Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.06.2017, RV/7103046/2013

Unentgeltliche Erbringung von sonstigen Leistungen zwischen zwei Unternehmen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7103046/2013-RS1
Erbringt eine GmbH durch ihre Arbeitnehmer unentgeltlich aus unternehmensfremden Gründen sonstige Leistungen an das Einzelunternehmen des Gesellschafters, hat gemäß § 3a Abs. 1a Z 2 UStG 1994 eine Versteuerung der anteiligen Personalkosten zu erfolgen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache X GmbH, Adr. vertreten durch CONSULTATIO Revision und Treuhand Steuerberatung GmbH & Co KG, Karl-Waldbrunner-Platz 1, 1210 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2007 - 2009 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf) ist eine Gesellschaft, die einen Großhandel für Wein und Spirituosen betreibt. Die Veranlagung zur Umsatzsteuer für 2007 – 2009 erfolgte am zunächst erklärungsgemäß.

Im Zuge einer Betriebsprüfung der Jahre 2007 bis 2009 stellte das Finanzamt u.a. fest (Tz 7 des Berichts über das Ergebnis der Außenprüfung vom ), dass Arbeiter der Bf auch für Tätigkeiten des pauschalierten Weinbaubetriebes von A. X herangezogen wurden. Der Betriebsprüfer rechnete die ermittelten Lohnkosten dem Gewinn zuzüglich 20% Umsatzsteuer hinzu und behandelte diese Zurechnung als verdeckte Gewinnaus­schüttung. Die Kapitalertragsteuer sei A. X direkt vorzuschreiben. Der Betriebsprüfer ermittelte folgende Lohnkosten:

2007: 6.447,32 €
2008: 13.280,45 €
2009: 18.389,06 €

Aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung ergingen mit Datum im wiederaufgenommenen Verfahren neue Umsatzsteuerbescheide für 2007 – 2009.

Die Berufung vom gegen die Umsatzsteuerbescheide für 2007 – 2009 richtete sich gegen Tz 7 der Niederschrift der Außenprüfung. Die Bf wandte ein, dass die Verrechnung der Arbeitskräfte ohne Umsatzsteuer zu erfolgen habe. Da der Personal­aufwand bei der Bf nicht zum Vorsteuerabzug geführt habe, würde die Umsatzsteuer in diesem Fall eine Strafe darstellen, die nicht angemessen und vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sei. Vielmehr solle der Personalaufwand zwischen der Bf und der Landwirtschaft derart dargestellt werden, als ob von Anfang an die von der Betriebsprüfung festgestellte Aufteilung stattgefunden hätte. Die korrekte Lösung sei die Annahme von zwei Dienst­verhältnissen, die drei Arbeiter hätten also mit dem von der Betriebsprüfung festgestellten Ausmaß jeweils bei der Bf als auch bei der Landwirtschaft angestellt werden müssen. Durch diese Vorgangsweise komme es bei der Bf zu keiner Kürzung der Aufwendungen im festge­stellten Ausmaß und zu einer verdeckten Ausschüttung für die Übernahme der Kosten der Landwirtschaft. Umsatzsteuer werde jedoch keine in Rechnung gestellt, da angenommen werde, dass die gekürzten Aufwendungen von vornherein in der Landwirtschaft angefallen seien.

In seiner Stellungnahme vom wiederholte der Betriebsprüfer seine entsprechenden Ausführungen im Bp-Bericht und meinte, dass es sich umsatzsteuerlich um einen Leistungsaustausch handle.

Mit Berufungsvorentscheidungen vom betreffend 2007 und 2008 gab das Finanzamt der Berufung ohne nähere Begründung statt.

Das Finanzamt nahm am eine Aufhebung der Berufungsvorentscheidungen gemäß § 299 BAO vor. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Spruch des Bescheides nicht richtig gewesen sei, da der zugrunde liegende Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt wurden sei. Bei richtiger Würdigung des Sachverhaltes hätte ein im Spruch anders lautender Bescheid ergehen müssen.

In der Folge wies das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom die Berufung vom als unbegründet ab und führte aus:

Gem. § 3a Abs.1a Z 2 UStG ist die unentgeltliche Erbringung von sonstigen Leistungen durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt.

Die Bemessungsgrundlage sind die Kosten.

Anders als beim Eigenverbrauch durch Entnahme und der Verwendung ist beim Eigen­verbrauch durch Leistung nicht Voraussetzung, dass der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Ein wichtiger Anwendungsfall der unentgeltlichen Erbringung einer sonstigen Leistung ist das Heranziehen von Arbeitnehmern für private Zwecke. Mit dieser Bestimmung sind auch und gerade von Arbeitnehmern des Unternehmers erbrachte Dienstleistungen für den privaten Bedarf erfasst. Somit stellt sich nur mehr die Frage, ob die Verwendung der Dienstnehmer für die pauschalierte Landwirtschaft als umsatzsteuerpflichtige Leistungs­entnahme zu beurteilen ist.

Dies ist nach Ansicht des Finanzamtes zu bejahen.“

Mit Schreiben vom beantragte die Bf unter Verweis auf die Berufung vom die Vorlage des Rechtsmittels.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

Folgender unstrittiger Sachverhalt ist zu beurteilen:

Die Bf ließ in den streitgegenständlichen Jahren ihre Arbeitnehmer auch Tätigkeiten in den Weingärten des Weinbaubetriebes des A. X (Gesellschafter der Bf) unentgeltlich verrichteten. Die betreffenden drei Dienstnehmer der Bf waren mit einem Anteil von 25 bzw 30% im Weinbaubetrieb tätig. Die darauf entfallenden Personalkosten betrugen: 6.447,32 € (2007), 13.280,45 € (2008) und 18.389,06 € (2009).

