Kein Familienbeihilfenanspruch der Ehegattin eines Diplomaten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache F.T., Anschr., gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Zuerkennung von Familienbeihilfe, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin, eine x Staatsangehörige, beantragte am die Zuerkennung von Familienbeihilfe für ihre beiden Kinder G.T., geb. am xy, und L.T., geb. am xy, ebenfalls x Staatsangehörige. Auf dem Antragsformular gab sie als Datum ihrer Einreise nach Österreich den , als Einreisedatum ihrer Kinder den (alle aus Y kommend), ihren Beruf als Hausfrau und die Daten ihres Ehegatten mit E.T., x Staatsangehöriger, eingereist nach Österreich aus Y am , Abgesandter der Republik X in Österreich und Vertreter bei der OSZE und anderen internationalen Organisationen, bekannt.
Diesem Antrag schloss sie folgende Unterlagen bei:
Geburtsurkunden der Kinder
Ablichtungen aus dem Reisepass der Kinder
Legitimationskarten der Kinder
e-card der Kinder
Meldebestätigungen der Kinder
Schulbestätigung des Sohnes L..
Mit Bescheid vom wies die Abgabenbehörde den Antrag auf Zuerkennung von Familienbeihilfe ab September 2013 ab.
Diese Entscheidung begründete sie damit, die zum Haushalt einer Diplomatin oder eines Diplomaten gehörenden Familienmitglieder hätten gemäß dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (BGBl. Nr. 66/1966) keinen Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie weder österreichische Staatsbürger/innen noch auf sie die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009 vorrangig anzuwenden seien.
Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom Beschwerde ein.
In der Rechtsmittelschrift bringt sie vor, die Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (BGBl. Nr. 66/1966) und konsularische Beziehungen (BGBl. Nr. 318/1969) gäben in puncto soziale Sicherheit eine Befreiung von der sozialen Sicherheit vor. Diese erläuterten jedoch des Weiteren die freie Entscheidung, an der sozialen Sicherheit teilzuhaben. Sowohl sie und ihr Ehegatte als auch ihre Kinder, seien in Österreich, das ihren Empfangsstaat darstellte, versichert (in diesem Zusammenhang verweist sie auf die angeführten Vers. Nr. ihrer Kinder). Außerdem würden ihnen entgegen den genannten Übereinkommen vom österreichischen Staat nicht die vollständigen Steuern (Mehrwertsteuer etc.) rückerstattet, sondern eine Pauschalsumme, die weit weniger ausmache, als sie sie geltend machen dürften (nämlich zur Gänze). Hierdurch sähen sie sich einer quid pro quo Situation gegenüber.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die Abgabenbehörde der Beschwerde keine Folge.
Begründend führte sie aus, der Ehegatte der Beschwerdeführerin, E.T., sei x Staatsangehöriger und Diplomat der Botschaft der Republik X in Wien. In der Folge wiederholte die Abgabenbehörde noch einmal die Ausführungen, die sie im Abweisungsbescheid getätigt hatte. Demnach unterläge die Beschwerdeführerin – so die Abgabenbehörde weiter - den x und nicht den österreichischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit einschließlich Familienleistungen und sei von letzteren ausgenommen. Als im diplomatischen Rang stehendes Mitglied der x Botschaft sei der Ehegatte der Beschwerdeführerin nach dem genannten Wiener Übereinkommen steuerbefreit und leiste daher auch keine Steuern in Österreich.
Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag.
