Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 09.05.2017, RV/7300014/2016

In dubio keine Wissentlichkeit für einen Teilbetrag an USt, wenn laut Vertrag die Ust vom Käufer überrechnet werden sollte.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Wien 2 des Bundesfinanzgerichtes hat in der Finanzstrafsache gegen Herrn P., geb., Wien, wegen derFinanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerden des Beschuldigten vom und  gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Organ des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart als Finanzstrafbehörde vom , SpS-VII, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am  in Anwesenheit des Beschuldigten, des Amtsbeauftragten sowie der Schriftführerin zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde von Herrn P. wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates im Schuldspruch, im Strafausspruch und im Ausspruch über die Kosten insoweit abgeändert, dass es wie folgt zu lauten hat:

a) Herr P. ist schuldig, er hat im Bereich des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vorsätzlich als Geschäftsführer der Firma A. GmbH die Vorauszahlung an Umsatzsteuer für den Monat Mai 2014 in Höhe von € 17.991,17 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet und dadurch ein Finanzvergehen nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen.

b) Herr P. wird für dieses Finanzvergehen und die unveränderten Verkürzungen der Umsatzsteuervorauszahlungen 9 – 11/2013 gemäß §§ 33 Abs. 5, 49 Abs. 2 FinStrG zu einer Geldstrafe von € 2.400,00 verurteilt.

c) Gemäß § 20 FinStrG wird für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen festgesetzt.

d) Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG hat der Bestrafte die Kosten des Strafverfahrens in Höhe von € 240,00 sowie eines allfälligen Strafvollzuges zu ersetzen.

e) Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit (berichtigtem) Erkenntnis des Spruchsenates VII beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Organ des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart als Finanzstrafbehörde vom 1 , SpS-VII, Strafnummer 2015, wurde Herr P. (in weiterer Folge: Beschuldigter), geb., schuldig erkannt, vorsätzlich als Geschäftsführer der Firma A. GmbH im Bereich des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von
Umsatzsteuer 9/2013 in Höhe von € 1.657,26
Umsatzsteuer 10/2013 in Höhe von € 1.224,00
Umsatzsteuer 11/2013 in Höhe von € 4.201,41
Umsatzsteuer 5/2014 in Höhe von € 17.991,17
bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten zu haben.

Der Beschuldigte habe hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG begangen und wurde hiefür nach § 33 Abs 5 FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von € 5.500,00, im Uneinbringlichkeitsfall zu 20 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Gemäß § 185 FinStrG habe der Bestrafte die Kosten des Strafverfahrens sowie eines allfälligen Strafvollzuges zu ersetzen. Der Pauschalkostenbetrag wird für den Fall der Rechtskraft mit € 500,00 festgesetzt.

Als Begründung wurde – soweit es den Beschuldigten betrifft – Folgendes ausgeführt:

"Der Beschuldigte ist alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter der A. GmbH. Die GmbH ist in Konkurs. Er ist ledig, für niemanden sorgepflichtig und beziffert sein monatliches Nettoeinkommen mit € 700,00; die Einnahmen aus einem Nebenjob mit monatlich € 100,00, er besitzt kein Vermögen. Finanzstrafrechtlich ist er unbescholten.

Der Beschuldigte bekannte sich grundsätzlich schuldig zu den Vorwürfen, bestritt jedoch vorsätzlich gehandelt zu haben.

Der zur Erfüllung des im Spruch bezeichneten Tatbildes erforderliche Vorsatz des Beschuldigten wurde jedoch aus den belastenden Ergebnissen des steuerlichen Ermittlungsverfahrens erschlossen. Die Ausführungen des Beschuldigten in Bezug auf seine gesundheitlichen Probleme, die Streitigkeiten mit seiner früheren Mitgesellschafterin, waren nicht geeignet, beim Senat irgendwelche Zweifel an seinem vorsätzlichen Handeln zu erwecken, zumal der Beschuldigte vom Tatsächlichen her die ihm vorgeworfene finanzstrafrechtlichen Verfehlungen eingestanden hat. Es wurde von ihm nicht die Tat, sondern lediglich das vorsätzliche Handeln bestritten. Aus dem festgestellten äußeren Geschehensablauf im Zusammenhalt mit den eigenen Angaben ließ sich jedenfalls ein vorsätzliches Handeln in der Form der Wissentlichkeit ableiten.

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens ging der Senat daher davon aus, dass es der Beschuldigte wohl für gewiss gehalten hat, dass zu den Fälligkeitszeitpunkten weder Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben noch Umsatzsteuervorauszahlungen geleistet wurden und dass er dadurch eine Verkürzung von Umsatzsteuer bewirkt hat.

