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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.07.2017, RV/5200254/2013

Aussetzung der Vollziehung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der A, vertreten durch V, Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Linz Wels vom , Zahl aa, betreffend Aussetzung der Vollziehung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Zollamtes vom , Zahl aa, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Aussetzung der Vollziehung der mit Bescheid vom , Zahl bb festgesetzten Eingangsabgaben abgewiesen. In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Verfahrensverlaufs und der einschlägigen Vorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin stehe auf dem Standpunkt, es bestünde kein Sicherungsbedarf, daher werde eine Sicherheit nicht beigebracht. Von dem auf ein Konto des Zollamtes eingezahlten Betrag sei nach Überweisungen und Rückzahlungen ein Betrag von 3.993,37 Euro verblieben. Dieser Restbetrag sei vom Zollamt zur teilweisen Tilgung der Abgabenschuld herangezogen worden. Für die Differenz in der Höhe von 6.198,63 Euro bestehe daher ein Sicherungsbedarf. Es seien keine Nachweise oder Hinweise erbracht worden, dass die Leistung einer Sicherheitsleistung zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art führen würde. Bei der Einfuhrumsatzsteuer handle es sich um eine Eingangsabgabe, für diese seien die Bestimmungen des Zollrechts anzuwenden. Die Leistung einer Sicherheit durch das Anbieten einer allfälligen Vorsteuerrückerstattung sei nicht vorgesehen.

Dagegen richtete sich die als Beschwerde zu erledigende Berufung vom . Die Beschwerdeführerin brachte vor, das Zollamt habe übersehen, dass die Aussetzung auch ohne (weitere) Sicherheitsleistung zu gewähren sei. Die Beschwerdeführerin habe gegen die Berufungsvorentscheidung vom Beschwerde erhoben. Die Vorschreibung der Abgaben sei evident rechtswidrig, schon aus diesem Grund sei die Aussetzung zu gewähren. Diesbezüglich verwies die Beschwerdeführerin auf die beilegte Beschwerde (in der Hauptsache) vom . Diese werde zum Inhalt dieser Berufung erhoben. Darüber hinaus würde der Beschwerdeführerin durch die Leistung des vorgeschriebenen Betrages ein unersetzbarer Schaden entstehen, insbesondere durch Zinsenentgang, Überweisungsspesen und Kursverlust. Auch aus diesem Grund sei die beantragte Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. Im Übrigen werde auf die ohnedies bereits erfolgte Sicherheitsleistung in der Höhe von 14.213 Euro und auf den Umstand, dass für die Beschwerdeführerin eine Vorsteuerabzugsberechtigung bestehe, verwiesen. Es bestehe daher kein Sicherungsinteresse der Abgabenbehörden. Abschließend beantragte die Beschwerdeführerin, der Beschwerde stattzugeben und die Vollziehung des vorgeschriebenen Abgabenbetrages in der Höhe von insgesamt 10.192 Euro bis zur Entscheidung über die vorgelegte Beschwerde auszusetzen.

Mit der Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde (neben den im bekämpften Bescheid enthaltenen Erwägungen) ausgeführt, ein unersetzbarer Schaden entstehe nur dann, wenn die Vollziehung zu einem nicht wieder gutzumachenden Schaden führe oder gar die wirtschaftliche Existenz der Beschwerdeführerin vernichte. Der Abgabepflichtige müsse aus eigenem und überzeugend darlegen und glaubhaft machen, dass die Voraussetzungen für die Gewährung vorliegen würden. Der Beschwerdeführerin sei zuzumuten, konkrete Nachweise für das Vorliegen der Voraussetzungen vorzulegen. Es seien keine Vermögenswerte offen gelegt worden, deren Pfändung zu einem unersetzbaren Schaden führe. Bei der Vollziehung einer Abgabenschuld in der Höhe von 10.192 Euro könne von keinem unersetzbaren Schaden für ein Transportunternehmen gesprochen werden, insbesondere nicht durch die Entstehung von Überweisungsspesen und Kursverlusten. "Durch Vorlage der vom Zollamt (...) geforderten Sicherheit (...) wäre der Aussetzung stattzugeben gewesen." Für die Einfuhrumsatzsteuer seien die für Zölle geltenden Rechtsvorschriften sinngemäß anzuwenden.

