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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.05.2017, RV/1100318/2013

Ferienentschädigung und Spesen (Grenzgänger) steuerfrei?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK  

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., Str., Gde., gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch, Reichsstraße 154, 6800 Feldkirch, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2011 zu Recht erkannt:
 

Der Beschwerde wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben.
Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Abgabe wird auf den Einkommensteuerbescheid 2011 (Beschwerdevorentscheidung) vom verwiesen.
Im Übrigen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Im Streitjahr war die rechtliche Arbeitgeberin des Berufungswerbers [ab : Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.)] ein a Arbeitsvermittlungsunternehmen. Diese vermittelte den Bf. als Maurer an ein Schweizer Unternehmen. Der Bf. hatte im Streitjahr einen inländischen Wohnsitz (GDe, Str).

Mit Bescheid vom wurde der Bf. zur Einkommensteuer für das Jahr 2011 veranlagt. Da der Lohnausweis für das Jahr 2011 nicht vorgelegt wurde, wurden die Einkünfte im Schätzungswege gemäß § 184 BAO ermittelt.

Mit dagegen erhobener Beschwerde (elektronisch eingegangen am ) begehrte der Bf. die Gewährung des Pendlerpauschales “in voller Höhe für die einfache Wegstrecke über 40 km“. Weiters legte er einen berichtigten Lohnzettel “Lohnkonto“ für den Zeitraum bis vor, woraus ersichtlich ist, dass der Bf. folgende Beträge mit folgenden Bezeichnungen erhalten hat: “Bruttolohn (inkl. Sonderzahlung)“ 51.832,23 €; “Spesen frei“ 2.383,09 €; “Ferienentschädigung“ 2.910,61 €

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das Finanzamt den angefochtenen Einkommensteuerbescheid insoweit ab, als es das sog. große Pendlerpauschale für eine Wegstrecke zwischen 20 und 40 km in Höhe von 1.476,00 € und Krankenversicherungsbeiträge (X) in Höhe von 1.407,99 € als Werbungskosten berücksichtigte und den Bruttolohn laut vorgelegtem Lohnzettel (Lohnkonto) in Höhe von 57.125,03 € (“Bruttolohn inkl. Sonderzahlung“ iHv 51.832,23 € plus “Spesen frei“ iHv 2.383,09 € plus “Ferienentschädigung“ iHv 2.910,61 €) der Besteuerung zu Grunde legte.

Mit Vorlageantrag vom brachte der Bf. vor, dass der Lohnzettel 2011 offenbar falsch eingegeben worden sei. Der Bruttolohn (inkl. Sonderzahlungen) betrage 51.832,23 € und nicht 57.125,83 €. Die Ferienentschädigung müsse abgezogen werden. Gleichfalls müssten die steuerfreien Spesen abgezogen werden.

Mit Ergänzungsersuchen vom und ersuchte das Finanzamt den Bf., die monatlichen Lohnausweise für 2011 vorzulegen und bezüglich der beantragten Steuerfreistellung der Spesen nachzuweisen, dass es sich dabei um Spesen gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 handle.

Am übermittelte der Bf. Lohnausweise für die Monate Jänner 2011 bis Juni 2011 und August 2011 bis Dezember 2011, woraus ersichtlich ist, dass der Bf. in den Monaten Juni 2011 und August 2011 bis Dezember 2011 Beträge in unterschiedlicher Höhe mit der Bezeichnung “Ferienentschädigung“ und in den Monaten Jänner 2011 bis Juni 2011 und August 2011 bis Dezember 2011 Beträge in unterschiedlicher Höhe mit der Bezeichnung “Verpflegungszulage“ bzw. “Bruttolohn steuerfrei“ erhalten hat.

Mit Schreiben (E-Mail) vom ersuchte das Finanzamt das Vermittlungsunternehmen bekanntzugeben, ob die “Spesen frei“ in Höhe von 2.383,09 € und die “Ferienentschädigung“ in Höhe von 2.910,51 € im Bruttolohn in Höhe von 51.832,23 € enthalten seien.

Mit Schreiben (E-Mail) vom gab die Arbeitgeberin des Bf. bekannt, dass die Spesen und die Ferienentschädigungen nicht im Bruttolohn enthalten seien.

Das Finanzamt Feldkirch legte in der Folge die im Spruch genannte Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht verwies die Abgabenbehörde auf die diesbezüglichen Erhebungen beim Arbeitsvermittlungsunternehmen und beantragte, die Spesen in Höhe von 2.383,09 € und die Ferienentschädigung in Höhe von 2.910,61 € dem Bruttolohn in Höhe von 51.832,23 € hinzuzurechnen und den Bruttolohn in Höhe von insgesamt 57.125,89 € der Besteuerung zu unterziehen.

