Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.02.2017, RV/5100308/2014

Differenzwerbungskosten eines Gerichtsvollziehers

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. R in der Beschwerdesache AB, StNr. 000/0000, Adresse, über die Beschwerden vom gegen die Einkommensteuerbescheide 2008 bis 2011 der belangten Behörde Finanzamt FA vom zu Recht erkannt: 

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind nachstehenden Tabellen zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.


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Einkommensteuer 2008
 
 
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
 
 
Bezugsauszahlende Stelle
Steuerpflichtige Bezüge (245)
 
Bundesdienst
30.172,98 €
 
Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte
-447,52 €
 
 
 
29.725,46 €


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Gesamtbetrag der Einkünfte
29.725,46 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988)
 
Pauschbetrag für Sonderausgaben
-60,00 €
Kirchenbeitrag
-100,00 €
Einkommen
29.565,46 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs.1 EStG 1988 beträgt:
 
(29.565,46 – 25.000,00) x 11.335,00 / 26.000,00 + 5.750,00
7.740,36 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
7.740,36 €
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00 €
Arbeitnehmerabsetzbetrag
-54,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
7.395,36 €
Steuer sonstige Bezüge
200,28 €
Einkommensteuer
7.595,64 €
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
-7.776,84 €
Festgesetzte Einkommensteuer
-181,20 €
Berechnung der Abgabennachforderung/Abgabengutschrift
 
Festgesetzte Einkommensteuer
-181,20 €
Bisher festgesetzte Einkommensteuer (Abgabengutschrift)
-43,64 €
Abgabengutschrift
-137,56 €


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Einkommensteuer 2009
 
 
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
 
 
Bezugsauszahlende Stelle
Steuerpflichtige Bezüge (245)
 
Bundesdienst
32.459,00 €
 
Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte
-578,74 €
 
 
 
31.880,26 €


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Gesamtbetrag der Einkünfte
31.880,26 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988)
 
Pauschbetrag für Sonderausgaben
-60,00 €
Kirchenbeitrag
-100,00 €
Einkommen
31.720,26 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs.1 EStG 1988 beträgt:
 
(31.720,26 – 25.000,00) x 15.125,00 / 35.000,00 + 5.110,00
8.014,11 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
8.014,11 €
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00 €
Arbeitnehmerabsetzbetrag
-54,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
7.669,11 €
Steuer sonstige Bezüge
201,47 €
Einkommensteuer
7.870,58 €
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
-8.106,84 €
Festgesetzte Einkommensteuer
-236,26 €
Berechnung der Abgabennachforderung/Abgabengutschrift
 
Festgesetzte Einkommensteuer
-236,26 €
Bisher festgesetzte Einkommensteuer (Abgabengutschrift)
-43,20 €
Abgabengutschrift
-193,06 €


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Einkommensteuer 2010
 
 
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
 
 
Bezugsauszahlende Stelle
Steuerpflichtige Bezüge (245)
 
Bundesdienst
30.498,79 €
 
Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte
-1.471,90 €
 
 
 
29.026,89 €


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Gesamtbetrag der Einkünfte
29.026,89 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988)
 
Pauschbetrag für Sonderausgaben
-60,00 €
Kirchenbeitrag
-100,00 €
Einkommen
28.866,89 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs.1 EStG 1988 beträgt:
 
(28.866,89 – 25.000,00) x 15.125,00 / 35.000,00 + 5.110,00
6.781,05 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
6.781,05 €
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00 €
Arbeitnehmerabsetzbetrag
-54,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
6.436,05 €
Steuer sonstige Bezüge
207,69 €
Einkommensteuer
6.643,74 €
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
-7.265,96 €
Rundung gemäß § 39 Abs. 3 EStG 1988
0,22 €
Festgesetzte Einkommensteuer
-622,00 €
Berechnung der Abgabennachforderung/Abgabengutschrift
 
Festgesetzte Einkommensteuer
-622,00 €
Bisher festgesetzte Einkommensteuer (Abgabengutschrift)
-43,00 €
Abgabengutschrift
-579,00 €


