Vorübergehende doppelte Haushaltsführung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch seine Richterin MMag. Elisabeth Brunner über die Beschwerde der A***B*** gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 betreffend Einkommensteuer 2009 und 2010 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde betreffend Einkommensteuer 2009 wird teilweise Folge gegeben.
Der Bescheid betreffend Einkommensteuer 2009 wird abgeändert.
Die Beschwerde betreffend Einkommensteuer 2010 wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bescheid betreffend Einkommensteuer 2010 bleibt unverändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.
Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin begehrt die Anerkennung von monatlichen Familienheimfahrten in die Slowakei, sowie im Jahr 2009 die Anerkennung der Kosten für die doppelte Haushaltsführung für einen Zeitraum von sechs Monaten.
Vom Finanzamt wird die Zumutbarkeit der Verlegung des Wohnsitzes angenommen. Die Beibehaltung des Wohnsitzes im Ausland sei rein privat veranlasst. Die Beschwerdeführerin halte sich schon seit 2005 dauernd im Inland auf und stünde seit in einem unbefristeten Dienstverhältnis. Die Voraussetzungen für eine vorübergehende doppelte Haushaltsführung für 6 Monate würden daher in den Jahren 2009 und 2010 (Beschwerdejahre) nicht mehr vorliegen:
Über die Beschwerde wurde erwogen
Nachstehender Sachverhalt steht fest:
Die Beschwerdeführerin ist seit 2005 ohne Unterbrechungen in Wien gemeldet. Ihren Hauptwohnsitz hatte sie in den Jahren 2009 und 2010 in ihrer Heimatstadt C***, Slowakei, wo sie über eine Eigentumswohnung verfügte (ZMR-Behördenabfrage). Die Eltern der Beschwerdeführerin (im Jahr 2010 62 bzw 66 Jahre alt) wohnten in der Slowakei. Die Beschwerdeführerin ist im Wesentlichen an jedem Wochenende mit dem Auto von Wien nach C*** gefahren. Die tägliche Rückkehr an den Familienwohnsitz in der Slowakei war auf Grund der Entfernung nicht zumutbar (einfache Wegstrecke laut Routenplaner ca 177 km). Die Beschwerdeführerin betrieb von bis das Gewerbe „Dienstleistung in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik“ am Gewerbestandort Wien***. Die gewerbliche Tätigkeit erfolgte im Prinzip für einen einzigen Auftraggeber (X***Y***) und erforderte keine tägliche Anwesenheit in Wien. Seit ist die Beschwerdeführerin nichtselbstständig in Wien tätig. Das Dienstverhältnis war bis befristet. Mit wurde die Beschwerdeführerin in ein unbefristetes Dienstverhältnis übernommen (Dienstvertrag vom mit Ergänzung vom ). Spätestens ab Februar 2009 war der - alleinstehenden - Beschwerdeführerin die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort (Wien) zumutbar. Die monatlichen Kosten für die am Beschäftigungsort angemietete Wohnung betrugen 546,33 € (Mietvertrag; Rechnungen Fernwärme, Wien Energie, UPC, Haushaltsversicherung), für die Anschaffung von erforderlichen Einrichtungsgegenständen (Bett mit Matratzen) hatte die Beschwerdeführerin im Jahr 2009 Aufwendungen iHv 815,22 € (2 Rechnungen).
