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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.06.2017, RV/7400154/2014

Virtuelle Hunderennen, keine Vergnügungssteuerpflicht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith Daniela Herdin-Winter in der Beschwerdesache ***, ***, vertreten durch Dr. Maria Brandstetter, Rechtsanwältin, Stephansplatz 4/VIII, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, MA 6, Rechnungs- und Abgabenwesen vom , MA 6/DII/R2-682/11, betreffend Vergnügungssteuer im Betrieb in ***, für die Monate November 2010 bis März 2011 zu Recht: 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Strittig ist im Verfahren, ob das Ausspielen von Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen eine vergnügungssteuerpflichtige Tätigkeit nach dem Gesetz über die Besteuerung von Vergnügungen im Gebiete der Stadt Wien (Vergnügungssteuergesetz 2005 - VGSG) darstellt.

Mit Bescheid vom des Magistrats der Stadt Wien, MA 6, MA 6/DII/R2-682/11 wurde der Beschwerdeführerin für den Zeitraum November 2010 bis März 2011 Vergnügungssteuer iHv 7.000,- Euro zuzüglich eines Verspätungszuschlags iHv 700,- Euro und eines Säumniszuschlags iHv 140,- Euro vorgeschrieben.

Als Begründung führte der Magistrat an, dass die Beschwerdeführerin im Betrieb in *** seit November 2010 eine Anlage zur Durchführung von Ausspielungen auf aufgezeichnete Hunderennen hielte, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so zB Jeton- oder Warenwert) erzielt werden könne, die jedoch von ihr nicht zur Vergnügungssteuer angemeldet worden sei.

Gemäß § 13 Abs. 1 des Vergnügungssteuergesetzes (VGSG) sei der Unternehmer der Veranstaltung steuerpflichtig. Unternehmer der Veranstaltung im Sinne dieses Gesetzes sei jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung die Veranstaltung durchgeführt werde oder die Entgelte gefordert werden würden.

Gemäß § 6 Abs. 1 VGSG betrage die Vergnügungssteuer für das Halten von Spielapparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so zB Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden könne, je Apparat und begonnenem Kalendermonat 1.400,- Euro. Die Steuerpflicht bestehe unabhängig davon, ob die Entscheidung über das Spielergebnis durch den Apparat selbst, zentralseitig oder auf eine sonstige Art und Weise herbeigeführt werde.

Mit Schreiben vom erhob die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin dagegen Beschwerde (Berufung). In der Begründung wurde auszugsweise wie folgt ausgeführt:

"Im Wettlokal der *** werden Spieleinsätze auf virtuelle Hunderennen entgegengenommen. Es handelt sich hier nicht um aufgezeichnete Hunderennen, es werden keine Videos abgespielt, vielmehr handelt es sich um virtuelle Rennen. Die Rennen finden pro futuro statt. Es gibt einen Pool von Hunden, aber keine vorgefertigten Rennen, der Buchmacher hat somit keine Kenntnis über den Ausgang des Rennens. Im Vorliegenden ist somit von einer Wette auf ein zukünftiges Ereignis, und nicht von einem Spielapparat auszugehen.

Der Durchführung der Hundewetten dienen zwei Bildschirme sowie ein EDV-System, in welchem die Wetteinsätze und Gewinnauszahlungen verbucht werden. Auf einem Bildschirm werden Gewinnquoten für das nächste Rennen angezeigt (über einen Infokanal im Internet). Auf einem anderen Bildschirm wird ein virtuelles Hunderennen via Satellit (TV-Programm ***) übertragen. Nach Übertragung des Rennens wird das Rennergebnis angezeigt und der Countdown für das nächste Rennen beginnt zu laufen. Die Wetteinsätze werden an der Wettkassa vom Personal angenommen. Das diesbezüglich verwendete EDV-System ist dasselbe, welches auch bei Sportwetten eingesetzt wird. Die Funktion des EDV-Systems besteht in einer Wettkassenfunktion, dh dient ausschließlich der Erfassung der Einnahmen für geleistete Wetteinsätze sowie der ausbezahlten Gewinne, der Datenübermittlung an den Buchmacher und der Ausfertigung der dazugehörigen Belege. Es besteht keine wie immer geartete technische Verbindung zwischen dem EDV-System (Wettkassa) und dem TV-Programm.

Die Hunderennen werden von einem Wettanbieter in England über *** ausgestrahlt. Zudem gibt es noch einen Infokanal im Internet. Buchmacher der Wetten ist die *** in Uruguay.

Das oben beschriebene System ist völlig einzigartig und nicht mit üblichen "Hundewetten" vergleichbar. Insbesondere stellt dieses System keinen Spielapparat dar. [...]

Im Wettbüro der Beschwerdeführerin erfolgt die Abgabe des Wetteinsatzes nicht an einem Gerät, sondern bei dem im Wettbüro anwesenden Personal. Das Rennen wird auf einem Fernsehbildschirm übertragen und auf einem zweiten Bildschirm werden die Wettquoten angezeigt. Folglich kann nicht von "einem aus mehreren Bauelementen zusammengesetzten technischen Gerät" () gesprochen werden, vielmehr handelt es sich um mehrere, nicht zusammengesetzte, nicht verbaute Elemente und kein einheitliches technisches Gerät.

Ferner besteht die einzige menschliche Tätigkeit im Wettbüro der *** darin, beim Personal des Wettbüros einen Wetteinsatz zu tätigen. Darin kann kein untrennbarer Zusammenhang zwischen menschlicher Tätigkeit und technischer Funktionsweise bestehen (). Das Hunderennen an sich läuft auf einem Fernsehbildschirm ohne weiteres Zutun des "Spielers" ab. Die Abgabe eines Wetteinsatzes beim Personal des Wettbüros beeinflusst in keiner Weise das Abspielen des Hunderennens am Bildschirm. Im Gegensatz etwa zur Bedienung eines Nintendo 64 ().

Aufgrund der Tatsache, dass es sich hierbei nicht um ein einheitliches technisches Gerät handelt und zudem kein untrennbarer Zusammenhang zwischen menschlicher Tätigkeit und technischer Funktionsweise besteht, handelt es sich nicht um einen Spielapparat iSd § 6 Abs. 1 VGSG."

