Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 18.05.2017, RV/7101896/2016

Haftung, Gleichbehandlung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat in der Beschwerdesache C.K. (Bf.), über die Beschwerde vom gegen den Haftungsbescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am  zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird insoweit Folge gegeben, dass die Haftungsinanspruchnahme nach §§ 9, 80 BAO auf folgende Abgabenschuldigkeiten eingeschränkt wird:

Abgabenart Zeitraum Höhe in Euro

Umsatzsteuer 09/2011   3.926,58
Umsatzsteuer 11/2011      685,26
Umsatzsteuer 12/2011      203,07
Umsatzsteuer 01/2012   1.271,30
Umsatzsteuer 02/2012        65,60
Umsatzsteuer 06/2012   1.434,81
Umsatzsteuer 08/2012      322,75
Umsatzsteuer 10/2012      864,88
Umsatzsteuer 12/2012        39,66
Umsatzsteuer 03/2013    2.054,83
Umsatzsteuer 05/2013  14.120,26
Lohnsteuer 05/2010          808,63
Lohnsteuer 07/2010          624,96
Lohnsteuer 08/2010          312,81

Lohnsteuer 08/2012          302,64
Lohnsteuer 09/2012          312,37
Lohnsteuer 10/2012          304,19
Lohnsteuer 11/2012          464,09
Lohnsteuer 12/2012          309,81
Lohnsteuer 01/2013          329,32
Lohnsteuer 02/2013          333,99
Lohnsteuer 03/2013          555,57
Lohnsteuer 04/2013          227,82
Lohnsteuer 12/2013          422,63
Lohnsteuer 04/2014       1.595,57
Lohnsteuer 05/2014       2.037,88
Lohnsteuer 06/2014          708,42
Lohnsteuer 07/2014          749,57
Lohnsteuer 08/2014          768,58
Lohnsteuer 09/2014       1.270,88
Lohnsteuer 10/2014          820,82
Lohnsteuer 11/2014       1.323,33
Lohnsteuer 12/2014          853,28

Summe: € 40.426,16

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsbescheid vom wurde der Bf. als Haftungspflichtiger gemäß § 9 i.V.m. §§ 80 ff. Bundesabgabenordnung für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma R.GmbH, im Ausmaß von 67.944,05 Euro in Anspruch genommen und aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.
Die Haftung wird hinsichtlich folgender Abgabenschuldigkeiten geltend gemacht:
Abgabenart Zeitraum Höhe in Euro
Umsatzsteuer 09/2011 3.926,58
Umsatzsteuer 11/2011 685,26
Umsatzsteuer 12/2011 203,07
Umsatzsteuer 01/2012 1.271,30
Umsatzsteuer 02/2012 65,60
Umsatzsteuer 06/2012 1.434,81
Umsatzsteuer 08/2012 322,75
Umsatzsteuer 10/2012 864,88
Umsatzsteuer 12/2012 39,66
Umsatzsteuer 02/2013 0,03
Umsatzsteuer 03/2013 2.054,83
Umsatzsteuer 05/2013 14.120,26
Umsatzsteuer 2014 13.515,38
Umsatzsteuer 01/2015 12.046,97
Umsatzsteuer 02/2015 1.196,41
Lohnsteuer 05/2010 808,63
Lohnsteuer 07/2010 624,96
Lohnsteuer 08/2010 312,81

Lohnsteuer 08/2012 302,64
Lohnsteuer 09/2012 312,37
Lohnsteuer 10/2012 304,19
Lohnsteuer 11/2012 464,09
Lohnsteuer 12/2012 309,81
Lohnsteuer 01/2013 329,32
Lohnsteuer 02/2013 333,99
Lohnsteuer 03/2013 555,57
Lohnsteuer 04/2013 227,82
Lohnsteuer 12/2013 422,63
Lohnsteuer 04/2014 1.595,57
Lohnsteuer 05/2014 2.037,88
Lohnsteuer 06/2014 708,42
Lohnsteuer 07/2014 749,57
Lohnsteuer 08/2014 768,58
Lohnsteuer 09/2014 1.270,88
Lohnsteuer 10/2014 820,82
Lohnsteuer 11/2014 1.323,33
Lohnsteuer 12/2014 853,28
Lohnsteuer 01/2015 759,10
Summe: 67.944,05

Begründung:
l. Gemäß § 80 Abs 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen
alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und insbesondere dafür
zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

2. Gemäß § 9 Abs 1 leg.cit. haften die in § 80 Abs 1 leg.cit. erwähnten Personen neben
den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben
infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht
werden können.
3. Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner
gesetzlichen Verpflichtung ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

4. Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen ergibt sich, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht
entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht
eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein
Verschulden nicht entrichtet werden konnten. Die Abgaben können bei der Ing.
Rumplmayr Gesellschaft m.b.H nicht mehr eingebracht werden, weil der Konkurs bereits
mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom nach Schlussverteilung
aufgehoben wurde und die juristische Person daher vermögenslos ist.

