Gewöhnlicher Wohnsitz und widerrechtliche Verwendung eines drittländischen PKWs
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Walter Summersberger in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch RA , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Wien vom , 100000/12345 betreffend Zollabgabe und Einfuhrumsatzsteuer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Zollamtes Wien von , Zahl: 100000/12345 wurde für den Bf gem Art 202 Abs 1 Buchst a und Abs 3 Zollkodex (ZK) iVm Art 234 Abs 2 Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO) und § 3 Abs 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) Abgaben in Höhe von € 9544,49 (Zoll: 2.982,65, EUSt: 6.561,84) fest; als Zollwert wurde ein Betrag von € 29.826,58 festgelegt.
Begründet wurde der Bescheid damit, dass im April 2014 ein Fahrzeug der Marke Mercedes Benz CL 600 mit dem behördlichen Kennzeichen GVGVGV (CH) und der Fahrgestellnummer poimoin vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden ist, weil der gewöhnliche Wohnsitz des Bf in Wien im Zollgebiet der Gemeinschaft gelegen sei; die bescheiderlassende Behörde verweist auf Art 4 Nr 2 ZK iVm § 4 Abs 2 Z 8 ZollR-DG, der den gewöhnlichen Wohnsitz als den Ort festlegt, zu dem eine natürliche Person die stärksten persönlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).
Mit wurde Beschwerde eingebracht und zum Sachverhalt ausgeführt, dass der Bf mit einem Porsche Cayenne mit dem Kennzeichen GVGVGV (CH) am nach Österreich gefahren sei und hier einen Wohnsitz begründet habe. Am habe sich der Bf sich beim Zollamt über die Einbringung eines KFZ nach Österreich erkundigt. In einer Einvernahme habe der Bf ausgeführt, dass der Porsche im April 2015 wieder in die Schweiz verbracht wurde, weil der Leasingvertrag ausgelaufen sei. Der Bf habe danach einen Mercedes Benz Cl 600 erworben, das Schweizer Kennzeichen habe er aber behalten. In Folge der Information bei der Behörde habe er das Fahrzeug wieder abgemeldet, die Nummernschilder wieder in die Schweiz versendet und Fahrzeug in Oberösterreich am einem Autohaus verkauft.
Der Bf. macht in der Folge Verfahrens-, Begründungsmängel und eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.
Die belangte Behörde habe nicht den gesamten entscheidungswesentlichen Sachverhalt erhoben. Konkret habe die Behörde offenbar allein aufgrund der Anmeldung eine Wohnsitzverlegung in die EU angenommen. Der Bf. habe eine Zeitlang eine Pause von der Arbeitswelt machen wollen. Er sei gar nicht in Österreich gewesen, sondern die meiste Zeit in der Schweiz und in der Ukraine. Der Wohnsitz in Wien habe erst später die Qualität eines Hauptwohnsitzes angenommen. Da Übersiedlungskosten innerhalb einer Frist von 12 Monaten zur Zollabfertigung angemeldet werden können, hätte gewisser Feststellungen bedurft: Die bloße Anmeldung in Wien könne keinesfalls ausschlaggebend sein. Aufgrund unvollständiger diesbezüglicher Ermittlungen sei der Bescheid rechtswidrig. Richtigerweise sei die Frist zur Anmeldung des Übersiedlungsguts am noch gar nicht abgelaufen gewesen.
Die Ermittlung des Ankaufswertes sei für den Beschwerdeführer nicht nachprüfbar es handle sich um eine reine Schätzung der Behörde. Mangels Nachprüfbarkeit erscheine der Betrag willkürlich festgesetzt.
Der Bescheid wurde aufgrund unzureichender und unvollständiger Annahmen der Behörde erlassen. Der Bf. hatte in seiner Einvernahme die Verwendung der Pkws in Osterreich bestritten, die belangte Behörde habe dieses Ermittlungsergebnis übergangen und eine ständige Verwendung der Pkws in Österreich angenommen. Der Bf. habe Angaben zur Qualität des Wohnsitzes gemacht die Behörde sei davon ausgegangen, dass der Mittelpunkt des Lebensinteresses in Österreich lag; dies trotz Angaben in der Einvernahme “werden die meiste Zeit gar nicht in Österreich sondern In der Ukraine bzw. in der Schweiz“
Und weiter: „In der Begründung ist die belangte Behörde auf diese Umstände gar nicht eingegangen der Bescheid ist daher auf Begründungsmangels rechtswidrig.“
Überdies habe der Bf. die Voraussetzungen für die Abgabenfreiheit erfüllt. Zu jenem Zeitpunkt als er seinen gewöhnlichen Wohnsitz nach Österreich verlegt, gehörte ihm das Übersiedlungsgut und es wurde auch länger als 6 Monate von ihm in der Schweiz genutzt. Der Bf. wollte deswegen das Übersiedlungsgut am der Zollbehörde anmelden, habe das Fahrzeug darauf abgemeldet. Überdies sei es nur ein einziger Fahrzeugimport gewesen, weil man in der Schweiz sein Kennzeichen behält.
