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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.01.2017, RV/5101310/2014

Auswärtige Berufsausbildung - Kernbereich des Studiums maßgebend

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Haim in der Beschwerdesache DI VN NN, Adr. , über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamt ABC vom ,  betreffend Einkommensteuer 2011 und 2012 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)  unzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer wurde aufgrund von § 109a-Mitteilungen zur Abgabe von Steuererklärungen aufgefordert. Da keine Reaktion erfolgte, wurde mit Bescheiden vom die Einkommensteuer 2011 und 2012 nach den vorhandenen Mitteilungen festgesetzt.

Mit Beschwerde vom wurden hinsichtlich 2011 und 2012 zum einen Werbungskosten/Betriebsausgaben geltend gemacht, zum anderen Kosten für die auswärtige Berufsausbildung der Tochter To. geltend gemacht.

In den Beschwerdevorentscheidungen vom  wurden zwar die Werbungskosten berücksichtigt, hinsichtlich der auswärtigen Berufsausbildung wurde jedoch darauf hingewiesen, dass eine gleichartige Ausbildungsmöglichkeit in Wohnortnähe bestehe.

In den Vorlageanträgen vom wurde ausgeführt, es sei zwar richtig, dass man auch in Linz Jus studieren könne, jedoch bestehe in Linz nicht die Möglichkeit des begleitenden Studiums der französischen Sprache. To. strebe nämlich nicht eine typische rein juristische Karriere an, sondern eine Tätigkeit in der EU bzw. im diplomatischen Dienst, die eine perfekte Beherrschung einer oder mehrerer Fremdsprachen erfordere. To. habe bereits während ihrer Gymnasialzeit ihre Englischkenntnisse durch mehrere Aufenthalte in England perfektioniert und auch eine gediegene Ausbildung in Chinesisch im Rahmen einer Begabtenförderung absolviert. Nach ihrer Matura im Juni 2011 habe sie eine vierwöchige Französischausbildung an der Universität Nizza wahrgenommen und seit Beginn ihres Studiums in Wien habe sie umfangreiche Studienangebote an der Universität Wien wahrgenommen. Im Studienjahr 2014/2015 werde sie ihre Studien im Rahmen eines Erasmusprogrammes in Lion fortsetzen. Es werde daher ersucht, die Kosten für das auswärtige Studium im Jahr 2011 für 4 Monate (1 Monat Nizza, 3 Monate Wien)  zu akzeptieren.

Die Beschwerden wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt.

Am langte eine Stellungnahme zur Beschwerdevorlage ein.

Es wurde ausgeführt: "Im Zusammenhang mit der oben erwähnten Beschwerdevorlage habe ich vor ca. zwei Wochen mit Ihnen telefoniert und dabei meine Sicht der unterschiedlichen Zusatzangebote Französisch an der Universität Wien und an der JKU geschildert. Diese waren neben anderen Faktoren entscheidend für die Wahl des Studienortes Wien für unsere Tochter To. waren. Dass Sie, Frau Magister, trotz der rein wirtschaftlichen Ausrichtung der Französischangebote auf fortgeschrittener Ebene an der JKU, es geschafft haben, in Ihrem Studium der Rechtswissenschaften ein Auslandsjahr in Straßburg zu erhalten und mit Erfolg zu absolvieren, spricht natürlich sehr für Ihre Fähigkeiten und Ihr Engagement, aber kann nicht als allgemeine Norm erachtet werden. Etliche Studienkolleginnen meiner Tochter wurden mangels entsprechender (auch sprachlicher) Qualifikationen für ein Auslandssemester abgelehnt bzw. haben sich für eine Universität entschieden, bei der die Vorlesungen und Seminare in Englisch gehalten werden. Außerdem habe ich darauf hingewiesen, dass ich sehr wohl die betriebliche Veranlassung meiner Teilnahme an Vorträgen und Tagungen begründet habe (eine detaillierte Vorlage konnte ich nicht hochladen, da meine Aufstellung als doc -Datei und nicht in pdf Form vorlag. Sie haben mir damals mitgeteilt, dass Sie durch die bereits erfolgte Weiterleitung an des Bundesfinanzgericht nun nicht mehr zuständig wären, dass aber sehr wohl die Möglichkeit besteht entsprechende detailliertere Ergänzungen meinerseits nachzureichen. Dies möchte ich hiermit tun und Sie bitten, das beiliegende Schreiben und die Reisekostenaufstellungen an das Bundesfinanzgericht weiterzuleiten.Da ich in der letzten Zeit verreist war, ist mir die Vorlage der Ergänzungen erst jetzt möglich geworden."

Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die vorgelegten Aktenteile und durch Recherche im Internet.

Rechtslage

G emäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von "110 Euro" [1.500,00 S] pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.
 

Erwägungen

1) Reisekosten

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Können Betriebsausgaben nicht nachgewiesen werden, sind sie zumindest glaubhaft zu machen und gegebenenfalls der Höhe nach gemäß § 184 BAO zu schätzen.

Der Bf. hat dargelegt, wo er welche Veranstaltungen besucht hat und welche Fahrten dafür notwendig waren. Die Aufzeichnungen scheinen plausibel und nachvollziehbar, weshalb die Richterin von einer Glaubhaftmachung der Ausgaben ausgeht. Eine Änderung, wie von der Amtspartei in der Beschwerdevorlage begehrt, war daher nicht durchzuführen.