5. Sie waren im Zeitraum von bis unbestritten handelsrechtlicher
Geschäftsführer der R.GmbH.also einer juristischen Person,
und daher gemäß § 18 GesmbHG zu deren Vertretung berufen. Sie waren somit auch
verpflichtet, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

6. Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer ist folgendes festzuhalten:
Gemäß § 21 Abs 1 UstG 94 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag)
des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats
eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt
einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer
(Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss
unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs 1 und Abs. 2 und des § 16 leg. cit., selbst
zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebene Vorauszahlung
spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für folgende Zeiträume - siehe
Haftungsbescheid - wurde die Umsatzsteuer rechtskräftig gemeldet, festgesetzt bzw.
veranlagt, jedoch nicht entrichtet.

7. In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es Sache des Geschäftsführers ist, die
Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm
obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der
Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gem. § 9 Abs. 1 BAO angenommen
werden darf (,0038). Demnach haftet der
Geschäftsführer für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die
Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung
standen, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, daß er diese Mittel anteilig
für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet die Abgabenschulden daher im
Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.
Am wurden per Mail Gläubigergleichbehandlungslisten eingebracht.
Bei den Sachkonten wurden Aufstellungen für die Zeiträume bis
sowie bis für die einzelnen Gläubiger Finanzamt, Magistrat und
Sozialversicherung angeführt. Diese Zeiträume betreffen jedoch nicht die im
Haftungsvorhalt angeführten Zeiträume. Die erste Umsatzsteuer, die im Haftungsvorhalt
angeführt ist, ist für das Monat 09/2011.
Bei den Lieferantenkonten sind Gläubiger wie z.B. Finanzamt und Sozialversicherung
nicht angeführt.

Da es für den Zeitraum der Abgaben, die im Haftungsvorhalt als fällig und nicht bezahlt
angeführt sind, keine Aufstellung der Sachkonten gibt und daher keine Vergleichbarkeit
mit Zahlungen im gleichen Zeitraum mit den Lieferantenzahlungen möglich ist, wurde
kein Nachweis der Gläubigergleichbehandlung erbracht.

8. Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für ausstehende Lohnsteuer ist festzuhalten,
dass gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1972 bzw. 1988 der Arbeitgeber die Lohnsteuer des
Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten hat. Es wäre Ihre Pflicht gewesen,
für eine zeitgerechte Lohnsteuerabfuhr Sorge zu tragen. Sie hingegen haben die Abfuhr
der angeführten fälligen Lohnsteuerbeträge unterlassen. Es wird in diesem
Zusammenhang hervorgehoben, dass der Arbeitgeber gemäß § 78 Abs. 3 leg. cit. für den
Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten
Arbeitslchnes nicht ausreichen, verpflichtet ist, die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur
Auszahlung gelangenden, niedrigeren Betrag, zu berechnen, einzubehalten und
abzuführen. In der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung ist jedenfalls ein schuldhaftes
Verhalten zu erblicken. (vgl. Erk. des . Zl. 84/13/0085).
Die Lohnsteuer ist vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen.
Die im Haftungsbescheid angeführten Lohnsteuern wurden nicht entrichtet, und daher
liegt eine Pflichtverletzung vor.

9. Die Geltendmachung der Haftung liegt auch im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz auferlegten Grenzen (§ 20 BAO) zu halten hat. Innerhalb
dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit
unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem
Gesetzesbegriff „Billigkeit“ ist dabei die Bedeutung „berechtigten Interessen der Partei“,
dem Begriff der „Zweckmäßigkeit“ die Bedeutung „öffentliches Anliegen an der
Einbringung der Abgaben mit allen gesetzlichen vorgesehenen Mitteln und
Möglichkeiten“ beizumessen.
Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten
Besicherungszweck der Haftung folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der
Regel dann ermessenskonform ist, wenn die Abgabenschuld beim Primärschuldner
uneinbringlich ist. Da der öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare
Abgaben einzubringen, bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung allfällige Einzelinteressen verdrängt, sah sich das Finanzamt veranlasst, die gesetzliche Vertreterhaftung im erforderlichen Ausmaß geltend zu machen. Da der Abgabenausfall auch auf das Verschulden der Haftungspflichtigen zurückzuführen ist, ist den Zweckmäßigkeitsgründen gegenüber den Interessen der Partei der Vorrang einzuräumen.
10. Die Schuldhaftigkeit ist damit zu begründen, dass durch Ihr pflichtwidriges Verhalten als Vertreter der Gesellschaft, die Uneinbringlichkeit eingetreten ist.

