Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.06.2017, RV/2100028/2010

Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der A, Adresse, vertreten durch V, Adresse1, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom betreffend Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (Kammerumlage 2) zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin stellte die Anträge, den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (Kammerumlage 2) für die Monate November und Dezember 2008 und für Jänner bis September 2009 mit Null festzusetzen. Die Kammerumlage würde der Niederlassungsfreiheit und dem Sachlichkeitsgebot widersprechen.

Mit den Bescheiden vom setzte die belangte Behörde den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Monate November und Dezember 2008 mit 36.188,43 Euro und für die Monate Jänner bis September 2009 mit 118.402,37 fest.

Gegen diese Bescheide richtete sich die nun als Beschwerde zu erledigende Berufung vom . Die Beschwerdeführerin, vertreten durch V, brachte vor, die Bescheide würden auf einer gemeinschaftswidrigen Bestimmung, nämlich § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1988 (WKG) gründen. Diese Bestimmung sei im Umfang der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit durch primäres Gemeinschaftsrecht verdrängt und daher nicht anzuwenden, weshalb die Bescheide an Rechtswidrigkeit des Inhaltes leiden würden.

Nach Art. 43 EGV seien ungerechtfertigte Behinderungen der Niederlassungsfreiheit jedenfalls verboten. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) seien darunter nicht nur diskriminierende Maßnahmen, also Maßnahmen die einen Unterschied zwischen Ausländern und Inländern machten, sondern auch nichtdiskriminierende Maßnahmen zu verstehen. Auch § 122 Abs. 7 und 8 WKG sei eine nichtdiskriminierende Maßnahme, die die Niederlassungsfreiheit ungerechtfertigt beeinträchtige. § 122 Abs. 7 und 8 WKG bestimme, dass alle Mitglieder der Wirtschaftskammer eine weitere Umlage an die Landeskammern und die Bundeskammer zu entrichten hätten.

Wer Mitglied sei, bestimme sich nach § 2 WKG. In Verbindung mit dieser Bestimmung müssten daher alle Unternehmen, deren Tätigkeit der Gewerbeordnung unterliege, unterschiedslos eine Umlage nach § 122 Abs. 7 und 8 WKG entrichten. Dieser Umlage werde die Beitragsgrundlage nach § 41 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) zu Grunde gelegt. Das sei die Summe der Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Bundesgebiet beschäftigten Dienstnehmer gezahlt werde, wobei ein ins Ausland entsendeter Dienstnehmer ebenfalls als im Bundesgebiet beschäftigt angesehen werde. Eine solche undifferenzierte nationale Bestimmung sei mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar, da durch sie insbesondere Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig seien, in mehreren Mitgliedstaaten mit Mitgliedsbeiträgen zu gesetzlichen Interessensvertretungen belastet werden könnten. § 122 Abs. 6 und 7 WKG stelle in keiner Weise darauf ab, ob das Mitglied auch in einem anderen Mitgliedstaat Mitglied einer gesetzlichen Interessensvertretung sei und in welcher Höhe eine Beitragsbelastung anfalle.

Freilich liege es am europäischen Gesetzgeber, ein System gesetzlicher Interessenvertretungen in Europa derart zu harmonisieren, dass ungerechtfertigte Doppelbelastungen von grenzüberschreitenden Unternehmen und eine Beeinträchtigung des Binnenmarktes vermieden würden. Eine fehlende Harmonisierung hindere den Normunterworfenen aber nicht, den Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit im Sinne der unmittelbaren Wirkung des Primärrechts sofort aufzugreifen. Dies sei vor dem Hintergrund der enormen Belastungen, denen die Unternehmen durch derartige Mitgliedsbeiträge in verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgesetzt seien, notwendig.

Nach Art. 87 EGV seien staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschten oder zu verfälschen drohten, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigten. Das Tätigwerden der nationalen Gerichte und Behörden im System der Kontrolle von staatlichen Beihilfen beruhe auf der unmittelbaren Wirkung, die dem in Art. 88 Abs. 3 dritter Satz EGV ausgesprochenen Verbot, beabsichtigte Beihilfemaßnahmen durchzuführen, zukomme. Dieses Verbot werde als Durchführungsverbot bezeichnet. Die Bekämpfung einer staatlichen Beihilfe müsse also nicht notwendigerweise durch Anrufung der Kommission oder des Europäischen Gerichtshofes geschehen, sondern könne direkt vor der nationalen Behörde erfolgen, welche Normadressat des Durchführungsverbotes sei.