Die Beschwerde wurde mittels Beschwerdevorentscheidung vom , Zahl: 100000/56789 als unbegründet abgewiesen.
Begründet wurde der Bescheid wie folgt:
"Am erschienen der Bf und seine Ehefrau ZZ beim Zollamt Wien und gaben an, dass sie seit ihrer Übersiedelung aus der Schweiz vor zwei Jahren ihren gewöhnlichen Wohnsitz in Wien haben und sie seit damals ihr Kfz mit Schweizer Zulassung (GVGVGV) in Österreich verwendeten ohne dieses zollrechtlich behandelt zu haben.
In der mit ZZ am aufgenommenen Niederschrift durch ein Organ des Zollamtes Wien gab diese Folgendes an: Sie sei gemeinsam mit ihrem Gatten Bf. am von der Schweiz nach Wien übersiedelt. Damals haben sie auch ihre Möbel und persönlichen Gegenstände mittels einer Spedition von der Schweiz nach Österreich verbringen lassen.
Anschließend seien beide mit dem auf ZZ zugelassenen Porsche Cayenne mit dem behördlichen Schweizer Kennzeichen GVGVGV von der Schweiz nach Österreich eingereist und hätten hier alle Behördenwege, welche ihnen bekannt waren, erledigt. Im April 2014 lief der Leasingvertrag für den Porsche Cayenne aus und gaben die Beiden den Porsche Cayenne an die Leasing-Firma zurück. Sie und ihr Gatte seien mit diesem Porsche Cayenne in Österreich nie beanstandet worden, weil dieser aufgrund der Reisetätigkeit ihre Gatten oft nie hier war. Auch habe sie alle Parkstrafen für diesen Porsche Cayenne bezahlt.
Nach Rückgabe des Porsche Cayenne an die Leasing-Firma Ende März 2014 habe sie von dieser Leasingfirma am das gegenständliche Kfz der Marke Mercedes Benz CL 600, Fahrzeugidentifikationsnummer poimoin, gebraucht gekauft.
Wie in der Schweiz üblich habe sie ihre Schweizer Zulassungsnummer GVGVGV auch beim gegenständlichen Mercedes behalten können. Nach einigen Tagen (Anfang April 2014) sei sie mit ihren Gatten und dem gegenständlichen Mercedes zurück nach Wien gefahren. Zum Zeitpunkt dieser Einreise in das Gebiet der Gemeinschaft habe ihr Gatte – wie immer - das ggstl. Kfz gelenkt.
Sie führte weiters aus, dass sie und ihr Gatte nun am das Fahrzeug in Österreich zum Verkehr zulassen hätten wollen. Das zuständige Wohnsitzfinanzamt habe ihnen aber mitgeteilt, dass sie zuerst das ggstl. Kfz beim Zollamt Wien freischreiben lassen müssten.
Auf die Frage, warum sie den ggstl. PKW in der Schweiz zum Verkehr zugelassen haben, obwohl sie bereits seit ca. zwei Jahren in Österreich ihren gewöhnlichen Wohnsitz haben, antwortete sie, dass sie und ihr Gatte damals nicht weiter überlegt hätten. Auch in einer kurzen Rücksprache mit der Versicherungsanstalt des ggstl. Kfz in der Schweiz sei ihr bestätigt worden, dass es kein Problem sei, wenn sie das ggstl. Fahrzeug in Österreich verwende.
Sie und der Bf legten im Zuge dieser Niederschrift am beim Zollamt Wien auch einige Unterlagen vor. Darunter befindet sich neben dem Kaufvertrag und Zulassungsschein des ggstl. Kfz auch eine Inventarliste für den Umzug des Bf, ausgestellt am auf Bf., AdresseCH und bestätigt durch das Schweizerische Zollamt AU am (Bl. 14 d.A.).
