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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.05.2017, RV/2100256/2015

Gebührenpflichtiger Kreditvertrag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., Adr., vertreten durch THT Treuhand Team Graz Wirtschaftstreuhand und Steuerberatung GmbH, C.v.Hötzendorf-Str. 68, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , betreffend Gebühren zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit wurde vom Finanzamt Graz-Stadt ein Kontrollmaterial zur Firma "Bf." dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel übermittelt. Dabei handelte es sich um ein als "Zeichnungsschein" tituliertes Anbot einer Privatperson vom  aufgrund der Projektunterlage für das Anlegermodell "Bf."

a. zur Beteiligung als Gesellschafter mit einer Beteiligung von 5% am Stammkapital, was einem Betrag von 1.750 € entspricht, und

b. zur Leistung eines Zuschusses iHv 48.250 €.

Lt. dem weiteren Inhalt des Zeichnungsscheines sah das Modell vor, dass der Gesellschafter der Gesellschaft ein Gesellschafterdarlehen in der Höhe von 100.000 € nach den Bedingungen einer gesonderten Darlehensvereinbarung, zur Verfügung stellt.

Das Kontrollmaterial enthielt auch eine solche als "Darlehensvereinbarung" titulierte Urkunde vom .

Im Zuge dieser Abtretung von Geschäftsanteilen an der Bf. wurden am  anstelle der ursprünglichen 2 Gesellschafter insgesamt 12 verschiedene Personen als Gesellschafter in das Firmenbuch eingetragen.

Mit erging seitens des Finanzamtes ein Ergänzungsersuchen bzgl. der Abtretung von Geschäftsanteilen, der Zuschuss- und Darlehensleistung. Mit Antwortschreiben vom wurde hinsichtlich der Darlehensleistung darauf verwiesen, dass es sich um einen nicht gebührenpflichtigen Realkontrakt handle, bei dem die Unterfertigung und Zuzählung nicht zum gleichen Zeitpunkt erfolgt wäre.

Nach einem neuerlichen Ergänzungsersuchen vom erging am hinsichtlich der Gesellschafterdarlehen die Antwort, dass die gewährten Darlehen der beitretenden Gesellschafter zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Zeitraum Oktober 2008 bis April 2009 durch Darlehensvereinbarungen abgeschlossen worden seien. Die Einzahlungen und somit Zuzählungen der jeweiligen Darlehen sei zu unterschiedlichen Zeitpunkten bis längstens erfolgt,  jedoch jeweils zumindest zwei Wochen nach Unterfertigung der Darlehensvereinbarung. Es sei ein zeitliches Auseinanderklaffen zwischen Unterfertigung der jeweiligen Darlehensverträge und deren Zuzählung gegeben und sei im Hinblick auf den Umstand, dass ein Darlehen als Realkontrakt zu behandeln sei,  keine Gebührenpflicht gegeben. Exemplarisch wurden zwei Darlehensvereinbarungen vorgelegt.

Am erging ein Gebührenbescheid – ausgehend von einer Kreditsumme von 2 Mio. € - für die Einräumung der Darlehen von unterschiedlichen Darlehensgebern nach § 33 TP 19 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 in der Höhe von 16.000 €. Begründet wurde die Beurteilung der Vereinbarung als Kreditvertrag ua. damit, dass die Urkunde über die Zurverfügungstellung eines Geldbetrages von beiden Seiten unterschrieben worden sei. Am gleichen Tag erging auch die Vorschreibung der Gesellschaftsteuer für die Zuschussleistungen der Gesellschafter.

