Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.05.2017, RV/5100861/2016

Abzugsfähigkeit von ausländischen Krankenversicherungsbeiträgen

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2017/13/0042. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache DR, vertreten durch Ernst & Young Steuerberatungs- und Wirtschaftsberatungsgesellschaft m.b.H., Wagramer Straße 19, 1220 Wien, über die Beschwerde eingelangt am , gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs vom , betreffend Einkommensteuer für 2013 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I) Verfahrensgang

Der Abgabepflichtige machte im Zuge der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2013 neben anderen hier nicht strittigen Aufwendungen Werbungskosten für
a) ausländische Pflichtversicherungsbeiträge in Höhe von 11.429,28 € sowie
b) Pflichtbeiträge für mitversicherte Angehörige in Höhe von 7.818,24 €
geltend.

Am wurde der Einkommensteuerbescheid für 2013 gemäß § 299 BAO aufgehoben. In dem den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Einkommensteuerbescheid für 2013 vom verweigerte das Finanzamt die volle Anerkennung der beantragten Werbungskosten. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass die eigenen Werbungskosten nach österreichischem Recht zu beurteilen seien. Diese seien unter § 4 Abs. 4 Z 1 lit. b EStG (gemeint wohl: § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG) zu subsumieren und seien insoweit abzugsfähig, als sie der Höhe nach insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen würden. Die Werbungskosten würden mit dem Höchstbeitrag berücksichtigt. Dieser betrage für das Jahr 2013 monatlich 396,72 € (4.760,64 € für das ganze Jahr). Die Werbungskosten für die Angehörigen seien von Amts wegen als Sonderausgaben berücksichtigt worden.

Die fristgerecht (nach Verlängerung der Rechtsmittelfrist) eingebrachte Beschwerde vom richtete sich gegen
a) die nicht zur Gänze anerkannten ausländischen Pflichtversicherungsbeiträge in Höhe von 11.429,28 € sowie
b) die Einstufung der Pflichtbeiträge für mitversicherte Angehörige in Höhe von 7.818,24 € als Sonderausgaben.
Bei den geltend gemachten Aufwendungen handle es sich um gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für den begünstigten Personenkreis und nicht um freiwillige Beiträge. Auch bei den eigenen Beiträgen handle es sich um Pflichtversicherungsbeiträge, die zur Gänze anzuerkennen seien. Die aufgrund einer gesetzlichen Versicherungspflicht geleisteten Beiträge seien als Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG abzugsfähig. Eine Limitierung mit den österreichischen Höchstbeiträgen sei nicht zulässig und gesetzlich nicht vorgesehen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt führte aus, dass auf das Ergänzungsersuchen vom , mit dem Ersuchen die gesetzliche Versicherungspflicht für die Ehefrau und die Kinder des Abgabepflichtigen nachzuweisen, wieder nur Nachweise und Bescheinigungen freiwillig geleisteter Beiträge vorgelegt worden seien. Da die gesetzliche Versicherungspflicht somit nicht nachgewiesen worden sei, können die in der Beschwerde beantragten Werbungskosten nicht berücksichtigt werden.

Im fristgerecht (nach Verlängerung der Rechtsmittelfrist) eingebrachten Vorlageantrag vom wies der Beschwerdeführer (Bf.) darauf hin, dass im Ergänzungsersuchen betreffend der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013, welches am fristgerecht beantwortet worden sei, der Nachweis der Versicherungspflicht des Bf. während seiner Entsendung von Deutschland nach Österreich mit Vorlage der Ausnahmevereinbarung gemäß Art. 16 Abs. 1 VO (EG) 883/04 erbracht worden sei. In der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung vom sei das zuständige Finanzamt auf diesen Punkt nicht eingegangen. Es werde ausschließlich auf die fehlende Nachweiserbringung der Versicherungspflicht für die Ehefrau und der Kinder eingegangen. Es sei somit aufgrund der fehlenden Begründung in der Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO vom davon auszugehen, dass die in der Veranlagung 2013 geltend gemachten Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 11.429,28 € vom Finanzamt zur Gänze anerkannt werden und der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom in diesem Punkt stattgegeben werde. Dies gehe jedoch aus der Beschwerdevorentscheidung vom nicht hervor. Es werde daher beantragt, die im Veranlagungsjahr 2013 geltend gemachten Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 11.429,28 € als Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 1 (Ergänzung Z 4) lit. e EStG zu berücksichtigen.

