Vermögen für ihre Kinder bei der Bank angelegt haben. Diese Bestätigung ist mit datiert.
Anlässlich der Schlussbesprechung () legte der steuerliche Vertreter einen Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, welcher an Frau H. A. gerichtet ist, sowie einen Pflichtteilsverzichtsvertrag vom , abgeschlossen zwischen den Ehegatten H. und deren vier Kinder, vor. Weitere schriftliche oder mündliche Vereinbarungen in diesem Zusammenhang existierten nicht. Weiters wies der steuerliche Vertreter nochmals darauf hin, dass die Sparbücher nicht von den Kindern sondern von den Ehegatten H. am eröffnet worden seien.
Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde Schenkungssteuer für den Erwerb von sonstigem Vermögen in Höhe 133.612,87 Euro von Herrn ddd H. unter Berücksichtigung des Freibetrages von jeweils 2.200 Euro mit 7 % der Bemessungsgrundlage (131.612,87 Euro) mit 9.198,84 Euro festgesetzt.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde Schenkungssteuer für den Erwerb von sonstigem Vermögen in Höhe 133.612,87 Euro von Herrn A. H. unter Berücksichtigung des Freibetrages von jeweils 2.200 Euro mit 7 % der Bemessungsgrundlage (131.612,87 Euro) mit 9.198,84 Euro festgesetzt.
Mit Anbringen vom wurde rechtzeitig Berufung gegen die angefochtenen Bescheide eingebracht. In dieser Berufung wurden die Einwendungen im Ermittlungsverfahren wiederholt. Die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung unterblieb. Die Berufung vom wurde am dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt und Herrn Mag. Z. zur Bearbeitung zugeteilt. Das Rechtsmittel blieb unerledigt.
Mit ging das Rechtsmittel an die Gerichtsabteilung xxxx (Mag. Z.) des Bundesfinanzgerichtes über. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung xxxx gemäß § 9 Abs. 9 BFGG abgenommen und der Gerichtsabteilung yyyy (Ri) neu zugeteilt.
Mit Beschluss vom wurden der X-Bank folgende Fragen als Auskunftsperson gestellt:
War der Bf. über das KontoNr. 12345678 bei der X-Bank ab Verfügungsberechtigter (§ 154 Abs. 2 Abgabenordnung)?
Wurde im Zuge der Kontoeröffnung die Identität des Bf. nach § 154 Abs. 2 Abgabenordnung als Konteninhaber festgestellt?
Dazu wurde die Stellungnahme vom eingebracht, wonach der Beschwerdeführer (Bf.) ab über das Konto 12345678 bei der X-Bank verfügungsberechtigt war.
Zu Punkt 2 der Anfrage erklärte die X-Bank, dass Frau M. H. nach § 154 Abs. 2 AO legitimiert wurde.
Über Vorhalt des Ermittlungsergebnisses wiederholte der Bf. in der Stellungnahme vom sein bisheriges Vorbringen.
Die belangte Behörde führte in der Stellungnahme vom aus, den Ausführungen, wonach die Zuwendung erst mit Übergabe der Sparbücher vollzogen worden sei, ist entgegenzuhalten, dass der Bf. über das auf seinen Namen lautende Sparkonto bereits seit dessen Eröffnung verfügen hätte können und jegliche Vermögensänderung auf diesem Konto somit der Vermögensphäre des Bf. zuzurechnen gewesen wäre. Somit sei die Bereicherung und damit die Zuwendung in jenem Zeitpunkt eingetreten, in dem die Einzahlung bzw. die Überweisung auf das Sparkonto durch die Eltern durchgeführt wurde. Der tatsachlichen Übergabe der Sparbücher im Jahr 2010 komme daher in Hinblick auf das Entstehen der Steuerschuld keine Bedeutung zu, da der Bf. bereits vor diesem Zeitpunkt über das Sparkonto und den daraus resultierenden Forderungsrechten gegenüber der Bank verfügungsberechtigt war.