Mit Berufungvorentscheidung vom wurde die Berufung vom Magistrat der Stadt Wien als unbegründet abgewiesen, da es sich bei der gegenständlichen Anlage, bestehend aus den Bildschirmen und technischen Apparaturen samt entsprechender Software, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer um einen Spielapparat iSd § 6 VGSG handele. Es handele sich bei den Spielvorgängen nicht um eine Wette, da bei diesen das Wettverhalten des einzelnen Spielers von einer Reihe von Faktoren (zB Wissen um die aktuelle Form von Mannschaften, Pferden oder Hunden, ergebnisrelevante Ereignisse im Vorfeld des Wettkampfs, zu erwartende Wetterbedingungen etc.) beeinflusst werde.

Die im gegenständlichen Fall gezeigten "virtuellen" Hunderennen seien für den Spieler weder zeitlich noch örtlich zuordenbar. Es fehle dem Wettlustigen auf Grund mangelnder Informationen zB über den Auftragungsort, den Zeitpunkt der Durchführung und vor allem über die teilnehmenden Hunde, die Möglichkeit den Ausgang des Rennens einzuschätzen. Er könne somit im Gegensatz zu echten Sportwetten durch sein Wissen um die Fähigkeiten, Kenntnisse und die aktuelle Verfassung des Hundes das Ergebnis des Wettkampfs weder vorhersagen noch einschätzen, weshalb das Glück ausschlaggebend für den Wettausgang bleibe. Die dem Kunden über den Terminal angebotenen Informationen (zB über "die letzten vier Ergebnisse die der jeweilige Rennhund erreicht hat") könnten dabei nicht dem Wissen um die aktuelle Form der Hunde und den sonstigen Faktoren, die die Entscheidung des Spielers beeinflussen, gleichgehalten werden. Während bei Sportwetten regelmäßig Erfahrungswerte, die insbesondere durch die Beobachtung diverser Rennen gewonnen würden, in die Wettentscheidung einflössen, beschränke sich im gegenständlichen Fall die "Wette" darauf, auf einen Hund, dessen Gewinnchancen an Hand eigener Erfahrungswerte nicht beurteilt werden könne, zu setzen. Dass hierbei dem Spieler Zusatzinformationen angeboten würden, sei lediglich Teil des Spieles und solle allenfalls die Spiellust der Kunden steigern.

Ein Spielapparat im Sinne des Vergnügungssteuergesetzes liege dann vor, wenn die Betätigung des Apparats aus Freude an der betreffenden Beschäftigung selbst oder um der Entspannung oder Unterhaltung Willen erfolge. Es sei nicht zu erkennen, dass die Benutzung des gegenständlichen Apparats nicht diesen Zwecken diene. So böte das Gerät dem Benutzer die Möglichkeit auf "virtuelle" Rennen zu setzen und gegebenenfalls einen Gewinn ausbezahlt zu bekommen. Nähere Informationen, die dem Spieler eine ernsthafte Einschätzung des Ausgangs des Rennens ermöglichten, würden nicht angegeben. Die Unterhaltung für den Benutzer läge in diesem Fall nach der Lebenserfahrung eben darin, nicht zu wissen, wie das Rennen ausgeht bzw. ob (zufällig) auf den "richtigen" Hund gesetzt worden sei. Bei derartigen "Wetten", bei denen dem Spieler der Austragungsort nicht mitgeteilt werde und es sich zudem um "virtuelle" Rennen handele, trete der sportliche Aspekt völlig in den Hintergrund und alleine der aleatorische Moment werde für den Kunden entscheidend. Für das Vergnügen des Konsumenten mache es auch keinen Unterschied, wie das Ergebnis ermittelt werde.

Mit Schreiben vom stellte die anwaltliche Vertretung der Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde 2. Instanz.

Begründend wurde auszugsweise wie folgt ausgeführt:

"Die Beschwerdeführerin übt im Lokal am *** das freie Gewerbe „Vermittlung von Wettkunden zu einem befugten Buchmacher/Wettbüro unter Ausschluss der den Buchmachern und Totalisateuren vorbehaltenen Tätigkeiten“ aus. In Ausübung dieses Gewerbes hat sie einen Vermittlungsvertrag für Wetten mit der *** abgeschlossen. Die für die Wettannahme und -vermittlung erforderlichen handelsüblichen EDV-Geräte (PC, Monitor, Ticketdrucker, Maus, Tastatur etc.) hat sie von deren Eigentümerin, der ***, gemietet. Die *** ist auch Herstellerin der mit diesen Hardwaregeräten verwendeten Wettsoftware. Unter Einsatz dieser Geräte und der Wettsoftware werden die von den Kunden gewünschten Wetten zur Fa. *** vermittelt. Diese hat ihren Sitz in Uruguay und nimmt die Wetten von dort an, der jeweilige Wettabschluss erfolgt somit in Uruguay.

Als technische Ausstattung sind im Lokal einerseits die beschriebene EDV-Anlage zur Vermittlung von Wetten und andererseits eine Vielzahl an Fernsehgeräten vorhanden, welche im Eigentum der Beschwerdeführerin stehen. Die Fernsehgeräte werden einerseits dazu verwendet, Informationen des Buchmachers (Quoten, Resultate, etc) für die Wettkunden anzuzeigen, und andererseits, um die Ereignisse darzustellen, auf die gewettet werden kann (z.B.: Fußballspiel Rapid gegen Austria Wien, Formel 1 Grand Prix in Monaco oder eben virtuelle Hunde und Pferderennen). [...]

1. Die virtuellen Hunde- bzw. Pferderennen, die als Wettereignisse angezeigt werden, werden von der *** veranstaltet. Sie konnten bis Mitte Jänner 2012 über Fernsehsatellitenprogramm mit entsprechendem Satellitendecoder bzw im Internet unter der Homepage *** von jedermann und jederzeit aufgerufen werden. Mitte Jänner 2012 wurde das Fernsehsatellitenprogramm eingestellt, seither gibt es die Rennen nur noch auf der genannten Homepage für jedermann zu betrachten.

2. Diese virtuellen Hunde- bzw. Pferderennen finden exakt im Vier-Minuten-Takt statt. Vor dem jeweiligen Beginn werden die teilnehmenden Hunde- bzw. Pferde mit Namen und Startnummern vorgestellt. Angezeigt wird einerseits die angebotene Quote für jeden Teilnehmer, andererseits aber auch die "Form" des jeweiligen Teilnehmers (Hund bzw. Pferd). Die Anzeige der "Form" erfolgt durch eine 4-stellige Zahl, welche die Ergebnisse darstellt, die der jeweilige Teilnehmer in den letzten vier Rennen erreicht hat. Wurde der Teilnehmer also im 4.letzten Rennen Fünfter, dann Vierter, dann Erster und in seinem letzten Rennen Zweiter, so lautet die Zahl: 5412.