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Einkommensteuer 2011
 
 
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
 
 
Bezugsauszahlende Stelle
Steuerpflichtige Bezüge (245)
 
Bundesdienst
32.468,76 €
 
Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte
-2.726,34 €
 
 
 
29.742,42 €


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Gesamtbetrag der Einkünfte
29.742,42 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988)
 
Pauschbetrag für Sonderausgaben
-60,00 €
Kirchenbeitrag
-100,00 €
Einkommen
29.582,42 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs.1 EStG 1988 beträgt:
 
(29.582,42 – 25.000,00) x 15.125,00 / 35.000,00 + 5.110,00
7.090,26 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
7.090,26 €
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00 €
Arbeitnehmerabsetzbetrag
-54,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
6.745,26 €
Steuer sonstige Bezüge
214,00 €
Einkommensteuer
6.959,26 €
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
-8.123,61 €
Rundung gemäß § 39 Abs. 3 EStG 1988
0,35 €
Festgesetzte Einkommensteuer
-1.164,00 €
Berechnung der Abgabennachforderung/Abgabengutschrift
 
Festgesetzte Einkommensteuer
-1.164,00 €
Bisher festgesetzte Einkommensteuer (Abgabengutschrift)
-43,00 €
Abgabengutschrift
-1.121,00 €

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Die Erklärungen des Beschwerdeführers (Bf) zur Arbeitnehmerveranlagung 2008 bis 2011 langten am bei der zuständigen Abgabenbehörde ein. Der in diesen Jahren als Gerichtsvollzieher tätige Bf machte nachstehende in Streit stehende Reisekosten geltend: 4.975,91 € (2008); 5.858,74 € (2009); 6.065,50 € (2010); 7.082,34 € (2011).

Mit Ersuchen vom forderte ihn die Abgabenbehörde auf, Belege und eine genaue Aufstellung der beantragten Reisekosten vorzulegen, die Reisekostenaufstellungen von seinem Dienstgeber bestätigen zu lassen und allfällige Reisekostenersätze bekannt zu geben. Weiters möge er bekannt geben, ob für die beruflichen Fahrten ein Firmenfahrzeug zur Verfügung stehe. Da steuerfreie Bezüge gemäß § 26 bezahlt worden seien, sei eine Bestätigung des Arbeitgebers vorzulegen, aus der hervorgehe, um welche Bezüge (Taggelder, Fahrtkosten, etc.) es sich dabei handle.

Die Einkommensteuerbescheide 2008 bis 2011 ergingen am ohne Berücksichtigung der beantragten Reisekosten.

Begründend wurde darauf verwiesen, dass der Bf die benötigten Unterlagen nicht beigebracht habe.

Mit Eingabe vom reichte der Bf eine Aufstellung der in den Jahren 2008 bis 2011 ausbezahlten Fahrtkostenersätze, aufgegliedert nach den einzelnen Monaten, eine Aufstellung der Differenzwerbungskosten für 2010 und 2011 sowie ein Schreiben des OLG Linz vom ein, das zu einer Anfrage zu den Arbeitnehmerveranlagungen 2005 bis 2007 ausgestellt worden war.

In diesem Schreiben wurde ua. darauf verwiesen, dass die Bestimmungen des für Gerichtsvollzieher anzuwendenden Vollzugsgebührengesetzes maßgeblich seien. Der Verfasser des Schreibens habe aus einer Access-Datei herausfiltern können, welcher Betrag von den ausbezahlten Ersätzen auf Fahrtkosten in den Jahren 2005 bis 2007 entfallen sei. Zur Frage, für welche Fahrten und nach welcher Bemessung der Bf Kostenersatz erhalten habe, sei auf die im Anhang befindliche PDF-Datei zu verweisen. Zusammenfassend könne gesagt werden, dass der Gerichtsvollzieher nach einer Pauschale (beim Bf nach § 19 Abs. 1 Z 4 Vollzugsgebührengesetz von derzeit 2,70 € pro Akt) abrechne.

Jeder Gerichtsvollzieher müsse sich bereit erklären, sein eigenes Fahrzeug für seine Tätigkeit zur Verfügung zu stellen.

