Wertpapierdepot stellt kein notwendiges Betriebsvermögen dar
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2017/13/0063. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Vertreter , über die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde FA X vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (Bf.) bezog im Streitjahr 2010 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sowie Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Büromaschinenmechaniker. Der Bf. ermittelte seine Einkünfte gemäß § 4 Abs. 3 EStG, legte seine Einnahmen- und Ausgabenrechnung für das Jahr 2010 vor und erklärte einen Bilanzgewinn in Höhe von € 39.297,61.
Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 und stellte Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 34.188,93 fest.
Am wurde der Bescheid vom gemäß § 299 BAO aufgehoben und ein neuer Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 erlassen, in welchem Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 59.433,70 festgestellt wurden. Zur Begründung wurde vom Finanzamt ausgeführt, dass es sich bei den auf dem Bankdepot 20068073970 ausgewiesenen Wertpapieren nicht um notwendiges Betriebsvermögen handle, weshalb der durch Spekulation erwirtschaftete Verlust in Höhe von € 25.244,77 dem Privatbereich zuzurechnen war.
Der Bf. erhob Berufung und erklärte, dass es sich bei den gegenständlichen Wertpapieren um Betriebsvermögen handle, da Gelder aus betrieblichen Einnahmen in Form von Wertpapieren veranlagt worden seien. Neben dem ausgeschiedenen Wertpapierdepot gebe es auch ein privates Wertpapierdepot. Aus den vom Bf. vorgelegten Beilagen sei ersichtlich, dass es ein betriebliches Wertpapierdepot (Nr. 200680073970), welches mit dem betrieblichen Konto 20010078912 verknüpft sei, gebe, sowie ein privates Wertpapierdepot (Nr. 20010002304), welches mit dem privaten Konto 20068117799 verknüpft sei.
Die Käufe auf dem betrieblichen Depot seien mit Geldern vom betrieblichen Konto durchgeführt worden. Nach Ansicht des Bf. stellen die Wertpapiere auf dem Depot daher Betriebsvermögen dar, weshalb auch die Ergebnisse aus den Verkäufen bei den Einkünften aus Gewerbebetreib zu beachten seien.
Das Finanzamt erließ am eine abweisende Berufungsvorentscheidung und begründete diese damit, dass bei einer Gewinnermittlung mittels Einnahmen- und Ausgabenrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG nur notwendiges Betriebsvermögen berücksichtigt werden könne. Dieses notwendige Betriebsvermögen umfasse jene Wirtschaftsgüter, die objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt seien und ihm tatsächlich dienen. Dabei seien die Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes, die Besonderheiten des Betriebes und des Berufszweiges des Steuerpflichtigen, sowie die Verkehrsauffassung maßgebend. Bloß subjektive Momente seien nicht entscheidend.
Wertpapiere zählen jedenfalls dann zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn steuerliche Vorschriften deren Erwerb für den betrieblichen Bereich (z.B. zur Deckung von Abfertigung- und Pensionsrückstellungen) ausdrücklich vorschreiben oder wenn sie mit dem unmittelbaren Betriebsgegenstand des Steuerpflichtigen (z.B. Wertpapierhändler) in Zusammenhang stehen.
Laut Rechtsprechung des UFS RV/0928-L/10 gehören sogar Wertpapiere, die als Tilgungsträger für ein betriebliches Darlehen aufgebaut werden grundsätzlich zum Privatvermögen, da die Verpfändung alleine die Wertpapiere noch nicht zum Betriebsvermögen mache.
Im Rahmen des Betriebes eines Büromaschinenmechanikers würden nach der Verkehrsauffassung Wertpapiergeschäfte nicht abgewickelt. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergäbe sich im Betriebsgeschehen des Bf. keine Funktion der Wertpapiere und wurde eine solche auch in der Berufung nicht behauptet.
Es sei in keiner Weise vom Bf. dargelegt worden, dass das Wertpapierdepot zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt gewesen sei, auch wenn die Geldmittel aus dem betrieblichen Bankkonto stammen.
Der Bf. stellte den Antrag die Berufung zu Entscheidung vorzulegen und wiederholte seine Ausführungen dass nach seiner Ansicht das Wertpapierdepot Betriebsvermögen darstelle.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Strittig ist im vorliegenden Fall ob das Wertpapierdepot Nr. 200680073970 notwendiges Betriebsvermögen darstellt und der im Jahr 2010 daraus erwirtschaftete Verlust in Höhe von € 25.244,77 bei den vom Bf. im Jahr 2010 erzielten Einkünften aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen ist.