**********

Dagegen richtet sich die nach Rechtsmittelfristverlängerung am eingebrachte Beschwerde mit folgender Textierung:

"Gegen den Haftungsbescheid des Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf, vom , zugestellt am oder nach dem , erhebt der Beschwerdeführer durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 und Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 243 BAO binnen offener und erstreckter Frist nachstehende BESCHWERDE

an das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen
1. Sachverhalt

Wie von der belangten Behörde festgestellt, war der Beschwerdeführer seit Geschäftsführer von R.GmbH mit dem Sitz in Wien und der Geschäftsanschrift Adr., eingetragen im Firmenbuch des Handels­gerichts Wien unter FN FN (im Folgenden kurz die „Gesellschaft“).

In diesem Zeitraum musste über das Vermögen der Gesellschaft zwei Mal ein Insolvenzverfah­ren eröffnet werden. Das erste Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien zu s vom , bekanntgemacht durch Edikt am , eröffnet. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , bekannt gemacht am , wurde dieses Verfahren an das ebenfalls beim Handelsgericht Wien zu h anhängige Insolvenzverfahren (im Folgenden kurz „Insolvenzverfahren I“) abge­treten. Zum Masseverwalter wurde R, bestellt.

Das Insolvenzverfahren I wurde als Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung geführt. Da mit den Gläubigern ein Sanierungsplan abgeschlossen werden konnte, wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien von , bekanntgemacht ebenfalls am , mit rechtskräfti­ger Bestätigung des Sanierungsplans das Sanierungsverfahren aufgehoben.

Beweis: Auszug aus der Insolvenzdatei zu s (Beilage ./I);
Auszug aus der Insolvenzdatei zu h (Beilage ./2);
PV des Beschwerdeführers.

Aufgrund von Auftragsrückgängen und säumigen Schuldnern konnte die Gesellschaft den Sanierungsplan nicht einhalten und wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien zu 5 S 7/15m vom , bekannt gemacht am , neuerlich ein Insolvenzverfahren über das Ver­mögen der Gesellschaft eröffnet (im Folgenden kurz „Insolvenzverfahren II“). Da die Gläubi­ger der Gesellschaft einem erneuten Sanierungsplan nicht zustimmten, wurde das Verfahren als Konkursverfahren geführt. Zum Masseverwalter wurde R1, bestellt. Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , bekannt gemacht am , wurde die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig bestätigt.

Beweis: Auszug aus der Insolvenzdatei zu m (Beilage ./3);
PV des Beschwerdeführers.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom , dem Beschwerdeführer zugestellt am , wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, nachzuweisen, dass ihn an der Uneinbringlichkeit der im Schreiben näher bezeichneten Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft kein Verschulden trifft.

Mit Email vom übersendete der Beschwerdeführer Gläubigergleichbehandlungslis­ten für den Zeitraum bis an den zuständigen Sachbearbeiter der belangten Behörde, Herrn Ra, dies zum Beweis für die Gleichbehandlung während seiner Zeit als Geschäftsführers der Gesellschaft.

Beweis: E-Mail vom (Beilage ./4); PV des Beschwerdeführers.

Daraufhin erlies die belangte Behörde am den nunmehr angefochtenen Haftungsbescheid gegen den Beschwerdeführer.

2. Zulässigkeit der Beschwerde

Die Beschwerdelegitimation ergibt sich aus Art 130 Abs. 1 Z 1 und Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 243 BAO und richtet sich gegen die Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Be­scheids, weil der mit dem gegenständlichen Haftungsbescheid geltend gemachte Abgabenanspruch gegenüber dem Beschwerdeführer nicht besteht. Die Beschwerde richtet sich weiters gegen die Rechtswidrigkeit in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil die belangte Behörde dem gegenständlichen Bescheid keine ausreichenden Feststellungen zum Sachverhalt zugrunde gelegt hat.

Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts des Bundes für Finanzen ergibt sich aus
Art 131 Abs. 3 B-VG iVM § 243 BAO, wonach dieses in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben zuständig ist.

Der Haftungsbescheid wurde dem Beschwerdeführer am oder nach dem zugestellt, und wird dem Beschwerdeführer darin die Möglichkeit der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid binnen einer Frist von einem Monat eingeräumt. Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter die Erstreckung der Beschwerdefrist gemäß § 245 BAO um drei Wochen, sohin bis zum . Mit Bescheid vom hat die belangte Behörde dem Antrag stattgegeben und die Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom bis zum verlängert, sodass die Beschwerde sohin rechtzeitig ist.

3. Beschwerdegründe

3.1 Umsatzsteuer

In dem im Haftungsbescheid angeführten Zeitraum wurden die in Spalte 3 der genannten Umsatzsteuerbeträge zur Voranmeldung gebracht und der Beschwerdeführer diesbezüglich hinsichtlich der in Spalte 4 bezeichneten Beträge zur Haftung herangezogen.

