Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.05.2017, RV/7105835/2016

Vertretungsärztin als Dienstnehmerin (DB-Pflicht).

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2017/13/0041. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/7104667/2018 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Stb, vom , gegen die Bescheide des Finanzamtes Waldviertel vom , über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) für die Jahre 2004 bis 2007 , zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob die im GPLA-Bericht vom (unter Verweis auf die Beilage zur Niederschrift vom ) namentlich angeführten Vertretungsärztinnen als Dienstnehmerinnen im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 beim Beschwerdeführer (Bf.) tätig waren und ihre Bezüge deshalb der DB-Pflicht in den o.a. Streitjahren unterliegen.

Im Zuge einer GPLA-Außenprüfung wurde lt. Bericht vom folgender Sachverhalt erhoben:

Der Bf. ist Facharzt für Urologie (Kassenarzt) in W.

In den Streitjahren machte er Betriebsausgaben zwischen 22.500 € und 29.400 € (vgl. Bp-Bericht vom ) für zwei Vertretungsärztinnen, A und B, geltend, die regelmäßig (ein bis zwei Mal pro Woche) Vertretungsleistungen in der Ordination des Bf. erbrachten.

Die GPLA-Prüfung kam aufgrund ihrer Erhebungen zum Schluss, dass die von den beiden o.a. Vertretungsärztinnen ausgeübten Tätigkeiten ein abhängiges Dienstverhältnis darstellt.

Das Finanzamt folgte in den o.a. bekämpften Bescheiden den Feststellungen der GPLA-Außenprüfung lt. Bericht vom und lt. Niederschrift über die Schlussbesprechung vom .

Gegen die o.a. Bescheide vom erhob der Bf. das Rechtsmittel der Berufung und begründete diese im Wesentlichen wie folgt:

- Die beiden o.a. Vertretungsärztinnen seien nach Ansicht des Bf. nicht als Dienstnehmerinnen einzustufen.

- Lt. Auskunft der Ärztekammer X gebe es Gespräche zwischen dem Finanzministerium und der Gebietskrankenkasse, in welchen die Beurteilungskriterien des § 47 Abs. 2 EStG 1988 speziell auf die Berufsgruppe der Vertretungsärzte abgestimmt werden sollten.

Die GPLA-Prüferin habe die speziellen Voraussetzungen und rechtlichen Einschränkungen im Bereich der ärztlichen Tätigkeiten bei der Beurteilung der Dienstnehmereigenschaft nicht berücksichtigt.

- Weiters liege eine organisatorische Eingliederung in das Unternehmen nicht vor, weil die Ablehnung eines Vertretungsdienstes (mit oder ohne Angabe von Gründen) jederzeit und spontan erfolgen könne. Derartige „Freiheiten“ stünden keinem Dienstnehmer zu.

- Die Arbeitszeit sei nicht genau vorgegeben, sondern richte sich nach dem tatsächlichen Arbeitsanfall. Bei den Ordinationszeiten handle es sich um Richtwerte für die Patienten, sie hätten mit den tatsächlichen Arbeitszeiten nichts zu tun.

- Die Möglichkeit, Aufträge abzulehnen, bestehe auch für den Kassenarzt selbst nicht, weil er einen öffentlichen Versorgungsauftrag habe. Dieses Kriterium könne somit für eine Beurteilung des Vertragsverhältnisses nicht herangezogen werden.

- Dem Argument, dass auch unselbständig tätige Ärzte ein Haftungsrisiko zu trägen hätten, werde entgegnet, dass solche Ärzte unter fachlicher Dienstaufsicht eines Vorgesetzten tätig seien, während ein Vertretungsarzt Fortbildungen und Fachliteraturstudium eigenverantwortlich durchführen müsse.

Das Haftungsrisiko eines Vertretungsarztes, welcher ohne Dienstaufsicht und ohne standardmäßige Qualitätsrichtlinien agiere, sei wesentlich höher.

Mit Berufungsentscheidung vom gab der Unabhängige Finanzsenat der Berufung vom Folge, da insbesondere im Verwaltungsakt keine konkreten Angaben für eine persönliche Weisungsgebundenheit gefunden hätten werden können.

Diese UFS-Entscheidung wurde nach Anfechtung mittels Amtsbeschwerde seitens des Finanzamtes Waldviertel mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2011/15/0122, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, insbesondere deshalb, da die Begründung der UFS-Entscheidung nicht erkennen habe lassen, von welchem Sachverhalt der UFS ausgegangen sei.