Das Bundesfinanzgericht geht im vorliegenden Fall von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:
Der Bf. erzielte im Streitjahr 2010 neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Büromaschinenmechaniker. Der Bf. ermittelte seine Einkünfte gemäß § 4 Abs. 3 EStG und erklärte einen Gewinn in Höhe von € 39.297,61.
Aus den dem Finanzamt übermittelten Unterlagen ergibt sich, dass der Bf. im Streitjahr 2010 über ein privates Bankkonto 20010002304 und ein privates Wertpapierdepot 20068117799 verfügte, sowie über ein betriebliches Bankkonto 20010078912 und ein vom Bf. diesem zugeordnetes als betriebliches bezeichnetes Wertpapierdepot 20068073970 verfügt hat.
Die Wertpapiere in dem als betrieblich bezeichneten Depot waren aus Geldern des betrieblichen Kontos angeschafft worden. Im Jahr 2010 wurden laufend An- und Verkäufe der Wertpapiere getätigt und daraus ein Verlust erwirtschaftet.
Der Bf. ist nicht als Wertpapierhändler tätig und die Wertpapiere, mit welchen der Verlust erwirtschaftet wurde, dienen auch nicht steuergesetzlich vorgeschriebenen Zwecken wie der Deckung von Abfertigungs- oder Pensionsrückstellungen.
Im Jahr 2010 erwirtschaftete der Bf. aus dem von ihm als betrieblich bezeichneten Wertpapierdepot durch laufende Ankäufe und Verkäufe diverser Wertpapiere (Aktien) einen Verlust in Höhe von € 25.244,77, welchen er als betrieblich bedingt in seiner Gewinn- und Verlustrechnung berücksichtigte.
Das Finanzamt anerkannte die Zuweisung des Wertpapierdepots zum notwendigen Betriebsvermögen durch den Bf. nicht und rechnete den erwirtschafteten Verlust dem Privatbereich zu.
Gemäß § 4 Abs. 1 EStG wird durch doppelte Buchhaltung der Gewinn als Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ermittelt.
Gemäß § 4 Abs. 3 EStG darf der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben dann als Gewinn angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung besteht und Bücher auch nicht freiwillig geführt werden.
In eine Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG bzw. § 4 Abs. 3 EStG kann nur notwendiges Betriebsvermögen einbezogen werden.
Nach Lehre und Rechtsprechung () umfasst das notwendige Betriebsvermögen nach steuerlichen Gesichtspunkten jene Wirtschaftsgüter, die ihrem Wesen nach einem Betrieb objektiv zu dienen bestimmt sind und auch tatsächlich betrieblich genutzt werden (ua. ; ). Dabei sind die Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes, die Besonderheiten des Betriebes und des Berufszweiges des Steuerpflichtigen, sowie die Verkehrsauffassung maßgebend. Bloß subjektive Momente des Steuerpflichtigen, die nicht in der Außenwelt zum Ausdruck kommen, sind dagegen nicht entscheidend.
Wertpapiere zählen jedenfalls dann zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn steuerliche Vorschriften deren Erwerb für den betrieblichen Bereich z.B zur Deckung von Abfertigungs- oder Pensionsrückstellungen ausdrücklich vorschreiben oder wenn sie mit dem unmittelbaren Betriebsgegenstand des Steuerpflichtigen (z.B. Wertpapierhändler) in Zusammenhang stehen.
Im vorliegenden Fall dienten die Wertpapiere weder zur Erfüllung steuerlicher Vorschriften noch dem unmittelbaren Betriebsgegenstand des Bf., der - wie sich aus dem vorgelegten Jahresabschluss 2010 ergibt - seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Büromaschinenmechaniker erzielte.
Die Wertpapiere wurden zwar unbestrittenermaßen aus Geld des Betriebskontos erworben, jedoch hat der Bf. im Jahr 2010 laut vorliegender Verlaufsaufzeichnung des Wertpapierdepots 200680073970 laufend An- und Verkäufe der Wertpapiere getätigt.
Es ist objektiv ersichtlich, das die Wertpapiere auf diesem Depot nicht zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb verwendet wurden und diesem auch tatsächlich nicht gedient haben.
Dem Unternehmer bleibt überlassen, welche betrieblichen Mittel er einsetzt, diesem Wahlrecht sind jedoch insoweit Grenzen gesetzt, wenn die gewählten Wirtschaftsgüter in keinem objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen oder geeignet sind eine Funktion im Betriebsgeschehen zu erfüllen. (Jakom, Marschner, EStG 2014, § 4 RZ 89).
Es kommt auf den tatsächlich ausgeübten Betriebsgegenstand an, welcher im vorliegenden Fall der Betrieb eines Unternehmens als Büromaschinenmechaniker ist.