Der Vorlagebericht des Finanzamtes vom an das Bundesfinanzgericht enthält folgende Stellungnahme:
In der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt (versehentlich) nur den Sachverhalt hinsichtlich der Versicherungsbeiträge der Ehefrau und der Kinder des Bf. gewürdigt. Die Begründung hinsichtlich der eigenen Versicherungsbeiträge des Bf. wird hiermit nachgeholt: In der Beschwerde, eingelangt am , weist der Bf. darauf hin, dass eine Limitierung mit den österreichischen Höchstbeiträgen gesetzlich nicht vorgesehen wäre. Aus dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG „ … sowie Beiträge zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht sind nur insoweit abzugsfähig, als sie der Höhe nach insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen.“ geht eindeutig hervor, dass die steuerlich anzuerkennenden Beiträge der Höhe nach begrenzt sind. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass sich der Unabhängige Finanzsenat bereits mit der Auslegung des § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG hinsichtlich der Höhe bzw. der Einschränkung der Abzugsfähigkeit von Krankenversicherungsbeiträgen beschäftigt hat (vgl. -F/11).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

II) Sachverhalt

Der Bf. wurde von seinem deutschen Arbeitgeber, der BD, vom bis nach Österreich, zur BA entsendet. Der Bf. begründete während seiner Entsendung einen berufsbedingten Wohnsitz in Österreich, welchen er nach Beendigung seiner Entsendung wieder aufgab. Den deutschen Wohnsitz gab der Bf. mit Beginn seiner Tätigkeit in Österreich auf. Der Bf. war somit im Veranlagungsjahr 2013 in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig.

III) Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und geht aus den Akten und dem Vorbringen des Bf. hervor.

IV) Rechtslage

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e erster Satz 1988 idgF sind Werbungskosten auch "Beiträge zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht" .

§ 16 Abs. 1 Z 4 lit. e zweiter Satz EStG 1988 bestimmt: "Beiträge zu Einrichtungen, die der Krankenversorgung dienen, Beiträge zu inländischen gesetzlichen Krankenversicherungen sowie Beiträge zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht sind nur insoweit abzugsfähig, als sie der Höhe nach insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen."

Gemäß § 18 EStG 1988 sind Versicherungsprämien zu einer Personenversicherung als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht zu den Werbungskosten zählen.

V) Erwägungen

Strittig ist, in welchem Umfang die vom Bf. für sich selbst und seine Angehörigen geleisteten ausländischen Versicherungsbeiträge als Werbungskosten abzugsfähig sind.
Da das Finanzamt in der abweisenden Beschwerdevorentscheidung ausschließlich auf die fehlende Nachweiserbringung der Versicherungspflicht für die Ehefrau und der Kinder einging, wird vom Bf. im Vorlageantrag davon ausgegangen, dass seine eigenen Pflichtversicherungsbeiträge in Höhe von 11.429,29 € zur Gänze als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Im Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht räumte das Finanzamt einen Begründungsmangel ein und holte die fehlende Begründung hinsichtlich der Höhe der Anerkennung der eigenen Versicherungsbeiträge in diesem Bericht, der auch dem Bf. zugestellt wurde, nach. Nach Ansicht des Finanzamtes gehe aus dem Gesetzeswortlaut eindeutig hervor, dass die steuerlich anzuerkennenden Beiträge der Höhe nach begrenzt seien.
Dazu hält das Bundesfinanzgericht fest, dass es sich im gegenständlichen Fall um einen im Rechtsmittelverfahren sanierbaren Begründungsmangel handelt (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, 5. Auflage, § 93, Tz 16).

Von Werbungskosten spricht man gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG auch im Falle von Beiträgen zu einer inländischen gesetzlichen Krankenversicherung sowie von Beiträgen zu einer Krankenversicherung aufgrund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht. Die aufgezählten Beiträge sind entsprechend der zitierten Gesetzesstelle nur insoweit abzugsfähig, als sie der Höhe nach insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen (BGBl. I Nr. 132/2002). Gemäß § 18 EStG sind Versicherungsprämien zu einer Personenversicherung als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht zu den Werbungskosten zählen.

Selbst die Lohnsteuerrichtlinien (als unverbindliche Rechtsansicht des BMF), die der Bf. ins Treffen bringt, sehen in der Krankenversicherung eine Begrenzung bei den Werbungskosten bis zur Höhe von Pflichtbeiträgen in Höhe von 7,65% der Höchstbeitragsgrundlage vor, wenn der Versicherte die Beiträge selbst leistet.

Die Abzugsfähigkeit (dem Grunde nach) auch von Beiträgen zu einer privaten Krankenversicherung aufgrund einer ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht wurde mit dem AbgÄG 2001, BGBl. I Nr. 144/2001, gesetzlich verankert. Die damals bereits für Beiträge zu Einrichtungen, die der Krankenversorgung dienen, sowie für Beiträge zu inländischen gesetzlichen Krankenversicherungen nach dem zweiten Satz des § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG bestehende Abzugsbeschränkung (der Höhe nach) wurde unverändert auf „Beiträge zu einer Krankenversicherung aufgrund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht“ ausgedehnt (vgl. hiezu die ausführlichen Erläuterungen UFS, , RV/0004-F/11).