An Fahrtkostenersätzen wurden nachstehende Beträge bestätigt:

8.500,90 € (2008), 8.814,98 € (2009), 7.604,30 € (2010) und 8.648,10 € (2011).

Mit Eingabe vom brachte der Bf durch seinen Vertreter Berufung (ab : Beschwerde) gegen die Einkommensteuerbescheide 2008 bis 2011 ein.

In einem Telefonat sei um eine kurze Fristerstreckung zur Zusammenfassung der Unterlagen ersucht worden. Da die Unterlagen zu umfangreich gewesen seien, seien sie am eingeschrieben per Post zugesandt worden. Es werde daher ersucht, die Bescheide auf Grundlage der beigebrachten Unterlagen abzuändern und wie in den Erklärungen beantragt zu veranlagen.

Auf Ersuchen des Finanzamtes, ordnungsgemäß geführte Fahrtenbücher für 2008 bis 2011 sowie die an den Dienstgeber gestellten Reiserechnungen vorzulegen, übermittelte der Bf Fahrtenbuchkopien ab . Für 2008 und das erste Halbjahr 2009 sei ein Fahrtenbuch nicht geführt worden.

Die Berufungen wurden mit Berufungsvorentscheidungen vom (ab : Beschwerdevorentscheidungen) als unbegründet abgewiesen.

In der Berufungsvorentscheidung 2008 wurde begründend ausgeführt, dass auf Grund der langjährigen Tätigkeit des Bf im Außendienst als erwiesen anzunehmen sei, dass ihm die günstigsten Verpflegungsmöglichkeiten in den bereisten Orten soweit bekannt seien, dass ein Verpflegungsmehraufwand ebenso ausgeschlossen werden könne wie bei einem an ein und demselben Ort tätigen Arbeitnehmer. Tagesdiäten hätten daher nicht berücksichtigt werden können.

Da die noch benötigten Unterlagen trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden seien, sei die Berufung abzuweisen gewesen.

Die abweisenden Berufungsvorentscheidungen 2009 bis 2011 wurden, die Tagesdiäten betreffend, gleich lautend begründet wie die Berufungsvorentscheidung 2008.

Zu den Fahrtkosten verwies das Finanzamt darauf, dass diese dann als Werbungskosten nach § 16 EStG 1988 berücksichtigt werden könnten, wenn Nachweise vorlägen, die eine Kontrolle dieser Fahrten erlaubten. Zu diesem Zweck seien Aufzeichnungen über Beginn und Ende, Ziel und Zweck der Reise, Kilometerstand und Gesamtzahl der gefahrenen Kilometer zu führen. Könnten diese Nachweise nicht vorgelegt werden, sei der berufliche Anlass der Reise nicht glaubhaft, und die beantragten Kosten könnten nicht anerkannt werden.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag betreffend die Einkommensteuerbescheide 2008 bis 2011 wurde darauf verwiesen, dass § 16 EStG keine dezidierte Regelung enthalte, was Fahrtkosten seien und wie sie zu behandeln seien. Sehr wohl regle der Gesetzgeber, was Werbungskosten seien. Werbungskosten seien Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, dazu zählten jedenfalls auch Fahrtkosten. Bereits in der Vorkorrespondenz sei umfangreich dargelegt und gegenüber der Behörde in den Vorjahren dargestellt worden, dass der Bf als Gerichtsvollzieher neben anderen Gebühren einen fixen Betrag als Weggebühr, jedoch kein Kilometergeld erhalte. Ob er einen Akt sofort erledigen könne oder viele Male zum Verpflichteten fahren müsse, sei der Justizbehörde wie auch der Exekutionsordnung einerlei. Er erhalte die pauschale Weggebühr nur einmal. Hier sei auf die Bestätigungen der Justizbehörde sowie auf die Vorkorrespondenz zu verweisen. Dem Bf seien zusätzliche Kosten erwachsen, die er im Weg der Arbeitnehmerveranlagung als Werbungskosten geltend gemacht habe. Die Darlegung habe in der Vorlage eines Fahrtenbuches wie auch in der Darstellung der erhaltenen Weggebühren bestanden. Nunmehr sei der berufliche Anlass der Reisen schlicht aberkannt worden.

