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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.05.2017, RV/5101020/2016

Zuschlag zum Kilometergeld für durch eine Behinderung des Sohnes verursachte Fahrten als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache RB, über die Beschwerde vom , gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Linz vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2014 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe betragen:


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Bemessungsgrundlage
Abgabe
Jahr
Art
Höhe
Art
Höhe
2014
Einkommen
27.916,19 €
 Einkommensteuer
6.253,23 €
 
 
 
-anrechenbare LSt
-8.110,86 €
 
 
 
-Rundung
-0,37 €
ergibt folgende festgesetzte Einkommensteuer(Gutschrift)
-1.858,00 €

Die Berechnung der Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I) Verfahrensgang

Im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2014 verweigerte das Finanzamt unter anderem die Anerkennung von - im Zusammenhang mit der Behinderung seines Sohnes - geltend gemachten Fahrtkosten für eine Begleitperson in Höhe von 171,45 €.

In der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für 2014 brachte der Beschwerdeführer (Bf.) vor, dass sein Sohn minderjährig und deshalb auf eine Begleitperson bei den Therapiefahrten angewiesen sei.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung wurde ausgeführt, dass die Berücksichtigung des Kilometergeldzuschlages für die mitgefahrene Person unter Bezugnahme auf die VO 303/1996 und die Lohnsteuerrichtlinien nicht vorgesehen sei.

Im Vorlageantrag wurde noch einmal die Berücksichtigung eines Zuschlages zum amtlichen Kilometergeld für jede weitere mitbeförderte Person (Begleitperson) in Höhe von 0,05 €/Km für Therapiefahrten seines behinderten Sohnes beantragt. Auf Grund seiner Behinderung und Minderjährigkeit sei sein Sohn auf die Begleitung eines Erwachsenen angewiesen, da ihm die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht zumutbar sei.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

II) Sachverhalt

Der Bf. hat einen behinderten Sohn, für den er erhöhte Familienbeihilfe und Pflegegeld bezieht. Im Kalenderjahr 2014 wurden insgesamt 3.429 Kilometer für Fahrten zur Therapie und zu ambulanten ärztlichen Behandlungen mit dem familieneigenen Personenkraftwagen zurückgelegt. Die gefahrenen Kilometer waren aus einer Aufstellung des Bf. ersichtlich.

III) Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und geht aus den Akten und dem Vorbringen des Bf. hervor.

IV) Rechtslage

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2)
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3)
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4)

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein. Die Belastung ist gemäß § 34 Abs. 2 EStG außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst. Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen gemäß § 34 Abs. 3 EStG zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Kosten im Zusammenhang mit einer Erkrankung bzw. Behinderung von Kindern erwachsen dem Steuerpflichtigen regelmäßig zwangsläufig, weil er sich ihnen aus rechtlichen Gründen nicht entziehen kann.

V) Erwägungen

Strittig ist die Anerkennung des Zuschlages zum amtlichen Kilometergeld für durch eine Behinderung des Sohnes verursachte Fahrten zu Therapien und Ärzten. Insgesamt legte die Begleitperson (mitbeförderte Person) 3.429 Kilometer zurück. Der Zuschlag zum Kilometergeld in Höhe von insgesamt 171,45 € (= 3.429 Km x 0,05 €/Km) wird zusätzlich zu den bereits berücksichtigten Fahrtkosten in Höhe von 1.440,18 € (= 3.429 Km x 0,42 €/Km) geltend gemacht.

Bei Vorliegen einer Krankheit gehören auch die Fahrtkosten für Fahrten zur Therapie und zu den ambulanten ärztlichen Behandlungen zu den abzugsfähigen Krankheitskosten (vgl. Jakom/Vock, EStG, 9. Auflage 2016, § 34, Rz 90 zu „Krankheitskosten“). Diese Fahrtkosten sind ohne Selbstbehalt absetzbar.