Gegen diese Vorschreibungen wurde jeweils Beschwerde eingebracht. Nach einem Mängelbehebungsauftrag wurde am die Beschwerde hinsichtlich der Gebührenvorschreibung wie folgt begründet: Es handle sich,  wie von der Finanzbehörde selbst festgehalten und festgestellt, im Zeitraum vom Oktober 2008 bis April 2009 um Darlehenseinräumungen und Vereinbarungen über die Einräumung von Darlehen. Der Sachverhalt unterliege daher nicht den Bestimmungen des § 33 TP 19 GebG, sondern der TP 8, in dem die Bestimmungen über Darlehensverträge zumindest bis zum definiert gewesen sei. Unter Hinweis auf den Gebühren-Kommentar Fellner (§ 33 TP 8 Rz 3), wonach der Darlehensvertrag bis zum als Realkontrakt erst mit der Übergabe der Darlehensvaluta in der Weise, dass der Darlehensnehmer darüber wirklich verfügen kann, zu Stande komme, wurde neuerlich betont, dass es ein zeitliches Auseinanderklaffen zwischen Unterfertigung der jeweiligen Darlehensverträge und deren Zuzählung gegeben habe und sämtliche Darlehensvereinbarungen  aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Darlehens- und Kreditrechtsänderungsgesetzes stammen würden und die Verträge daher als Realkontrakte zu behandeln seien.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde über das Rechtsmittel abschlägig entschieden und  dies ua. damit begründet, dass der Inhalt der errichteten Schrift maßgeblich sei und es sich bei der im Bescheid genannten Bezeichnung des Rechtsvorganges um die Übernahme der Überschriften aus den Urkunden gehandelt habe und nicht um eine gebührenrechtliche Beurteilung.

Gegen diese Erledigung wurde der Vorlageantrag gestellt.

Im der Bf. zugekommenen Vorlagebericht verwies das Finanzamt darauf, dass die Bezeichnung der vorliegenden Vertragsurkunden als „Darlehensvereinbarungen“ für die Entscheidung, welches Rechtsgeschäft vorliege, unbeachtlich sei und wurden die Merkmale eines Kreditvertrages dargestellt. Die Abweisung der Beschwerde wurde beantragt. Eine weitere Äußerung der Bf. erfolgte nicht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Bis zum unterlagen Kreditverträge einer Gebühr nach § 33 TP 19 GebG 1957.

Die Bestimmung lautete auszugsweise: " (1) Kreditverträge, mit welchen den Kreditnehmern die Verfügung über einen bestimmten Geldbetrag eingeräumt wird, von der vereinbarten Kreditsumme, 1. wenn der Kreditnehmer über die Kreditsumme nur einmal oder während einer bis zu fünf Jahren vereinbarten Dauer des Kreditvertrages mehrmals verfügen kann 0,8 vH......."

Beim Kreditvertrag handelt es sich um einen den Vertragstypen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches - bis zum Darlehens- und Kreditvertragsänderungsgesetz - nicht zuzuordnenden Vertrag sui generis (vgl. die in Fellner, Gebühren- und Verkehrsteuern, Band I, § 33 TP 19 Rz 4 zitierte Rechtsprechung des VwGH). Darunter ist ein Vertrag zu verstehen, wodurch sich der Kreditgeber verpflichtet, dem Kreditnehmer auf dessen Verlangen Zahlungsmittel zur Verfügung zu stellen (). Der Kreditvertrag ist ein Konsensualvertrag; er kommt bereits mit der Leistungsvereinbarung und nicht erst mit der Erbringung der vereinbarten Leistungen zu Stande. In der Verpflichtung, dem Kreditnehmer Zahlungsmittel zur Verfügung zu stellen, ist ein Essenziale eines Kreditvertrages iS des Gebührenrechtes gelegen ().

Das Wesen eines gebührenpflichtigen Kreditvertrages liegt in der konsensualen Begründung der Verpflichtung des Kreditgebers, dem Kreditnehmer die Möglichkeit einer Fremdfinanzierung privater oder betrieblicher Bedürfnisse aus vertraglich hiefür bereitgestellten Mitteln des Kreditgebers zu eröffnen. Der Kreditnehmer kann auf Grund des Kreditvertrages rückzahlbare, verzinsliche Mittel des Kreditgebers in Anspruch nehmen. Ein Kreditvertrag, der bereits unmittelbar eine Leistungspflicht begründet, ist kein Darlehensvorvertrag und von einem solchen (der lediglich auf Vertragsabschluss ausgerichtet ist) zu unterscheiden ().

Vom gebührenfreien Darlehensvorvertrag unterscheidet sich der Kreditvertrag dadurch, dass ein solcher Vorvertrag im Sinne des § 936 ABGB lediglich eine Willensübereinstimmung über den künftigen Abschluss eines Vertrages enthält (Fellner, w.o., Rz 26).

Zu prüfen ist, ob die jeweils mit "Darlehensvereinbarung" titulierten Urkunde als gebührenpflichtiger Kreditvertrag oder als gebührenfreier Darlehensvorvertrag zu beurteilen ist.