Rechtslage
Nach § 1 Abs. 1 Z 2 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 (ErbStG) in der am gültigen Fassung unterliegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz Schenkungen unter Lebenden.
Nach § 1 Abs. 2 ErbStG gelten, soweit nichts Besonderes bestimmt ist, die Vorschriften dieses Gesetzes über den Erwerb von Todes wegen auch für Schenkungen und Zweckzuwendungen, die Vorschriften über Schenkungen auch für Zweckzuwendungen unter Lebenden.
Nach § 3 Abs. 1 ErbStG galt zum als Schenkung im Sinne des Gesetzes
1. jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes;
2. jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird;
3. was infolge Vollziehung einer von dem Geschenkgeber angeordneten Auflage oder infolge Erfüllung einer einem Rechtsgeschäft unter Lebenden beigefügten Bedingung ohne entsprechende Gegenleistung erlangt wird, es sei denn, daß eine einheitliche Zweckzuwendung vorliegt;
4. was jemand dadurch erlangt, daß bei Genehmigung einer Schenkung Leistungen an andere Personen angeordnet oder zur Erlangung der Genehmigung freiwillig übernommen werden;
5. was als Abfindung für einen Erbverzicht (§ 551 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches) gewährt wird;
6. was ein Vorerbe dem Nacherben mit Rücksicht auf die angeordnete Nacherbschaft vor ihrem Eintritt herausgibt;
7. der Übergang von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäftes unter Lebenden;
8. was bei Aufhebung einer Stiftung erworben wird.
Der Befreiungstatbestand nach § 15 Abs. 1 Z. 19 ErbStG idF BGBl. I Nr. 2000/42 betrifft die Schenkung unter Lebenden von "Geldeinlagen bei einem inländischen Kreditinstitut".
Erwägungen
Die im Wege der Einzahlung am auf ein Sparbuch getätigte Geldeinlage ist hinsichtlich des Vorganges der Schenkung unter Bedachtnahme auf die Rechtsnatur des jeweiligen Sparbuchs zu beurteilen (vgl. ). Der Befreiungstatbestand nach § 15 Abs. 1 Z. 19 ErbStG idF BGBl. I Nr. 2000/42 liegt im gegenständlichen Fall nicht vor, da Gegenstand der Schenkung keine "Geldeinlagen bei einem inländischen Kreditinstitut", sondern eine Geldeinlage bei einem ausländischen Kreditinstitut war.
Im gegenständlichen Fall wurde die Geldeinlage am unstrittig auf ein auf den Bf. lautendes deutsches Sparbuch geleistet. Der Bf. war zum Zeitpunkt der Geldeinlage verfügungsberechtigt über das Konto. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus der Auskunft der X-Bank. Der Einwand, wonach der Bf. tatsächlich keine Verfügungsmacht über das Konto gehabt hätte, widerspricht der Auskunft des Bankinstitutes. Demnach war der Bf. bei Eröffnung des Kontos Verfügungsberechtigter. Der Umstand, dass er seinen Eltern als Bevollmächtigte ein Zugriffsrecht einräumte, ändert nichts an seiner Verfügungsberechtigung.
Zudem ist unstrittig, dass es sich bei dem Konto um ein auf den Namen des Bf. lautendes Sparbuch bei der X-Bank handelte.