Gemäß § 323 Abs. 38 der Bundesabgabenordnung (BAO) idF BGBl. I Nr. 70/2013 sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerde erwogen:

Strittig ist, ob die im “Lohnkonto“ bzw. in den monatlichen Lohnausweisen für das Jahr 2011 ausgewiesenen Beträge in Höhe von (insgesamt) 2.383,09 € (mit den unterschiedlichen Bezeichnungen wie “Spesen frei“, “Verpflegungszulage“ oder “Bruttolohn steuerfrei“) und in Höhe von (insgesamt) 2.910,61 € (mit der Bezeichnung “Ferienentschädigung“) steuerfrei belassen werden können oder dem Bruttolohn in Höhe von 51.832,23 € hinzuzurechnen sind.

Dazu ist rechtlich Folgendes zu sagen:
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn).

Der Bf. hat es unterlassen, darzutun, aufgrund welcher gesetzlichen Bestimmung die genannten Beträge steuerfrei zu belassen sind.

Im Einkommensteuergesetz sind - bezüglich der hier in Rede stehenden Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit - Steuerbefreiungen in § 3 Abs. 1, § 67 Abs. 1 und § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 vorgesehen.

Dass die genannten Beträge (“Spesen frei“, “Verpflegungszulage“, “Bruttolohn steuerfrei“, “Ferienentschädigung“) unter die Bestimmung des § 67 Abs. 1 EStG 1988 (hier wird die Besteuerung von sog. sonstigen Bezügen geregelt) zu subsumieren sind, ist schon allein aufgrund der gewählten Auszahlungsmodalität (die strittigen Beträge wurden monatlich ausbezahlt; sonstige Bezüge liegen nur dann vor, wenn Bezüge unregelmäßig, insbesondere einmalig neben den regelmäßigen Einnahmen zufließen) auszuschließen.

Eine allenfalls begünstigte Besteuerung der strittigen Beträge (“Spesen frei“, “Verpflegungszulage“, “Bruttolohn steuerfrei“, “Ferienentschädigung“) nach § 68 EStG 1988 ist gleichfalls auszuschließen und zwar schon allein aus dem Grunde, da nach der Bezeichnung der strittigen Beträge zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann, dass es sich dabei um Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen, Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nacharbeit oder um Überstundenzuschläge (deren Besteuerung § 68 EStG 1988 regelt) handelt.

Steuerfreie Lohnbestandteile sind auch in § 3 EStG geregelt. Die im § 3 EStG 1988 aufgezählten Einnahmen sind wesensmäßig Teile der Einkünfte, die nach § 2 Abs. 3 EStG 1988 der Einkommensteuer unterliegen. Steuerfreie Einkünfte gehören nicht zum Einkommen, obwohl sie grundsätzlich einer Einkunftsart des § 2 Abs. 3 EStG 1988 zuzurechnen wären. Sie werden aus bestimmten Gründen (zB sozial- oder kulturpolitischen Erwägungen) nicht der sachlichen Einkommensteuerpflicht unterworfen (vgl. Doralt/Toifl, EStG14, § 2 Tz 5).

Bei näherer Betrachtung der gesetzlichen Bestimmung des § 3 EStG 1988 ist festzustellen, dass § 3 EStG 1988 für eine nach Schweizer Recht ausbezahlte “Ferienentschädigung“ (wer im Stundenlohn – wie hier der Bf. - bezahlt ist, erhält nach Schweizer Recht während den Ferien keinen Lohn; zum Stundenlohn muss jedoch ein Ferienzuschlag dazugerechnet werden; der monatlich ausbezahlt wird; vgl. dazu   https://www.unia.ch/uploads/media/Broschuere_Abruf_dt_A6.pdf; abgefragt am ), wie im übrigen auch für eine allenfalls bestehende, vergleichbare inländische Leistung, keine Steuerbefreiung vorsieht.

Daraus folgt, dass die “Ferienentschädigung“ als steuerpflichtiger Arbeitslohn voll zu versteuern ist.