Der Bf habe in seinem Fahrtenbuch die jeweiligen Fahrten vermerkt und auch die Kilometerstände notiert, die privaten Kilometer seien ausgewiesen. Darüber hinaus seien auch andere Beweismittel zum Nachweis der beruflichen Veranlassung tauglich, wie der VwGH im Erkenntnis vom , 2001/15/0191, ausgesprochen habe. Zu diesem Zweck werde eine Auflistung der erledigten Akten samt Aktenzeichen sowie Zeit des Vollzuges vorgelegt. Der Akt könne nur vor Ort beim jeweiligen Verpflichteten abgeschlossen werden. Die Zeiten im Protokoll würden sich auf die am Vortag bzw. am jeweiligen Tag erledigten Akten beziehen, wobei es sich um diejenigen Zeiten handle, wo der Bericht am Gerichtscomputer als erledigt markiert worden sei.

Als Beispiel werde der herausgegriffen. Hier hätten zwischen 9:00 Uhr und 10:00 Uhr zwei Akten erledigt werden können. Dafür habe der Bf zweimal 2,70 €, sohin 5,40 €, an Weggebühr erhalten. An Kosten seien ihm 114 x 0,42 = 47,88 €, sohin 42,48 € Differenzkosten erwachsen.

Es werde daher beantragt, den Berufungen vollinhaltlich stattzugeben und die Arbeitnehmerveranlagungen entsprechend den eingereichten Erklärungen durchzuführen.

Dem Vorlageantrag wurde abermals die Aufstellung der dem Bf im Zeitraum 2008 bis 2011 ausgezahlten Fahrtkosten, ein Ergänzungsersuchen des Finanzamtes zu den in den Arbeitnehmerveranlagungen 2005 bis 2007 geltend gemachten Fahrtkosten sowie die – ebenfalls bereits übermittelte – Antwort eines Referatsleiters beim OLG, Kopien der §§ 4 und 19 des Vollzugsgebührengesetzes und ein Leistungsnachweis beigefügt.

Mit Schreiben vom ersuchte die Richterin – unter Beifügung der Aufstellungen betreffend Kilometer- und Tagesgelder für 2008 bis 2011 und der Aufstellung der Fahrtkostenersätze für die Beschwerdejahre - das Oberlandesgericht Linz um Beantwortung nachstehender Fragen:

„Herr AB machte in den Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung 2008 bis 2011 ua. Fahrtkosten und Tagesdiäten auf Grund seiner Tätigkeit als Gerichtsvollzieher beim Bezirksgericht D als Werbungskosten geltend.

Konkret wurden die in den beiliegenden Aufstellungen grün markierten Beträge (2008: 4.594,10 €; 2009: 5.858,74 €; 2010: 6.065,50 €; 2011: 7.082,34 €) als Werbungskosten beantragt.  

Laut den aufliegenden Lohnzetteln wurden Herrn AB nachstehende Beträge steuerfrei nach § 26 EStG 1988 ausbezahlt: 3.383,61 € (2008), 4.346,93 € (2009), 3.109,83 € (2010) und 3.528,67 € (2011).

In der vorgelegten Liste (siehe Beilage) über die Fahrtkostenersätze 2008 bis 2011 scheinen wesentlich höhere Beträge auf.

1) Wofür wurden die nach § 26 EStG 1988 steuerfreien Beträge ausbezahlt (zB Fahrtkosten, Diäten oä.)?

2) In welchem Ausmaß entfallen steuerfreie Ersätze auf Fahrtkosten und auf Tagesdiäten?

3) Welche Ersätze wurden steuerfrei und welche steuerpflichtig ausbezahlt?

4) Auf welcher Grundlage bzw. für welche Fahrten wurden (steuerfreie und steuerpflichtige) Fahrtkostenersätze geleistet?"

Das Oberlandesgericht Linz, Abteilung Besoldung, beantwortete dieses Schreiben wie nachstehend:

„Die Abrechnung der Vollzugsgebühren und der Fahrtkosten erfolgt gemäß dem Vollzugsgebührengesetz – zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 100/2016.