Die Rechtsfrage, ob eine Sache dem Betriebsvermögen zuzurechnen ist, ist nach der Sachfrage zu beantworten, in welcher Weise die betroffene Sache dem objektiven Anschein der Verhältnisse nach verwendet wird. ().
Ein Wirtschaftsgut, das objektiv erkennbar privaten Zwecken bzw. Bedürfnissen dient stellt notwendiges Privatvermögen dar (/94/14/0077).
Bei der Anschaffung von Wertpapieren aus Geldmitteln von einem betrieblichen Girokonto wird ein Wirtschaftsgut mit anderer Marktgängigkeit als Bargeld angeschafft. Auch in diesem Fall muss daher der Funktionszusammenhang mit dem Betrieb geprüft werden.
Wenn Wertpapiere aus betrieblichen Geldmitteln nur zu dem Zweck angeschafft werden, um dem Betrieb anstatt liquider Geldmittel wie Bargeld oder Bankguthaben in einer anderen Veranlagungsform zu Verfügung zu stehen, so ist die Annahme gerechtfertigt, dass durch die Umschichtung des Wirtschaftsgutes „Geld“ in das Wirtschaftsgut „Wertpapier“ die Zweckbestimmung nicht durchbrochen wurde. Davon ist auszugehen, wenn die Veranlagung in Wertpapieren von der Zweckbestimmung her eine dem Geldbestand adäquate Funktion im Betrieb erfüllt und den Zweck verfolgt, dem Betrieb für die Anschaffung von Betriebsvermögen oder die Bestreitung von Betriebsausgaben zur Verfügung zu stehen, also dem Betrieb als Zahlungsmittel bzw. Geldwert erhalten bleibt.
Im gegenständlichen Fall wurde im Veranlagungszeitraum 2010 vom Bf. auf dem Wertpapierdepot allerdings eine erhebliche Anzahl von An- und Verkäufen von Wertpapieren (Aktien) getätigt, welche zu einem Verlust führten.
Unter diesen Umständen kann objektiv nach der Verkehrsauffassung keinesfalls gesagt werden, dass die Zweckbestimmung der Wertpapiere als dem Betrieb zugewiesenes notwendiges Betriebsvermögen gegeben war, die Wertpapiere dienten nicht jener Funktionszuweisung, wie sie Bargeld oder Bankguthaben zukommt. Sie standen dem Betrieb nicht als Geldwert zur Verfügung, sondern wurden vom Bf. durch Verkäufe entzogen und durch Ankäufe anderer Wertpapiere jeweils kurzfristig ersetzt, wobei zum Jahresende 2010 aus den nicht mit dem Unternehmenszweck verbundenen Wertpapiergeschäften ein Verlust erwirtschaftet wurde, welchen der Bf. als betrieblich veranlasst im Rahmen seiner Gewinnermittlung berücksichtigt haben will.
Die vom Bf. auf dem Wertpapierdepot getätigten Geschäfte betrafen Aktienankäufe und Aktienverkäufe in spekulativer Weise.
Nach der Verkehrsauffassung haben diese Geschäfte eindeutig keinen Zusammenhang mit dem Betrieb eines Büromaschinenmechanikers, noch haben derartige nicht festverzinsliche Wertpapiere eine dem Geldwert vergleichbare Funktion im Betrieb des Bf., da sie nicht zur langfristigen Eigenkapitalstärkung des Betriebes dienten.
Wertpapiergeschäfte werden nach der Verkehrsauffassung üblicherweise nicht im Rahmen des Betriebes des Bf. (Büromaschinenmechaniker) abgewickelt. Eine Funktion der Wertpapiere im Betriebsgeschehen des Bf. ergab sich weder aus dem festgestellten Sachverhalt noch aus dem Vorbringen des Bf. selbst. Es sind daher keine Umstände erkennbar, die eine Betriebsbezogenheit der Wertpapiere auf dem Depot aufzuzeigen in der Lage wären.
Aus den oben angeführten Gründen kommt das Bundesfinanzgericht zur Rechtsmeinung, dass das Wertpapierdepot 200680073970 kein notwendiges Betriebsvermögen darstellt und der daraus erwirtschaftete Verlust vom Finanzamt zu Recht nicht in der Gewinnermittlung betreffend die Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Bf. im Jahr 2010 berücksichtigt wurde .
Der Beschwerde war nicht Folge zu geben.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rechtsfrage unter welchen Voraussetzungen Wertpapiere als notwendiges Betriebsvermögen zuzuordnen sind, ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinreichend geklärt, weshalb im vorliegenden Fall die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 4 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Raab/Renner in GES 2018, 144 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7101310.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at