Zur Frage, ob die Beträge, die unter der Bezeichnung “Spesen frei“, “Verpflegungszulage“ oder “Bruttolohn steuerfrei“ ausbezahlt worden sind, steuerfrei gemäß § 3 EStG 1988 zu behandeln sind, ist Folgendes zu sagen:
Gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 sind vom Arbeitgeber als Reiseaufwandsentschädigungen gezahlte Tagesgelder und Nächtigungsgelder, soweit sie nicht gemäß § 26 Z 4 zu berücksichtigen sind, die für eine Außendiensttätigkeit (zB Kundenbesuche, Patrouillendienste, Servicedienste), Fahrtätigkeit (zB Zustelldienste, Taxifahrten, Linienverkehr, Transportfahrten außerhalb des Werksgeländes des Arbeitgebers), Baustellen- und Montagetätigkeit außerhalb des Werksgeländes des Arbeitgebers, Arbeitskräfteüberlassung nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, BGBl. Nr. 196/1988, oder eine vorübergehende Tätigkeit an einem Einsatzort in einer anderen politischen Gemeinde gewährt werden, soweit der Arbeitgeber aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 zur Zahlung verpflichtet ist, von der Einkommensteuer befreit.

Gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 gehören Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden, nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Eine Dienstreise nach der Legaldefinition des § 26 Z 4 EStG 1988 liegt dann vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers seinen Dienstort (Büro, Betriebsstätte, Werksgelände, Lager usw.) zur Durchführung von Dienstverrichtungen verlässt (1. Tatbestand) oder ein Arbeitnehmer so weit weg von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) arbeitet, dass ihm eine tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) nicht zugemutet werden kann (2. Tatbestand).

Tagesgelder sollen den Verpflegungsmehraufwand anlässlich einer Dienstreise abdecken. Sind durch das oftmalige Aufsuchen eines Einsatzortes oder Einsatzgebietes die günstigsten Verpflegungsmöglichkeiten bekannt, dann besteht kein Verpflegungsmehraufwand mehr hinsichtlich des weiteren Mittelpunktes der Tätigkeit und die vom Arbeitgeber geleisteten Beträge können nicht als nicht steuerbare Tagesgelder gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 berücksichtigt werden.

Als Reiseaufwandsentschädigungen gezahlte Tagesgelder und Nächtigungsgelder stellen vorrangig einen Kostenersatz gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 dar. Können diese Reiseaufwandsentschädigungen nicht nach § 26 Z 4 EStG 1988 nicht steuerbar ausgezahlt werden, weil beispielsweise ein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet wird, ist zu prüfen, ob sie unter einen der Tatbestände des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 zu subsumieren sind und aus diesem Grund steuerfrei behandelt werden können. Wurden Reisekostenersätze nach § 26 Z 4 EStG 1988 ausgezahlt, stehen für den gleichen Zeitraum (Kalendertag) keine steuerfreien Reiseaufwandsentschädigungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 zu.

Aus der Bezeichnung “Spesen frei“, “Verpflegungszulage“ oder “Bruttolohn steuerfrei“ wird nicht klar, weshalb diese Beträge an den Bf. ausbezahlt worden sind. Gegenständlich ist nicht gewiss, ob die strittigen Beträge aus Anlass einer Dienstreise zB als Tagesgelder gezahlt worden sind oder ob sie Reiseaufwandsentschädigungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 darstellen. Es liegen zB konkrete Nachweise welche Aufwendungen gegenständlich mit den strittigen Beträgen abgegolten worden sind, nicht vor.

Dazu ist zu sagen, dass es demjenigen, der eine abgabenrechtliche Begünstigung in Anspruch nehmen möchte, obliegt, selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels die Umstände darzulegen, die für die Begünstigung sprechen (vgl. zB ). Der Bf. hat hinsichtlich seines Vorbringens, dass die strittigen Beträge (Spesen) steuerfrei seien, keine tauglichen Nachweise vorgelegt (vgl. dazu auch die Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom und , womit der Bf. ersucht wurde, bezüglich der beantragten Steuerfreistellung der Spesen nachzuweisen, dass es sich dabei um Spesen gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 handle; diese Ergänzungsersuchen sind diesbezüglich unbeantwortet geblieben).

Daraus folgt, dass auch die Beträge mit der Bezeichnung “Spesen frei“, “Verpflegungszulage“ oder “Bruttolohn steuerfrei“ als steuerpflichtiger Arbeitslohn voll zu versteuern sind.

Die Abgabenbehörde hat - wie im Verfahrensgang dargestellt worden ist - in ihrer Beschwerdevorentscheidung vom das sog. große Pendlerpauschale in Höhe von 1.476,00 € und Krankenversicherungsbeiträge an die X in Höhe von 1.407,88 € als Werbungkosten berücksichtigt. Das Bundesfinanzgericht schließt sich der diesbezüglichen Vorgehensweise der Abgabenbehörde an.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lagen keine Rechtsfragen vor, denen grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden bzw. auf solche, welche im Gesetz bzw. in der genannten Verordnung eindeutig gelöst sind, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung ernstlich in Betracht zu ziehen war und daran keine Zweifel bestand. Andererseits hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.1100318.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at