Bis Feber 2009 kann davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin damit rechnen konnte, dass ihre Beschäftigung in Österreich nicht von Dauer sein würde. Sie musste damit rechnen, dass die gewerbliche Tätigkeit für einen Auftraggeber bzw daran anschließend das befristete Dienstverhältnis enden und sie in die Slowakei zurück kehren müsste. Solange war der Beschwerdeführerin daher die Verlegung des Familienwohnsitzes nach Wien nicht zumutbar. Spätestens aber mit Beginn des unbefristeten Dienstverhältnisses (Feber 2009) liegt keine Unsicherheit über die Dauer der Beschäftigung mehr vor. Andere Gründe für eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Wohnsitzes liegen nicht vor. Die Beschwerdeführerin hat diesbezüglich vorgebracht, ihre Eltern bedürften auf Grund deren Alters (zum Zeitpunkt des Beschwerdeschreibens im Jahr 2012 waren ihre Eltern 64 bzw 68 Jahre alt) einer regelmäßigen Aufsicht und Betreuung. In den Beschwerdejahren 2009 und 2010 waren die zu beaufsichtigenden Eltern 62 bzw 66 Jahre alt und damit noch in einem erwerbsfähigen Alter. Eine besondere Gebrechlichkeit oder sonstige Umstände, die allenfalls Betreuungspflichten begründen könnten werden von der Beschwerdeführerin nicht vorgebracht. Es gibt auch sonst keinerlei Anhaltspunkte dafür. Dieses Vorbringen ist daher nicht geeignet, eine Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung darzutun.
Rechtlich folgt daraus:
Gemäß § 16 EStG sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung gelten so lange als durch die Erwerbstätigkeit veranlasst und können als Werbungskosten Berücksichtigung finden als dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann.
Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) ist dann beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort des Steuerpflichtigen so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und entweder die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist oder die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann.
Liegen die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vor, können die Kosten für eine beruflich veranlasste Begründung eines zweiten Haushalts am Beschäftigungsort vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden. Dabei ist von einer angemessenen Frist auszugehen, die sich nach den Möglichkeiten der Beschaffung eines Familienwohnsitzes (bei Alleinstehenden eines Wohnsitzes) im Einzugsbereich des Beschäftigungsortes orientiert. Für allein stehende Arbeitnehmer wird dabei im Allgemeinen ein Zeitraum von sechs Monaten ausreichend sein.
Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung vor. Die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort war, wie oben festgestellt wurde spätestens ab Feber 2009 zumutbar. D ie Kosten für eine doppelte Haushaltsführung können daher jedenfalls nicht auf Dauer steuerlich berücksichtigt werden. Es können daher die Kosten für eine doppelte Haushaltsführung nur vorübergehend bis inklusive Juli 2009 (6 Monate ab ) anerkannt werden. Als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung kommen dabei unvermeidbare Mehraufwendungen in Betracht, die dem Abgabenpflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss (). Es sind somit jene Kosten absetzbar, welche der Steuerpflichtige für eine zweckentsprechende Unterkunft (vgl zB ) für sich allein aufwenden muss. Zu den unvermeidbaren Mehraufwendungen zählen Betriebskosten und Einrichtungskosten bezogen auf eine Kleinwohnung. Die monatlichen Miet- und Betriebskosten betrugen 546,33 €, für sieben Monate sind das daher insgesamt 3.824,31 €. Dazu kommen die Kosten für die notwendigen Einrichtungsgegenstände iHv 815,22 €. Diese Beträge waren im Jahr 2009 als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Aufwendungen für Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz sind Werbungskosten, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung. Liegen die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vor, so können Kosten für Familienheimfahrten vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden. Die Kosten für monatliche Familienheimfahrten (bei Alleinstehenden sind nach ständiger Rechtsprechung monatliche Familienheimfahrten als ausreichend anzusehen) werden daher gleichfalls für die ersten sieben Monate des Jahres 2009 anerkannt. Es waren daher im Jahr 2009 die Fahrtkosten für 354 Kilometer á 0,42 €, das sind 1.040,76 € als Werbungskosten zu berücksichtigen. Ab August 2009 können keine Kosten für eine doppelte Haushaltsführung und damit ebensowenig für Familienheimfahrten steuerlich berücksichtigt werden.
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Rechtslage ist durch Literatur und Rechtsprechung geklärt. Es war lediglich diese unstrittige Rechtslage auf den unstrittigen Sachverhalt anzuwenden. Bei dieser schlichten Rechtsanwendung war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.
Der Beschwerde erweist sich daher zum Teil als berechtigt. Ihr war daher gemäß § 279 Abs 1 BAO betreffend Einkommensteuer 2009 teilweise stattzugeben. Betreffend Einkommensteuer 2010 war die Beschwerde abzuweisen.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7100428.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at