Im fortgesetzten Verfahren gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde mit Erkenntnis vom erneut statt, hob die o.a. Festsetzungsbescheide betreffend Dienstgeberbeitrag 2004 bis 2007 auf und verwies auf die Berufungsentscheidung vom . Begründend wurde ausgeführt, dass ein „generelles fachliches Weisungsrecht“ aus der Erfüllung der Vorgaben der Krankenkasse nicht abgeleitet werden könne.

Vertretungsärzte seien somit nicht weisungsgebunden, sondern voll eigenverantwortlich tätig und trügen die volle Haftung (= Unternehmerrisiko).

Auch läge keine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus vor, wenn der zu vertretende Arzt in der Ordination nicht anwesend sei und die Ordination und die dazugehörenden Betriebsmittel nur zur Verfügung gestellt werden würden.

Auch diese BFG-Entscheidung wurde nach Anfechtung mittels außerordentlicher Revision seitens des Finanzamtes Waldviertel mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2016/13/0005, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, insbesondere deshalb, da die Begründung erneut nicht erkennen habe lassen, wie die konkrete Gestaltung der Verhältnisse bei den beiden Vertretungsärztinnen beschaffen gewesen sei.

Gem. § 323 Abs. 38 erster und zweiter Satz BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Bf. ist Facharzt für Urologie und ließ sich in den o.a. Streitjahren in seiner Ordination von A (Dienstag Nachmittag) und B (Donnerstag Nachmittag) vertreten.

Diese Vertretung erfolgte regelmäßig wiederkehrend an ein bis zwei Tagen wöchentlich beginnend ab 14 Uhr (Ende meist zwischen 19 und 20 Uhr).

Das Honorar betrug pro Nachmittag pauschal 300 € und konnte von den Vertretungsärztinnen nicht beeinflusst werden.

Welche Untersuchungen durchgeführt wurden, hat sich aufgrund einer Regelung mit dem Bf. bzw. aufgrund eines Schemas der Gebietskrankenkasse ergeben.

Alle benötigten medizinischen Geräte wurden den Vertretungsärztinnen vom Bf. zur unentgeltlichen Verwendung zur Verfügung gestellt.

Vertretungen der „Vertretungsärztinnen“ wurden durch den Bf. organisiert.

Die Abrechnung mit den Patienten erfolgte ausschließlich durch den Bf.

Die Ordination verfügte über 3 Behandlungsräume mit Computer.

Nach Aufruf der Patienten im Computer durch die Ordinationshilfen, erhielt die Vertretungsärztin ein Formular mit den Daten der Patienten.

Die Diagnose gab die Vertretungsärztin schriftlich (auf einen Zettel), als auch in den Computer ein.

Spezielle Behandlungsentscheidungen haben die Vertretungsärztinnen dem Bf. überlassen bzw. mit ihm (persönlich oder telefonisch) abgesprochen.

Unter Berücksichtigung der Ermittlungen der belangten Behörde, der im Verwaltungsverfahren hervorgekommenen Unterlagen, der übereinstimmenden Aussagen der beiden o.a. Vertretungsärztinnen am 6. und , die vom Bf. nicht bestritten wurden, sowie unter Berücksichtigung der Angaben und Vorbringen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erachtet das Bundesfinanzgericht den vorstehenden Sachverhalt als erwiesen.

Der Sachverhalt war somit rechtlich folgendermaßen zu würdigen:

Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten. Dienstnehmer sind unter anderem Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen.

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Seinem Wesen nach stellt das Dienstverhältnis daher ein Dauerschuldverhältnis dar, bei dem der Arbeitnehmer grundsätzlich verpflichtet ist, die Arbeitsleistung persönlich zu erbringen ().

Die Definition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 ist eine eigenständige des Steuerrechts, weder dem bürgerlichen Recht, dem Sozialversicherungsrecht, noch anderen Rechtsgebieten entnommen. Die Absicht des historischen Gesetzgebers ging dahin, ein tatsächliches Verhältnis, oder mit anderen Worten, einen Zustand zu umschreiben (Fellner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer III C § 47 Tz 4.3.). Die Tatsache, dass das Einkommensteuergesetz eine eigenständige Definition des Dienstverhältnisses enthält, kann dazu führen, dass derselbe Sachverhalt im Steuerrecht anders zu beurteilen ist als im bürgerlichen Recht, Sozialversicherungsrecht, Ausländerbeschäftigungsrecht oder Ärzterecht. Etwaige unterschiedliche Ergebnisse erkannte der Verfassungsgerichtshof jedoch nicht als unsachlich ().