In der am mit dem Bf im Beisein seines Verteidigers aufgenommenen Niederschrift bestätigte dieser, dass ausschließlich er - sowohl den Porsche Cayenne mit dem behördlichen Schweizer Kennzeichen GVGVGV als auch das gegenständliche Kfz der Marke Mercedes Benz CL 600, Fahrzeugidentifikationsnummer poimoin – gelenkt habe.
Auch gab der Bf an, dass er seit seinem Aufenthalt in Österreich nicht arbeite. Er sei nach Österreich gezogen, um eine Pause von der Arbeitswelt zu machen und eine Familie zu gründen. Der Porsche wurde nach Ablauf des Leasingvertrages von ihnen zurück in die Schweiz verbracht. Dort haben sie den gegenständlichen Mercedes um SFR 36.290,-- angekauft (Kaufvertragsdatum ) und sind damit ca. 1 Woche danach zurück nach Österreich gefahren. Am haben sie den ggstl. Mercedes in der Schweiz einem Autohändler verkauft. Von der Möglichkeit der Einfuhrabgabenbefreiung für Übersiedlungsgut nach dem Gemeinschaftsrecht habe er nichts gewusst. Er wollte alles richtig machen und habe sich extra bei seiner Kfz-Versicherung in der Schweiz erkundigt, ob er mit einem Schweizer Kennzeichnen in Österreich fahren dürfe.
In der Beschwerde gegen den Abgabenbescheid des Zollamtes Wien vom , Zahl: 100000/12345, macht der Bf Verfahrensmängel, Begründungsmängel und unrichtige rechtliche Beurteilung als Beschwerdegründe geltend. Insbesondere bringt dieser vor, dass er hinsichtlich seiner Wohnsitzqualität keinesfalls seinen normalen Wohnsitz (Mittelpunkt seiner Lebensinteressen) zum Zeitpunkt April 2014 in der Gemeinschaft (Wien) hatte. Sein Wohnsitz in Wien habe erst später die Qualität eines Hauptwohnsitzes angenommen. Die blose Anmeldung in Wien kann keinesfalls ausschlaggebend für die Beurteilung des normalen Wohnsitzes des Bf sein.
Auf Grund der Aussagen des Bf sowie seiner Ehefrau vor dem Zollamt Wien, der von ihnen vorgelegten Inventarliste für den Umzug der Beiden von der Schweiz nach Österreich - ausgestellt am auf den Bf und bestätigt durch das Schweizerische Zollamt AU am - und den weiteren Ermittlungsergebnissen sieht das Zollamt Wien es als eindeutig erwiesen an, dass der Bf seit 2012 und damit auch zum Zeitpunkt der Zollschuldentstehung im April 2014 seinen gewöhnlichen Wohnsitz bzw. Lebensmittelpunkt in Österreich hatte, auch wenn sich der Bf aus privaten oder beruflichen Gründen nicht ständig in Österreich aufhielt.
Die Gattin sagte anlässlich ihrer Einvernahme am im Übrigen selbst dazu aus, dass sie für die Übersiedlung der Möbel und persönlichen Gebrauchsgegenstände, die zollrechtlich behandelt wurden, keine Abgaben bezahlen mussten.
Um die Zollbefreiung als Übersiedlungsgut in Anspruch nehmen zu können ist es erforderlich, dass die betreffenden Personen ihren gewöhnlichen Wohnsitz in das Zollgebiet der Union verlegen (Art. 3 Zollbefreiungs-Verordnung ZBefrVO), andernfalls die Befreiung nicht gewährt werden kann.
Wenn der Bf. nunmehr ausführt „Da Übersiedlungskosten innerhalb einer Frist von 12 Monaten zur Zollabfertigung angemeldet werden kann“ und damit sinngemäß anscheinend zum Ausdruck bringen will, dass die Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes auch nach der Freischreibung als Übersiedlungsgut erfolgen kann, verkennt er, dass Art. 9 Abs. 1 ZBefrVO dafür nur eine Frist von 6 Monaten vorsieht und dies falls auch eine Sicherheit geleistet werden muss. All das wurde im konkreten Fall nicht geltend gemacht.
Das Schweizer Zollamt bestätigte am den Export des Übersiedlungsgutes. Damit steht fest, dass zu diesem Zeitpunkt die Übersiedlung nach Österreich stattfand.
Dem nunmehrigen Vorbringen, die belangte Behörde habe offenbar allein aufgrund der Anmeldung eine Wohnsitzverlegung in die Europäische Union angenommen, kommt daher keine Berechtigung zu.