Verkürzt wird eine Steuereinnahme nicht nur dann, wenn sie überhaupt nicht eingeht, sondern auch dann, wenn sie dem Steuergläubiger nicht zu dem Zeitpunkt zukomme, zu dem er darauf gesetzlichen Anspruch hatte.

Sämtliche Feststellungen gründeten sich auf den zu Verlesung gelangten Veranlagungsakt, den Strafakt sowie auf die Verantwortung des Beschuldigten.

Ausgehend von den Feststellungen hat der Beschuldigte das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht.

Bei der Strafbemessung war für den Beschuldigten als erschwerend kein Umstand zu werten. Mildernd war die bisherige Unbescholtenheit, das Tatsachengeständnis, die Selbstanzeige und die teilweise Schadensgutmachung zu berücksichtigen.

Die verhängte Geldstrafe nimmt Bedacht auf die persönlichen Verhältnisse und auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beschuldigten.

Unter Berücksichtigung dieser Strafzumessungsgründe erachtete der Senat die verhängte Geldstrafe als tat- und schuldangemessen. Diesen Strafzumessungserwägungen entsprach auch die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe.

Die Kostenentscheidung gründete sich auf die angeführte Gesetzesstelle."

Gegen das mündlich verkündete Erkenntnis wurde fristgerecht am (Poststempel ) Beschwerde eingebracht und wie folgt ausgeführt:

"Ich muss gegen das Erkenntnis Beschwerde einlegen, weil ich bezüglich des Großteiles der Umsatzsteuernachforderung (USt 5/14) den Vorwurf der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung durch verspätete Rechnungslegung und verspätete Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung nicht stehen lassen kann.

Kann es möglich sein, dass ein aus Unwissenheit und widrigen Umständen begangener Formalfehler, der dem Finanzamt keinerlei Schaden verursacht hat und zusätzlich nicht einmal die Möglichkeit beinhaltet hätte, mir dadurch einen Vorteil zu verschaffen, als vorsätzlich genommen und demgemäß bestraft wird?

Was kann der Vorsatz meinerseits gewesen sein?

Das Finanzamt zu schädigen?

Ich habe vor Beginn der Steuerprüfung freiwillig und schriftlich einen Statusbericht über die Geschäftstätigkeit (unter anderem auch über die Verkaufsverhandlungen) den Buchhaltungsunterlagen beigelegt. Wäre mir das "Vergehen" der verspäteten Rechnungslegung bewusst gewesen und hätte ich dies vorsätzlich verschweigen wollen, hätte ich diesen Statusbericht nicht freiwillig beigelegt, sondern einfach die Rechnung zu einem späteren Zeitpunkt ausgestellt und versteuert. Das Finanzamt hätte keine Kenntnis vom laufenden Verkaufsprozess gehabt.

Das Unternehmen zu bereichern?

Bereits aus dem Kaufvertrag vom geht hervor, dass die Umsatzsteuer durch Übertragung vom Steuerkonto des Käufers (VSt) auf unser Steuerkonto erfolgen wird. Ich hätte also durch die verspätete Ausstellung nicht einmal einen Zinsgewinn lukrieren können.

Erlauben sie mir abschließend nochmals darauf hinzuweisen, dass weder der Finanz dadurch ein Schaden entstanden noch mir daraus ein Vorteil erwachsen ist.

Und lassen sie mich bitte auch anmerken, dass ich zu diesem Zeitpunkt krankheitsbedingt gar nicht in der Lage gewesen wäre, über Themen wie Bereicherung oder Schädigung der Finanz auch nur nachzudenken.

Ich darf Sie nochmals ersuchen, den Vorwurf des Vorsatzes und die damit verbundene Sinnhaftigkeit für mich zu überdenken. Dementsprechend ersuche ich sie auch um Überprüfung des Strafmaßes."

In der gegen das schriftlich ausgefertigte Erkenntnis zusätzlich am eingebrachten Beschwerde wurden die Ausführungen vom wiederholt. Ergänzend wird ausgeführt:

"Mein Vergehen besteht darin, Umsatzsteuervoranmeldungen nicht rechtzeitig abgegeben zu haben und dies in dem Glauben, dass es keinerlei Abgabenschuld meinerseits aus dem Verkaufsprozess geben würde.