Für die Beantwortung der Frage, ob ein Dienstverhältnis besteht, kommt es auch nicht auf die von den Vertragsparteien gewählte Bezeichnung (Dienstvertrag, freier Dienstvertrag, Werkvertrag, etc.) an. Es genügt, wenn die ausgeübte Tätigkeit in ihrer äußeren Erscheinungsform dem "Tatbild" des § 47 Abs. 2 EStG 1988 entspricht ().

Ein Dienstverhältnis liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet.

Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers.

In den Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständigen und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (). Nicht alle Bestimmungsmerkmale müssen gemeinsam vorliegen bzw. können sie in unterschiedlich starker Ausprägung bestehen ().

Maßgebend für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung als Dienstverhältnis ist daher stets das Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit, wobei auch der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltungsweise Gewicht beizumessen ist ().

Betreffend die Weisungsgebundenheit ist grundsätzlich zwischen den persönlichen Weisungen einerseits und den sachlichen Weisungen andererseits zu unterscheiden. Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet. Der Arbeitnehmer verspricht nicht die Ausführung einzelner Arbeiten, sondern stellt seine Arbeitskraft zur Verfügung.

Betreffend das Vorbringen, es habe keine fachliche Weisungsgebundenheit bestanden, denn eine solche sei schon aufgrund des Ärztegesetzes ausgeschlossen gewesen, ist festzuhalten, dass die Stärke des Weisungsrechts abhängig ist von der Art der Tätigkeit. Bei höher qualifizierten Tätigkeiten tritt die Weisungsgebundenheit in den Hintergrund, ohne dass dies das Vorliegen eines Dienstverhältnisses beeinträchtigen würde. Gleiches gilt für Tätigkeiten, die ihrer Natur nach weisungsfrei ausgeübt werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht bei einem Arzt nicht einmal eine ausdrückliche Weisungsungebundenheit in Bezug auf die Art der ärztlichen Tätigkeit der Annahme eines Dienstverhältnisses entgegen (). Bei der Tätigkeit eines Arztes handelt es sich um eine jener Berufstätigkeiten, denen ein hohes Maß an tatsächlicher Selbständigkeit innewohnt (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG § 47 Rz 34).

Nachdem die Ordinationshilfen die Patienten im Computer aufgerufen hatten, hatten die beiden Vertretungsärztinnen diese zu untersuchen. Die Patientendaten wurden den Ärztinnen schriftlich mittels Formular zur Verfügung gestellt.

Die Ärztinnen entschieden somit nicht über das Ausmaß der vorzunehmenden Behandlungen und Diagnosen, dieses wurde ihnen vom Bf. bzw. seinen Ordinationshilfen vorgegeben.

Die Übergabe oder Zuteilung der Untersuchungen (= im Sinne erforderlicher Behandlungen, Diagnosen und Rezeptverordnungen) lässt nicht auf die Erteilung einzelner Aufträge schließen, sondern stellt vielmehr eine persönliche Weisung dar, die vorgegebene Arbeit zu erledigen.

Den beiden o.a. Ärztinnen stand es auch nicht frei, den Patientenkreis frei zu wählen. Durch die Übergabe der Patienten, die von den Ärztinnen zu behandeln waren, wurde der Patientenkreis vom Bf. vorgegeben. Darin zeigt sich, dass die beiden Ärztinnen dem Bf. ihre Arbeitskraft geschuldet haben und nicht eine Reihe von Aufträgen übernommen haben.

Erklärt sich jemand bereit, über einen bestimmten Zeitraum (die Ärztinnen waren in all den verfahrensgegenständlichen Jahren für den Bf. tätig) die gerade anfallenden Untersuchungen vorzunehmen, so überwiegen in entscheidender Weise die Merkmale eines Dienstverhältnisses. Die Ärztinnen schuldeten nicht bloß einen bestimmten Arbeitserfolg, sondern für eine bestimmte Zeit ihre Arbeitskraft. Sie unterlagen daher mit der Verpflichtung, jene Untersuchungen der für die Vertretungstage vorgemerkten Patienten, die ihnen vom Bf. übergeben worden sind, zu betreuen, auch den persönlichen Weisungen des Bf. ().