Dagegen richtete sich die nun als Vorlageantrag zu wertende Beschwerde vom . In der umfangreichen Beschwerde wurde wie in der Beschwerdeschrift vom betreffend die Hauptsache zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, die Vorschreibung der Abgaben sei unverständlich, in mehreren Verfahren sei zwischenzeitlich von unterschiedlichen Behörden festgestellt worden, dass kein rechtswidriges Verhalten im Zusammenhang mit dem Vorfall vorliege. Es sei eine Belohnungsgenehmigung vorgelegen, diese berechtige zum Transport zwischen der Türkei und Österreich. Der Anhänger sei in der Türkei beladen worden, es liege daher ein Transport von der Türkei nach Österreich vor. Eine Kabotage (Binnenverkehr) würde nur dann vorliegen, wenn bei einer Warenbeförderung Waren im Zollgebiet geladen und wieder ausgeladen werden würden. Die Waren seien in der Türkei auf den Sattelauflieger aufgeladen worden und zum Teil in Österreich abgeladen worden. Es liege kein Binnenverkehr vor, es seien mit der Zugmaschine keine Waren befördert worden, die im Zollgebiet der Gemeinschaft sowohl geladen als auch wieder ausgeladen worden seien. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Zugmaschine selbst nicht mit den auf den Sattelaufliegern befindlichen Waren von der Türkei nach Italien überschifft habe, sondern in Triest die (jeweils auf einem Sattelauflieger) aus der Türkei kommenden Waren abgeholt beziehungsweise dort abgestellt habe. Es sei nämlich nicht auf die Zugmaschine abzustellen, sondern darauf, wo die Beförderung der Waren beginne oder ende. Das Aufsatteln und Absatteln von beladenen Sattelanhängern sei anders zu beurteilen als eine Warenbeförderung, bei der die Be- und Entladung der Ware im Zollgebiet der Gemeinschaft erfolge. Die in der Türkei zugelassene Zugmaschine sei auf dem Landweg (über Bulgarien) nach Österreich gelangt, wenn auch nicht notwendigerweise zeitgleich und auf demselben Beförderungsweg wie der Sattelauflieger. Der Tausch von Zugmaschinen komme häufig vor, es handle sich dennoch um einen einheitlichen Transport von der Türkei nach Österreich. Es komme nicht auf den Weg der Zugmaschine, sondern auf den Weg des Sattelanhängers und der Ware an. Auf den gegenständlichen Transport sei die einschlägige Befreiungsbestimmung anzuwenden, eine Kabotage- oder CEMT-Bewilligung sei nicht erforderlich. Es liege kein Tatbestand des Entstehens der Eingangsabgabenschuld nach Art. 201 bis 204 ZK vor. Damit falle jede Basis für die Erhebung von Einfuhrabgaben weg.

Eine etwaige Pflichtverletzung habe sich auf die ordnungsgemäße Abwicklung des Zollverfahrens nicht wirklich ausgewirkt. Denn die Zugmaschine sei wieder aus Österreich ausgeführt worden und daher nicht in Österreich verblieben. Diese habe das Zollgebiet der Europäischen Union verlassen. Selbst bei Vorliegen eines Binnenverkehrs sei die vorgesehene Bewilligung vorgelegen. Diese aufgrund eines völkerrechtlichen Abkommens ausgestellte Bewilligung sei auch im Rahmen des Güterbeförderungsgesetzes anzuerkennen. Nach diesem Abkommen komme des ausschließlich auf den Warentransport an.

