Übertragung eines Superädifikates im Zuge einer Verschmelzung nach Art. I UmgrStG: Grunderwerbsteuer vom zweifachen Einheitswert (gem. § 6 Abs. 6 UmgrStG aF)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache X-GmbH , Adr, vertreten durch Steuerberater , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Grunderwerbsteuer mit 3,5 v. H. von der Bemessungsgrundlage € 20.400, sohin im Betrag von € 714, festgesetzt..
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit dem am abgeschlossenen Verschmelzungsvertrag (Notariatsakt) wurde die Fa. A-GmbH (= übertragende Gesellschaft) durch Übertragung ihres Vermögens im Weg der Gesamtrechtsnachfolge gemäß Artikel I des Umgründungssteuergesetzes (UmgrStG) auf die X-GmbH (= übernehmende Gesellschaft; = Beschwerdeführerin, Bf) auf Grundlage der beiliegenden Schlussbilanz zum Stichtag verschmolzen. Mit diesem Tag ist die übertragende Gesellschaft aufgelöst.
Unter Vertragspunkt "Achtens" stellen die Vertragsteile fest, dass zum Vermögen der übertragenden Gesellschaft das Superädifikat "Salettl" auf Gst1 in EZ1 als unbewegliche Sache gehört, sowie, dass insbesondere dieses im Eigentum der übertragenden Gesellschaft stehende Superädifikat auf die übernehmende Gesellschaft übergeht.
Alle aus dem Vertrag entstehenden Kosten und Abgaben hat die Bf zu tragen ("Zehntens"). Für den Verschmelzungsvorgang werden die Steuerbefreiungen und –begünstigungen des UmgrStG in Anspruch genommen ("Elftens").
Im Schreiben des vertragserrichtenden Notars vom wurde dem Finanzamt ua. mitgeteilt, dass aufgrund der angezeigten Verschmelzung das im Alleineigentum der übertragenden Körperschaft befindliche Superädifikat auf die Bf übergehe, der für die Grunderwerbsteuerbemessung maßgebliche Wert jedoch derzeit nicht bekannt sei.
Das Finanzamt hat daraufhin den zuletzt festgestellten Einheitswert (EW) der Liegenschaft in EZ1 (Betriebsgrundstück) mit (erhöht) € 887.200 erhoben.
Mit Bescheid vom , StrNr, wurde der Bf ausgehend vom zweifachen Einheitswert von € 1,774.400 (gemäß § 6 Abs. 6 UmgrStG) die 3,5%ige Grunderwerbsteuer im Betrag von € 62.104 vorgeschrieben.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde eingewendet, das sogen. "Salettl" sei von der A-GmbH im Jahr 2005 errichtet, ab Jänner 2006 als Gastronomielokal in Betrieb genommen und ab Dezember 2007 verpachtet worden. Seit 2009 werde dieser Gastronomiebetrieb von der X-GmbH (Bf) geführt, auf welche das Superädifikat im Rahmen der Verschmelzung übergegangen sei. In der Zusammenschlussbilanz zum würden Mieterinvestitionen der übertragenden Gesellschaft in Höhe von € 238.475 ausgewiesen, die nicht in einem Einheitswert erfasst seien. Die Berechnung der Grunderwerbsteuer vom Einheitswert € 887.200 sei daher zu Unrecht erfolgt und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom wurde dahin begründet, dass dann, wenn bei einer Verschmelzung Erwerbsvorgänge nach dem Grunderwerbsteuergesetz verwirklicht würden, die Grunderwerbsteuer vom zweifachen Einheitswert zu berechnen sei. Der EW der gegenständlichen Liegenschaft sei mit € 887.200 festgestellt. Die Rechtsansicht, bei Mieterinvestitionen würde keine Grunderwerbsteuer anfallen, sei weder durch das UmgrStG noch durch das Grunderwerbsteuergesetz gedeckt.