In Anbetracht der klaren Sachlage und der bereits erfolgten Einvernahme erachtet das Zollamt Wien eine weitere Vernehmung vom Bf. – wie vom Rechtsvertreter begehrt - nicht mehr für erforderlich.
Der Bf, der das Fahrzeug im April 2014 in die EU einführte, hatte – wie oben ausgeführt - seinen gewöhnlichen Wohnsitz zu diesem Zeitpunkt unbestritten in Österreich und war somit im Zollgebiet der Union ansässig. Nach Art. 558 Abs. 1 Buchstabe b ZK-DVO setzt allerdings die vorübergehende Verwendung mit vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben für im Straßenverkehr eingesetzte Beförderungsmittel voraus, dass diese unbeschadet der Art. 559, 560 und 561 von einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet werden.
Im Zeitpunkt des Passierens der Zollstelle waren daher nicht alle objektiven Voraussetzungen erfüllt, um den Personenkraftwagen durch Abgabe einer konkludenten Zollanmeldung in das Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung überführen zu können, da eben das Fahrzeug von einer im Zollgebiet ansässigen Person verwendet wurde. Die Einreise mit einem im Drittland zugelassenen Fahrzeug durch eine in der Union ansässige Person stellt ein vorschriftswidriges Verbringen dar, wenn für das Fahrzeug keine ausdrückliche Zollanmeldung abgegeben wird.
Bezüglich des vom Bf in seiner Beschwerde vorgebrachten Mangels, dass die Ermittlung des Ankaufwertes nicht nachprüfbar sei und der Betrag für ihn als willkürlich festgesetzt erscheine, teilt das Zollamt Wien mit, dass der Zollwert für das ggstl. Kfz gemäß § 184 BAO im Sinne des Art. 31 ZK geschätzt wurde. Eine diesbezügliche Dokumentation wurde dem Bescheid des Zollamtes Wien vom , Zahl: 100000/12345, angefügt und ist der Zollwert keinesfalls willkürlich festgesetzt worden.
Wenn der Bf abschließend ausführt, dass er das Übersiedlungsgut in der Schweiz länger als 6 Monate benutzt, es in Österreich zu den gleichen Zwecken benutzt habe (dazu wird angemerkt, dass dies im Widerspruch zum Vorbringen des Rechtsvertreters 2 Absätze vorher in der Beschwerde steht, wo dieser vorbringt, der Bf habe bei seiner Einvernahme die Verwendung des PKWs in Österreich bestritten) und er das Übersiedlungsgut am , sohin fristgerecht zur Zollabfertigung anmelden habe wollen, übersieht dieser, dass er – seinen Aussagen zufolge - den gegenständlichen Mercedes Benz CL 600 erst im April 2014 in der Schweiz gekauft hat und somit am die in Art. 4 ZBefrVO normierte 6 Monatsfrist für Übersiedlungsgut nicht eingehalten gewesen wäre. Darüber hinaus könnte die Zollbefreiung für Übersiedlungsgut aber auch deswegen nicht gewährt werden, weil Art. 7 ZBefrVO verlangt, dass dieses innerhalb von 12 Monaten nach der Begründung des gewöhnlichen Wohnsitzes im Zollgebiet der Gemeinschaft zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.
Der gewöhnliche Wohnsitz wurde aber bereits im Jänner 2012 – wie oben ausgeführt – in Österreich begründet.
Da für den Beschwerdeführer die Eingangsabgabenschuld für den gegenständlichen Pkw der Marke Mercedes Benz CL 600 gemäß Art. 202 ZK entstanden ist, war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen und spruchgemäß zu entscheiden.
Die von dem Bw behauptete formelle beziehungsweise materielle Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides liegt nicht vor."
Mit Vorlageantrag vom wurde im Wesentlichen auf den vorhergehenden Schriftsatz verwiesen und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
In der mündlichen Verhandlung am wurde auf die Fragen des Richters wie folgt geantwortet:
1. Können Sie die in der Ladung angesprochenen Unterlagen vorlegen?
2. Wo hat der Bf. derzeit seinen gewöhnlichen Wohnsitz?
3. Wo war der gewöhnliche Wohnsitz des Bf. im September 2012 und April 2014
gelegen?
4. Wie oft ist der Bf. im Jahr 2014 grenzüberschreitend mit dem gegenständlichen PKW
unterwegs gewesen?