Der Personenkraftwagen steht im Eigentum der Familie. Der Ansicht des Finanzamtes, dass für diese Fahrten ein Zuschlag zum amtlichen Kilometergeld für eine mitbeförderte Person gesetzlich nicht vorgesehen sei, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Der Sohn des Bf. ist auf Grund einer Behinderung auf die Mithilfe einer Begleitperson angewiesen. Die Begleitperson hat ihn zur Therapie und zu den ambulanten ärztlichen Behandlungen gefahren. Die durch eine Begleitperson entstehenden Aufwendungen sind daher grundsätzlich aus tatsächlichen bzw. rechtlichen Gründen als zwangsläufig erwachsen anzusehen, weil sich der Bf. als Unterhaltsverpflichteter dem Aufwand für eine Begleitperson nicht entziehen konnte. Sie erfüllen aber auch das Kriterium der Außergewöhnlichkeit, weil dem Bf. infolge der durch die Behinderung seines Sohnes verursachten Fahrten und der dabei erforderlichen Begleitung höhere Aufwendungen entstanden sind als der Mehrzahl der Abgabepflichtigen.

Werden die erforderlichen Fahrten mit einem Kraftfahrzeug durchgeführt, so ist davon auszugehen, dass durch die Beförderung eines zusätzlichen Fahrgastes Mehraufwendungen in Form eines erhöhten Treibstoffverbrauches entstehen. Denn nicht nur das Gewicht des Kraftfahrzeuges, sondern auch seine Ladung hat Einfluss auf den Treibstoffverbrauch. So erhöhen jeweils 20 Kilogramm transportierter Last den Verbrauch des Fahrzeuges um 1% je 100 Kilometer (vgl. bspw. Sprit Sparend Fahren, Heft 18 aus der Reihe Publikationen zum LVK, Neuauflage 2006 und http://www.myliveshopping.de/magazin/benzin-sparen-gunstig-tanken/).

Demzufolge erwachsen auch im vorliegenden Fall dem Bf. höhere Aufwendungen dadurch, dass sein Sohn für die Fahrten zur Therapie und zu den ambulanten ärztlichen Behandlungen seine Eltern als Begleitpersonen in Anspruch nehmen musste.

Um den durch die Mitnahme einer Begleitperson "verursachten" höheren Kfz-Aufwendungen Rechnung zu tragen, kann daher nach Ansicht des BFG bei Verwendung des privaten Kraftfahrzeuges ein erhöhtes Kilometergeld in Anspruch genommen werden, wobei keine Bedenken bestehen, wenn als Schätzungshilfe für diese Aufwendungen in Anlehnung an die den Bundesbediensteten zustehenden Pauschalsätze des § 10 Abs. 3 RGV in der für das Jahr 2014 gültigen Fassung ein Zuschlag zum amtlichen Kilometergeld in Höhe von 0,05 € herangezogen wird.

Der vom BMF vertretenen Rechtsansicht, wonach die Fahrtkosten, die im Zusammenhang mit einer Behinderung stehen, bei Verwendung des familieneigenen Kraftfahrzeuges im Ausmaß des amtlichen Kilometergeldes - ohne Zuschlag für mitbeförderte Personen - Kosten der Heilbehandlung iSd § 4 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996, darstellen (Lohnsteuerrichtlinien 2002, Rz. 851), entspricht auch nicht der Judikatur des UFS (vgl. ) sowie des BFG (vgl. ). Auch in der jüngeren Literatur wird die in den Lohnsteuerrichtlinien dargelegte Auffassung für unzutreffend gehalten (siehe zB Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke , EStG 1988, § 35 Rz 17; ebenso Jakom/Vock, EStG, 9. Auflage 2016, § 35, Rz 24).

Im streitgegenständlichen Fall ist daher der Zuschlag zum Kilometergeld für die durch die Behinderung des Sohnes verursachten Fahrten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Es sind die in der Beschwerde begehrten 171,45 € zusätzlich (zu den bereits berücksichtigten Beträgen) als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt abzuziehen.

VI) zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im vorliegenden Fall ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz, diese schlichte Rechtsanwendung berührt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.5101020.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at