Bauträger sind idR nicht mit Bauleistung beauftragt
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2017/15/0067. Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Beschluss vom erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache
Beschwerdeführerin, vertreten durch Riegler & Kerschbaumer Steuerberatungs GmbH, Schildbach 111, 8230 Hartberg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Oststeiermark vom , betreffend Umsatzsteuer 2013 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin, die A Trockenbau GmbH (im Folgenden Bf.) betreibt ein Unternehmen zur Durchführung von Trockenbauarbeiten.
Im Jahr 2013 wurde die Bf. von der B GmbH mit Trockenbauarbeiten beim Projekt X beauftragt.
Im Zuge einer Kontrollmitteilung wurde bekannt, dass die Auftraggeberin B GmbH im Rahmen des o.a. Projektes als Bauträgerin auftritt (Das Grundstück in der X, auf dem sich die auszubauenden Wohnungen befinden, steht im Eigentum der B GmbH und die Wohnungen sollen nach Fertigstellung verkauft werden). Die B GmbH erbringt im Rahmen ihres Unternehmens üblicherweise keine Bauleistungen.
Bei der darauf folgenden abgabenbehördlichen Prüfung im Betrieb der Bf. stellte das Finanzamt fest, dass es bei den von der Bf. an die B GmbH erbrachten Leistungen zu keinem Übergang der Steuerschuld im Sinn des § 19 Abs. 1a UStG kommt, weil die B GmbH weder mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt wurde (das Gebäude steht in ihrem Eigentum und die fertigen Wohnungen sollen veräußert werden) noch üblicherweise Bauleistungen erbringt. Die so geschuldete Umsatzsteuer wurde der Bf. im hier angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2013 vorgeschrieben.
Das Finanzamt hat dazu in ihrem Bericht auch festgehalten, dass die Bf. die 1. Teilrechnung vom ursprünglich unter Ausweis der Umsatzsteuer fakturiert hatte und diese schließlich aufgrund einer telefonischen Urgenz durch die B GmbH vom unter Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld als Bauleistung gemäß § 19 Abs. 1a UStG ohne Ausweis der Umsatzsteuer neu ausgestellt hat.
In der dagegen eingebrachten Beschwerde wies die Bf. darauf hin, dass sie sich mit ihrem Auftraggeber, der B GmbH in einem Rechtsstreit befinde.
Seitens ihres Auftraggebers wurde ursprünglich ausdrücklich bekannt gegeben, dass dieser mit der Erbringung einer Bauleistung beauftragt ist. Diese Mitteilung sei nicht unplausibel sodass es nach Rz 2602f der Umsatzsteuerrichtlinien 2000 beim Übergang der Steuerschuld bleiben müsse.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab und begründete diese damit, dass die B GmbH weder mit der Erbringung einer Bauleistung beauftragt sei noch üblicherweise Bauleistungen erbringe. Es könne daher – unabhängig davon, ob die B GmbH die Bf. darüber informiert habe oder nicht - zu keinem Übergang der Steuerschuld kommen.
Im Vorlageantrag wiederholte die Bf. ihren Standpunkt und legte als Beweis für die unrichtigen Mitteilungen ihrer Auftraggeber die von diesen durchgeführte Korrektur der Schlussrechnung vor, bei der der Übergang der Steuerschuld nicht beanstandet wurde.
Das Finanzamt legte dem Vorlageantrag einen Ausdruck der Homepage der B GmbH bei. Unter „über uns“ ist zu lesen: Das Fundament unseres einzigartigen Konzepts ist die Symbiose von Architekt und Bauträger“.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab der Geschäftsführer Herr A an, dass sein Geschäftspartner, die B GmbH mittlerweile in Konkurs ist. Seine Forderung in Höhe von ursprünglich insgesamt 209.000 Euro (inklusive Schadenersatz) wurde im Konkursverfahren zunächst auf rund 119.000 Euro reduziert. Die voraussichtliche Quote betrage 8 %, er hoffe auf maximal 20 %.
Die Bf. habe sich auf die Angaben ihres Geschäftspartners verlassen. Es sei nicht unplausibel, dass Bauträger üblicherweise Bauleistungen erbringen. Bauträger errichten und verkaufen Gebäude und erbringen damit nach Ansicht des Bf. selbst Bauleistungen. Dazu legte der steuerliche Vertreter das VwGH-Erkenntnis vom , 2012/15/0161 und die UFS-Entscheidung , RV/0268-S/13, vor.
Die Vertreterin des Finanzamtes verweist zur Eigenschaft von Bauträgern auf die Umsatzsteuerrichtlinien und Scheiner/Colacny § 19 Abs.1a TZ 64.
Zur Rechnungsberichtigung gibt der Gf. Herr A gibt an, dass die B GmbH die 1.Teilrechnung selbst berichtigt hat. Am habe Herr B.B. (Vertreter der Auftraggeberin) eine telefonische Urgenz in der Sache gemacht und darauf hingewiesen, dass "eine Bauleistung vorliegt und deshalb netto zu fakturieren ist". Im Wirtschaftsverkehr sei es üblich, solchen Anweisungen zu folgen, da sonst kein Geldfluss zu erwarten ist.
Die Buchhalterin habe dies auf der Rechnung vermerkt. Alle an diesem Projekt beteiligten Firmen hätten von der Auftraggeberin die Mitteilung erhalten, dass ohne USt zu fakturieren sei.
Das FA erklärt dazu, dass andere Firmen ihre Rechnungen in weiterer Folge wieder mit USt ausgewiesen hätten (im Zuge der Forderungsanmeldung im Konkursverfahren).