Zeitraum                    Haftungsbescheid
09/2011 9.567,79 3.926,58
10/2011 37,31
11/2011 1.443,71 685,26
12/2011 5.569,22 203,07
01/2012 2.678,36 1.271,30
02/2012 3.138,21 65,60
03/2012 870,27
04/2012 -3.262,34
05/2012 -12.930,82
06/2012 20.021,90 1.434,81
07/2012 9.111,91
08/2012 679,97 322,75
09/2012 4.781,74
10.2012 1.822,12 864,88
11.2012 -29,17
12/2012 838,49 838,49
01/2013 281,47
02/2013 479,97 0,03
03/2013 2.233,98 2.054,83
05/2013 2.622,05 14.120,00
2014 13.515,38
01/2015 13.097,31 12.046,97
02/2015 1.300,72 1.196,41

Beweis: Auszug des Steuerkontos per (Beilage ./4); PV des Beschwerdeführers.

Völlig unklar ist, wie sich die Beträge, zu deren Haftung der Beschwerdeführer herangezogen wird, errechnen und unterlässt die belangte Behörde diesbezüglich jegliche Sachverhaltsfest­stellung.

Gemäß § 93 Abs. 3 lit. a Bundesabgabenordnung (BAO) muss ein Bescheid eine Begründung enthalten, wenn dieser von Amts wegen erlassen wird.

Die Begründung eines Bescheides muss erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung eines Bescheides muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des VwGH für diesen nachvollziehbar ist (VwGH 99/15/0016, ).

Der bekämpfte Bescheid führt keine Feststellungen an, wie die belangte Behörde zu den im Haftungsbescheid errechneten Umsatzsteuerbeträgen gelangt. Es ist daher weder durch den Beschwerdeführer noch durch dessen bevollmächtigten Vertreter möglich, die von der belangten Behörde errechneten Beträge nachzuvollziehen.

Der Haftungsbescheid ist sohin rechtswidrig infolge der Verletzung von Verfahrensvorschrif­ten, weil die belangte Behörde dem gegenständlichen Bescheid keine ausreichenden Feststel­lungen zum Sachverhalt zugrunde gelegt hat.

3.2 Umsatzsteuer für Voranmeldezeiträume 3/2013, 5/2013, 1/2015 und 2/2015

Wie bereits unter Punkt 1. beschrieben und durch die Beilagen dokumentiert, wurde über die Gesellschaft mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom das Insolvenzverfahren I er­öffnet. Gemäß § 21 Abs 1 Umsatzsteuergesetz ist die Umsatzsteuer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates anzumelden und zur Zahlung fällig. Die Umsatzsteuer für den Voranmeldezeitraum 3/2013 war daher am , die Umsatzsteuer für den Voranmeldezeitraum 5/2013 am zur Zahlung fällig.

Am wurde das Insolvenzverfahren II über die Gesellschaft eröffnet. Die Umsatzsteuer für den Voranmeldezeitraum 1/2015 war am , die Umsatzsteuer für den Voranmeldezeit­raum 2/2015 am zur Zahlung fällig.

Die Fälligkeit der Zahlung der Umsatzsteuer für die Voranmeldezeiträume 3/2013, 5/2013, 1/2015 und 2/2015 fallen daher in einen Zeitraum, in denen ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft geführt wurde. Gemäß § 2 Abs 2 Insolvenzordnung (IO) wird dem Schuldner durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Schuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Insolvenzverfah­rens erlangt (Insolvenzmasse), dessen freier Verfügung entzogen. Als Geschäftsführer der Gesellschaft konnte der Beschwerdeführer zu diesen Fälligkeitszeitpunkten der Umsatzsteuer für die Voranmeldezeiträume 3/2013 und 5/2013, 1/2015 und 2/2015 nicht über das Vermögen der Gesellschaft verfügen und daher der Entrichtung der Umsatzsteuer nicht nachkommen.

Vielmehr traf die Pflicht zum Abführen der Umsatzsteuer im Insolvenzverfahren den jeweiligen Masse- bzw Insolvenzverwalter, welcher die Umsatzsteuer an die belangte Behörde abführen oder zumindest eine gleichmäßige Befriedigung sämtlicher Gläubiger vornehmen hätte müssen. Auch im Abgabenverfahren tritt nach der Insolvenzeröffnung an die Stelle des Gemein­schuldners der Masse- bzw Insolvenzverwalter. Die Abgaben sind daher gegenüber dem Masse- bzw Insolvenzverwalter festzusetzen. Dies gilt auch für die Heranziehung zur Haftung (VwGH, 2002/14/0115). Lediglich der Vollständigkeit sei nochmals darauf hingewiesen, dass auch beim Insolvenzverfahren I der Geschäftsführer keine Dispositionen über das Vermögen der insolventen Gesellschaft treffen konnte, weil es sich um ein Sanierungsverfahren ohne Ei­genverantwortung gehandelt hat.