2) Auswärtige Berufsausbildung

a) Universität Wien

Die Pauschalierung des Mehraufwandes für eine auswärtige Berufsausbildung in der Höhe nach durch  § 34 EStG enthebt nicht von der Prüfung der Frage, ob eine auswärtige Berufsausbildung dem Grunde nach geboten (zwangsläufig) ist. Dies trifft nach ständiger Rechtsprechung dann nicht zu, wenn am Wohnort des Steuerpflichtigen oder in dessen Einzugsbereich - unter Berücksichtigung der Talente des Kindes - eine gleichartige Ausbildungsmöglichkeit besteht (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 34 EStG 1988, Einzelfälle, Tz 7, Stichwort "Auswärtige Berufsausbildung").

Wie der VwGH im Erkenntnis vom , 86/14/0101 bereits ausgeführt hat, sind die durch das auswärtige Studium verursachten Mehraufwendungen dann nicht zwangsläufig erwachsen, wenn das gleiche Studium bei gleichen Bildungschancen und Berufsaussichten auch an einer im Wohnort oder im Nahbereich des Wohnortes gelegenen Universität absolviert werden kann.

Es ist nicht erforderlich, dass das Lehrveranstaltungsangebot völlig ident ist; maßgeblich ist vielmehr, die Studien gleichartig bzw. gleichwertig sind (Doralt, EStG4 , § 34).

Für die Überprüfung dieser Frage erachtet es der VwGH als ausreichend, die Unterscheidung auf die Kernfächer bzw. den Kernbereich des Studiums zu reduzieren ().

Ist von einer Gleichartigkeit der Studienmöglichkeiten auszugehen, trifft die Eltern weder eine im Unterhaltsanspruch nach § 140 ABGB begründete rechtliche noch sittliche Pflicht, dem Kind das Studium an einer entfernt gelegenen Universität zu finanzieren.

Im vorliegenden Fall beantragte der Bf. die Anerkennung der auswärtigen Berufsausbildung der Tochter für das Jusstudium in Wien mit dem Hinweis auf die in Wien angebotene bessere Ausbildung in Französisch. Dazu vertritt die Richterin folgende Auffassung:

Es ist davon auszugehen, dass die Abschlüsse an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Wien und Linz gleichwertig sind. Diesbezüglich erfolgte auch kein Vorbringen seitens der Parteien.

Strittig war, ob die Zusatzangebote in der Sprache Französisch, die an der Universität Wien angeboten werden und für die auch Nachweise des erfolgreichen Besuchs vorgelegt wurden, dazu führen, dass von einem Nichtvorhandensein einer vergleichbaren Ausbildungsmöglichkeit im Einzugsgebiet des Wohnortes gesprochen werden kann.

Dies wird von der Richterin mit Hinweis auf die oben zitierte Literatur abgelehnt. Eine zusätzliche Ausbildung in einer Fremdsprache wie Französisch kann unter Umständen für die spätere Berufslaufbahn von Vorteil sein, doch führt dies nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht dazu, von einer fehlenden Gleichwertigkeit der Studienangebote auszugehen ().

Es ist verständlich, dass Eltern das Beste für ihre Kinder wollen und daher eine Universität gewählt haben, die ihren Vorstellungen und den zukünftigen Berufswünschen nach ihrer Ansicht nach am Besten entspricht. Es ist das Recht des Bf. und seiner Tochter, eine derartige Wahl zu treffen - nur kann die Allgemeinheit nicht verhalten werden, diese Wahl finanziell zu unterstützen, wenn vergleichbare - und von zahlreichen anderen Kindern/Studenten in Anspruch genommene - Ausbildungseinrichtungen zur Verfügung stehen. Der Besuch einer anderen, vom Wohnort leichter erreichbaren Universität, wäre zumutbar gewesen. Dass in einer Großstadt wie Wien, die (fast) alle Studienrichtungen anzubieten vermag, den Neigungen der Studenten entsprechende Kurse in viel größerer Anzahl angeboten werden als an kleineren Universitätsstandorten, kann nicht dazu führen, dass der Besuch solcher Kurse die Vergleichbarkeit der Grundausbildung in Frage stellt.

b) Universität Nizza

Die Tochter des Bf. besuchte im Sommer 2011 nach der Matura für vier Wochen eine Französischausbildung an der Universität Nizza. Für dieses Monat wurde ebenfalls der Freibetrag für auswärtige Berufsausbildung beantragt.

Dazu wird ausgeführt:

Ein im In- oder Ausland absolvierter Sprachkurs (auch an einer Universität) stellt für sich betrachtet keine Berufsausbildung dar, weil das Kind dadurch in keinem selbständigen Beruf ausgebildet wird, mag der Sprachkurs auch für eine spätere Berufsausübung von Vorteil sein.

Es wird nicht verkannt, dass das Beherrschen einer oder mehrerer Sprachen nützlich und von Vorteil sein kann, wobei allerdings hinzugefügt werden muss, dass profunde Sprachkenntnisse heute in einer Vielzahl von Berufen gefordert werden. Die Nützlichkeit allein vermag aber nicht die Eigenschaft einer Berufsausbildung im Sinne des EStG zu begründen. 

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.5101310.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at