Auch sei die Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer rechtswidrig. Die Zugmaschine sei nicht über eine Drittlandsgrenze nach Österreich gekommen, sondern über die italienische Grenze und daher aus dem Gemeinschaftsgebiet nach Österreich gelangt. Selbst die belangte Behörde stelle auf einen Binnentransport ab, sie stelle somit in ihrer rechtlichen Beurteilung offenbar nich einmal auf den Übertritt einer Drittlandsgrenze zu Österreich ab. Diese Überlegungen würden auch für die Abgabe Zoll gelten. Denn auch diese setze voraus, dass zollhängige Waren in Österreich in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt werden würden. Bei Nichtausreichen der vorliegenden Genehmigung wäre die Einfuhr in das Zollgebiet der Europäischen Union in Italien oder aber bei Eintritt des Sattelaufliegers (offensichtlich gemeint Zugmaschine) in das Zollgebiet der Europäischen Union in Bulgarien erfolgt. Nur die italienischen oder bulgarischen Zollbehörden seien für die Vorschreibung der Eingangsabgaben zuständig.

Der Sattelauflieger sei im gegenständlichen Fall in der Zollfreizone Triest abgeholt worden. Selbst wenn der Vorgang des "Aufsattelns" mit dem Begriff "Beladen" gleichzusetzen sei, liege eine Beladung im Zollgebiet der Europäischen Union nicht vor. Beim Zollfreihafen handle es sich um ein Gebiet, das außerhalb des Zollgebiets der Europäischen Union liege. Neben rechtlichen Erwägungen betreffend die Zollfreizone führte die Beschwerdeführerin aus, die Zugmaschine sei somit auf jeden Fall außerhalb des Zollgebiets der Europäischen Union beladen worden, ein Binnenverkehr verlange allerdings eine Be- und Entladung der Waren im Zollgebiet. Die Vorschreibung der Abgaben sei auch unionswidrig, denn Ein- und Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten seien verboten. Weiters werde die Höhe der Vorschreibung bestritten, insbesondere sei der der Abgabenberechnung zugrunde gelegte Wert des Fahrzeuges unrichtig.

Unter dem Punkt "Unrichtige Höhe der Abgabenvorschreibung" brachte die Beschwerdeführerin Folgendes vor: "Weiters wird die Vorschreibung der Höhe nach, insbesondere die der Abgabenberechnung zugrunde liegenden Wertes des Kraftfahrzeuges, als unrichtig bestritten: Der tatsächliche Wert ist weitaus, zumindest 50% niedriger."

Nur die tatsächliche Beförderung sei maßgeblich, nicht ein endgültiger Bestimmungsort oder eine mögliche Absicht einer künftigen Beförderung. Tatsächlich sei eine Beförderung aus der Zollfreizone Triest über Italien nach Österreich vorgelegen, nur diese sei zu beurteilen. Und nicht ein künftiger Transport nach Deutschland. Die belangte Behörde habe die beantragten Beweise nicht aufgenommen, "insbesondere über den tatsächlichen Beförderungsweg, die Art und Menge der Ladung und der Ladestellen sowie den Wert und Zustand des Fahrzeuges." Bei Aufnahme der Beweise hätte die belangte Behörde festgestellt, dass der Sachverhalt anders gewesen sei, nämlich so wie in der Beschwerdeschrift dargestellt. Als Beweis für das gesamte Vorbringen, insbesondere für den Zustand und weitaus geringeren Wert der Zugmaschine, sowie über den Reiseweg der Zugmaschine aus der Türkei, wurde die Einvernahme von zwei Bediensteten der Beschwerdeführerin beantragt.

Darüber hinaus würde durch die Leistung des vorgeschriebenen Betrages der Beschwerdeführerin ein unersetzbarer Schaden, insbesondere hinsichtlich des Zinsenentganges bzw. durch Überweisungsspesen und den damit zwangsläufig verbundenem Kursverlust (die türkische Lira unterliege ständigen Schwankungen im Verhältnis zum Euro) entstehen bzw. drohen. Auch aus diesem Grund sei die Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. Abschließend wurde der Antrag gestellt, der Berufung vollinhaltlich stattzugeben.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Mit wurde der Unabhängige Finanzsenat aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren geht gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das Bundesfinanzgericht über. § 323 Abs. 38 BAO normiert, dass die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.