Im Vorlageantrag wurde darauf repliziert, die Liegenschaft EZ1, für welche der herangezogene EW festgestellt wurde, sei vom Verschmelzungsvertrag nicht betroffen, sondern stehe nach wie vor im Eigentum der Fa. X-KG (kurz: KG). Diese betreibe auf der Liegenschaft ein Sportgeschäft und habe dort ein Hotel errichtet, welches seit 2010 an die Bf verpachtet sei. Die Mieterinvestitionen der A-GmbH seien im Zuge der Verschmelzung an die Bf als Pächterin des Hotels auf der Liegenschaft übergegangen, welche im Eigentum der KG stehe. Für die Mieterinvestitionen sei, da es sich nicht um ein Baurecht handle, kein EW festgestellt worden. Die Grunderwerbsteuer betrage daher Null Euro.
In der Folge wurde auf Ersuchen des Finanzamtes von der zuständigen Bewertungsstelle des Finanzamtes XX eine Bewertung des Superädifikates "Salettl" auf EZ1 vorgenommen. Der diesbezügliche EW, bewertet als "Geschäftsgrundstück, Gebäude auf fremdem Grund und Boden" und zugerechnet der Fa. A-GmbH als Alleineigentümerin, wurde mit erhöht € 10.200 ab festgestellt.
Durch Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichtes (BFG) in das Grundbuch ist bestätigt, dass die Liegenschaft in EZ1 seit im Alleineigentum der X-KG steht.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
1.) Grunderwerbsteuergesetz:
Gemäß § 1 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG), BGBl 1987/309 idgF., unterliegen der Grunderwerbsteuer nach Z 1 Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, sowie nach Z 2 der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, soweit sich diese Rechtsvorgänge auf inländische Grundstücke beziehen.
Nach § 2 GrEStG 1987 sind unter Grundstücken solche im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung stehen den Grundstücken gleich: Baurechte und Gebäude auf fremdem Boden (Superädifikate).
Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 idgF. ist die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu berechnen; ist eine Gegenleistung nicht vorhanden oder zu ermitteln dann vom Wert des Grundstückes (= dreifacher EW; bei vor dem verwirklichten Erwerbsvorgängen) bzw. vom gemeinen Wert des Grundstückes (bei nach dem verwirklichten Erwerbsvorgängen).
Wenn alle Anteile einer Gesellschaft vereinigt werden oder alle Anteile einer Gesellschaft übergehen, ist die Grunderwerbsteuer vom Dreifachen des Einheitswertes zu berechnen (§ 4 Abs. 2 Z 3 GrEStG 1987 aF bzw. § 4 Abs. 2 Z 1 lit c GrEStG idF BGBl I Nr. 36/2014 für alle nach dem verwirklichten Erwerbsvorgänge).
2.) Umgründungsvorgänge:
Zu den Rechtsgeschäften, die einen Anspruch auf Übereignung eines Grundstückes im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG begründen, zählen auch die Verträge über Verschmelzungen von Gesellschaften, sofern sich im Vermögen der untergehenden Gesellschaft Grundstücke iSd § 2 GrEStG befinden ( Slg 1786/F).
Unter einer Verschmelzung (Fusion) ist der Zusammenschluss zweier juristischer Personen durch Vereinigung ihrer Vermögen zu verstehen. Bei der Verschmelzung durch Aufnahme überträgt eine juristische Person ihr Vermögen auf die andere im Wege der Gesamtrechtsnachfolge.
Werden aufgrund von Umgründungsvorgängen, ua. aufgrund einer Verschmelzung im Sinne des Art. I (§ 1) des Umgründungssteuergesetzes (UmgrStG), BGBl 1991/699, in der bis anzuwendenden Fassung des BudBG 2007, BGBl I 2007/24, Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 oder 2 GrEStG verwirklicht, so ist die Grunderwerbsteuer gemäß
§ 6 Abs. 6 UmgrStG
(aF) vom Zweifachen des Einheitswertes zu berechnen.
Die diesfalls zur Anwendung gelangende Spezialbestimmung des § 6 Abs. 6 UmgrStG schafft eine Ausnahme vom sonst bei der Grunderwerbsteuer idR anzuwendenden Steuermaßstab der Gegenleistung (siehe zu vor: Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, Rzn 211 – 211 c zu § 1 GrEStG).