Erlauben Sie mir als Letztes auch eine Frage abseits aller Erklärungen, Begründungen, Verteidigungen …
Kann es sein, dass das Schicksal – oder an welche andere höhere Macht auch immer man glauben mag – den Zeigefinger erhoben hat gegen dieses Verfahren?

Erster Akt…
Das schriftliche Erkenntnis des Spruchsenates wurde erstmals an den falschen Empfänger (N.) adressiert und war aus diesem Grunde (RSa-Brief) für mich nicht behebbar.
Ich habe das FA Eisenstadt über den Fehler informiert.
Es wurde ein korrektes Erkenntnis zugestellt. Kein Dank, keine Entschuldigung.

Zweiter Akt…
Das neuerlich zugestellte Erkenntnis enthielt eine falsche Rechtsmittelbelehrung.
Ich habe das FA Eisenstadt über den Fehler informiert.
Es wurde ein korrektes Erkenntnis zugestellt. Kein Dank, keine Entschuldigung.

Kann es sein, dass ich als Bürger den Eindruck bekommen muss, dass Fehler der Behörde ohne jegliche Folgen bleiben, während ein Vergehen des Bürgers in jedem Falle geahndet wird?

Würde ich der Behörde Vorsatz unterstellen, böse Absicht?

Fehler geschehen … ohne Vorsatz, ohne böse Absicht.

Vielleicht sind diese Gedanken unangemessen, aber es war mir ein Anliegen. Ich darf Sie nochmals ersuchen, den Vorwurf des Vorsatzes und die damit verbundene Sinnhaftigkeit für mich zu überdenken. Dementsprechend ersuche ich sie auch um Überprüfung des Strafmaßes."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß hält.

Gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, insbesondere Vorauszahlungen an Umsatzsteuer, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, daß der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekanntgegeben wird; im übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermines für sich allein nicht strafbar.

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

Zu den als Selbstanzeige gewerteten Umsatzsteuervoranmeldungen

Festzuhalten ist, dass der Beschuldigte zwar zu Beginn der Betriebsprüfung Umsatzsteuervoranmeldungen bis zum Voranmeldungszeitraum April 2014 übergeben, die daraus resultierenden Umsatzsteuern jedoch nicht entrichtet hat, sodass eine strafbefreiende Wirkung nicht eintreten konnte.

Objektive Tatseite:

Die Höhe der Verkürzungsbeträge basiert auf einem Bericht der Betriebsprüfung für den Zeitraum von September 2013 bis Juli 2014 vom , wonach die Teilbeträge aus einer Rechnung vom nicht in den an das Finanzamt übermittelten Umsatzsteuervoranmeldungen für September 2013 (die gemeldete UVA wurde am gebucht: Guthaben € 1.765,47), für Oktober 2013 (die gemeldete UVA wurde am gebucht: Guthaben € 1.328,47) sowie für November 2013 (die gemeldete UVA wurde am gebucht: Zahllast € 443,68) enthalten waren.

Die einzelnen (weder gemeldeten noch entrichteten) Teilbeträge laut der vom Beschuldigten im Rahmen der Betriebsprüfung nachgereichten Umsatzsteuervoranmeldungen lauten:
Umsatzsteuer 9/2013 in Höhe von € 1.657,26;
Umsatzsteuer 10/2013 in Höhe von € 1.224,00;
Umsatzsteuer 11/2013 in Höhe von € 4.201,41.

Laut TZ 1 des Berichtes der Betriebsprüfung wurde der Kaufvertrag vom über den Verkauf in Bausch und Bogen von Sachen um netto € 90,000,00 weder gemeldet noch entrichtet, sodass der fehlende Umsatz in der Umsatzsteuervoranmeldung Mai 2014 nacherfasst werden musste (ein Monat nach Ablauf des Kalendermonats der Rechnungsausstellung, in dem die Lieferung erbracht wurde; § 19 Abs. 2 Z. 1 lit. a UStG 1994). Der strafbestimmende Wertbetrag für Mai 2014 beträgt demnach € 17.991,17.

Die Höhe der strafbestimmenden Wertbeträge ist korrekt errechnet und kann dem weiteren Finanzstrafverfahren unbedenklich zugrunde gelegt werden, zumal die Höhe vom Beschuldigten selbst im Rahmen der Betriebsprüfung bekanntgegeben und auch nie bestritten wurde.

 

Zur subjektiven Tatseite:

Zur subjektiven Tatseite ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach Vorsatz eine zielgerichtete subjektive Einstellung des Täters bedeutet, auf deren Vorhandensein oder Nichtvorhandensein nur nach seinem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten unter Würdigung aller sonstigen Sachverhaltselemente geschlossen werden kann ().