Strittig ist, ob auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes das Finanzamt die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer zu Recht um die genannten Beträge erhöht hat.

Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Eine „sonstigen Leistung“ ist nach § 3a Abs. 1 UStG 1994 eine solche, die nicht in einer Lieferung besteht.

Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gemäß § 3a Abs. 1a Z 2 UStG 1994 gleichgestellt:

die unentgeltliche Erbringung von anderen sonstigen Leistungen durch den Unternehmer
• für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen,
• für den Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

Gemäß Art 26 MwSt-RL ist einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen für seinen privaten Bedarf, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke.

Erfasst sind mit dieser Regelung ua sonstige Leistungen, die der Unternehmer durch Arbeitnehmer des Unternehmens Dritten gegenüber aus unternehmensfremden Gründen erbringen lässt. Ein unternehmensfremder Zweck ist etwa dann gegeben, wenn eine verdeckte Ausschüttung vorliegt. Eine Besteuerung erfolgt auch dann, wenn der Unternehmer keinen Vorsteuerabzug vornehmen konnte (Ruppe/Achatz, UStG4, § 3 Tz 269ff).

Sonstige Leistungen durch Arbeitnehmer führen zur Steuerbarkeit nach § 3a Abs. 1a Z 2 UStG 1994 nur dann, wenn sie im Rahmen des Unternehmens erbracht werden. Der Arbeitnehmer muss daher jedenfalls Dienstnehmer des Unternehmens sein. Das ist nach , nicht auf Grund des Arbeitsvertrages zu beurteilen, sondern in wirtschaftlicher Betrachtungsweise danach zu entscheiden, ob der Arbeitnehmer überwiegend im Unternehmen eingesetzt ist (Ruppe/Achatz, UStG4, § 3 Tz 278).

Werden Arbeitnehmer einer Kapitalgesellschaft für unternehmensfremde Zwecke verwendet, so liegt ertragsteuerlich eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn die unternehmensfremde Verwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Umsatzsteuerlich erfüllt dieser Sachverhalt den Tatbestand nach § 3a Abs. 1a Z 2 UStG 1994. Bemessungsgrundlage sind die effektiven Kosten (Ruppe/Achatz, UStG4, § 3 Tz 281).

Im vorliegenden Fall wurde seitens der Bf nicht bestritten, dass ertragsteuerlich der Lohnaufwand der Bf um die auf die Tätigkeit im Weinbaubetrieb entfallenden Kosten zu kürzen ist und die von der Bf unter Entgeltsverzicht übernommenen Kosten eine verdeckte Ausschüttung an den Gesellschafter A. X darstellen.

Die strittigen Dienstleistungen wurden für unternehmensfremde Zwecke erbracht, nämlich für das Einzelunternehmen des Gesellschafters. Die betroffenen Arbeitnehmer waren Dienstnehmer der Bf und überwiegend im Unternehmen der Bf eingesetzt.

Es liegen daher zweifellos iSd § 3a Abs. 1a Z 2 UStG 1994 unentgeltliche sonstige Leistungen durch die Bf vor, die für unternehmensfremde Zwecke erbracht wurden.

Der steuerliche Vertreter wendet ein, es sei zu unterstellen, dass ein Teil der Arbeitsleistung der betreffenden Arbeitnehmer von vornherein für den Weinbaubetrieb des Gesellschafters bezogen wurde. Der Leistungsbezug wäre nach dieser Ansicht nicht für das Unternehmen erfolgt und müsste keine Eigenverbrauchsbesteuerung erfolgen.

Diese Sichtweise wird von den UStR 2000, Rz 483, gestützt. Die Finanzverwaltung lässt demnach unter gewissen Voraussetzungen eine Aufteilung der Kosten eines Arbeitnehmers bei teilweise unternehmensfremdem Einsatz zu. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die UStR für das Bundesfinanzgericht nicht bindend sind und diese Aufteilungsmöglichkeit in der Literatur kritisch gesehen wird ( Ruppe/Achatz, UStG4, § 3 Tz 279; Kolacny/Caganek, UStG³, § 3a Rz 43). Die vom steuerlichen Vertreter angestrebte Lösung widerspricht darüber hinaus der Regelung des § 3a Abs. 1a Z 2 UStG 1994 und Art 26 Abs. 1 MWSt-RL, wonach die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen – und auch Dienstleistungen durch seine Arbeitnehmer -  für unternehmensfremde Zwecke der Steuer zu unterwerfen sind.

Der Einwand seitens der Bf, dass der Personalaufwand bei der Bf nicht zum Vorsteuerabzug geführt habe, kann der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Denn anders als bei der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes für unternehmensfremde Zwecke iSd § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994 ist die Besteuerung der unentgeltlichen Erbringung von sonstigen Leistungen iSd § 3a Abs. 1a Z 2 UStG 1994 auch dann vorzunehmen, wenn der Unternehmer keinen Vorsteuerabzug vornehmen konnte.

Die Besteuerung der anteiligen Personalkosten als sonstige Leistungen erfolgte daher gesetzeskonform.

Die Beschwerde war somit abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG i.V.m. § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da sich die Rechtsfolge unmittelbar aus § 3a Abs. 1a Z 2 UStG 1994 ergibt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7103046.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at