3.) Rechtliche Würdigung:
Auszugehen ist – wie ua. auch aus Punkt "Achtens" des Verschmelzungsvertrages vom ausdrücklich hervorkommt - von dem unstrittig vorliegenden Sachverhalt, dass im Zuge der Verschmelzung zum Stichtag das im Alleineigentum der übertragenden Gesellschaft stehende Superädifikat ("Salettl") auf EZ1, dh. ein "Grundstück" iSd § 2 Abs. 2 GrEStG, auf die Bf als übernehmende Gesellschaft übertragen wurde und in deren Vermögen übergegangen ist.
Wie oben dargelegt zählt auch ein solcher Umgründungsvorgang der Verschmelzung nach Art. I UmgrStG, wenn sich im Vermögen der untergehenden/übertragenden Gesellschaft – wie hier – ein Grundstück iSd § 2 GrEStG befindet, zu den grunderwerbsteuerpflichtigen Rechtsgeschäften gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG, die einen Anspruch auf Übereignung eines Grundstückes begründen.
Nach der gegenständlich anzuwendenden, bis zum geltenden Rechtslage ist diesfalls die Grunderwerbsteuer gemäß der anzuwendenden (Begünstigungs)Bestimmung gemäß § 6 Abs. 6 UmgrStG vom zweifachen Einheitswert des Grundstückes (des Superädifikates) zu bemessen.
Dem dazu erstatteten Beschwerdevorbringen, die übertragende Gesellschaft habe Mieterinvestitionen getätigt, wofür kein Einheitswert festgestellt worden sei und aus welchem Grund keine Grunderwerbsteuer anfalle, kommt im Hinblick auf obige eindeutige gesetzliche Bestimmungen keinerlei rechtliche Relevanz zu.
4.) Bemessung:
Soweit die Bf mit ihrem Vorbringen vermeint haben sollte, dass für das übertragene Superädifikat bislang kein eigenständiger Einheitswert festgestellt worden war, der alleinig maßgebend der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen gewesen wäre, so kommt dem allerdings Berechtigung zu.
Es steht erwiesenermaßen fest, dass sich nicht die Liegenschaft in EZ1 (diese im Alleineigentum der X-KG) sondern lediglich das auf dieser Liegenschaft errichtete Superädifikat ("Salettl") im Alleineigentum bzw. im Vermögen der übertragenden Gesellschaft Fa. A-GmbH befunden hat. Insofern kann auch nur dieses Grundvermögen im Rahmen der Verschmelzung auf die Bf übertragen worden sein und dementsprechend ausschließlich der darauf entfallende Einheitswert zur Bemessung der Grunderwerbsteuer herangezogen werden.
Mittlerweile wurde anläßlich weiterer Erhebung bzw. Veranlassung durch das Finanzamt eine eigenständige Bewertung des betreffenden Superädifikates durch die zuständige Bewertungsstelle vorgenommen und der diesbezügliche Einheitswert ab dem mit erhöht € 10.200 bescheidmäßig festgestellt.
Demzufolge bemißt sich die Grunderwerbsteuer für den im Zuge der Verschmelzung verwirklichten Erwerbsvorgang gemäß § 6 Abs. 6 UmgrStG ausgehend vom zweifachen Einheitswert in Höhe von € 20.400 mit 3,5 % und ist sohin im Betrag von € 714 vorzuschreiben.
5.) Ergebnis:
In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage war daher der Beschwerde insgesamt teilweise stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Lösung der Frage, ob bei einer Verschmelzung samt Übertragung von Liegenschaftsvermögen ein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang verwirklicht wird, ergibt sich bereits aus der dargestellten eindeutigen Gesetzeslage in Zusammenhalt mit VwGH-Judikatur (siehe Slg 1786/F). Welche Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist, ergibt sich aus der anzuwendenden Spezialbestimmung nach § 6 Abs. 6 UmgrStG (aF). Hinsichtlich des mittlerweile betreffend das Superädifikat erlassenen EW-Bescheides (= Grundlagenbescheid) besteht Bindungswirkung.
Insgesamt liegen daher keine Rechtsfragen von "grundsätzlicher Bedeutung" vor, sodass eine Revision nicht zulässig ist.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 2 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 6 Abs. 6 UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 |
Schlagworte | Umgründung Verschmelzung Superädifikat |
Zitiert/besprochen in | Bavenek-Weber in BFGjournal 2018, 248 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.3101042.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at