Rechtslage
§ 19 (1a) UStG 1994: Bei Bauleistungen wird die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet, wenn der Empfänger Unternehmer ist, der seinerseits mit der Erbringung der Bauleistungen beauftragt ist. Der Leistungsempfänger hat auf den Umstand, dass er mit der Erbringung der Bauleistungen beauftragt ist, hinzuweisen. Erfolgt dies zu Unrecht, so schuldet auch der Leistungsempfänger die auf den Umsatz entfallende Steuer.
Werden Bauleistungen an einen Unternehmer erbracht, der üblicherweise selbst Bauleistungen erbringt, so wird die Steuer für diese Bauleistungen stets vom Leistungsempfänger geschuldet. Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Reinigung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Das gilt auch für die Überlassung von Arbeitskräften, wenn die überlassenen Arbeitskräfte Bauleistungen erbringen.
Das BFG hat erwogen
Unstrittig steht fest, dass der Leistungsempfänger, die B GmbH tatsächlich weder mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt war noch üblicherweise selbst Bauleistungen erbringt.
Damit liegen die materiellen Voraussetzungen für den Übergang der Steuerschuld gem. § 19 Abs 1a erster Satz (Leistungsempfänger wurde mit Bauleistung beauftragt) bzw. zweiter Absatz UStG 1994 (Leistungsempfänger erbringt üblicherweise Bauleistungen) nicht vor.
Im Beschwerdefall hat der Leistungsempfänger dem leistenden Unternehmer im Nachhinein fälschlicherweise mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für den Übergang der Steuerschuld gem. § 19 Abs 1a UStG 1994 vorliegen.
Das Gesetz sieht in diesem Fall vor, dass auch der Leistungsempfänger die auf den Umsatz entfallende Steuer schuldet. Es kommt jedoch nicht zum Übergang der Steuerschuld (vgl. Ruppe/Achatz, § 19 Tz 50).
Ein Übergang der Steuerschuld aus – im Gesetz im Übrigen ohnedies nicht ausdrücklich vorgesehenen – Vertrauensschutzgründen scheidet im Beschwerdefall bereits deshalb aus, weil die Bf. die Rechnungsberichtigung bloß aufgrund einer telefonischen Urgenz vorgenommen hat.
Wenngleich die Bf. aus verständlichen Gründen (sie erwartete eine Zahlung ihres Geschäftspartners) versucht hat, ihrem Geschäftspartner entgegen zu kommen, so kann sie dennoch ein sorgfältiges Handeln, wie bei Annahme eines Vertrauensschutzes notwendig wäre, nicht für sich in Anspruch nehmen: Der Umstand, dass der Abnehmer Eigentümer des Gebäudes ist (und damit nicht selbst mit einer Bauleistung beauftragt wurde), ist durch einen leicht zu bewerkstelligenden Blick auf die homepage herauszufinden. Auch nach den amtlichen Auslegungsbehelfen des BMF (Rz 2602f UStR 2000) sind Bauträger keine Unternehmer, die üblicherweise Bauleistungen erbringen.
Die Bf. hätte daher bereits bei einer oberflächlichen Befassung mit der Sachlage das Vorliegen der Voraussetzungen für den Übergang der Steuerschuld zumindest anzweifeln und nähere Erkundigungen einholen müssen. Dies ist jedoch unterblieben.
Soweit die Bf. vorbringt, Bauträger wären grundsätzlich mit einer Bauleistung beauftragt, ist zunächst zu klären, was unter einem Bauträger zu verstehen ist.
Die beiden im Rahmen der mündlichen Verhandlung ins Treffen geführten Entscheidungen betreffen folgende Sachverhalte:
In der Berufungsentscheidung () kam der UFS im Rahmen der Beweiswürdigung zu dem Schluss, dass die Käufer des Grundstückes den als "Bauträger" bezeichneten Unternehmer tatsächlich beauftragt hatten, die Gebäude zu erreichten.
Das war im Beschwerdefall nicht gegeben. Im Zeitpunkt der Arbeiten kann es noch keine Käufer gegeben haben, die die B GmbH mit der Erbringung von Bauleistungen hätten beauftragen können, weil die Wohnungen laut Angaben der Bf. in der mündlichen Verhandlung bis heute noch nicht alle verkauft sind.
In dem vom VwGH entschiedenen Fall () wurde vorgebracht, dass die GmbH als direkte Stellvertreterin der Erwerber gehandelt habe. In diesem Fall wäre ihr Handeln den Erwerbern zuzurechnen gewesen.
Wendet man diese Entscheidung auf den Beschwerdefall an, so ist für den Bf. nichts gewonnen: Käufer von Wohnungen werden nicht mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt, sondern beauftragen andere Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen. Damit scheidet ein Übergang der Steuerschuld jedenfalls aus.
"Bauträger" im hier vorliegenden Fall bedeutet "Bauherr": Die B GmbH hat die Bf. beauftragt, Bauleistungen in einem in ihrem Eigentum stehenden Gebäude durchzuführen. Nach Abschluss der Arbeiten erfolgt die Verwertung der Liegenschaft, im Beschwerdefall durch Verkauf. Das ist keine Bauleistung: Das Gesetz bezeichnet nur die Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Reinigung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken als Bauleistungen, nicht jedoch die Lieferung (Veräußerung) von Bauwerken.
Die Beschwerde war daher abzuweisen, weil die Leistungsempfängerin tatsächlich weder ein Unternehmer ist, der seinerseits mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt ist noch üblicherweise selbst Bauleistungen erbringt. Damit kommt es nicht zum Übergang der Steuerschuld.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 19 Abs. 1a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.2101374.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at