Säumniszuschlag bei Rechtsirrtum
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch BDO Austria GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Kohlmarkt 8-10, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf vom , betreffend Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde von der Umsatzsteuer 2013 in Höhe von € 10.319,34 gemäß § 217 Abs.1 und 2 BAO einen ersten Säumniszuschlag mit 2%, das sind € 206,39, fest, weil die angeführte Abgabenschuldigkeit nicht bis entrichtet wurde.
Mit Eingabe vom erhob die Beschwerdeführerin (Bf) dagegen Beschwerde und führte als Begründung aus:
„Aufgrund von fehlerhaft ausgestellten Rechnungen seitens eines Lieferanten ist die Erwerbsteuer in Höhe von EUR 10.313,33 nicht in die Umsatzsteuervoranmeldungen eingegangen. Der Lieferant weigerte sich lange, die Rechnungen zu berichtigen. Die Gutschriften sind nun durch den Lieferanten erteilt worden.
Da keinerlei grobes Verschulden vorliegt, stellen wir unter Bezugnahme auf § 217 Abs. 7 BAO den Antrag, den Säumniszuschlag in Höhe von € 206,39 mangels groben Verschuldens nicht festzusetzen und zur Gänze abzuschreiben.“
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde als unbegründet ab
Zur Begründung wurde wie folgt ausgeführt:
„Die Vorschreibung von Säumniszuschlägen ist eine objektive Säumnisfolge. Der Säumniszuschlag dient dazu, die pünktliche Tilgung von Abgabenschulden sicherzustellen. Der Säumniszuschlag ist daher ein Druckmittel für zeitgerechte Entrichtungen von Abgabenschuldigkeiten.
Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht (rechtzeitig) entrichtete Abgabenschuldigkeit (oder zu hoch beantragte Umsatzsteuergutschrift), unabhängig davon, ob die maßgebliche Abgabenvorschreibung rechtskräftig und/oder rechtmäßig ist.
Im gegenständlichen Fall ist § 21 (1) UStG die maßgebliche Abgabenvorschrift, aus der die Fälligkeiten und Wirksamkeitstage abzuleiten sind. Die Abgabenschuld der antragsgemäß veranlagten Umsatzsteuer für das gesamte Jahr 2013 war um € 10.319,34 höher als die laufend geleisteten Vorauszahlungen für denselben Zeitraum.
Das anscheinend unberichtigte Rechnungen in den Voranmeldungen geltend gemacht wurden und diese dann in der Jahreserklärung nicht mehr berücksichtigt wurden, ändert nichts an der Tatsache, dass die Vorsteuer zu Unrecht beantragt wurde und das Steuerkonto zum Fälligkeitstag der Umsatzsteuer () auf € 0 war und die falsch beantragte Vorsteuer erst zum vollständig entrichtet wurde.
Daher besteht der Säumniszuschlag zu Recht.“
Mit Vorlageantrag vom stellte die Bf durch ihren Vertreter den Antrag, die Bescheidbeschwerde vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Ergänzend zur Beschwerde wurde wie folgt ausgeführt:
„Die Bf. ist Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes und ist weder im Bereich der gewerblichen Weiterveräußerung von Kraftfahrzeugungen noch im Bereich der gewerblichen Personenbeförderung oder gewerblichen Vermietung von Kraftfahrzeugen tätig.
Am hat die Bf. einen gebrauchten Pkw bei der AK, erworben und dieses Fahrzeug im Wege eines Eigenimports nach Österreich verbracht. In Österreich wurde die Normverbrauchsabgabe für das Fahrzeug an das Finanzamt am entrichtet und das Fahrzeug am unter dem Kennzeichen Nr zum Verkehr zugelassen. Vom deutschen Autohändler wurde über den Pkw-Verkauf mit Ausstellungsdatum eine Rechnung unter Ausweis von 19% deutscher Umsatzsteuer ausgestellt. In der Umsatzvoranmeldung für 09/2013 der Bf. wurde im Zusammenhang mit dem Pkw-Eigenimport keine Erwerbsteuer erfasst, da man aufgrund der Rechnungsausstellung mit deutscher Umsatzsteuer sowie der komplexen Rechtslage der irrigen Ansicht war, dass dieser Gebrauchtwagenimport in Österreich nicht der Umsatzsteuer unterliegen würde. Im Zuge der Erstellung der Umsatzsteuererklärung für 2013 wurde dieser Fehler richtiggestellt und der Pkw-Erwerb der Erwerbsteuer unterworfen. Aufgrund dieser Nacherfassung eines innergemeinschaftlichen Erwerbs im Zusammenhang mit dem Pkw-Eigenimport in der Umsatzsteuerjahreserklärung ergab sich laut Umsatzsteuerbescheid 2013 vom eine Abgabennachforderung in Höhe von € 10.319.34, für die das Finanzamt mit Bescheid vom einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 206,39 festsetzte.
Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabsetzen bzw nicht festzusetzen, als den Abgabepflichtigen an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
Von einem solchen minderen Grad des Verschuldens ist im gegenständlichen Fall auszugehen. Nach der Verwaltungspraxis (siehe Rz 975 Richtlinien für die Abgabeneinhebung) ist bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben ein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung auszuschließen, wenn der Berechnung eine vertretbare Rechtsansicht zu Grunde liegt. Aufgrund der falschen Rechnungsausstellung durch einen renommierten Fahrzeughändler konnte im Rechnungswesen der Bf. zweifellos angenommen werden, dass der Fahrzeugerwerb in Deutschland und nicht Österreich der Umsatzsteuer unterliegen würde.
Da ein grobes Verschulden somit nicht vorliegt, beantragen wir den Bescheid vom über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages in Höhe von € 206,39 aufzuheben und gemäß § 217 Abs 7 BAO einen Säumniszuschlag nicht festzusetzen.“
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
Anträge gemäß § 217 Abs. 7 und 8 BAO können auch in einer Berufung gegen den Säumniszuschlagbescheid gestellt werden (vgl. Ritz, SWK 2001, S 343) und sind diesfalls in der Beschwerdeentscheidung zu berücksichtigen.
Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt.
Laut Aktenlage wurde im Zusammenhang mit einem Pkw-Eigenimport keine Erwerbsteuer erfasst, da man aufgrund der Rechnungsausstellung mit deutscher Umsatzsteuer sowie der komplexen Rechtslage der irrigen Ansicht war, dass dieser Gebrauchtwagenimport in Österreich nicht der Umsatzsteuer unterliegen würde.
Dem ist zu entgegnen, dass Rechtsunkenntnis im Allgemeinen vorwerfbar ist, wenn Rechtskenntnis bei Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit hätte erreicht werden können. In der Unterlassung einer gebotenen und zumutbaren Erkundigung liegt ein Verschulden (vgl. Stoll, BAO, 1529, und die dort zitierte Judikatur). Inwieweit die Bf daran gehindert war, Erkundigung betreffend die Umsatzsteuerpflicht im Zusammenhang mit einem Pkw-Eigenimport bei seinem steuerlichen Vertreter oder dem Finanzamt einzuholen, wurde nicht dargelegt und war auch nicht erkennbar.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (; ) sind die Unkenntnis des Gesetzes wie auch eine irrige Gesetzesauslegung dann unverschuldet, wenn entsprechende Erkundigungen bei den Behörden oder bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung berechtigten Person eingeholt werden, da die bloße Argumentation mit einer - allenfalls sogar plausiblen - Rechtsauffassung allein ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen vermag und es daher bei der Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht vielmehr einer Objektivierung durch geeignete Erkundigungen bedarf.
Aber selbst wenn ein Abgabepflichtiger von den genannten Personen falsche Auskünfte erhalten hätte, so läge ein schuldausschließender Irrtum dann nicht vor, wenn er Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft hätte haben müssen (vgl. ).
Der Hinweis auf die falsche Rechnungsausstellung durch einen deutschen Fahrzeughändler vermag einen schuldausschließenden Irrtum somit nicht darzutun.
In einem vom Antragsprinzip beherrschten, auf die Erlangung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichteten Verfahren tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund (vgl. Ritz, BAO4, § 115 Tz 12). Wer eine Begünstigung in Anspruch nehmen will, hat selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände aufzuzeigen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.
In diesem Sinne wäre es an der Bf gelegen, über die allgemein gehaltene Rechtfertigung der Unkenntnis der komplexen Rechtslage hinaus jene Gründe genau darzulegen, die sie veranlasst haben, sich über die maßgeblichen Bestimmungen nicht rechtzeitig zu informieren. Die steuerlich vertretene Bf hätte lediglich rechtzeitig Kontakt zu ihrem Steuerberater aufnehmen müssen. Auch mit einer einfachen Internetabfrage hätte die Bf leicht feststellen können, dass bei Erwerb und Import von Kraftfahrzeugen aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union durch einen Unternehmer die allgemeinen Regelungen für innergemeinschaftliche Warenumsätze zur Anwendung kommen, wonach der liefernde Unternehmer beim Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen eine innergemeinschaftliche steuerfreie Lieferung nach Österreich tätigt und der Abnehmer des Kfz als Unternehmer den innergemeinschaftlichen Erwerb im Inland zu versteuern hat.
Die Voraussetzungen für eine Nichtfestsetzung der Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 7 BAO liegen somit nicht vor, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.
Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7106232.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at