Der sogenannte bedingte Vorsatz (dolus eventualis), der eine Untergrenze des Vorsatzes darstellt, ist dann gegeben, wenn der Täter die Verwirklichung des Unrechtes des Sachverhaltes zwar nicht anstrebt, ja nicht einmal mit Bestimmtheit mit dem Eintritt des verpönten Erfolges rechnet, dies jedoch für möglich hält, d.h. als naheliegend ansieht und einen solchen Erfolg hinzunehmen gewillt ist ().

Die Ermittlung des nach außen nicht erkennbaren Willensvorganges stellt einen Akt der Beweiswürdigung dar ( ).

In der mündlichen Verhandlung bestätigte der Beschuldigte, dass er in der A. GmbH für die Erstellung der Rechnungen und der Umsatzsteuervoranmeldungen zuständig war. Zudem ergänzte er, dass ihm zu den Umsatzsteuervoranmeldungen 9-11/2013 im Grunde bewusst war, dass er nur die vereinnahmten Beträge in den Umsatzsteuervoranmeldungen erfasst hatte, als Sollversteuerer jedoch die gesamten Beträge erfassen hätte müssen.

Wer jedoch nicht alle Umsätze in den Umsatzsteuervoranmeldungen erfasst, dem ist auch bewusst, dass dadurch dem Finanzamt nicht die korrekte Höhe der jeweils fälligen Abgaben bekanntgegeben oder entrichtet wurde, sodass es zu einer damit verbundenen Verkürzung der Abgaben kommt.

Für den Senat ist dadurch die für Abgabenverkürzungen im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG geforderte subjektive Tatseite für die Tatzeiträume 9 – 11/2013 gegeben.

Nach § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden ().

Nur wenn nach Durchführung der Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" die Einstellung des Verfahrens zu erfolgen (vgl. ; ; ).

In der mündlichen Verhandlung führte der Beschuldigte aus, dass es sich bei dem Kaufvertrag vom um einen Notverkauf in Bausch und Bogen gehandelt habe. Allerdings habe sein Expartner jedoch ohne sein Wissen Gegenstände entwendet, sodass es mit dem Käufer zu Streitigkeiten über die Höhe des Kaufpreises gekommen sei. Aus seiner Sicht hätte er damals eine Nullmeldung für die Umsatzsteuer April 2014 abgegeben, da die Umsatzsteuer im Wege der Überrechnung durch den Käufer an das Finanzamt entrichtet worden wäre, wie es im Vertrag vereinbart gewesen war. Die Umsatzsteuervoranmeldung wollte er erst dann einreichen, wenn die Höhe des Kaufpreises geklärt worden wäre, um dann den korrekten Umsatz anzuführen, die Entrichtung wäre ohnehin vom Käufer vorgenommen worden.

Eine Wissentlichkeit hinsichtlich der bisher angeschuldeten Verkürzung der Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat Mai 2014 ist angesichts der Aussage, dass die Umsatzsteuer ja überrechnet werden sollte und der Beschuldigte aus seiner Sicht damit nichts zu tun hatte, gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG in dubio pro reo nicht mit der für ein Finanzstrafverfahren erforderlichen Sicherheit zu widerlegen.

Für die Erfüllung des Tatbildes der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG kommt es allein auf das Unterlassen der Abfuhr und der Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen spätestens bis zum fünften Tag nach Fälligkeit und auf den Vorsatz dazu an. Wie der Beschuldigte in der Verhandlung bestätigte war ihm der Unterschied zwischen Ist- und Sollversteuerer bekannt.

Nachdem der Beschuldigte jedoch für den Kaufvertrag (fristgerecht noch) keine Rechnung an den Käufer ausgestellt hat, konnte der Käufer auch noch keine Vorsteuer geltend machen, sodass es der Beschuldigte ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, dass – wie im Kaufvertrag vereinbart – die daraus resultierende Umsatzsteuer vom Käufer weder am Fälligkeitstag noch bis zum fünften Tag nach Fälligkeit durch Überrechnung entrichtet wurde.

Damit erfüllt das Verhalten des Beschuldigten alle Tatbestandsmerkmale einer Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, da er aufgrund der fehlenden Rechnung davon ausgehen musste, dass der Käufer, der ja noch keine Rechnung erhalten hat und somit noch keinen Vorsteuerabzug geltend machen konnte, auch noch keine Überrechnung samt damit verbundener Entrichtung der Abgaben auf dem Finanzamtskonto durchführen würde.