3. Der Buchmacher *** erstellt jeweils eigene Quoten, zu denen er auf den Ausgang der Rennen Wetten abschließt. Diese Quoten werden über einen eigenen Quotenfernseher den Wettkunden angezeigt. Vielfach schreibt die *** die Quoten von der Homepage nur ab, insbesondere hohe Quoten werden aber oftmals reduziert. Dies wird von der Bescheid erlassenden Behörde selbst in der Begründung des bekämpften Bescheids bestätigt.

4. Interessierte Wettkunden können sich weiters auf der Homepage *** über die jeweils nachfolgenden (kommenden d.h. in der Zukunft liegenden) Rennen der nächsten zwei Stunden informieren.

5. Die bei den Rennen angezeigte Uhrzeit differiert um eine Stunde; dies deshalb da es sich um eine englische Homepage und damit um englische Zeit handelt. Beispielsweise wird um 20.12 Uhr (Österreich) auf der Homepage 19.12 Uhr angezeigt. Insofern sind die Zeiten nicht - wie von der Behörde angenommen – „synchronisiert“, sie entsprechen den Echtzeiten.

6. *** ist ein englischer Buchmacher, auf dessen Homepage Wettkunden auf die virtuellen Hunde- und Pferderennen auch mit *** selbst wetten können.

7. Die Berufungswerberin, der Buchmacher *** und auch die *** haben mit *** keine Geschäftsbeziehung. Es wird lediglich die für jedermann aufrufbare Homepage auf Fernsehgeräten gezeigt; darauf werden zwischen Wettkunden und dem Buchmacher *** Wetten abgeschlossen.

Wie beim vorstehend dargestellten Fußballspiel haben auch bei den virtuellen Hunde- und Pferdewetten weder die beiden Parteien des Wettvertrages (Wettkunde und Buchmacher ***) noch die Berufungswerberin als Vermittler noch die *** als Hersteller der Wettsoftware bzw. Eigentümer der Hardware etwas mit dem Ereignis zu tun, auf das gewettet wird (virtuelles Hunde- bzw. Pferderennen). Es besteht kein technischer Zusammenhang zwischen dem Ausgang (Ergebnis des virtuellen Rennens) und der EDV-Anlage, welche der Wettvermittlung dient.

Der Wettkunde kann

- die virtuellen Hunderennen auf Fernsehbildschirmen betrachten,

- sich auf der Homepage über die künftigen Rennen informieren,

- die (von ***) unabhängigen Quoten der *** wählen

und dann

- den Filialmitarbeiter mit der Vermittlung der Wette beauftragen. Dieser gibt die Wette in das EDV-System ein. Nach Zustandekommen der Wette erfolgt als Beweis für den Abschluss ein Ticketausdruck, der auch einen Barcode enthält, welcher die Überprüfung eines Gewinnes für den Filialmitarbeiter erleichtert.

Kunden der Berufungswerberin können im Lokal die virtuellen Hunde- und Pferderennen auf den Fernsehbildschirmen nur betrachten, sie müssen dazu keine Wetten abschließen.

In genau umgekehrter Weise können Wettkunden die von der ***, angebotenen Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen jederzeit auch abschließen, ohne dass die Rennen über die Fernsehgeräte von den Wettkunden verfolgt werden. Das kommt in der Praxis immer wieder vor, insbesondere bei Störungen der Fernsehanlage. Selbst bei einem zusätzlichen Ausfall der Wettvermittlungssoftware können solche Wetten - wie auch alle anderen Wetten - in der gegenständlichen Finale manuell in einem sogenannten "Ticketbuch" erfasst und festgehalten werden. Die Wetten würden dann vollständig manuell ausgeführt werden.

Da keine technische Verbindung zwischen der Vorführung der Rennen über Fernsehgeräte und der Wettanlage besteht, muss auch jedes einzelne virtuelle Rennen von den Mitarbeitern des Buchmachers *** manuell in die Wettsoftware als Wettmöglichkeit eingegeben werden. Dabei legt die *** für jedes virtuelle Rennen und für jeden einzelnen virtuellen Starter die Quote fest. Erst durch die manuelle Eingabe in das Wettsystem, kann das Ereignis von Kunden bewettet werden. Gleichfalls manuell erfolgt die Bewertung des Ergebnisses jedes einzelnen Rennens.

Der Buchmacher *** verfügt zu den virtuellen Rennen über die gleichen Informationen wie jeder andere Wettkunde auch und wie jedermann, der die Homepage *** betrachtet. Auch die Mitarbeiter der *** müssen daher jedes einzelne virtuelle Rennen - so wie jeder Wettkunde - über Fernsehgeräte bzw. auf der homepage *** verfolgen, manuell die Möglichkeit zur Wettannahme durch die Filialen stoppen (bei Start der Rennen) und nach Beendigung der Rennen manuell die Sieger in das Wettsystem eingeben. Erst dann können Wettgewinne ausgezahlt werden. Als Folge dieser Vorgangsweise kam es auch immer wieder zu Problemen mit Vermittlungsfilialen, weil die Möglichkeit zur Wettannahme durch die Mitarbeiter der *** zu spät gestoppt wurde (Filialmitarbeiter können nach Start des Rennes bzw. im schlimmsten Fall noch nach Beendigung des Rennens Wetten darauf annehmen und in das Wettsystem eingeben) bzw. weil falsche Sieger bei einzelnen Rennen eingegeben wurden.

Somit liegt kein "Spielapparat" im Sinne des Wiener Vergnügungssteuergesetzes vor, weil

- keinerlei technische Verbindung zwischen den Rennen, auf die gewettet wird, und der Wettanlage besteht;

- keinerlei wie immer geartete Geschäftsverbindung zwischen allen in irgendeiner Form an der Wette Beteiligten und dem Betreiber der homepage (Hersteller der virtuellen Rennen) besteht;

- alle Wetten der Kunden von den Mitarbeitern des Lokalinhabers manuell in die Wettanlage eingetippt werden müssen;

- alle Quoten manuell festgelegt werden;

- alle gewonnenen Wettscheine für die Auszahlung manuell von den Mitarbeitern des Wettvermittlers in die Wettanlage zur Abrechnung eingetippt werden müssen;

- alle Rennen, auf die gewettet werden kann, manuell durch die Mitarbeiter des Buchmachers als Wettereignis eingegeben werden müssen;

- für alle Rennen die Wettmöglichkeit durch die Mitarbeiter des Buchmachers nach Start der einzelnen Rennen manuell im Wettsystem gesperrt werden muss;

- das Ergebnis jedes einzelnen Rennens manuell nach Vorliegen durch die Mitarbeiter des Buchmachers in das Wettsystem eingegeben werden muss.