§ 25 Abs. 1: Die Vergütung und der Ersatz der Fahrtkosten treten an die Stelle der Ansprüche, die sich für Bundesbeamte aus §§ 16 bis 18 und 19a bis 20a des Gehaltsgesetzes 1956 und aus der Reisegebührenvorschrift 1955 ergeben. Gleiches gilt für Vertragsbedienstete in Verbindung mit § 22 Abs. 1 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948.

Abs. 2: Die Vergütung gilt mit

70 % als Überstundenvergütung (§ 16 des Gehaltsgesetzes 1956); hievon stellen 33,3 % den Überstundenzuschlag dar,

23% als Reisezulage – pro Vollzugstag 26,40 € steuerfrei (§ 13 Abs. 1 der Reisegebührenvorschrift 1955),

5% als Aufwandsentschädigung (§ 20 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956) und

2% als Fehlgeldentschädigung (§ 20a des Gehaltsgesetzes 1956).

 Abs. 3: Der Fahrtkostenersatz gilt als Reisekostenvergütung und als Nächtigungsgebühr nach Abschnitt II der Reisegebührenvorschrift 1955.

Diese Vergütungen werden in der Lohnverrechnung als Mitversteuerungsbeträge erfasst.

Aus der Anzahl der erfassten Vollzugstage wird der Freibetrag gemäß § 26 (26,40 € pro Tag) ermittelt. Übersteigen die 23 % des erfassten Betrages diesen Freibetrag, so wird der übersteigende Betrag steuerpflichtig. Die steuerfreie Reisezulage wird auf dem Lohnzettel unter den nicht steuerbaren Bezügen gemäß § 26 EStG 1988 abgebildet.

Zusätzlich werden Fahrtkosten (siehe Aufstellung des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom ) steuerfrei ausbezahlt. Diese Fahrtkosten scheinen nicht auf dem Lohnzettel auf.

Diese Bemessung erfolgt gemäß § 19 Vollzugsgebührengesetz in der damals geltenden Fassung - BGBI. I Nr. 37 vom .

§ 19 Abs. 1: Der Fahrtkostenersatz beträgt, wenn das Vollzugsgebiet zum überwiegenden Teil

1. in einem mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erschlossenen städtischen Kerngebiet liegt, 95 Cent;

2. in einem verbauten städtischen oder in einem Agglomerationsgebiet liegt, in dem ein Vollzug mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich ist, 1,40 €;

3. in einem durchschnittlich bis dichter verbauten ländlichen Gebiet liegt, 2 €

4. a) in einem dünn und verstreut besiedelten ländlichen Gebiet liegt, 2,70 € und

b) in einem sehr dünn und verstreut besiedelten sowie weit ausgedehnten ländlichen Gebiet liegt, 3,20 €.

Diese Fahrtkosten sind pauschaliert und werden für jeden vollzogenen Exekutionsakt abgegolten.

Fl AB war in einem Vollzugsgebiet der Kategorie 4. a) tätig und erhielt somit eine Pauschale in der Höhe von 2,70 €.“

Die Richterin übermittelte dem Bf sowohl die Anfragebeantwortung des OLG Linz als auch die beigefügten Aufstellungen betreffend Fahrtkostenersätze sowie Kilometer- und Tagesgelder zur Stellungnahme und brachte ihm zu den beantragten Tagesdiäten und Fahrtkosten Nachstehendes zur Kenntnis:

"1) Tagesdiäten:

Nach § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 sind Werbungskosten ua auch Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen.

Die Rechtfertigung für die Annahme von Werbungskosten bei Reisebewegungen liegt in dem in typisierender Betrachtungsweise angenommenen Verpflegungsmehraufwand gegenüber den ansonsten am jeweiligen Aufenthaltsort anfallenden und gemäß § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähigen üblichen Verpflegungsaufwendungen.

Mehraufwendungen für Gasthausverpflegung gehören grundsätzlich zu den nichtabzugsfähigen Kosten der Lebensführung, zumal ein bedeutender Teil der Erwerbstätigen darauf angewiesen ist, Mahlzeiten in öffentlichen Speiselokalen einzunehmen. 