Der im Beschwerdejahr in Österreich wohnhafte und einer Beschäftigung in Österreich nachgehende Bf. blieb im Rahmen seiner Entsendung im deutschen Sozialversicherungssystem. Er hat für sich ausländische Pflichtversicherungsbeiträge sowie für seine Ehegattin und seine beiden Kinder Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge geleistet.

An private Versicherungsunternehmen geleistete Beiträge sind grundsätzlich nur dann iS der Z 4 leg. cit. in begrenztem Umfang abzugsfähig, wenn eine Rechtspflicht, sei es eine in- oder ausländische, zur Versicherung besteht. In dem "Pflichtcharakter" der in Streit stehenden Beiträge ist auch die Begründung dafür zu finden, dass der Abzug der Höhe nach mit Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung beschränkt wurde. Nach § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e, zweiter Satz, EStG bilden die "Pflichtbeiträge in der gesetzlichen Sozialversicherung die Grenze der Abzugsfähigkeit.“ "Pflichtbeiträge" sind daher nach dem Sozialversicherungsrecht zu bestimmen. Beiträge zur Selbstversicherung stellen keine Pflichtversicherungsbeiträge dar.

Die in § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e, letzter Satz, EStG normierte Abzugsbeschränkung kann nur so verstanden werden, dass die Pflichtversicherungsbeiträge nach dem ASVG die Grenze des Abzugsfähigen bilden. Werden höhere Beiträge geleistet, können sie nicht mehr als Werbungskosten abgezogen werden. Werden geringere Beiträge geleistet, sind sie nur in dieser Höhe abzugsfähig. Aus der Formulierung "....insoweit...als sie der Höhe nach insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen", lässt sich der Schluss ableiten, dass ein Steuerpflichtiger, der mehrere der Abzugsbeschränkung unterliegende Beiträge leistet (etwa solche an eine inländische gesetzliche Krankenversicherung und solche an eine Krankenversicherung aufgrund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht), diese in Summe, also insgesamt, nur bis zur Höhe von Pflichtbeiträgen als Werbungskosten in Abzug bringen kann.

Erläuternd, wenn auch nicht entscheidungswesentlich wird vom Bundesfinanzgericht bemerkt, dass das ASVG, das den Maßstab für die Abzugsfähigkeit von Beiträgen vorgibt, in § 123 Abs. 1 klarstellt, dass ein Anspruch auf Leistung der Krankenversicherung auch für Angehörige besteht. Dazu zählen gemäß Abs. 2 leg. cit. ua. die Ehegattin und die Kinder. Für die mitversicherten Kinder ist kein Zusatzbeitrag zu leisten, für die/den mitversicherte/n Gattin/Gatten ist ebenfalls kein Zusatzbeitrag zu entrichten, wenn diese Person sich der Erziehung mindestens eines im gemeinsamen Haushalt lebenden Kindes widmet oder diese Aufgabe in der Vergangenheit mindestens 4 Jahre hindurch wahrgenommen hat. Die genannten Angehörigen sind somit nach ASVG vom Krankenversicherungsschutz erfasst, ohne dass für sie Zusatzbeiträge zu entrichten sind.

Für das Jahr 2013 umfasst der (Pflicht-)Beitragssatz für Angestellte 7,65%.  Der Beitragssatz zur Krankenversicherung ist so lange vom Bruttobezug zu berechnen, bis die Höchstbeitragsgrundlage erreicht ist. Liegt der Bruttobezug - wie im Streitfall - darüber, ist die Berechnung von der Höchstbeitragsgrundlage vorzunehmen. Es sind somit Krankenversicherungsbeiträge (insgesamt für 12 Monate) in Höhe von 4.760,64 € - das sind 7,65% der Höchstbeitragsgrundlage für Angestellte - als Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG abzugsfähig (vgl. ).

Wenn sich der Bf. auf Art. 16 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 883/2004 (= VO zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit) beruft, wonach der Nachweis der Versicherungspflicht während seiner Entsendung von Deutschland nach Österreich mit der Vorlage der Ausnahmegenehmigung erbracht wurde, hindert das einen Mitgliedstaat nicht an der gesetzlichen Begrenzung hinsichtlich der Höhe sowie der Einschränkung der Abzugsfähigkeit von Krankenversicherungsbeiträgen.

Das Finanzamt hat in diesem Zusammenhang zutreffenderweise die nicht als Werbungskosten berücksichtigungsfähigen Versicherungsbeiträge der Angehörigen als (Topf-)Sonderausgaben gemäß § 18 EStG beurteilt.

VI) zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im vorliegenden Fall ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz, diese schlichte Rechtsanwendung berührt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.5100861.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at