- die Wetten im Falle von Störungen auch ausschließlich manuell durch Eintragung der Wetten in ein "Ticketbuch" abgeschlossen werden könnten."

Als Beweis legte die Beschwerdeführerin im weiteren Verfahren ein Gutachten des technischen Sachverständigen Ing. *** vom über "das Wettkassensystem der *** zum Abschluss oder Vermittlung von Wetten zur Fa. ***" vor.

Mit Berufungsbescheid vom , ABK-156/2012, wurde die Berufung von der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien inhaltlich als unbegründet abgewiesen. Im Spruch des Bescheides wurde die Wortfolge "auf aufgezeichnete Hunderennen" durch die Wortfolge "auf Hunde- und Pferderennen" ersetzt und der Verspätungszuschlag von 700,- Euro auf 560,- Euro herabgesetzt.

Begründend wurde auszugsweise wie folgt ausgeführt:

"Gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 des Vergnügungssteuergesetzes 2005 - VGSG, LGBI. für Wien Nr. 56/2005, in der geltenden Fassung, unterliegt das Halten von Spielapparaten im Gebiet der Stadt Wien einer Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes.

Gemäß § 6 Abs. 1 VGSG, LGBI. für Wien Nr. 56/2005, in der Fassung LGBI. für Wien Nr. 58/2009, beträgt für das Halten von Spielapparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so z. B. Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann, die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat EUR 1.400,-. Die Steuerpflicht besteht unabhängig davon, ob die Entscheidung über das Spielergebnis durch den Apparat selbst, zentralseitig oder auf eine sonstige Art und Weise herbeigeführt wird. [...]

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Spielapparate Apparate, deren Betätigung aus Freude an der betreffenden Beschäftigung selbst, um der Entspannung oder Unterhaltung willen, erfolgt. Auf die Art der technischen Einrichtungen, mit denen dieser Zweck erzielt werden soll, kann es zur Vermeidung von Umgehungen nicht ankommen (vgl. etwa ZI. 93/17/0271). Die beispielsweise Aufzählung der unter § 6 Abs. 1 VGSG fallenden Apparate lässt das Bestreben des Gesetzgebers erkennen, in möglichst umfassender Weise die durch die technische Entwicklung gegebene Möglichkeit des Spiels mit Apparaten zu erfassen. Davon ausgehend ist dem Begriff „Apparat“ im gegebenen Bedeutungszusammenhang ein weiter Wortsinn zuzumessen. Unter einem Apparat ist ein aus mehreren Bauelementen zusammengesetztes technisches Gerät zu verstehen, das bestimmte Funktionen erfüllt bzw. eine bestimmte Arbeit leistet. Auch ein mit einer Spieldiskette betriebener Computer ist dem Begriff des Spielapparates zu subsumieren (vgl. Zl. 2004/15/0092, mwN). [...]

Der Verwaltungsgerichtshof bejahte auch in seinem Erkenntnis vom , ZI. 2009/17/0158 (vgl. weiters ZI. 2009/17/0237), welchem ein Spielapparat der Type „Ambassador“ zu Grunde lag, das Vorliegen eines Spielapparates im Sinne des Vergnügungssteuergesetzes 2005 und führte hierzu aus, dass es bei dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Apparat, nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde, um in der Vergangenheit aufgezeichnete Hunderennen ginge, die automatisch alle paar Minuten starteten, wobei man jeweils nur auf das nächste startende virtuelle Hunderennen setzen konnte. Die Kunden seien nach den Feststellungen der belangten Behörde nur über die Startnummern der Hunde und die jeweilige Quote informiert worden, es habe aber keinen Hinweis auf Ort und Zeit des aufgezeichneten Rennens, auf Namen der Hunde und deren frühere Rennerfolge gegeben. Gewinn oder Verlust hingen somit davon ab, welches der aufgezeichneten Ereignisse von einem EDV-Programm nach „Wettannahme“ ausgewählt und wiedergegeben worden sei. Es liege daher jedenfalls keine Wette aus Anlass einer sportlichen Veranstaltung oder eines Hunderennens vor. Bei Sportwetten seien die (von Buchmachern vor dem Ereignis erstellten) Quoten auch nicht die einzigen Anhaltspunkte für die Entscheidung der Spieler. Es würden vielmehr eine Reihe von weiteren Faktoren (Wissen um die aktuelle Form von Mannschaften, Pferden oder Hunden, ergebnisrelevante Ereignisse im Vorfeld des Wettkampfs, zu erwartende Wetterbedingungen und anderes mehr) das Wettverhalten des einzelnen Spielers beeinflussen. All diese Momente würden bei einem Ablauf, wie er nach den Feststellungen der belangten Behörde bei den Spielen auf dem Apparat der Beschwerdeführer stattfinde, ausgeblendet.

Im gegenständlichen Fall zeigt sich, dass es sich bei der näher beschriebenen Anlage um einen Apparat handelt, bei dem ein Gewinn in Geldeswert erzielt werden kann. Es steht unbestritten fest, dass im Spiellokal Bildschirme zur Darstellung der Quoten, Wettmöglichkeiten und Rennergebnisse für Hunde- und Pferderennen und zur Vorführung der Rennen sowie ein gemeinsames EDV-System (Computer, Bildschirm, Drucker und Tastatur) vorhanden waren. Um zu spielen, kontaktierte der Spieler einen Mitarbeiter, der den Spieleinsatz entgegennahm, den Tipp in den genannten Computer eingab und damit im System verbuchte. Hierüber wurde sodann ein Beleg ausgedruckt. Hinsichtlich der näheren Ausgestaltung der Anlage und des detaillierten Ablaufs der Veranstaltung wird auf das oben wiedergegebene Vorbringen der Berufungswerberin verwiesen. Da keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, ist bezüglich des Sachverhalts den Angaben der Berufungswerberin zu folgen und sind diese der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde zu legen. [...]