Strafbemessung:

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.

§ 23 Abs. 2 FinStrG: Bei Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.

§ 23 Abs. 3 FinStrG: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.

§ 23 Abs. 4 FinStrG: Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.

§ 49 Abs. 2 FinStrG: Die Finanzordnungswidrigkeit wird mit einer Geldstrafe geahndet, deren Höchstmaß die Hälfte des nicht oder verspätet entrichteten oder abgeführten Abgabenbetrages oder der geltend gemachten Abgabengutschrift beträgt.

§ 33 Abs. 5 FinStrG: Die Abgabenhinterziehung wird mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet. Dieser umfasst nur jene Abgabenbeträge (ungerechtfertigte Gutschriften), deren Verkürzung im Zusammenhang mit den Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz des Täters bezieht. Neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des § 15 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu erkennen.

Hat ein Täter wie im gegenständlichen Fall durch mehrere selbständige Taten mehrere Finanzvergehen derselben und auch verschiedener Art begangen, ist gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 2 FinStrG dabei auf eine einzige Geldstrafe zu erkennen, wobei die Summe der sich aus den strafbestimmenden Wertbeträgen ergebenden Strafdrohungen maßgeblich ist.

Gemäß der Bestimmung des § 23 FinStrG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters, wobei Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen und bei der Bemessung der Geldstrafe auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen sind.

Bei der Strafbemessung wertete der Spruchsenat als mildernd die bisherige Unbescholtenheit, das Tatsachengeständnis, die Selbstanzeige und die teilweise Schadensgutmachung, erschwerend hingegen keinen Umstand.

Angesichts der aktenkundigen Vorstrafen (drei Bestrafungen und eine Zusatzstrafe), nämlich 

  • die Strafverfügung vom wegen § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG für U 5-12/2009, Geldstrafe € 1.200,00, 6 Tage

  • die Strafverfügung vom wegen § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG für L, DB, DZ 2007 bis 2009, Zusatzgeldstrafe € 900,00, 5 Tage

  • die Strafverfügung vom wegen § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG für L, DB, DZ 7 bis 12/2011; Geldstrafe € 500,00, 3 Tage

  • die Strafverfügung vom wegen § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG für L, DB, DZ 1 bis 12/2012 und 1 – 2/2013 Geldstrafe € 700,00, 4 Tage

wurde zunächst die finanzstrafbehördliche Unbescholtenheit zum Entscheidungszeitpunkt vom Spruchsenat zu Unrecht als mildernd gewertet; zwischenzeitig sind diese Strafen jedoch getilgt, sodass dieser Milderungsgrund nun auch tatsächlich zutrifft.

An der schwierigen wirtschaftlichen Lage des Beschuldigten hat sich seit der Spruchsenatsentscheidung nichts geändert.

Als weiterer Milderungsgrund ist aus dem Akt das zwischenzeitige Wohlverhalten des Beschuldigten zu ersehen.

Ausgehend vom neuen Strafrahmen (Umsatzsteuer 9/2013 von € 1.657,26 + Umsatzsteuer 10/2013 von € 1.224,00 + Umsatzsteuer 11/2013 von € 4.201,41 = € 7.082,67 x 2 =) € 14.165,34 + (Umsatzsteuer 5/2014 von € 17.991,17 : 2 =) € 8.995,59 = € 23.160,93 und den festgestellten Strafbemessungsgründen war eine angemessene Reduzierung der Geldstrafe auf das im Spruch ersichtliche Ausmaß vorzunehmen.

Unter denselben Voraussetzungen war gemäß § 20 FinStrG die Ersatzfreiheitsstrafe auf das im Spruch ersichtliche Ausmaß herabzusetzen.

Einer weiteren Reduzierung der Strafen standen generalpräventive Gründe für mögliche Täter in vergleichbaren Situationen entgegen.

Darüber hinaus war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist und daher in Höhe von € 240,00 festzusetzen waren. Die Kosten des allfälligen Vollzuges werden zutreffendenfalls gesondert festgesetzt.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zahlungsaufforderung:

Die Geldstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens sind gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG binnen eines Monates nach Rechtskraft dieser Ent­scheidung fällig und  auf das BAWAG-P.S.K.-Konto des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart zu entrichten, widrigen­falls Zwangs­voll­streckung durch­ge­führt und bei Unein­bring­lich­keit der Geld­strafe die Ersatz­frei­heits­strafe voll­zogen werden müsste.

Wien, am

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