§ 122 Abs. 7 und 8 WKG verstoße gleich in zweifacher Hinsicht gegen das Beihilfenverbot, durch die Finanzierung von wirtschaftlichen Tätigkeiten der Wirtschaftskammern und durch die Begünstigung bestimmter Wirtschaftszweige.

Aus den Mitgliedsbeiträgen nach § 122 Abs. 7 und 8 WKG (sowie aus anderen Mitgliedsbeiträgen) würden auch wirtschaftliche Tätigkeiten der Wirtschaftskammer finanziert. So betreibe die Wirtschaftskammer beispielsweise das Wirtschaftsförderungsinstitut. Die Wirtschaftskammer bewerbe selbst auf ihrer Internetseite, dass dieses Institut nicht nur in Österreich, sondern auch in Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien tätig sei. Das Institut sei nach eigener Aussage eine Plattform und Wissensvermittler auf den Gebieten Werbung, Public Relations, Internet, neue Bildungsprodukte, Technologien und Innovation. Es sei wohl amtsbekannt, dass diese Dienstleistungen auf entgeltlicher Basis angeboten würden. Damit stehe das Wirtschaftsförderungsinstitut aber in unmittelbarem Wettbewerb mit anderen Anbietern in Österreich und den genannten anderen Mitgliedstaaten.

Die Mitglieder der Wirtschaftskammern finanzierten aus ihren gesetzlichen Beiträgen somit grenzüberschreitende wirtschaftliche Tätigkeiten der Wirtschaftskammern. Dies stelle eine staatliche Beihilfe dar, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei, weil sie den Markt zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtige. Die Behörde argumentiere, dass auch das Beihilfeverbot nach Art. 87 EGV nicht berührt sei, weil von einer Altbeihilfe auszugehen sei. Dem sei zu entgegnen, dass Institutionen nach der Art der österreichischen Wirtschaftskammern im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union als staatliche Institution dem Staat zuzurechnen seien. Das bedeute, dass durch die Wirtschaftskammer an Unternehmen gewährte Beihilfen im Sinne dieser Rechtsprechung auch als staatliche Beihilfen anzusehen seien. Auf Grund des oben erwähnten Durchführungsverbotes des Art. 88 Abs. 3 dritter Satz EGV sei es nationalen Behörden verboten, Beiträge einzuheben, mit denen staatliche Beihilfen gewährt würden.

Eine staatliche Maßnahme stelle dann eine Beihilfe dar, wenn sie bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstige. Prüfe man die steuerliche Regelung nach den Vorgaben der Europäischen Kommission, so stelle man fest, dass sie Ausnahmecharakter habe, weil sie eine Ausnahme hinsichtlich jener Unternehmen mache, die sehr wenig oder gar keine Arbeitslöhne zahlten. Somit erfülle die Maßnahme das Kriterium, nicht auf alle Unternehmen und alle Produktionszweige anwendbar zu sein. Der Begriff der Beihilfe nach Art. 87 EGV umfasse nicht nur positive Leistungen wie Subventionen selbst, sondern auch Maßnahmen, die in unterschiedlicher Form die Belastungen verminderten, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen habe, und die somit zwar keinen Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellten, diesen aber nach Art und Wirkung geleichstünden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedürfe es daher im Hinblick auf das Beihilfenverbot nach Art. 87 EGV einer sachlichen Rechtfertigung für eine unterschiedliche steuerliche Belastung von Unternehmen.