Der im Haftungsbescheid gegenüber dem Beschwerdeführer geltend gemachte Abgabenanspruch betreffend die Umsatzsteuer für die Voranmeldezeiträume 3/2013 und 5/2013, 1/2015 und 2/2015 besteht daher nicht und ist der Haftungsbescheid deshalb inhaltlich rechtswidrig.

Beweis: Auszug aus der Insolvenzdatei zu s (Beilage ./I);
Auszug aus der Insolvenzdatei zu h (Beilage ./2);
Auszug aus der Insolvenzdatei zu m (Beilage ./3);
PV des Beschwerdeführers.

3.3 Lohnsteuer für Voranmeldezeiträume 4/2013 und 1/2015

Gemäß § 79 Abs 1 Einkommenssteuergesetz (EStG) hat der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen. Die Lohnsteuer für den Zeitraum 4/2013 war daher am , sohin während das Insolvenzver­fahren I anhängig war, zur Zahlung fällig. Die Lohnsteuer 1/2015 war am , sohin während das Insolvenzverfahren II anhängig war, zur Zahlung fällig.

Gemäß § 2 Abs 2 IO konnte der Beschwerdeführer zu den Fälligkeitszeitpunkten betreffend der Zeiträume 4/2013 und 1/2015 nicht über das Vermögen der Gesellschaft verfügen. Eine Ent­richtung dieser Abgaben hätte aus den in Punkt 3.2 genannten Gründen vom Masseverwalter erfolgen müssen.

Der im Haftungsbescheid gegenüber dem Beschwerdeführer geltend gemachte Abgabenanspruch betreffend der Lohnsteuer für die Zeiträume 4/2013 und 1/2015, besteht daher nicht und ist der Haftungsbescheid inhaltlich rechtswidrig.

Beweis: Auszug aus der Insolvenzdatei zu s (Beilage ./I);
Auszug aus der Insolvenzdatei zu h (Beilage ./2);
Auszug aus der Insolvenzdatei zu m (Beilage ./3);
PV des Beschwerdeführers.

3.4 Gleichbehandlung der Gläubiger

Wie bereits im Sachverhalt unter Punkt 1. beschrieben, hat der Beschwerdeführer für den Zeit­raum bis der belangten Behörde umfassende Listen vorgelegt, welche die gegenüber sämtlichen Gläubigern entstandenen Forderungen sowie die Rückzahlungen hierauf auflisteten. Dies zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer sämtliche Gläubiger wäh­rend seiner Zeit als Geschäftsführer der Gesellschaft gleich behandelt hat.

Im Haftungsbescheid führt die belangte Behörde auf Seite 3 dazu aus, dass in dieser Liste die Daten des Finanzamts als Gläubiger der Gesellschaft nicht oder nicht ausreichend dargestellt seien.

Wenngleich der zur Haftung Herangezogene grundsätzlich beweisen muss, dass ihm gegen­über kein Abgabenanspruch besteht, normiert § 115 BAO eine amtswegige Ermittlungspflicht, wonach die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln haben, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.

Der Grundsatz, dass der in Haftung Gezogene nachzuweisen hat, warum er nicht für die Entrichtung der Abgaben der von ihm vertretenen juristischen Person aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln Sorge getragen hat, entbindet die Abgabenbehörde nicht (restlos) von ihrer Pflicht zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (VwGH, , 85/17/0011).

So hätte die belangte Behörde durch Einsicht in den Steuerakt des Beschwerdeführers jederzeit die neu entstandenen und bezahlten Abgabenforderungen für den in Frage stehenden Zeit­raum eruieren können und anhand der vom Beschwerdeführer vorgelegten Listen feststellen können bzw müssen, dass sämtliche Gläubiger, einschließlich die belangte Behörde, gleich behandelt wurden und der Beschwerdeführer mangels Verschuldens daher nicht für die Abga­benschulden der Gesellschaft haftet.

Der Haftungsbescheid ist sohin rechtswidrig infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil die belangte Behörde ihrer in § 115 BAO normierten Ermittlungspflicht nicht ausrei­chend nachgekommen ist.

4. Beschwerdeanträge

Aus all den angeführten Gründen richtet der Beschwerdeführer an das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen die ANTRÄGE,

1. den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben;

in eventu

den Haftungsbescheid bezüglich der Umsatzsteuer 3/2013, 5/2013, 1/2015 und 2/2015
sowie Lohnsteuer 4/2013 und 1/2015 aufzuheben und durch einen neu zu erlassenden
Bescheid zu ersetzen, der den unter Punkt 3. genannten Beschwerdegründen Rechnung
trägt.