Durch die Einlegung eines Rechtsbehelfs wird gemäß Art. 244 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK) die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung nicht ausgesetzt. Die Zollbehörden setzen jedoch die Vollziehung der Entscheidung ganz oder teilweise aus, wenn sie begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Die nationalen Bestimmungen über Zahlungserleichterungen und die Aussetzung der Einhebung der Abgaben nach § 212a BAO sind nur insoweit anzuwenden, als diese Art. 244 ZK nicht entgegenstehen oder Art. 244 ZK keine Regelung enthält und eine solche dem nationalen Gesetzgeber überlassen wird. Art. 244 ZK regelt nur die materiellen Voraussetzungen einer Aussetzung der Vollziehung. Die nationalen Vorschriften sind im Verfahren über die Aussetzung nach Art. 244 ZK anzuwenden, soweit dem nicht gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen entgegenstehen. Eine spezielle nationale Regelung über das Verfahren bei der Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK wurde im Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) nicht ausdrücklich normiert. Es gelten daher nach § 2 Abs. 1 ZollR-DG die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften der Bundesabgabenordnung (BAO). Die Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK entspricht im Wesentlichen der nationalen Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO, sodass in Vollziehung des Art. 244 ZK, die für diese nationale Bestimmung geltenden Verfahrensbestimmungen auch bei der Aussetzung der Vollziehung anzuwenden sind ().

Bei der Aussetzung der Vollziehung nach Art. 244 ZK handelt es sich, wie bei der Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO, um eine begünstigende Bestimmung. Der Abgabepflichtige hat daher aus eigenem überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen, dass die Voraus­setzungen dafür vorliegen ().

Den Ausführungen der Beschwerdeführerin lässt sich entnehmen, dass der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wegen begründeter Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, mit der die Eingangsabgaben vorgeschrieben worden sind, und wegen des Entstehens eines unersetzbaren Schadens im Falle der Einhebung der Abgaben gestellt worden ist.

Begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung sind dann anzunehmen, wenn bei der überschlägigen Prüfung der angefochtenen Entscheidung neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (Alexander in Witte, Zollkodex6 Art. 244 Rz. 17). Bei der Beurteilung des begründeten Zweifels sind im Wesentlichen die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Es sind zum Zeitpunkt der überschlägigen Prüfung alle Umstände zu würdigen, die begründete Zweifel aufkommen lassen könnten. Die Beurteilung erfolgt anhand des Vorbringens, ohne dass die Berufungsentscheidung vorwegzunehmen ist ().

In dem, dem gegenständlichen Aussetzungsverfahren zugrunde liegenden Fall wurde von der Beschwerdeführerin, einem Transportunternehmen mit Sitz in der Türkei das auf ihr in der Türkei zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeug (Mercedes Benz cc) mit dem amtlichen Kennzeichen dd (Zugmaschine) vor dem auf dem Landweg über Bulgarien in das Zollgebiet der Union verbracht. Mit dieser Zugmaschine wurde am in Triest der zuvor mit dem Schiff aus der Türkei verbrachte Sattelauflieger mit dem amtlichen Kennzeichen ee (Türkei) aufgenommen und am selben Tag mit der Zugmaschine einschließlich Auflieger nach Zurücklegung der Strecke von Triest nach Tarvis über Arnoldstein nach Österreich gefahren. Bei der Einreise nach Österreich wurde die Belohnungsgenehmigung Nr. ff entwertet. Für die Beförderung auf der Strecke von Triest nach Tarvis lag die Genehmigung Nr. gg des italienischen Infrastruktur- und Transportministerium vor. Die auf dem Sattelauflieger für österreichische Empfänger geladenen Güter wurden am 4. und in Österreich abgeladen.