Bei auf einen bestimmten Namen lautende Wertpapiere, deren verbriefter Anspruch durch Einigung, Abtretung und Übergabe übertragen werden kann, soll die Leistung direkt (recta) an die im Papier benannten Empfänger erfolgen, weshalb Rektapapiere nicht zum Umlauf bestimmt sind. Das Abtretungserfordernis und die meist nicht direkt gesetzlich vorgesehene Übergabe sind Hindernisse, die die Verkehrsfähigkeit der Rektapapiere erheblich einschränken. Zu den eigentlichen Namens- oder Rektapapieren gehört nach deutscher Rechtslage auch das Sparbuch. Bei Rektapapieren kommt es auf das in ihnen verbriefte Recht und nicht auf das Papier selbst an, sodass sachenrechtliche Grundsätze nicht gelten. Vielmehr stehen die in den Papieren verbrieften Forderungen oder sonstige Rechte im Vordergrund, die im Wege der Zession zu übertragen sind. Die Übertragung folgt daher den schuldrechtlichen Prinzipien der Zession (§§ 398 ff., § 413 BGB). Die Bedeutung der Urkunde beschränkt sich auf den Schutz des Schuldners, für den eine Leistungspflicht nur gegen Aushändigung der Urkunde besteht und der mit schuldbefreiender Wirkung an jeden Inhaber leisten kann. Die Übergabe des Sparbuchs ist für die Rechtswirksamkeit der Übertragung weder erforderlich noch ausreichend. Nach § 952 Abs. 2 BGB stehen Rektapapiere dem jeweiligen Gläubiger zu. Die Rechtsnatur der unter § 808 BGB fallenden Papiere wird durch ihre Doppelfunktion bestimmt: sie sind sowohl Legitimationspapiere, da der Schuldner mit befreiender Wirkung an jeden Inhaber zahlen kann, als auch Wertpapiere, da nach § 808 Abs. 2 BGB der Schuldner nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet ist (Alfred Hueck (Begründer): Recht der Wertpapiere. Seit der 11. Auflage neubearbeitet von Claus-Wilhelm Canaris. 12., neubearbeitete Auflage. Vahlen, München 1986). Aus den § 398, § 952 BGB ergibt sich, dass ein gutgläubiger Erwerb von Rektapapieren nicht möglich ist (Ausnahme: Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbrief); der Schutz des guten Glaubens ist nach § 407 BGB nicht vorgesehen (Jan Wilhelm: Sachenrecht. 3., völlig neu bearbeitete Auflage. de Gruyter Recht, Berlin 2007). Es besteht auch kein Rechtsschein für eine materielle Berechtigung. Der Schuldner muss nicht an den Inhaber leisten, denn der Inhaber als solcher ist nicht berechtigt, die Leistung zu verlangen (§ 808 Abs. 1 Satz 2 BGB). Materiell Berechtigter ist mithin, wer sich durch eine lückenlose Zessionskette, die auf den Aussteller der Urkunde zurückzuführen sein muss, legitimieren kann (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Namenspapier).
Rektapapiere werden nach deutschem Recht nur durch Zession übertragen. Demnach ist die vom Bf. behauptete Übergabe des Sparbuches durch seine Eltern rechtlich ohne jegliche Bedeutung. Der Bf. war von vornherein materiell Berechtigter an diesem Sparbuch. Dass er seinen Eltern Vollmachten eingeräumt hat, ändert nichts an dessen Verfügungsberechtigung, die bereits am gegeben war. Grundsätzlich führt unter bestimmten gesetzlich festgelegten Bedingungen objektiv jede unentgeltliche Bereicherung (Wertvermehrung des Vermögens des Zuwendungsempfängers) zur Steuerpflicht. Nach § 12 Abs. 1 Z 2 ErbStG entsteht die Steuerpflicht bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung, die nach Lehre und Rechtsprechung mit der "wirklichen Übergabe" gleichgesetzt wird. Eine solche ist gegeben, wenn durch eine nach außen hin erkennbare Art die Verfügungsmacht auf den Zuwendungsempfänger übergeht (vgl. Dorazil/Taucher, ErbStG8, § 3 Anm 1.4 und die dort angeführte Judikatur). Durch die Geldeinlage der Eltern auf das auf den Namen des Bf. lautende Sparbuch bei der X-Bank hat der Bf. die Verfügungsmacht über die Geldforderung gegenüber der Bank erlangt. Damit ist dieser Vorgang am maßgeblich für das Entstehen der Steuerpflicht.
Die angefochtenen Bescheide der belangten Behörde erweisen sich als rechtmäßig, sodass die Beschwerde abzuweisen war.
Zulässigkeit einer Revision
Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Z 2 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 § 3 Abs. 1 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.5100331.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2017:RV.5100331.2013
Fundstelle(n):
VAAAC-14568