2. Weiters stellt der Beschwerdeführer an das Finanzamt die

ANTRÄGE,

keine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 Abs. 2 BAO zu erlassen;
auf Entscheidung durch den gesamten Beschwerdesenat gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO;
auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gem. § 274 Abs. 1 Z 1 BAO sowie
auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO für den Gesamtbetrag des mit dem angefochtenen Haftungsbescheid geltend gemachten Zahlungsanspruchs bis zur Entscheidung über die Beschwerde."

**********

Am erging seitens des BFG folgender Vorhalt an den Bf.:

"Bezugnehmend auf Ihre Haftungsinanspruchnahme für offene Abgabenschuldigkeiten der Rumpelmayr GesmbH ergehen folgende ergänzende Mitteilungen und Anfragen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Ursprünglicher Betrag
Haftungsbescheid
Fälligkeit
Umsatzsteuer
09/2011
9.567,79
3.926,58
Umsatzsteuer
11/2011
1.443,71
685,26
Umsatzsteuer
12/2011
5.569,22
203,07
Umsatzsteuer
01/2012
2.678,36
1.271,30
Umsatzsteuer
02/2012
3.138,21
65,60
Umsatzsteuer
06/2012
20.021,90
1.434,81
Umsatzsteuer
08/2012
679,97
322,75
Umsatzsteuer
10/2012
1.822,12
864,88
Umsatzsteuer
12/2012
838,49
39,66
Umsatzsteuer
02/2013
 
0,03
Umsatzsteuer
03/2013
2.233,98
2.054,83
Umsatzsteuer
05/2013
16.234,01
14.120,26
Umsatzsteuer
2014
 
13.515,38
Umsatzsteuer
01/2015
13.097,31
12.046,97
Umsatzsteuer
02/2015
1.300,72
1.196,41
Lohnsteuer
05/2010
2.029,56
808,63
Lohnsteuer
07/2010
1.316,66
624,96
Lohnsteuer
08/2010
659,02
312,81
Lohnsteuer
08/2012
637,61
302,64
Lohnsteuer
09/2012
658,08
312,37
Lohnsteuer
10/2012
640,87
304,19
Lohnsteuer
11/2012
977,74
464,09
Lohnsteuer
12/2012
652,71
309,81
Lohnsteuer
01/2013
693,81
329,32
Lohnsteuer
02/2013
703,65
333,99
Lohnsteuer
03/2013
1.170,48
555,57
Lohnsteuer
04/2013
479,97
227,82
Lohnsteuer
12/2013
459,48
422,63
Lohnsteuer
04/2014
1.734,68
1.595,57
Lohnsteuer
05/2014
2.215,56
2.037,88
Lohnsteuer
06/2014
770,19
708,42
Lohnsteuer
07/2014
814,92
749,57
Lohnsteuer
08/2014
835,59
768,58
Lohnsteuer
09/2014
1.381,68
1.270,88
Lohnsteuer
10/2014
892,38
820,82
Lohnsteuer
11/2014
1.438,71
1.323,33
Lohnsteuer
12/2014
927,68
853,28
Lohnsteuer
01/2015
13.097,31
759,10

Zur U 2/13 gibt es nur diese geringfügige Rundungsdifferenz, hinsichtlich U 2014 ist die Frist zu Abgabe der Jahreserkl. erst nach Konkurseröffnung abgelaufen, damit ist Ihnen die Schätzung nicht zuzurechnen und die Umsatzsteuervorauszahlungen für 1, 2/2015 und die Lohnsteuer 1/2015 wurden erst nach Konkurseröffnung fällig, daher besteht diesbezüglich nach Ansicht der Vorsitzenden des Senates des BFG dafür keine Haftungsgrundlage.

Die Haftungsbeträge ergeben sich aus der Rückstandsaufgliederung abzüglich einer Konkursquote von 8,0195 % (siehe Haftungsvorhalt der Behörde vom ).

Die UVZ 3 und 5/13 wurden während des Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung fällig, daher sind sie nicht bei Fälligkeit durch Sie zu entrichten gewesen, sondern erst bei Wiedererlangen der Entscheidungsbefugnis über die Geldmittel der Gesellschaft mit .

Die Lohnsteuer 4/13, die gleichfalls während des Sanierungsverfahrens fällig wurde, ist als Gleichbehandlungsabgabe, weil Altschuld, zum ebenfalls anteilig zu begleichen gewesen.

Hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Beträge an Lohnsteuer (alle anderen Zeiträume betreffend) ist darauf hinzuweisen, dass diese nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom Gleichheitsgrundsatz ausgenommen sind. Reichen nämlich die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten (Verweis auf § 78 Abs. 3 EStG 1988). In derartigen Fällen dürfen die Löhne nicht in voller Höhe ausgezahlt werden und sind diese anteilig zu kürzen und die auf den gekürzten Lohnbetrag entfallende Lohnsteuer ist zur Gänze zu entrichten (vgl. z.B. , ).