Als Spielapparat im Sinne des Vergnügungssteuergesetzes 2005 ist daher im gegenständlichen Fall die Anlage bestehend aus den Bildschirmen und dem EDV-System über das der Mitarbeiter auch den Spieltipp eingibt und etwaige Gewinnauszahlungen verbucht, anzusehen.

Daran ändert auch nichts, dass die gegenständliche Beschaffenheit der Anlage vom „klassischen“ Spielapparat, bei dem dem Spieler ein einzelnes Gerät bestehend aus einem Gerätekorpus mit Geldeinwurf und Geldauszahlungsmechanismus samt verbauter Elektronik und Software gegenübersteht, abweicht. Bereits § 6 Abs. 1 VGSG geht davon aus, dass die Steuerpflicht unabhängig davon besteht, ob die Entscheidung über das Spielergebnis durch den Apparat selbst, zentralseitig oder auf eine sonstige Art und Weise herbeigeführt wird. Der Gesetzgeber hatte bei der Definition des Spielapparates somit nicht nur „klassische“ Spielapparate vor Augen. Der Umstand, dass Komponenten des Spielapparates in Abweichung vom „klassischen“ Spielapparat nicht mehr in einem einzigen Gerätekorpus verbaut werden, kann ebenso wenig wie die „Zwischenschaltung“ eines Mitarbeiters zu einer anderen Beurteilung führen. Wille des Gesetzgebers war es bei dieser Definition des Spielapparates auch ausdrücklich, dass es auf die Art der technischen Einrichtungen, mit denen dieser Zweck erzielt werden soll - schon zur Vermeidung von Umgehungen - nicht ankommt. Die gegenständliche Anlage ist daher durchaus einem Internet-Terminal (vgl. hierzu Zl. 2010/17/0086) gleichzuhalten. [...]

Die im gegenständlichen Fall gezeigten „virtuellen“ Hunderennen sind für den Spieler weder zeitlich noch örtlich zuordenbar. Es fehlt dem Wettlustigen auf Grund mangelnder Informationen z. B. über den Austragungsort, den Zeitpunkt der Durchführung und vor allem über die teilnehmenden Hunde, die Möglichkeit den Ausgang des Rennens einzuschätzen. Er kann somit im Gegensatz zu echten Sportwetten durch sein Wissen um die Fähigkeiten, Kenntnisse und die aktuelle Verfassung des Hundes das Ergebnis des Wettkampfes weder vorhersagen noch einschätzen, weshalb das Glück ausschlaggebend für den Wettausgang bleibt. Die dem Kunden über den Terminal angebotenen Informationen (vgl. „die letzten vier Ergebnisse die der jeweilige Rennhund erreicht hat“) können dabei nicht dem Wissen um die aktuelle Form der Hunde und den sonstigen Faktoren, die die Entscheidung des Spielers beeinflussen, gleichgehalten werden. Während bei Sportwetten regelmäßig Erfahrungswerte in die Wettentscheidung einfließen, beschränkt sich im gegenständlichen Fall die „Wette“ darauf, auf einen Hund, dessen Gewinnchancen an Hand eigener spezifischer Erfahrungswerte nicht beurteilt werden können, zu setzen.

Nähere Informationen, die dem Spieler eine ernsthafte Einschätzung des Ausgangs des Rennens ermöglichen würden, werden nicht angegeben. Die Angabe der 4-stelligen Zahl, welche die letzten Rennergebnisse zeigt bzw. der Rennquote sowie die Namen der Hunde bzw. Trainer ist für eine derartige Einschätzung unzureichend. Die Unterhaltung für den Benützer liegt in solchen Fällen nach der Lebenserfahrung eben darin, nicht zu wissen, wie das Rennen ausgeht bzw. ob (zufällig) auf den „richtigen“ Hund gesetzt wurde. Bei derartigen „Wetten“, bei denen dem Spieler der Austragungsort nicht mitgeteilt wird, dem Spieler die Teilnehmer de facto unbekannt sind und er mangels Bezug zu den Teilnehmern bzw. den näheren Umständen zum Rennen, die ihm eine Einschätzung des möglichen Ausgangs des Rennens ermöglichen und es sich um „virtuelle“ Rennen handelt, tritt der sportliche Aspekt völlig in den Hintergrund und alleine der aleatorische Moment wird für den Kunden entscheidend. Für das Vergnügen des Konsumenten macht es auch keinen Unterschied wie das Ergebnis ermittelt wird. Dass dem Spieler Zusatzinformationen angeboten werden, ist lediglich Teil des Spieles und soll allenfalls die Spiellust der Kunden steigern. Auch das Studium der bisherigen historischen Ergebnisse aufgrund langer Beobachtung der Hunde- bzw. Pferderennen, mag diesen Mangel nicht zu kompensieren."

In Folge der von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Revision hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2013/17/0473, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Da der Beschwerdefall in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2013/17/0593, entschieden wurde, gleiche, wies dieser auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses hin.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die Beschwerdeführerin übte im Zeitraum von November 2010 bis März 2011 im Lokal in ***, das freie Gewerbe „Vermittlung von Wettkunden zu einem befugten Buchmacher/Wettbüro unter Ausschluss der den Buchmachern und Totalisateuren vorbehaltenen Tätigkeiten“ aus. In Ausübung ihres Gewerbes hatte sie einen Vermittlungsvertrag für Wetten mit der *** abgeschlossen. Die für die Wettannahme und -vermittlung erforderlichen handelsüblichen EDV-Geräte (PC, Monitor, Ticketdrucker, Maus, Tastatur etc.) hatte die Beschwerdeführerin von *** gemietet. Diese war auch Herstellerin der auf diesen Geräten verwendeten Wettsoftware. Die Beschwerdeführerin vermittelte unter Einsatz dieser Geräte und der Wettsoftware die von den Kunden gewünschten Wetten zur *** Diese hat ihren Sitz in Uruguay und nimmt die Wetten dort an, weshalb der Wettabschluss in Uruguay erfolgte.

Als technische Ausstattung waren im Lokal neben der genannten EDV-Anlage (zur Vermittlung von Wetten) eine Vielzahl an Fernsehgeräten vorhanden, welche im Eigentum der Beschwerdeführerin standen, sowie Decoder um das Satellitenprogramm *** empfangen zu können. Mitte Jänner 2012 wurde das Satellitenprogramm eingestellt, seither können die virtuellen Rennen auf der Homepage *** betrachtet werden.