Die vorübergehende Verwendung mit vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben wird gemäß Art. 558 Abs. 1 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2912/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK-DVO) für im Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr und in der See- und Binnenschifffahrt eingesetzte Beförderungsmittel bewilligt, die bei gewerblicher Verwendung mit Ausnahme von Schienenbeförderungsmitteln nur für Beförderungen verwendet werden, die außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft beginnen oder enden; sie können jedoch im Binnenverkehr eingesetzt werden, sofern die im Bereich des Verkehrs geltenden Vorschriften, insbesondere diejenigen betreffend die Voraussetzung für den Marktzugang und die Durchführung von Beförderungen, es vorsehen.

Gemäß Art. 555 Abs. 1 Buchstabe a ZK-DVO ist gewerbliche Verwendung die Verwendung eines Beförderungsmittels zur Beförderung von Personen gegen Entgelt oder zur industriellen oder gewerblichen Beförderung von Waren gegen oder ohne Entgelt.

Nach Art. 555 Abs. 1 Buchstabe c ZK-DVO ist Binnenverkehr die Beförderung von Personen oder Waren, die im Zollgebiet der Gemeinschaft einsteigen oder geladen werden, um in diesem Gebiet wieder auszusteigen oder ausgeladen zu werden.

Das verfahrensgegenständliche Zugfahrzeug galt durch das schlichte Passieren der Zollstelle an der türkisch/bulgarischen Grenze vor dem gemäß Art. 234 ZK-DVO als gestellt, die Zollanmeldung als angenommen und das Zugfahrzeug als überlassen. Durch die Annahme der Zollanmeldung wurde gemäß Art. 505 Buchstabe b ZK-DVO die Bewilligung für das Verfahren der vorübergehenden Verwendung erteilt. Voraussetzung für diese Bewilligung war, dass die Zugmaschine nur für Beförderungen verwendet wird, die außerhalb des Zollgebiets der Europäischen Union beginnen oder enden. Dabei ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin entscheidend, dass mit dem Zugfahrzeug die grenzüberschreitende Beförderung durchgeführt wird ().

Die Verwendung einer außerhalb der Zollgebiets der Europäischen Union zugelassenen Zugmaschine für die Beförderung eines Sattelaufliegers von einem Ort innerhalb des Zollgebiets der Union zu einem anderen Ort innerhalb des Zollgebiets der Union stellt einen Binnenverkehr dar, und zwar auch dann, wenn der Ort, an dem der Auflieger ursprünglich mit Waren beladen worden ist, außerhalb des Zollgebiets der Europäischen Union liegt (; BFH , VII R 44/02). Die beförderten Waren müssen die Grenze des Zollgebiets der Union gemeinsam mit dem hierzu eingesetzten Kraftfahrzeug überschreiten. Das war gegenständlich nicht der Fall. Die Zugmaschine ist getrennt vom Sattelauflieger in das Zollgebiet der Europäischen Union eingeführt worden, in Triest ist von der Zugmaschine der zuvor mit dem Schiff aus der Türkei verbrachte Sattelauflieger mit dem amtlichen Kennzeichen ee (Türkei) aufgenommen und anschließend die Strecke von Triest nach Österreich zurück gelegt worden.

In dem, dem verfahrensgegenständlichen Aussetzungsverfahren zu Grunde liegenden Fall lag ein Binnenverkehr im Sinne der zollrechtlichen Bestimmungen vor. Es war zu prüfen, ob dieser Binnenverkehr nach den im Bereich des Verkehrs geltenden Vorschriften zulässig war (Art. 558 Abs. 1 Buchstabe c ZK-DVO).

Die Beförderung von Gütern mit in der Türkei zugelassenen Kraftfahrzeugen, die in Italien (Triest) von der Türkei per Schiff ankommende Sattelauflieger aufnehmen und darin enthaltene Waren nach Östereich verbringen, ist nach den Bestimmungen des Abkommens zwischen dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie der Republik Österreich und dem Außenminister der türkischen Republik über den internationalen Straßentransport (nachfolgend Abkommen genannt) und gemäß den Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes nur mit einer CEMT-Genehmigung oder einer Sondergenehmigung für diese Verkehre zulässig.