Hinsichtlich der Umsatzsteuer obliegt es Ihnen einen Nachweis zu erbringen, dass  mit deren Nichtentrichtung, bzw. anteiligen Nichtentrichtung die Abgabenbehörde als Gläubigerin nicht schlechter gestellt wurde als die anderen Gläubiger.

Der Vertreter haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenbehörde im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen liquiden Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten (Gleichbehandlungsgrundsatz). Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger – bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits – an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter. Auf diesem, nicht auf der Behörde, lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote. Vermag der Vertreter nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesen und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. z.B. ).

Den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, hat der Vertreter in diesem Zusammenhang auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel zu diesen Zeitpunkten andererseits bezogen zu führen (vgl. und ).

Sie werden daher aufgefordert, die Höhe der bei Fälligkeit der Abgabenschuldigkeiten (siehe Tabelle, ursprüngliche Beträge und Fälligkeitstage) jeweils vorhandenen liquiden Mittel bekannt zu geben und zu belegen (Bankkontoauszug, Kassabuchauszug).

Es wird eine Frist bis Ende März 2017 eingeräumt."

**********

In der Folge wurden lediglich in Form einer Mail an die Vorsitzende Beschwerdevorentscheidungen des Magistrates vom und sowie Buchhaltungsunterlagen mit der Bezeichnung Verbindlichkeiten, Sachkonten, Lieferanten für die Jahre 2010 bis übermittelt. Eine Quotenberechnung wurde nicht vorgelegt.

**********

In der mündlichen Verhandlung wurde nochmals darauf verwiesen, dass auf Grund der Buchhaltungsunterlagen zu den Lieferanten und den Sachkonten die Krankenkassa und der Magistrat quasi im Vergleichsweg einen bedeutenden Abschlag zu einer Haftungsinanspruchnahme auch ohne Quotenberechnung vorgenommen habe. 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und insbesondere dafür  Sorge zu tragen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in § 80 Abs. 1 BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Haftung gemäß § 9 BAO sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die objektive Uneinbringlichkeit der entsprechenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (), die Stellung als Vertreter, dessen schuldhafte Pflichtverletzung sowie die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Uneinbringlichkeit ().

Da es sich bei der Vertreterhaftung nach § 9 Abs. 1 BAO um eine Ausfallshaftung handelt, ist zunächst als Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Haftenden die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben bei der Primärschuldnerin im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Bf. festzustellen.

Uneinbringlichkeit liegt in diesem Zusammenhang stets dann vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären.

Die Gesellschaft wurde am  nach § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.

Somit ist ein Zugriff auf Geldmittel der Gesellschaft über die erzielte und bei der Haftungsinanspruchnahme angerechnete Quote von 8,0195% hinaus zweifelsfrei nicht mehr möglich und folglich die Voraussetzung der Uneinbringlichkeit der gegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin jedenfalls gegeben.

Der Bf. war ab bis zum  (Eröffnung des Sanierungsverfahrens ohne Eigenverantwortung) und dann wieder zwischen bis zum alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der R.GmbH.

Daraus ergibt sich, dass der Bf. im Zeitraum seiner Geschäftsführung grundsätzlich verpflichtet war, für die Einhaltung der abgabenrechtlichen Vorschriften Sorge zu tragen.

Die Umsatzsteuervorauszahlung für 1/2015 wurde am und die Umsatzsteuervorauszahlung für 2/2015 am fällig, der Bf. hatte zu diesen Fälligkeitszeitpunkten keine Verfügungsmacht über die Geldmittel der Gesellschaft mehr, daher hat er auch keine schuldhafte Pflichtverletzung hinsichtlich deren Nichtentrichtung bei Fälligkeit zu verantworten.

Dies gilt auch für die Lohnsteuer für 1/2015.

Zur Umsatzsteuer 2014 ist festzustellen, dass die Frist zur Einreichung einer Umsatzsteuerjahreserklärung bei Konkurseröffnung noch offen war, der Bf. hat demnach die Nichtentrichtung der nach Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch die Abgabenbehörde vorgeschriebene Nachforderung nicht als schuldhafte Pflichtverletzung zu verantworten.

Zur Fälligkeit der Umsatzsteuervorauszahlungen für 3 und 5/2013 und der Lohnsteuer 4/2013 war der Bf. gleichfalls mangels Eigenverwaltung nicht in der Lage, Entscheidungen über die Geldmittel der Primärschuldnerin treffen zu können.

Jedoch sind die Umsatzsteuervorauszahlungen für 3/2013 und 5/2013 sowie die Lohnsteuer für 4/2013 als Außenstände im Rahmen der Gleichbehandlung aller Gläubiger nach Wiedererlangung der Verfügungsberechtigung durch den Bf. ab zu begleichen gewesen.