Die Fernsehgeräte wurden einerseits dazu verwendet, Informationen des Buchmachers wie Quoten und Resultate für die Wettkunden anzuzeigen, und andererseits um  Ereignisse wie zB Fußballspiele oder virtuelle Hunde- und Pferderennen darzustellen, auf die gewettet werden konnte.

Unter den von der Beschwerdeführerin vermittelten Wetten befanden sich auch Wetten auf virtuelle Hunde- und Pferderennen. Diese virtuellen Hunde- und Pferderennen wurden von der Firma *** veranstaltet. *** ist ein englischer Buchmacher, auf dessen Homepage *** auch direkt auf die virtuellen Rennen gewettet werden kann.

Diese Rennen fanden exakt in einem Abstand von vier Minuten statt.  Vor dem jeweiligen Rennen wurden die teilnehmenden virtuellen Hunde mit ihrem jeweiligen Namen und der Startnummer vorgestellt. Angezeigt wurde auch die angebotene Quote für jeden Teilnehmer, andererseits aber auch die Form des jeweiligen Teilnehmers. Die Anzeige der Form erfolgte durch eine vierstellige Zahl, welche die Ergebnisse darstellte, die der jeweilige Teilnehmer in den letzten vier Rennen erreicht hat.

Auf der Homepage *** bestand die Möglichkeit, sich über die in den nächsten zwei Stunden beginnenden Rennen, und die vergangenen zehn Rennen zu informieren. Die Rennen können von jedermann auch jederzeit auf der Homepage *** aufgerufen werden. Auf den Fernsehgeräten im Lokal der Beschwerdeführerin wurde ein Ausschnitt der Homepage bzw des Programms *** gezeigt, auf welchem jeweils das virtuelle Rennen zu sehen war.

Informationsquelle für den Wettkunden war neben Namen, Startbox, Trainer, Form und der von *** für das jeweilige Tier festgesetzten Quote weiters die vom Buchmacher (***) festgesetzte Quote.

Der Buchmacher verfügte über dieselben, der Homepage der *** zu entnehmenden Informationen wie die Wettkunden.

Zwischen der Vorführung der virtuellen Rennen über Fernsehgeräte und der für die Wettannahme und -vermittlung erforderlichen EDV-Anlage bestand keine technische Verbindung. Es bestand kein technischer Zusammenhang zwischen dem Ausgang der virtuellen Rennen und der EDV-Anlage, welche der Wettvermittlung diente. Auf den Inhalt des übertragenen Fernsehprogrammes bzw der wiedergegebenen Homepage hatte weder der Wettvermittler (die Beschwerdeführerin), noch der Buchmacher Einfluss. Weder der Wettvermittler (Beschwerdeführerin) noch der Buchmacher noch die *** hatten Einfluss auf den Ausgang der Rennen.

Weder dem Kunden noch dem Buchmacher oder dem Wettvermittler (Beschwerdeführerin) waren die Ergebnisse der virtuellen Rennen im Vorhinein bekannt. Der Ausgang des virtuellen Rennens lag bei Wettabschluss für alle Beteiligten in der Zukunft. Das Abspielen der Rennen auf den Bildschirmen im Lokal erfolgte unabhängig von diesbezüglichen Wettabschlüssen. Die Auswahl des jeweiligen Rennens, auf das gewettet wird, erfolgte jeweils bereits vor Wettabschluss. Weder die Beschwerdeführerin noch der Buchmacher noch die *** standen mit *** in einer Geschäftsbeziehung.

Die Rennen fanden unter einem fixen Bestand von virtuellen Hunden statt. Diese Hunde hatten jeweils einen individuellen Namen. Es gab Hunde, die bessere und Hunde, die schlechtere Rennleistungen erbrachten. Mehrere Hunde waren jeweils einem bestimmten Trainer zugeordnet. Dabei gab es Trainer mit tendenziell eher erfolgreichen und Trainer mit tendenziell eher erfolglosen Hunden. Diese Hunde wurden abwechselnd in Konstellationen zu je sechs Hunden gegeneinander in die Wettbewerbe geschickt.

Es handelte sich bei diesen virtuellen Rennen um jeweils elektronisch erzeugte (computergenerierte) Rennen und nicht um Aufzeichnungen.

Die Vermittlung der Wetten im Lokal der Beschwerdeführerin erfolgte überwiegend über Schaltermitarbeiter. Sportwetten wurden teilweise auch über Wettautomaten mit Touch-Screen-Monitor vermittelt, nicht jedoch Wetten auf (echte oder virtuelle) Hunde- und Pferderennen, diese wurden ausnahmslos nicht über Wettautomaten, sondern über Schaltermitarbeiter vermittelt.

Der Wettabschluss erfolgte, indem der Wettkunde einen Mitarbeiter im Lokal der Beschwerdeführerin mit der Vermittlung einer Wette auf ein virtuelles Rennen beauftragte. Der Mitarbeiter gab die Wette manuell in das EDV-System der Beschwerdeführerin ein und händigte dem Kunden einen Ticketausdruck mit einem Barcode aus. Im Fall eines Gewinnes wurde mittels eines Barcode-Scanners der Wettschein überprüft, verbucht und ausbezahlt.

Der Wettvorgang unterschied sich für den Kunden nicht vom Vorgang bei anderen Wetten, etwa Wetten auf Rennen von echten Hunden oder Pferden oder zB auf Fußballspiele. Mit der genannten EDV-Anlage wurden unter Vornahme der gleichen manuellen Handlungen auch die im Lokal angebotenen Sportwetten und Sport-Livewetten erfasst.

Die Wettkunden konnten unabhängig von jeglicher Abgabe einer Wette im Lokal die virtuellen Hunde- und Pferderennen auf den Fernsehbildschirmen betrachten. Die Wettkunden konnten im Lokal Wetten auf die virtuellen Hunde- und Pferderennen abgeben, ohne dass sie diese im Lokal tatsächlich verfolgen mussten.

Für die Funktionstüchtigkeit des Wettsystems war es unerheblich, ob beim Wettvermittler das Satellitenprogramm übertragen bzw die Homepage wiedergegeben wurde.

Der Ausgang der von *** veranstalteten virtuellen Hunde- und Pferderennen und die Vorhersagbarkeit des bewetteten Ereignisses war nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig. Mit entsprechendem Geschick konnten Gewinnchancen entsprechend der Erfahrung des Wettteilnehmers deutlich vom Mittelwert abweichen. Aus den zur Verfügung gestellten Informationen ließ sich die Leistungsstärke der an den virtuellen Rennen teilnehmenden Tiere einschätzen und damit eine ernsthafte Voraussage des wahrscheinlichen Rennausgangs treffen.