Die Behörde vermeine, dass das Merkmal der Selektivität (Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige) durch die umlagenfinanzierten Tätigkeiten der Kammern nicht erfüllt würden, weil diese immer unterschiedslos allen Mitgliedern gegenüber erbracht würden. Das Abstellen des § 122 Abs. 7 und 8 WKG in Verbindung mit § 41 FLAG auf die Summe von Arbeitslöhnen als Beitragsgrundlage für die in Streit stehende Umlage bewirke aber, dass vor allem Unternehmen mit einem hohen Personalaufwand, also arbeitsintensive Produktionszweige unverhältnismäßig stark mit der Gebühr belastet würden. Auch durch die Freigrenze nach § 41 Abs. 4 letzter Satz FLAG werde eine Ausnahme zugunsten von Betrieben gemacht, die nur einen sehr geringen Personaleinsatz haben. Dies verstärke den Effekt zu Lasten der arbeitsintensiven Produktionszweige noch zusätzlich. In den De-minimis-Grenzwert seien sämtliche staatlichen Beihilfen einzubeziehen und nicht nur die von den Wirtschaftskammern erbrachten Leistungen.

Weiters sei festzuhalten, dass die Maßnahme auch nicht durch den inneren Aufbau des Steuer- und Abgabensystems gerechtfertigt sei, weil es kein Grund- und Leitprinzip des österreichischen Steuersystems darstelle, personalintensive Betriebe unverhältnismäßig stärker zu belasten als kapitalintensive Betriebe. Es wäre auch arbeitsmarktpolitisch nicht besonders erstrebenswert, den Faktor Arbeit durch zusätzliche Lohnnebenkosten enorm zu belasten und damit gegenüber Produktionsfaktor Kapital ungerechtfertigt zu benachteiligen.

Im Ergebnis sei daher festzuhalten, dass § 122 Abs. 7 und 8 WKG in Verbindung mit § 41 FLAG eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 87 EGV darstelle, weil sie Ausnahmecharakter habe und somit bestimmte Wirtschaftsteilnehmer ungerechtfertigt begünstige. Diese stünden unstrittig auch in unmittelbaren Wettbewerb mit ausländischen Anbietern, womit eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten gegeben sei. Auf Grund des Durchführungsverbotes des Art. 88 Abs. 3 dritter Satz EGV sei es der Behörde untersagt, diese Abgabe einzuheben.

Die Bescheide litten auch deshalb an Rechtswidrigkeit, weil sie sich auf § 122 Abs. 7 und 8 WKG stützten, und diese Bestimmung durch ihren Verweis auf § 41 FLAG auch verfassungswidrig sei. § 122 Abs. 7 und 8 WKG diene der Finanzierung der Wirtschaftskammern. Die Verteilung dieser Finanzierungslast auf die Mitglieder müsse nach einem sachlichen Kriterium erfolgen. Dazu führe Beiser aus, dass eine unverhältnismäßige Belastung auf Grund einer insgesamt überhöhten Umlagenlast eine unverhältnismäßige Belastung (und somit Überforderung) einzelner Mitglieder oder eine unverhältnismäßige Verteilung der Umlagekosten unter den Kammermitgliedern mit dem Gebot einer gleichmäßigen Verteilung der Umlagelasten nach Art. 7 B-VG nicht zu vereinbaren sei. Aus Art. 7 B-VG werde nach der herrschenden Lehre abgeleitet, dass eine Differenzierung sachlich sein müsse. Das bedeute, dass die Kriterien, anhand derer Gleiches als gleich erachtet und gleich behandelt und Ungleiches als ungleich erachtet und ungleich behandelt werde, sachlich sein müssten (Sachlichkeitsgebot).

Der Verfassungsgerichtshof vertrete die Ansicht, ein Abstellen auf die Unternehmensgröße bei der Bemessung einer Abgabe stelle kein unsachliches Kriterium dar. Auf die in Streit stehende Abgabe treffe diese Rechtsprechung jedoch nicht zu. Durch die Umlage nach § 122 Abs. 7 und 8 WKG werde eben nicht nach der Unternehmensgröße, sondern nach der Produktionsart differenziert. Unternehmen, deren Produktion vor allem den Produktionsfaktor Arbeit benötige, würden gegenüber Unternehmen benachteiligt, die keine Dienstnehmer beschäftigten oder nur sehr geringe Löhne zahlten. Dieses Kriterium sei unsachlich. Es gebe keinen Grund, Unternehmen mit vielen Beschäftigten, die somit zur Sicherung der Arbeitsplätze beitrugen, wesentlich höher mit einer bestimmten Abgabe zu belasten, als Unternehmen, die keine Beschäftigten anstellten, wenn diese Abgabe lediglich zur Finanzierung der Wirtschaftskammern dienen solle. Hier sei kein vernünftiger Zusammenhang zwischen dem Zweck der Abgabe und dem Kriterium der Verteilung dieser Abgabe auf die Mitglieder erkennbar.