Zur Frage, ob nun eine schuldhafte Pflichtverletzung, welche eine Uneinbringlichkeit von Abgabenschuldigkeiten bewirkt hat, vorliegt ist zunächst Folgendes auszuführen:

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.   

Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

Nur schuldhafte Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten berechtigen zur Haftungsinanspruchnahme. Eine bestimmte Schuldform ist jedoch nicht gefordert, weshalb auch leichte Fahrlässigkeit genügt (z. B. , , 95/15/0137). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Unterbleibt der Nachweis, kann die Behörde die uneinbringlichen Abgaben dem Vertreter zur Gänze vorschreiben (). Dem Vertreter obliegt dabei kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die zB. der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden (). Dem Vertreter obliegt es, entsprechende Beweisvorsorgen – etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken – zu treffen.

Gemäß § 79 Abs. 1 EStG hat der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen. Die Lohnsteuer von Bezügen (Löhnen), die regelmäßig wiederkehrend bis zum 15. Tag eines Kalendermonats für den vorangegangenen Kalendermonat ausbezahlt werden, gilt als Lohnsteuer, die im vorangegangenen Kalendermonat einzubehalten war.

Bezugnehmend auf die haftungsgegenständlichen Beträge an Lohnsteuer ist darauf hinzuweisen, dass diese nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom Gleichheitsgrundsatz ausgenommen sind. Reichen nämlich die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten (Verweis auf § 78 Abs. 3 EStG 1988). In derartigen Fällen dürfen die Löhne nicht in voller Höhe ausgezahlt werden und sind diese anteilig zu kürzen und die auf den gekürzten Lohnbetrag entfallende Lohnsteuer ist zur Gänze zu entrichten (vgl. z.B. , ).

Die Lohnsteuer für 9, 10, 11 und 12/2010 wurde bei Fälligkeit weder gemeldet noch entrichtet. Die Nachmeldung erfolgte für alle 4 Monate erst am . Die Bezahlung der geschuldeten Abgaben unterblieb zur Gänze.

Die Löhne wurden ausbezahlt, daher besteht die Haftungsinanspruchnahme für die Lohnsteuern in der Gesamthöhe zu Recht, was auch seitens des Bf. nicht bestritten wird.

Hinsichtlich der Umsatzsteuer und in diesem Fall auch der Lohnsteuer für 4/2013 obliegt es dem Bf. einen Nachweis zu erbringen, dass er mit deren Nichtentrichtung, bzw. anteiligen Nichtentrichtung die Abgabenbehörde als Gläubigerin nicht schlechter gestellt habe als die anderen Gläubiger.

Gemäß § 21 UStG 94 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Die Umsatzsteuervorauszahlungen für 9/11, 11/11, 12/11, 1/12, 2/12, 6/12, 8/12, 10/12 und 12/12 wurden bei Fälligkeit lediglich gemeldet jedoch nicht entrichtet.

Die während des ersten Insolvenzverfahren fällig gewordenen Abgaben wären, wie oben ausgeführt, nach dessen Abschluss durch den Bf. zu entrichten gewesen.

Der Vertreter haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenbehörde im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen liquiden Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten (Gleichbehandlungsgrundsatz). Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger – bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits – an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter.

Auf diesem, nicht auf der Behörde, lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote. Vermag der Vertreter nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesen und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (vgl. z.B. , , a.o. Rev. zurückgewiesen).

Den Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, hat der Vertreter in diesem Zusammenhang auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel zu diesen Zeitpunkten andererseits bezogen zu führen (vgl. und ).

Auf das Erfordernis zur Erbringung eines derartigen Gleichbehandlungsnachweises, welcher sich auf die jeweiligen Fälligkeitstage der verfahrensgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten zu beziehen hat, ist der Bf. auch bereits bei seiner Heranziehung zur Haftung nach § 9 BAO iVm § 80 BAO ausdrücklich hingewiesen worden.

Mit Schreiben des wurden dem Bf. nochmals die Fälligkeitstage genannt, zu denen eine Gleichbehandlungsberechnung zu erstellen wäre und deren Erfordernisse nach der Judikatur des VwGH genannt.

Eine Quotenberechnung wurde nicht vorgenommen. Der Gleichbehandlungsnachweis wurde demnach nicht erbracht, was nach der angeführten ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs jedoch die Aufgabe des zur Haftung herangezogenen darstellt.

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bf. (andere Gläubiger wurden bezahlt, die Abgabenverbindlichkeiten jedoch lediglich gemeldet), konnte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.

Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden ().

Der Bf. fungierte als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer, daher konnte nur bei ihm eine Haftungsinanspruchnahme erfolgen. 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor. Zum Erfordernissen der Erstellung einer Gleichbehandlungsberechnung und der Errechnung eines Quotenschadens  durch den Bf.  siehe zuletzt .

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7101896.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at