2. Beweiswürdigung

Diese Feststellungen gründen sich zum einen auf im Verfahren unstrittige aktenkundige Feststellungen der belangten Behörde selbst und zum anderen auf das entsprechende Vorbringen der Beschwerdeführerin, insbesondere auf das von ihr im Vorverfahren vorgelegte Gutachten des technischen Sachverständigen Ing. *** vom über "das Wettkassensystem der *** zum Abschluss oder Vermittlung von Wetten zur Fa. ***".

Seitens der belangten Behörde wurden keine diesem Gutachten widersprechende Beweismittel beigebracht. Es sind auch keine Gründe hervorgekommen, die Anlass gäben, an der Richtigkeit dieser Feststellungen und des Gutachtens zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über die Besteuerung von Vergnügungen im Gebiete der Stadt Wien (Vergnügungssteuergesetz 2005 - VGSG), LGBl Nr 56/2005 (§ 6 Abs. 1 idF vor LGBl Nr 19/2011) lauten in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung auszugsweise:

Steuergegenstand

§ 1 (1) Folgende im Gebiet der Stadt Wien veranstaltete Vergnügungen unterliegen einer Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes: [...]

3. Halten von Spielapparaten und von Musikautomaten (§ 6); [...]

(2) Bei Verwirklichung eines der Tatbestände des Abs 1 wird die Steuerpflicht nicht dadurch ausgeschlossen, dass gleichzeitig auch erbauende, belehrende oder andere nicht als Vergnügungen anzusehende Zwecke verfolgt werden oder dass der Unternehmer nicht die Absicht hat, eine Vergnügung zu veranstalten.

[...]

Halten von Spielapparaten und von Musikautomaten

§ 6 (1) Für das Halten von Spielapparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so zB Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann, [ und für die keine Bewilligung oder Konzession nach den §§ 5, 14 oder 21 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 , in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 , erteilt wurde,]* beträgt die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat 1 400 Euro. Die Steuerpflicht besteht unabhängig davon, ob die Entscheidung über das Spielergebnis durch den Apparat selbst, zentralseitig oder auf eine sonstige Art und Weise herbeigeführt wird.

* eingefügt durch LGBl Nr 19/2011

(2) Für das Halten von Spielapparaten mit Bildschirmen, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so zB Jeton- oder Warengewinn) nicht erzielt werden kann, beträgt die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat 100 Euro.

[...]

(4) Die Verpflichtung zur Entrichtung der Steuer endet erst mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Abmeldung des Apparates erfolgt oder die Abgabenbehörde sonst davon Kenntnis erlangt, dass der Apparat vom Steuerpflichtigen nicht mehr  gehalten wird.

[...]

Steuerpflicht und Haftung

§ 13 (1) Steuerpflichtig ist der Unternehmer der Veranstaltung. Unternehmer der Veranstaltung im Sinne dieses Gesetzes ist jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung die Veranstaltung durchgeführt wird oder die Entgelte gefordert werden. Sind zwei oder mehrere Unternehmer (Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldner steuerpflichtig. In den Fällen des § 1 Abs 1 Z 3 gelten auch der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und der Eigentümer des Apparates als Gesamtschuldner.“

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits mehrmals mit „Hunderennwettautomaten“ auseinandergesetzt und dabei das Vorliegen eines Spielapparates bejaht, wenn bei dem gegenständlichen Spielprogramm nicht auf ein künftiges sportliches Ereignis gewettet werden konnte, sondern der Ausgang des Spieles davon abhing, welches bereits stattgefundene Rennen nach bzw vor dem Setzen ausgewählt wurde.

Im Gegensatz dazu hängt bei einer „Sportwette“ die Entscheidung über das Spielergebnis nicht vorwiegend vom Zufall ab, weil der Wettende seine Kenntnisse betreffend die Umstände bei der sportlichen Veranstaltung (zB betreffend Hunderennen die Trainingsverfassung und den gesundheitlichen Zustand der einzelnen Tiere, die Stärken der Hunde bei der zu erwartenden Wetterlage etc) einbringt und diese Kenntnisse im Hinblick auf den Ausgang des jeweiligen sportlichen Ereignisses das Zufallselement überwiegen ( mwN).

Sind Tipps nicht auf ein bestimmtes, in der Zukunft liegendes Ereignis (mit ungewissem Ausgang) bezogen, liegt keine Wette vor (). Im Streitfall lagen keine Wetten auf in der Vergangenheit stattgefundene, aufgezeichnete Rennen vor. Es handelte sich bei den streitgegenständlichen virtuellen Hunde- und Pferderennen vielmehr um elektronisch erzeugte Rennen, die so noch nicht stattgefunden hatten und für alle Beteiligten in der Zukunft lagen. Bei den streitgegenständlichen Wetten handelte es sich also um Wetten auf bestimmte in der Zukunft liegende Ereignisse (mit ungewissem Ausgang).

Von der in § 1 Abs 1 Z 3 VGSG festgelegten Steuerpflicht für die „veranstaltete Vergnügung“ des Haltens von Spielapparaten sind nur Spielapparate umfasst, denen nach ihrer Funktion ein ausreichender Unterhaltungswert (eine Vergnügungskomponente) im Sinne des finanzausgleichsrechtlichen Begriffsverständnisses innewohnt.

Nach dem finanzausgleichsrechtlichen Begriffsverständnis der Vergnügung bzw Lustbarkeit muss zwar nicht zwingend eine Veranstaltung vorliegen, aber seitens des Anbieters muss eine Art von Unterhaltung geboten werden. Bei der Betätigung eines Apparates ist darauf abzustellen, ob diese Betätigung selbst die Eignung besitzt, den Benützer zu unterhalten, ob also die von ihm ausgeübte Tätigkeit im Wesentlichen einem Spiel, also einer bloß dem Vergnügen und Zeitvertreib dienenden Vorgangsweise gleichkommt ().

Bei Wettterminals, die keine über eine dezentrale elektronische Wettannahmestelle hinausgehende Funktion erfüllen, tritt das spannende und unterhaltende Element erst nach Vertragsschluss ein, nämlich in dem Zeitpunkt, wenn das Sportereignis, auf das die Wette abgeschlossen wurde, stattfindet. Bei (der Betätigung von) solchen Geräten handelt es sich daher nicht um eine Lustbarkeit im Sinn des § 14 Abs 1 Z 8 und 9 FAG 2008, die der Landesgesetzgeber unter diesem Titel einer Vergnügungssteuer unterwerfen darf ( mwN; insbesondere unter Verweis auf G 6/12).