Der VwGH vertrat erstmals im Erkenntnis vom , 95/14/0156, die Auffassung, dass eine berufliche Tätigkeit, die an einem neuen Tätigkeitsort aufgenommen wird, zu keinem steuerlich zu berücksichtigenden Verpflegungsmehraufwand führt, wenn sich der Berufstätige nur während des Tages am Tätigkeitsort aufhält. 

Mit Erkenntnis vom , 95/14/0013, bekräftigte der VwGH diese Rechtsprechung bei eintägigen Reisen. Im Erkenntnis wird ua. ausgeführt: 

"Einem Steuerpflichtigen stehen nämlich keine Verpflegungsmehraufwendungen zu, wenn er sich nur während des Tages an einer neuen Arbeitsstätte aufhält. Allfällige aus der anfänglichen Unkenntnis über die lokale Gastronomie resultierende Verpflegungsmehraufwendungen können in solchen Fällen durch die entsprechende zeitliche Lagerung von Mahlzeiten bzw. die Mitnahme von Lebensmitteln abgefangen werden. Nur wenn eine Nächtigung erforderlich ist, sind für den ersten Zeitraum von rund einer Woche Verpflegungsmehraufwendungen zu berücksichtigen." 

Erst durch eine Nächtigung wird der Steuerpflichtige dazu verhalten, auch das Frühstück und das Abendessen außerhalb seines Haushaltes einzunehmen.

Auch im Erkenntnis vom , 2000/15/0151, wurde diese Judikatur bestätigt.

Aus den vorgelegten Unterlagen sind weder Nächtigungen noch die Auszahlung von Nächtigungsgeld erkennbar.

Sollten tatsächlich keine Nächtigungen erfolgt sein, wäre im Hinblick auf die oa Judikatur davon auszugehen, dass für die eintägigen Fahrten kein unter den Werbungskostenbegriff fallender Verpflegungsmehraufwand erwachsen ist.

2) Fahrtkosten:

Ein Fahrtenbuch wurde ab geführt.

Werbungskosten sind von Amts wegen zu berücksichtigen; sie müssen jedoch nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht werden.

Da auf Grund Ihrer Tätigkeit als Gerichtsvollzieher Fahrtkosten dem Grunde nach feststehen, ihre Höhe aber bis mangels Fahrtenbuchführung nicht nachgewiesen ist, sind diese Kosten zu schätzen.

Laut beiliegender Aufstellung des Oberlandesgerichtes Linz wurden an Sie nachstehende Fahrtkosten steuerfrei ausbezahlt:

8.500,90 € (2008), 8.814,98 € (2009), 7.604,30 € (2010) und 8.648,10 € (2011).

Die laut dieser Bestätigung ausbezahlten Fahrtkosten von 8.648,10 € für 2011 wurden mit den einzelnen Ersätzen von je 2,70 € laut der übermittelten Liste verglichen und für richtig befunden. 

Laut den weiteren beiliegenden Aufstellungen legten Sie 22.371 (2008), 22.366 (2009), 21.610 (2010) und 27.082 (2011) beruflich gefahrene Kilometer zurück.

Das Kilometergeld betrug bis 0,38 € und beträgt ab 0,42 €.

Die für die Beschwerdejahre als Werbungskosten anzuerkennenden Fahrtkosten sind daher wie nachstehend dargestellt zu ermitteln:


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Jahr
Kilometergeld
Fahrtkostenersätze
Differenzwerbungskosten
2008
11.185 km x 0,38 = 4.250,30 €
 
 
 
11.186 km x 0,42 = 4.698,12 €
 
 
 
 Summe:                  8.948,42 €
8,500,90 €
447,52 €
2009
22.366 km x 0,42 = 9.393,72 €
8.814,98 €
578,74 €
2010
21.610 km x 0,42 = 9.076,20 €
7.604,30 €
1.471,90 €
2011
27.082 km x 0,42 = 11.374,44 €
8.648,10 €
2.726,34 €

Mit Eingabe vom wurde die Zustimmung zur dargestellten Berechnung der Werbungskosten erteilt.