Für die Festsetzung der Gebühren ist nach § 17 Abs. 1 GebG 1957 der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift maßgebend. Dabei kommt es aber nicht auf die für das Rechtsgeschäft im Einzelnen gewählte Bezeichnung an (vgl. ; ). Liegen die Wesensmerkmale eines Kreditvertrages vor, so hat daher die in einer Urkunde verwendete Begriffswahl "Darlehen" keinen Einfluss auf die rechtliche Beurteilung des Rechtsgeschäftes.

Die als "Darlehensvereinbarung" bezeichneten Urkunden sind zwischen den neu eintretenden Gesellschaftern und der Bf. abgeschlossen und von beiden Parteien unterfertigt. Als Darlehensgeber ist jeweils der Gesellschafter genannt, als Darlehensnehmerin die Bf.

Die Vereinbarung lautet auszugsweise:

Punkt I: "Der Darlehensgeber räumt der Darlehensnehmerin ein Darlehen in Höhe von Euro 100.000 ein. Der Darlehensbetrag kann zur Gänze, aber auch in Teilbeträgen auf ein von der Darlehensnehmerin bekannt zu gebendes Konto zur Überweisung gebracht werden. Der gesamte Darlehensbetrag muss der Darlehensnehmerin bis längstens , jedenfalls nach Eintragung der derzeit im Firmenbuch anhängigen Spaltung bei der Bf. (vormals Bauträger) im Firmenbuch und nach der notariellen Unterfertigung des Abtretungsvertrages der Gesellschaftsanteile, zur Verfügung stehen."

Punkt II: "Als Laufzeit des Darlehens wird ein Zeitraum von 20 Jahren vereinbart. Das bedeutet, dass das Darlehen längstens bis zum  rückzuzahlen ist. Eine Verlängerung über diesen Zeitpunkt hinaus bedarf einer gesonderten Vereinbarung zwischen Darlehensgebern und der Darlehensnehmerin. ..."

Punkt III enthält die Regelungen über die Verzinsung.

Punkt IV enthält Bestimmungen über die Rückzahlung.

Die von beiden Vertragspartnern unterschriebene Vereinbarung enthält damit eine Verpflichtung einen bestimmten Betrag in der Zukunft zur Verfügung zu stellen und stellt einen Hauptvertrag dar, weil sich die Leistungspflicht unmittelbar aus diesem Vertrag ergibt. Wann der Kreditbetrag tatsächlich zugezählt wurde, ist dabei nicht erheblich, weil eine Willenseinigung über die Bereitstellung eines bestimmten Geldbetrages erfolgt ist.

Nach § 983 ABGB in der bis anzuwendenden Fassung entstand ein Darlehensvertrag dadurch, dass jemandem eine bestimmte Menge vertretbarer Sachen mit der Verpflichtung übergeben wird, nach einer gewissen Zeit ebenso viel von derselben Gattung und Güte zurückzugeben (vgl. ). Als Realkontrakt kam er erst mit der Übergabe der Darlehensvaluta in der Weise, dass der Darlehensnehmer darüber willkürlich verfügen kann, zu Stande. Die Zuzählung der Valuta war erforderlich. Der gegenständliche Vertrag beurkundet keine Zuzählung der Valuta und stellt keinen Darlehensvertrag dar. Aber er ist auch nicht als ein nicht gebührenpflichtiger Darlehensvorvertrag zu beurteilen, weil die Kreditzusage unmittelbar mit Vertragsunterfertigung erfolgt ist und nur die Fälligkeit der Zuzählung hinausgeschoben wurde. Ein Vorvertrag, der den Inhalt hat, erst einen künftigen Vertrag abschließen zu wollen, ist darin nicht zu sehen (vgl. ; ).

Die als Darlehensvereinbarung bezeichneten Verträge wurden daher zu Recht als Kreditverträge beurteilt, die eine Gebührenpflicht nach § 33 TP 19 GebG 1957 nach sich gezogen haben.

Aus den angeführten Gründen war daher der Beschwerde keine Folge zu geben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, weil hinsichtlich der Beurteilung als Kreditvertrag entsprechende Judikatur des Verwaltungsgerichtshof - wie oben zitiert - vorliegt.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.2100256.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at