Im Streitfall kommt es somit darauf an, ob das spannende und unterhaltende Element erst nach Vertragsabschluss eintrat, nämlich in dem Zeitpunkt, wenn das Ereignis, auf das die Wette abgeschlossen wurde, stattfand oder ob die Betätigung des Apparates selbst die Eignung besaß, den Benützer zu unterhalten, ob also die von ihm ausgeübte Tätigkeit im Wesentlichen einem Spiel, also einer bloß dem Vergnügen und Zeitvertreib dienenden Vorgangsweise gleichkam.

Zwischen den von *** veranstalteten virtuellen Rennen und der EDV-Anlage (im Lokal) der Beschwerdeführerin bestand kein technischer Zusammenhang. Ebenso bestand kein technischer Zusammenhang zwischen der Darstellung dieser virtuellen Rennen im Lokal der Beschwerdeführerin und der EDV-Anlage (im Lokal) der Beschwerdeführerin.

Die virtuellen Rennen wurden nicht vom Wettvermittler (Beschwerdeführerin) oder vom Buchmacher (***), sondern von einem unbeteiligten Dritten (***) veranstaltet. Die virtuellen Rennen fanden unabhängig vom allfälligen Abschluss einer Wette statt. Die Wiedergabe der virtuellen Rennen auf den Bildschirmen im Lokal der Beschwerdeführerin erfolgte unabhängig von diesbezüglichen Wettabschlüssen. Wettabschlüsse waren möglich, ohne die virtuellen Rennen selbst im Lokal zu verfolgen.

Der Wettvorgang (die Tippabgabe) unterschied sich für den Wettkunden nicht vom Vorgang bei Wetten auf Rennen von echten Hunden oder Pferden.

Die von *** veranstalteten virtuellen Rennen fanden unter einem fixen Bestand von Hunden statt. Diese Hunde hatten jeweils einen Namen sowie einen Trainer, von dem bekannt war, ob er tendenziell eher erfolgreiche oder tendenziell eher erfolglose Hunde trainierte. Von den an den virtuellen Rennen teilnehmenden Hunden wurde jeweils angezeigt, wie sie in den letzten vier Rennen abgeschnitten hatten (Form). Sowohl der Veranstalter der virtuellen Rennen (***) als auch der Buchmacher (***) erstellten entsprechende Quoten.

Unter den Hunden bzw Pferden gab es Top-Performer, Underdogs und mittelmäßige Tiere, wobei die Ergebnisse des einzelnen Hundes bzw Pferdes innerhalb der jeweiligen Gruppe schwankten. Der Ausgang der virtuellen Rennen und die Vorhersagbarkeit des bewetteten Ereignisses war nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig. Mit entsprechendem Geschick konnten Gewinnchancen entsprechend der Erfahrung des Wettteilnehmers deutlich vom Mittelwert abweichen.

Da der Bestand der Hunde feststand und sämtliche virtuellen Rennen im Internet übertragen wurden, bestand für den interessierten Wettkunden darüber hinaus die Möglichkeit, durch Beobachtung der virtuellen Rennen festzustellen, wie die einzelnen Hunde bei den virtuellen Rennen jeweils abschnitten und auch diese Beobachtungen in seine Tippentscheidung einzubeziehen.

Ausgehend von den genannten Informationsquellen war es für den Wettkunden möglich, eine ernsthafte Voraussage des wahrscheinlichen Rennausganges zu treffen.

Da es sich um künstlich generierte virtuelle Rennen handelte, bei denen es bestimmte Faktoren wie zB ergebnisrelevante Ereignisse im Vorfeld des Wettkampfes oder zu erwartende Wetterbedingungen nicht gab, spielten diese Faktoren für den Rennausgang auch keine Rolle.

Da es für den Wettkunden möglich war, eine ernsthafte Voraussage des wahrscheinlichen Rennausganges zu treffen, trat das spannende und unterhaltende Element erst nach Vertragsschluss ein, nämlich in dem Zeitpunkt, wenn das Ereignis, also das virtuelle Hunde- oder Pferderennen, auf das die Wette abgeschlossen wurde, stattfand. Der alleinige Unterhaltungswert lag nur in der Spannung, ob das gesetzte Rennergebnis eintrat.

Die Anlage der Beschwerdeführerin erfüllte damit keine über eine dezentrale Wettannahme hinausgehende Funktion, sie diente lediglich dazu, den Wettvertrag abzuschließen. Der Anlage der Beschwerdeführerin wohnte damit ihrer Funktion nach kein ausreichender Unterhaltungswert (keine Vergnügungskomponente) inne. Die Abgabe einer Wette auf diese virtuellen Rennen besaß damit nicht die Eignung, den Wettkunden zu unterhalten, sie kam einem Spiel im Wesentlichen nicht gleich.

Der im Streitfall vorliegende Sachverhalt weicht damit in den wesentlichen Punkten nicht von dem dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , G 6/12, zugrundeliegenden Sachverhalt ab.

Von § 1 Abs 1 Z 3 iVm § 6 VGSG sind nur Spielapparate umfasst, denen ihrer Funktion nach ein ausreichender Unterhaltungswert, also eine Vergnügungskomponente, innewohnt. Der von der Beschwerdeführerin betriebenen Anlage wohnte ihrer Funktion nach kein ausreichender Unterhaltungswert inne, es handelte sich nach dem Gesagten daher nicht um einen Spielapparat.

Damit lag keine Vergnügungssteuerpflicht vor.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 2013/17/0593 bereits entschieden, dass von § 1 Abs 1 Z 3 VGSG nur Spielapparate umfasst sind, denen nach ihrer Funktion ein ausreichender Unterhaltungswert (eine Vergnügungskomponente) innewohnt, was nur bei Anlagen der Fall ist, die eine über eine dezentrale Wettannahme hinausgehende Funktion erfüllen. Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der diesbezüglichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 1 VGSG, Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005, LGBl. Nr. 56/2005
§ 6 VGSG, Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005, LGBl. Nr. 56/2005
§ 13 VGSG, Wiener Vergnügungssteuergesetz 2005, LGBl. Nr. 56/2005
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7400154.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at