Hinter § 122 Abs. 7 und 8 WKG stehe auch kein bestimmtes politisches Ziel, das die Gestaltung rechtfertigen würde, weil es kein Grund- oder Leitprinzip der österreichischen Steuerpolitik sei, den Produktionsfaktor Arbeit besonders hoch im Verhältnis zu anderen Produktionsfaktoren zu belasten. Es wäre geradezu widersinnig, dies dem Gesetzgeber zu unterstellen. Einer verfassungskonformen Interpretation sei § 122 Abs. 7 und 8 WKG nicht zugänglich, weil diese Bestimmung eindeutig unsachlich im dargelegten Sinne sei. Im Ergebnis verstoße § 122 Abs. 7 und 8 WKG durch den Verweis auf die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG also gegen das dem Gleichheitssatz innewohnende Sachlichkeitsgebot des Art. 7 B-VG und sei daher verfassungswidrig, womit auch die Bescheide an einer Rechtswidrigkeit leiden würden. Daran ändere auch Art 120c Abs. 2 B-VG in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl Nr. 2/2008 nichts, weil diese Bestimmung nur die Mitgliedschaft an sich, und nicht die Höhe und Lastenverteilung der Beiträge verfassungsgesetzlich regle.

Mit der Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Vorlage der Berufung (nun Beschwerde) an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und beantragte, den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag mit Null festzusetzen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Mit wurde der Unabhängige Finanzsenat aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren geht gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das Bundesfinanzgericht über. § 323 Abs. 38 BAO normiert, dass die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.

Der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (Kammerumlage 2) ist in § 122 WKG geregelt. Die einschlägigen Bestimmungen lauten:

„(7) Die Landeskammern können zur Bedeckung ihrer Aufwendungen festlegen, dass die Kammermitglieder eine weitere Umlage zu entrichten haben. Diese ist beim einzelnen Kammermitglied von der Summe der in seiner Unternehmung (seinen Unternehmungen) nach § 2 anfallenden Arbeitslöhne zu berechnen, wobei als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage nach § 41 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967, gilt (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag). Die Umlage ist in einem Hundertsatz dieser Beitragsgrundlage zu berechnen. Der Hundertsatz ist vom Wirtschaftsparlament der Landeskammer festzusetzen; er darf 0,29 vH der Beitragsgrundlage nicht übersteigen. Hat ein Kammermitglied gemeinsam mit einem oder mit mehr als einem anderen Kammermitglied eine Arbeitsgemeinschaft gebildet, so wird die weitere Umlage hinsichtlich der Arbeitslöhne, die bei der Arbeitsgemeinschaft anfallen, durch diese entrichtet. Bei einer Personengesellschaft des Handelsrechts, bei der ein Komplementär eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts ist, gehören die diesbezüglichen, bei der Komplementärgesellschaft anfallenden Arbeitslöhne auch dann zur Beitragsgrundlage, wenn die Komplementärgesellschaft keine Berechtigung nach § 2 besitzt. Die Bestimmungen der §§ 42a und 43 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967, finden auf die Umlage sinngemäß Anwendung. Über Rechtsmittel, mit denen die Umlagepflicht dem Grunde nach bestritten wird, hat der Präsident der Landeskammer zu entscheiden. Solche Rechtsmittel gelten als Berufungen nach § 128 Abs. 3; § 128 Abs. 3 und Abs. 5 sind sinngemäß anzuwenden. Ein im Verhältnis zur Summe der Arbeitslöhne der Arbeitnehmer der Mitglieder der einzelnen Landeskammern ungleichgewichtiges Aufkommen aus der weiteren Umlage ist zwischen den Landeskammern auszugleichen (Finanzausgleich).