Daran vermochte auch der Umstand, dass keine fixen Beginn- und Endzeiten vorgegeben waren, nichts zu ändern. Die Möglichkeit einer flexiblen Arbeitszeiteinteilung spricht bei einer Tätigkeit wie bei der der beiden Ärztinnen weder gegen das Bestehen einer persönlichen Abhängigkeit dieser noch gegen deren Eingliederung in den Betrieb des Bf. (vgl. ).

Neben den vorstehend angeführten und für eine persönliche Gebundenheit sprechenden Gründen spricht auch die Art der Entlohnung für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses. Die Ärztinnen haben stets den vereinbarten fixen Pauschalbetrag ausbezahlt bekommen, die für die Untersuchungen erhaltenen Entgelte unterlagen somit keinen Schwankungen. Es spricht für ein Dienstverhältnis, wenn (wie gegenständliche) wöchentlich wiederkehrende, im Wesentlichen gleich bleibende Arbeiten Untersuchungs- und Behandlungstätigkeiten mit einem gleich bleibenden Betrag entlohnt werden ().

Die Ärztinnen haben ihre Untersuchungen und Behandlungen ausschließlich in den Räumlichkeiten der Ordination des Bf. vorgenommen, die die dafür notwendigen Gerätschaften und Unterlagen zur Verfügung gestellt hat. Das Bereitstellen der für die Durchführung der Arbeiten erforderlichen Infrastruktur, zu der die Ärztinnen Zugriff hatten, und der benötigten Materialien sprechen für das Bestehen einer organisatorischen Eingliederung in den Betrieb des Bf. Die Möglichkeit, die Betriebsräume des Bf. jederzeit insbesondere an den Vertretungstagen betreten zu können (um die ihnen zugewiesenen Untersuchungen der vorgemerkten Patienten auf den Gerätschaften des Bf. abarbeiten zu können) spricht auch eindeutig für eine organisatorische Eingliederung in den Betrieb des Bf.

Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko besteht darin, dass der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend selbst zu gestalten (), etwa durch die Annahme oder Ablehnung von Aufträgen. Die Ärzte hatten grundsätzlich die ihnen zugeteilten Untersuchungen der vorgemerkten Patienten zu betreuen (Rezeptausstellung etc.). Einkommensschwankungen lagen im gegenständlichen Fall nicht vor und wurden auch nicht eingewendet. Durch das stets gleichbleibende Entgelt (300 € pro Nachmittag) lag ein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko nicht vor.

Die Ärzte konnten ihre Einnahmen auch durch eine große Anzahl von vorgenommenen Untersuchungen und Behandlungen nicht beeinflussen. Ebenso spricht die Zurverfügungstellung der für die Untersuchungen erforderlichen Infrastruktur gegen ein Unternehmerrisiko.

Die vorrangig zu prüfenden Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung sprechen somit in der Gesamtbetrachtung überwiegend für das Vorliegen von Dienstverhältnissen. Darüber hinaus spricht auch das Fehlen eines Unternehmerrisikos für das Vorliegen von Dienstverhältnissen im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988.

Es bedurfte daher keiner Erwägungen, ob ein generelles Vertretungsrecht bestand, also sich die Ärztinnen jederzeit nach ihren Gutdünken irgendeines geeigneten Vertreters bedienen konnten. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs muss für ein generelles Vertretungsrecht auch eine nicht auf bestimmte Ereignisse wie Krankheit oder Urlaub beschränkte Befugnis zur Vertretung vorliegen ().

Den Aussagen der vom Finanzamt als Auskunftspersonen vernommenen Ärztinnen lässt sich nicht ableiten, dass Vertretungen auch aus anderen Gründen als Urlaub oder Krankheit erfolgt sind (lt. Aktenvermerk vom und Niederschrift vom ).

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass im Falle von Vertretungen diese nicht von den Ärztinnen, sondern vom Bf. organisiert und bezahlt worden sind – gegenteiliges wurde im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Echte Vertretungen im Sinne der einschlägigen Bestimmungen lagen daher nicht vor. Eine etwaige Möglichkeit, sich vertreten zu lassen, schließt die Annahme eines Dienstverhältnisses nicht aus, wenn (wie im gegenständlichen Fall) die für ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmale überwiegen ().

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen, sondern hat sich auf diese gestützt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Bestehen eines Dienstverhältnisses die persönliche Abhängigkeit der Mitarbeiter und die Eingliederung der Mitarbeiter in den betrieblichen Organismus des Bf. entscheidend.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Vertretungsärztin
Dienstnehmerin
DB
Eingliederung
Weisungsgebundenheit
Unternehmerrisiko
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7105835.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at