5. Wovon hat der Bf. im Jahr 2014 seinen Lebensunterhalt bestritten?
6. In der Beschwerde wird behauptet, der Wohnsitz in Wien habe erst später die Qualität
eines Hauptwohnsitzes angenommen. Wann war dies der Fall?
7. Zur Ermittlung des Zollwertes
Antwort des Parteienvertreters:
Zu 1.: Es können keine weiteren Unterlagen vorgelegt werden
Zu 2.: Der derzeitige Wohnsitz des Bf. ist mir unbekannt. Ich stehe nur im elektronischen
Kontakt.
Zu 3.: Man kann es nicht genau den konkreten Zeitpunkt festmachen, weil der Bf. sich sehr
häufig im Ausland befunden hat. Allerdings seine Frau war in diesem Zeitpunkt ständig in
Wien aufhältig.
Zu 4.: Es ist mir unbekannt. Wo sich der Mercedes Benz befunden hat, ist ebenfalls
unbekannt. Soweit mir bekannt ist, ist der Bf. zumeist mit dem Flugzeug unterwegs gewesen.
Zu 5.: In Österreich war er nicht beschäftigt, sondern er hat seinen Lebensunterhalt
vorwiegend in der Schweiz bewirtschaftet. Aber im Jahr 2014 hat er soweit mir bekannt ist
überhaupt nicht mehr gearbeitet.
Zu 6.: Die Qualität eines Hauptwohnsitzes wurde erst im Zuge der Familiengründung erreicht wobei der genaue Zeitpunkt nicht festgemacht werden kann.
Zu 7.: Der Einwand bezüglich Schätzung hat sich nicht auf dem Mercedes Benz bezogen und der Zollwert wird somit nicht bestritten.
Das BFG hat erwogen:
Die wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen in der entscheidungsmaßgeblichen Fassung
lauten auszugsweise:
Art. 558 Abs. 1 ZK-DVO:
Die vorübergehende Verwendung mit vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben wird für im Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr und in der See- und Binnenschifffahrt eingesetzte Beförderungsmittel bewilligt, die
a) außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft auf den Namen einer außerhalb dieses
Gebiets ansässigen Personen amtlich zugelassen sind …
b) unbeschadet der Artikel 559, 560 und 561 von einer außerhalb des Zollgebiets der
Gemeinschaft ansässigen Person verwendet werden …
Nach den Bestimmungen des Art. 4 Nr. 2 erster Anstrich ZK gilt als „in der Gemeinschaft
ansässige Person“ im Fall einer natürlichen Person eine Person, die in der Gemeinschaft
ihren normalen Wohnsitz hat.
Gemäß § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG bedeutet im Zollrecht „normaler Wohnsitz“ oder „gewöhnlicher Wohnsitz“ jenen Wohnsitz (§ 26 der Bundesabgabenordnung) einer natürlichen Person, an dem diese wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder - im Falle einer Person ohne berufliche Bindungen - wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen der Person und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt. Jedoch gilt als gewöhnlicher Wohnsitz einer Person, deren berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem ihrer persönlichen Bindungen liegen und die daher veranlasst ist, sich abwechselnd an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb des Zollgebiets der Union aufzuhalten, der Ort ihrer persönlichen Bindungen, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt. Die letztere Voraussetzung entfällt, wenn sich die Person im Zollgebiet der Union zur Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer aufhält. Der Universitäts- und Schulbesuch hat keine Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes zur Folge;
Artikel 232, 233 und 234 Abs. 1 ZK-DVO lauten - auszugsweise - wie folgt:
"Artikel 232
(1) Zollanmeldungen zur vorübergehenden Verwendung können für folgende Waren durch eine Willensäußerung im Sinne des Artikels 233 nach Maßgabe des Artikels 579 abgegeben werden, sofern sie nicht ausdrücklich angemeldet werden:
b) in Artikel 556 bis 561 genannte Beförderungsmittel
Artikel 233
(1) Im Sinne der Artikel 230 bis 232 kann die als Zollanmeldung geltende Willensäußerung
auf folgende Weise abgegeben werden:
a) Bei Befördern der Waren bis zu einer Zollstelle oder einem anderen nach Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe a) des Zollkodex bezeichneten oder zugelassenen Ort durch:
- Passieren einer Zollstelle ohne getrennte Kontrollausgänge, ohne spontan eine Zollanmeldung abzugeben, ...
Artikel 234
(1) Sind die Voraussetzungen der Artikel 230 bis 232 erfüllt, so gelten die betreffenden Waren als im Sinne des Artikels 63 des Zollkodex gestellt, die Zollanmeldung als angenommen und die Waren als überlassen, sobald die Willensäußerung im Sinne des Artikels 233 erfolgt ist.