Auch das Finanzamt, dem die bisherigen Ermittlungen zur Kenntnis und Stellungnahme übermittelt wurden, erhob zur Berechnung der als Werbungskosten zu berücksichtigenden Fahrtkosten keine Einwendungen.

Erwägungen

Eingangs ist festzuhalten, dass durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51/2012, ab das Bundesfinanzgericht an die Stelle des Unabhängigen Finanzsenates getreten ist.

Die gegenständliche Beschwerde wurde mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichtes vom wegen Pensionierung des zuständigen Richters neu zugeteilt.

Rechtliche Beurteilung:

Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Nach Z 9 dieser Bestimmung sind Werbungskosten auch Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 ergebenden Beträge nicht übersteigen.

Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind nach dem allgemeinen Werbungskostenbegriff des § 16 Abs. 1 EStG 1988 abziehbar.

So genannte Reisekosten liegen jedoch nur in dem Umfang vor, in dem sie vom Steuerpflichtigen selbst getragen und nicht vom Arbeitgeber vergütet werden. Ersätze, die der Arbeitgeber gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 leistet, vermindern den jeweils abzugsfähigen Aufwand.

Fahrtkosten stellen unabhängig davon, ob größere Entfernungen zurückgelegt werden oder eine bestimmte Dauer überschritten wird, Werbungskosten dar.

Beruflich veranlasste Fahrtaufwendungen sind unabhängig vom Vorliegen einer Reise zu behandeln und stets in ihrer tatsächlichen Höhe als Werbungskosten anzusetzen, wobei eine Schätzung mit dem amtlichen Kilometergeld in vielen Fällen zu einem zutreffenden Ergebnis führt.

Werbungskosten sind grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen. Den Abgabepflichtigen trifft aber insoweit eine Mitwirkungspflicht, als die Werbungskosten über Verlangen der Abgabenbehörde oder des Bundesfinanzgerichtes nachgewiesen oder, falls dies nicht zumutbar ist, glaubhaft gemacht werden.

Das Gesetz kennt keine Einschränkung der Beweismittel. Reisekosten können daher nicht nur durch die lückenlose Führung eines Fahrtenbuches, das nach der Judikatur des VwGH  nach allgemeinen Erfahrungen ohnedies nicht immer die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelt, nachgewiesen werden, sondern auch durch andere Beweismittel (; ), wenn diese Aufzeichnungen eine verlässliche Beurteilung ermöglichen.

Der einem Gerichtsvollzieher zustehende Anspruch auf Vergütung ist in den §§ 8 bis 18, die Höhe des Fahrtkostenersatzes ist in § 19 des Vollzugsgebührengesetzes geregelt.

Anwendung dieser Rechtslage auf den vorliegenden Sachverhalt:

Uneinigkeit besteht über die Höhe der als Werbungskosten anzuerkennenden Kilometergelder und Tagesdiäten auf Grund der beruflich veranlassten Fahrten des Bf als Gerichtsvollzieher.

Zur Nichtanerkennung der beantragten Tagesdiäten ist auf das oa Schreiben des Bundesfinanzgerichtes und die darin angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach für nicht mit einer Nächtigung verbundene Reisen kein Tagesgeld zusteht. Der Unabhängige Finanzsenat (zB , mit Verweis auf weitere einschlägige Entscheidungen des UFS) und das Bundesfinanzgericht (zB ) haben sich dieser Rechtsprechung angeschlossen.

Dem gegenüber stellen die in Höhe des amtlichen Kilometergeldes geltend gemachten Fahrtkosten, vermindert um die vom Arbeitgeber steuerfrei gezahlten Ersätze (nach § 19 Abs. 1 Z 4 lit. a Vollzugsgebührengesetz 2,70 € für jeden vollzogenen Exekutionsakt), Werbungskosten dar.

Zu den auf diese Weise ermittelten Fahrtkosten wird ebenfalls auf das oa Schreiben des Bundesfinanzgerichtes verwiesen.  

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im vorliegenden Fall relevanten Rechtsfragen sind bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der die gegenständliche Entscheidung nicht abweicht, geklärt. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist somit nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.5100308.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at