Die Beschwerdeführerin hat anlässlich der Einreise nach Österreich am die Belohnungsgenehmigung Green Lorry Nr. ff vorgelegt. Diese berechtigte die Beschwerdeführerin (entgegen ihren Ausführungen) laut den darin enthaltenen Angaben zum internationalen Straßengüterverkehr zwischen Österreich und der Türkei sowie im Transit durch Österreich mit einem einzelnen Kraftfahrzeug oder mehreren aneinandergekoppelten Fahrzeugen für eine Hin- und Rückfahrt und war bis gültig.

Die Fahrt des Zugfahrzeuges (diese ist güterbeförderungsrechtlich sowie nach dem genannten Abkommen entscheidend) begann in Triest. Das Kraftfahrzeug (Zugfahrzeug) hat den gegenständlichen Auflieger in Triest aufgenommen. Dieser Vorgang kam güterbeförderungsrechtlich einer Beladung in Triest gleich. Die Bewilligungspflicht stellt auf das Kraftfahrzeug (Zugfahrzeug) ab, eine Bewilligung gilt daher stets für die Beförderung durch ein bestimmtes Zugfahrzeug. Nichts anderes ergibt sich aus der vorgenannten Belohnungsgenehmigung, auch diese stellte auf ein Kraftfahrzeug ab.

Auf Grund des klaren und eindeutigen Wortlautes der Bestimmung des Art. 6 Abs. 2 des Abkommens und auf Grund der ebenso klaren und eindeutigen Angaben in der Belohnungsgenehmigung Nr. ff war der von der Beschwerdeführerin durchgeführte Binnenverkehr (von Triest nach Österreich) nicht durch die Belohnungsgenehmigung gedeckt.

Für die Strecke von Triest bis zur italienisch/österreichischen Grenze lag eine Genehmigung vor, der Binnenverkehr zwischen Triest und der italienisch/österreichischen Grenze war daher zulässig. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sind gemäß Art. 166 ZK Freizonen und somit auch der Hafen in Triest Teile des Zollgebiets der Gemeinschaft. In diesen werden bloß Nichtgemeinschaftswaren für die Erhebung der Einfuhrabgaben und Anwendung der handelspolitischen Maßnahmen bei der Einfuhr als nicht im Zollgebiet der Gemeinschaft befindlich angesehen.

Eine Unzulässigkeit des Einsatzes eines Fahrzeuges, das nach dem Verfahren der vollständigen Befreiung von Zoll in die Union eingeführt und im Binnenverkehr verwendet wird, ist zum Zeitpunkt der Überquerung der Grenze des Mitgliedstaats, in dem das Fahrzeug unter Verletzung der im Bereich des Verkehrs geltenden nationalen Bestimmungen fährt, das heißt, bei fehlender Genehmigung für die Fahrten in Österreich, als gegeben anzusehen. Die Behörden Österreichs sind dafür zuständig, den Zoll zu erheben (). Unzulässig wurde der gegenständliche Verkehr mit der Einreise in Österreich am , denn für die Strecke zwischen der österreichischen Grenze und den Entladeorten lag eine Genehmigung nicht vor. Die Zollschuld ist gemäß Art. 204 Abs. 1 Buchstabe a in Verbindung mit Abs. 2 ZK am mangels Vorliegens einer gültigen Güterbeförderungsbewilligung für die Beschwerdeführerin entstanden, weil sie als Inhaberin des Verfahrens der vorübergehenden Verwendung die Pflicht zu erfüllen hatte, die sich aus der Inanspruchnahme des Verfahrens ergibt, nämlich die Zugmaschine nicht für die Durchführung unzulässiger Binnenverkehre einzusetzen.

Gemäß § 26 Abs. 1 UStG 1994 gelten, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, für die Einfuhrumsatzsteuer die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß.

Der Tatbestand des Art. 204 Abs. 1 Buchstabe a ZK enthält ausschließlich objektive Voraussetzungen. Die aufgezeigten subjektiven Umstände, wie zum Beispiel die Gepflogenheiten der Transportbranche, etc. waren daher nicht zu beurteilen. Darüber hinaus stellte die Rechtsprechung in vielen vergleichbaren Fällen die Rechtswidrigkeit einer Vorgangsweise wie der gegenständlichen fest (zum Beispiel ; , RV/5200031/2015; , RV/5200032/2014; , RV/5200040/2015; , RV/5200227/2013; , RV/5200048/2013).