Darin führt sie aus, das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen sehe unter anderem die Möglichkeit der Befreiung des diplomatischen Personals von der Leistung der Sozial- und Steuerabgaben vor. Dies würde auch für sie gelten, da sie früher keine berufliche Tätigkeit ausgeübt hätte und ihr Gatte dank seines diplomatischen Status von Sozialleistungen befreit sei. Weder die Verordnung Nr. 883/2004 noch die Verordnung Nr. 987/2009 bezögen sich ausschließlich auf österreichische Staatsbürger, sondern gälten für alle Inländer, darunter auch für jene, die eine ausländische Staatsbürgerschaft besäßen, die aufgrund ihrer Arbeits- und Sozialverhältnisse den Sozial- und Steuerleistungen EU-weit verpflichtet seien. Da sie hinsichtlich der Teilnahme an der Sozialversicherung gemäß dem Wiener Übereinkommen das Recht der freien Entscheidung habe und seit November 2013 reguläre Arbeit aufgenommen habe, d.h. Sozial- und Lohnsteuerabgaben leiste, gälten die österreichischen Rechtsvorschriften hinsichtlich der sozialen Sicherheit auch für sie einschließlich des Anspruches auf Familienbeihilfe (Kindergeld). Diesbezüglich habe sie der Abgabenbehörde die notwendigen Unterlagen (Gehaltsabrechnungen etc.) vorgelegt (Anmerkung: Im vorgelegten Familienbeihilfenakt findet sich eine Lohn/Gehaltsabrechnung März 2014, aus der hervorgeht, dass die Beschwerdeführerin seit als zahnärztliche Assistentin tätig war).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt:
Der Entscheidung wird folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt zugrunde gelegt:
Die Beschwerdeführerin, eine x Staatsangehörige, die im Februar 2012 aus Y nach Österreich einreiste, ist die Ehegattin von E.T., eines gleichfalls x Staatsangehörigen, der von Februar 2012 bis einschließlich April 2015 Mitglied des diplomatischen Personals der Mission X in Österreich war und in dieser Eigenschaft auch den Entsendestaat bei der OSZE und anderen internationalen Organisationen in Österreich vertrat. Er verfügte über eine “Legitimationskarte“ der Kategorie rot (Lichtbildausweis gem. BGBl. II Nr. 137/2010).
Die Beschwerdeführerin und die beiden im März 2012 aus Y nach Österreich eingereisten Kinder, ebenfalls x Staatsangehörige, besaßen gleichfalls “Legitimationskarten“ der Kategorie rot.
Die Beschwerdeführerin war ab ihrer Einreise nach Österreich als Hausfrau tätig, von bis ging sie einer nichtselbständigen Tätigkeit als zahnärztliche Assistentin nach.
Die Familie hatte in Österreich einen gemeinsamen Wohnsitz. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin war in Österreich von bis freiwillig krankenversichert gemäß § 16 ASVG, wobei ab (Ablauf der 6-monatigen Wartezeit) der Sohn L. und zunächst auch die Beschwerdeführerin und die Tochter G. bei diesem mitversichert waren. Für die Tochter G. bestand im Zeitraum bis eine eigene freiwillige Krankenversicherung gemäß § 16 ASVG. Die Beschwerdeführerin war in der Zeit von bis nach dem ASVG pflichtversichert.
Dieser Sachverhalt gründet sich auf die Angaben der Beschwerdeführerin und die von ihr vorgelegten Unterlagen, die Einsichtnahme in das zentrale Melderegister und die vom Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres und der Wiener Gebietskrankenkasse erteilten Auskünfte.
Rechtslage und rechtliche Beurteilung:
Gemäß Artikel 37 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, BGBl. Nr. 66/1966, dessen Geltungsbereich sich auch auf X erstreckt (vgl. BGBl. III Nr. xx), genießen die zum Haushalt eines Diplomaten gehörenden Familienmitglieder, wenn sie nicht Angehörige des Empfangsstaats sind, die in den Artikeln 29 bis 36 bezeichneten Vorrechte und Immunitäten.
Artikel 33 des genannten Übereinkommens sieht eine Befreiung von den Vorschriften über die soziale Sicherheit vor. So ist gemäß Abs. 1 ein Diplomat vorbehaltlich des Absatzes 3 in bezug auf seine Dienste für den Entsendestaat von den im Empfangsstaat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit befreit. Gemäß Abs. 4 schließt die im Absatz 1 vorgesehene Befreiung die freiwillige Beteiligung an dem System der sozialen Sicherheit des Empfangsstaats nicht aus, sofern dieser eine solche Beteiligung zulässt.
Artikel 34 des Übereinkommens enthält eine Befreiung von den Steuern und Abgaben. Gemäß diesem Artikel ist der Diplomat von allen staatlichen, regionalen und kommunalen Personal- und Realsteuern oder -abgaben befreit, ausgenommen die in den lit. a) bis f) aufgezählten.