(2) Ergibt sich bei einer Kontrolle, dass die Willensäußerung im Sinne des Artikels 233 erfolgt ist, ohne dass die verbrachten oder ausgeführten Waren die Voraussetzungen der Artikel 230 bis 232 erfüllen, so gelten diese Waren als vorschriftswidrig verbracht oder ausgeführt.“
Nach Art. 558 Abs. 1 ZK-DVO in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung sind mehrere Voraussetzungen zu erfüllen, damit die Zollstelle die Einbringung eines Fahrzeuges, das Nichtgemeinschaftsware und zur Wiederausfuhr bestimmt ist (Art. 137 ZK) unter der einfuhrabgabenrechtlichen Privilegierung des eigenen Gebrauchs für das Verfahren der vorübergehenden Verwendung zulassen kann.
Eine der wesentlichsten dieser Voraussetzungen ist, dass das Beförderungsmittel von einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person verwendet wird. Dabei ist gemäß Art. 4 Nr. 2 erster Anstrich ZK auf den normalen Wohnsitz bzw. gemäß § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG auf den gewöhnlichen Wohnsitz abzustellen.
Es ist nach Aktenlage unstrittig, dass der Bf am eine umfangreiche Inventarliste anlässlich eines "Umzugs" nach Österreich angab, wie zB Küchengeschirr, Büromöbel, Wohnzimmer- und Schlafzimmereinrichtung sowie Gartenmöbel und diese freigeschrieben wurden. Dieser Zeitpunkt entspricht auch der Aussage der Gattin des Bf, wonach die Übersiedlung am stattfand (Aussage vor dem Zollamt Wien). Ebenso ist unstrittig, dass der Bf. das ggstl. Fahrzeug am bei der RRRR in der Schweiz gekauft hat. Strittig ist hingegen, ob und wann für den Bf. der gewöhnliche Wohnsitz tatsächlich in Österreich begründet wurde, da er sich - nach dem schriftlichen Vorbringen - vorwiegend in der Schweiz und in der Ukraine aufgehalten habe; lediglich seine Gattin habe ihren gewöhnlichen Wohnsitz in Österreich begründet; ab 2014 habe er nicht mehr gearbeitet. Nachweise, die eine überwiegenden Aufenthalt in der Schweiz oder/und der Ukraine belegen würden, konnten auch in der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegt werden.
Nach der stRsp des UFS gilt als gewöhnlicher Wohnsitz einer Person, deren berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem ihrer persönlichen Bindungen liegen und die daher veranlasst ist, sich abwechselnd an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft aufzuhalten, der Ort ihrer persönlichen Bindungen, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt ( ZRV/0279-Z3K/02; ZRV/0340-Z3K/02). Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass jemand, der mit seinem gesamten Hausrat aus dem Ausland nach Österreich übersiedelt und der einen Antrag auf Freischreibung von Übersiedlungsgut abgibt (Aussage der Gattin vom ), anschließend ein Haus in Wien mietet, auch übersiedelt ist, weil die Freischreibung die Begründung eines neuen Wohnsitzes beinhaltet. Überdies hat auch nach seinen eigenen Angaben seine Gattin einen gewöhnlichen Wohnsitz begründet. Dass er sich trotz des Umstands, dass er nach Wien gezogen ist, häufig in Drittstaaten aufgehalten haben soll, konnte nicht belegt werden. Damit wurde iSd Art 558 Abs 1 Buchst b ZK-DVO das Fahrzeug durch einen Unberechtigten verwendet, weil der Bf. seinen gewöhnlichen Wohnsitz nicht in einem Drittstaat hatte ().
Aus dem oa Sach- und Rechtsgründen war der Beschwerde kein Erfolg beschieden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Unter welchen Voraussetzungen ein gewöhnlicher Wohnsitz angenommen werden kann ist in der Rechtsprechung hinlänglich behandelt worden.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 3 Abs. 1 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 § 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994 Art. 9 ZBefrVO, VO 1186/2009, ABl. Nr. L 324 vom S. 23 Art. 4 ZBefrVO, VO 1186/2009, ABl. Nr. L 324 vom S. 23 Art. 7 ZBefrVO, VO 1186/2009, ABl. Nr. L 324 vom S. 23 § 26 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | ZRV/0279-Z3K/02 ZRV/0340-Z3K/02 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7200179.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at