Der für die Erhebung des Zolls maßgebende Zollwert konnte mangels eines Transaktionswertes nicht nach Art. 29 ZK ermittelt werden. Ebenso lagen die Voraussetzungen für eine Zollwertermittlung gemäß Art. 30 ZK nicht vor. Der Zollwert war somit nach Art. 31 ZK zu ermitteln (Schlussmethode). Die Ermittlungen der belangten Behörde und des Bundesfinanzgerichtes in der Hauptsache haben ergeben, dass der Wert für Zugmaschinen, die betreffend Type, Alter und Kilometerleistung mit der gegenständlichen vergleichbar sind, nach Abzug der Abgaben (Zoll, Umsatzsteuer) zum Zeitpunkt der Zollschuldentstehung zumindest 26.000 Euro betragen hat. Dieser Wert war gemäß Art. 31 ZK als Zollwert heranzuziehen.

Bei der überschlägigen Prüfung der angefochtenen Entscheidung sind keine gegen die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründe zu Tage getreten. Das Bundesfinanzgericht hat somit keine begründeten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung.

Gemäß Art. 244 ZK ist die Vollziehung auch dann auszusetzen, wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Aus dem Sinn der Vorschrift des Art. 244 ZK ergibt sich, dass der Vollzug der angefochtenen Entscheidung Ursache für den drohenden Schaden sein muss. Beim Begriff "unersetzbarer Schaden" ist an den Begriff "des schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden" anzuknüpfen (). Die Voraussetzung des "nicht wiedergutzumachenden Schadens" verlangt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Prüfung, ob bei der Aufhebung der streitigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren die Lage, die durch den sofortigen Vollzug dieser Entscheidung entstünde, umgekehrt werden könnte, und - andererseits - ob die Aussetzung des Vollzugs dieser Entscheidung deren volle Wirksamkeit behindern könnte, falls die Klage abgewiesen würde. Ein finanzieller Schaden ist grundsätzlich nur dann schwer und nicht wiedergutzumachen, wenn er im Fall eines Obsiegens der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren nicht vollständig ersetzt werden könnte. Ein reiner Geldschaden ist daher nach allgemeiner Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union grundsätzlich nicht als nicht wiedergutzumachender Schaden anzusehen.

Bei der Aussetzung der Vollziehung handelt es sich um eine begünstigende Bestimmung, die Beschwerdeführerin hat nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aus eigenem überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen, dass die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Beschwerdeführerin hat in ihren Eingaben vorgebracht, der Vollzug der streitgegenständlichen Abgabenschuld führe insbesondere durch Zinsenentgang, Überweisungsspesen und den damit verbundenen Kursverlusten zu einem unersetzbaren Schaden. Nähere Ausführungen oder Unterlagen hierfür wurden nicht gemacht bzw. vorgelegt. Damit hat die Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet, dass vordergründig die Vollziehung der Eingangsabgaben zu einem unersetzbaren Schaden führen könnte, sondern vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass andere Umstände dafür verantwortlich sein könnten.

Die von der Beschwerdeführerin genannten Gründe, bei denen es sich nach den Ausführungen der Beschwerdeführerin selbst bei Glaubhaftmachung um einen reinen Geldschaden handeln würde, vermögen das Vorliegen eines unersetzbaren Schadens im Sinne des Art. 244 ZK nicht darzulegen.

Da weder begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung noch ein unersetzbarer Schaden zu bejahen waren und somit die materiellen Voraussetzungen nicht gegeben waren, kam eine Aussetzung der Vollziehung gemäß Art. 244 ZK nicht in Betracht.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Im Gegenteil, die Entscheidung stützt sich auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Vorschriften und auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union und auf die des Verwaltungsgerichtshofes.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 244 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.5200254.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at