Die Beschwerdeführerin weist in der Beschwerdeschrift auf die im Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vorgesehene Möglichkeit der freiwilligen Beteiligung am System der sozialen Sicherheit des Empfangsstaates hin und bringt vor, sie und ihre Familie (Ehegatte und Kinder) seien in Österreich versichert. Richtig ist, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin und sie sowie die Kinder in Österreich versichert bzw. mitversichert waren, es handelte sich dabei um eine freiwillige Krankenversicherung gemäß § 16 ASVG. Der Abschluss dieser freiwilligen Krankenversicherung bzw. die erfolgte Mitversicherung vermag aber den Bezug von Familienbeihilfe nicht auszulösen (hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin von bis in Österreich ausgeübten nichtselbständigen Tätigkeit und der damit verbundenen Pflichtversicherung nach dem ASVG siehe unten).
Dasselbe gilt auch für den von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Umstand, wonach sie und ihre Familie nicht die volle Höhe der Steuern rückerstattet erhielten, sondern nur eine Pauschalsumme, die weit weniger ausmache, als sie sie geltend machen dürften. Auch dieses Argument bietet keine tragfähige Grundlage für die Zuerkennung von Familienbeihilfe. Was die Rückerstattung von Steuern anlangt, sei nur der Klarstellung halber angemerkt, dass das Internationale Steuervergütungsgesetz (IStVG) nicht zwingend eine pauschale Vergütung vorsieht, sondern es dem Vergütungsberechtigten freisteht, eine Steuervergütung auf Basis der einzelnen Lieferungen und sonstigen Leistungen gemäß den im genannten Gesetz enthaltenen näheren Regelungen in Anspruch zu nehmen.
Im Vorlageantrag wendet die Beschwerdeführerin schließlich ein, die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009 würden auch für sie gelten. Da sie seit November 2013 in Österreich einer nichtselbständigen Tätigkeit nachginge und Lohn- und Sozialabgaben entrichte, habe sie Anspruch auf Familienbeihilfe.
Auch damit vermag die Beschwerdeführerin nicht durchzudringen.
Gemäß Artikel 1 der Verordnung (EU) Nr. 1231/2010 gelten die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und die Verordnung (EG) Nr. 987/2009 für Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter die genannten Verordnungen fallen, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen, wenn sie ihren rechtmäßigen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben und sich in einer Lage befinden, die nicht ausschließlich einen einzigen Mitgliedstaat betrifft.
Ein derartiger Anwendungsfall liegt gegenständlich nicht vor.
Soweit sich die Beschwerdeführerin auf ihre berufliche Tätigkeit in Österreich beruft, ist festzuhalten, dass diesem Umstand keine Bedeutung zukommt.
Artikel 37 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen unterscheidet nicht zwischen berufstätigen und nicht berufstätigen zum Haushalt eines Diplomaten gehörenden Familienmitgliedern (siehe in diesem Zusammenhang auch das Erkenntnis des , in dem das Höchstgericht der Berufstätigkeit der Ehegattin eines Bediensteten der IAEO in Österreich keine Bedeutung beigemessen hat).
Eine Spezialnorm, die dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen, BGBl. Nr. 66/1966, im gegenständlichen Fall vorgehen würde (siehe dazu das Erkenntnis des ) liegt nicht vor.
Das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen sieht für Diplomaten eine Privilegierung vor und schließt sie im Hinblick auf diese Privilegierung insbesondere auch auf steuerlichem Gebiet von bestimmten Sozialleistungen aus. Der Ausschluss auch der mit ihnen im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten ist nicht unsachlich, partizipieren im gemeinsamen Haushalt lebende Personen doch regelmäßig von wirtschaftlichen Vorteilen, die einem Mitglied der Haushaltsgemeinschaft zukommen. Durch diese Privilegierung kommt es zu einer Entlastung der Haushaltsgemeinschaft. Eine weitere Entlastung durch Berücksichtigung von Unterhaltskosten in Form von Familienbeihilfen unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes ist nicht mehr geboten (siehe dazu die Ausführungen des VwGH im oben angeführten Erkenntnis vom , 91/13/0086).
Zulässigkeit einer Revision:
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall ist die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Revision ist daher nicht zulässig.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | Art. 37 Abs. 1 Wiener Diplomatenkonvention, BGBl. Nr. 66/1966 Art. 33 Wiener Diplomatenkonvention, BGBl. Nr. 66/1966 Art. 34 Wiener Diplomatenkonvention, BGBl. Nr. 66/1966 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7100754.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at