(8) Die Bundeskammer kann zur Bedeckung ihrer Aufwendungen eine Umlage nach Abs. 7 festlegen. Abs. 7 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Umlage 0,15 vH der dort angeführten Beitragsgrundlage nicht übersteigen darf.“

In einem vergleichbaren Fall, in dem ebenfalls die Gemeinschaftswidrigkeit (Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit und das Beihilfeverbot) und die Verfassungswidrigkeit der hier einschlägigen Bestimmung behauptet worden ist, hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2009/15/0169, die Beschwerde gegen eine Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates, mit der der Berufung nicht stattgegeben worden ist, als unbegründet abgewiesen und Folgendes festgestellt (auszugsweise):

„Durch Artikel 107 AEUV (Artikel 87 EG) soll verhindert werden, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten durch von staatlichen Stellen gewährte Vergünstigungen beeinträchtigt wird, die in verschiedenartiger Weise durch die Bevorzugung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen. Voraussetzungen für die Qualifizierung einer nationalen Maßnahme als staatliche Beihilfe sind die Finanzierung dieser Maßnahme durch den Staat oder aus staatlichen Mitteln, das Vorliegen eines Vorteils für ein Unternehmen, die Selektivität dieser Maßnahme und die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten und eine daraus resultierende Verfälschung des Wettbewerbs (vgl.  und C-41/05, Air Liquide, ÖStZB 2007, 245, Rn 27 f).

Der Begriff der Beihilfe umfasst nicht nur positive Leistungen, sondern auch staatliche Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen regelmäßig zu tragen hat, und die somit, obwohl sie keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen nach Art und Wirkung gleichstehen (vgl. EuGH aaO, Rn 29).

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH kann ein Unternehmer in einem seine Abgabenschuld betreffenden Abgabenverfahren nicht erfolgreich geltend machen, dass die Befreiung eines anderen Unternehmers (oder dessen niedrigere Besteuerung) eine unionsrechtswidrige Beihilfe sei. Der Schuldner einer Abgabe kann sich also nicht mit der Begründung, die Befreiung (oder niedrigere Besteuerung) anderer Unternehmer stelle eine staatliche Beihilfe dar, der Zahlung der Abgabe entziehen. Ein Abgabenschuldner könnte sich nur dann ausnahmsweise auf der Grundlage des Beihilfenverbotes seiner Zahlungspflicht entziehen, wenn eine Regelung vorliegt, nach welcher der Abgabenertrag unmittelbar einer Verwendung zugeführt werden muss, die ihrerseits die Beihilfenmaßnahme darstellt (vgl. 17. ÖJT Band IV/2, 131 bis 133, und das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0172 mwH, insb den Hinweisen auf u.a., Nazairdis u.a., ÖStZB 2007, 106, Rn 44, und EuGH Air Liquide, Rn 46).

Ein solcher Ausnahmefall, bei welchem nach der zu Grunde liegenden Regelung das Aufkommen aus der Abgabe notwendig für die Finanzierung einer Beihilfe verwendet würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Es besteht kein zwingender Zusammenhang zwischen der Abgabe und einer allfälligen beihilfenrelevanten Verwendung des Abgabenertrages.

Damit ist das Schicksal der Beschwerde entschieden.

(…)

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.“

Betreffend die Verfassungswidrigkeit ist auch noch festzuhalten, dass es grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, an welche Kriterien er bei der Bemessung der gegenständlichen Abgabe anknüpft. Verfassungsrechtliche Bedenken liegen bei der im Interesse der Entlastung von Kleinbetrieben zu rechtfertigenden Freigrenze nicht vor ().

Der Verwaltungsgerichtshof ist somit in einem vergleichbaren Fall von der Rechtmäßigkeit der Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag ausgegangen. Für das Bundesfinanzgericht ergab sich aus den Vorbringen der Beschwerdeführerin kein Grund, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abzugehen.

Ein Indiz für die Richtigkeit der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist auch, dass die Beschwerdeführerin in andere Zeiträume betreffenden Verfahren, in denen die Berufungen (nun Beschwerden) wortgleiche Vorbringen enthielten, ihre Vorlageanträge zurück gezogen hat.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Im Gegenteil, das Bundesfinanzgericht stützt seine Entscheidung auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes in einem vergleichbaren Fall, in dem ebenfalls die Rechtswidrigkeit der Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag wegen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit und das Beihilfeverbot sowie wegen Verfassungswidrigkeit behauptet worden ist.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 122 Abs. 7 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
§ 122 Abs. 8 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.2100028.2010

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at