Pendlerpauschale
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache HK, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2014 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (Bf.) beantragte die Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gemäß § 16 Abs. 1 Z EStG.
Die Bf. ist in X wohnhaft und in Y beschäftigt. In ihrer elektronisch eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2014 beantragte die Bf. die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales in Höhe von 1.476,00 € (öffentliches Verkehrsmittel unzumutbar, mehr als 20 Kilometer, einfache Wegstrecke) und einen Pendlereuro. Mit Ergänzungsersuchen vom wurde die Bf. gebeten, einen Ausdruck aus dem Pendlerrechner vorzulegen. Am übermittelte die Bf. den geforderten Ausdruck mit dem Ergebnis, dass ein Pendlerpauschale in Höhe von 372,00 € (öffentliches Verkehrsmittel unzumutbar, 2 – 20 Kilometer, einfache Wegstrecke) und ein Pendlereuro in Höhe von 40,00 € zu berücksichtigen ist. Die Veranlagung erfolgte entsprechend der Gesetzeslage in Verbindung mit der Pendlerverordnung mit diesen Werten. In der gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 eingebrachten Beschwerde wurde begründend ausgeführt, dass bei einer Überprüfung der vom Pendlerrechner ermittelten Strecke festgestellt werden musste, dass diese Route zwei Abschnitte beinhalte, die mit einem Fahrverbot belegt seien und die korrekte Streckenlänge 20,5 Kilometer betrage. Eine Überprüfung durch das Finanzamt ergab, dass die vom Pendlerrechner gewählte Wegstrecke nicht über Strecken mit Fahrverbot führt. Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Am wurde ein Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht eingebracht. Im Vorlageantrag wird die Richtigkeit der vom Pendlerrechner ermittelten Wegstrecke nun nicht mehr mit einer Streckenführung über Fahrverbotszonen angezweifelt, sondern es wird im Wesentlichen damit argumentiert, dass der Pendlerrechner bestimmte Streckenteile überhaupt nicht in Streckenberechnung miteinbeziehen würde bzw. die Segmente der Strecke nicht vollständig nachvollziehbar seien. Eigene Messungen der Bf. würden eine genaue Wegstrecke von 20,5 Kilometer ergeben.
Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Das Bundesfinanzgericht legt seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde:
Der Bf. war die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei einer einfachen Wegstrecke unter 20 Kilometer nicht zumutbar. Als Beweismittel dient der Ausdruck aus dem Pendlerrechner.
Rechtslage
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG sind Werbungskosten Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1 EStG) abgegolten. Nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 EStG ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten. Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG bei mindestens 2 bis 20 Kilometer 372,00 € jährlich, sowie bei mehr als 20 Kilometer bis 40 Kilometer 1.476,00 € jährlich. Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt.
Nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. j EStG wird der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, Kriterien zur Festsetzung der Entfernung und der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels mit Verordnung festzulegen.
Nach § 3 Abs. 1 der nunmehr grundsätzlich ab der Veranlagung 2014 geltenden (geänderten) Pendlerverordnung (BGBl. II Nr. 276/2013 idF BGBl. II Nr. 154/2014) ist für Verhältnisse innerhalb Österreichs für die Ermittlung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. zwischen Arbeitsstätte und Wohnung und für die Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar oder unzumutbar ist, der vom Bundesministerium für Finanzen im Internet zur Verfügung gestellte Pendlerrechner zu verwenden. Das Ergebnis ist grundsätzlich verpflichtend heranzuziehen. Gemäß § 3 Abs. 5 der Verordnung ist das Ergebnis des Pendlerrechners dann (ausnahmsweise) nicht heranzuziehen, wenn nachgewiesen wird, dass bei der Berechnung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. der Entfernung zwischen Arbeitsstätte und Wohnung oder bei der Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar ist, unrichtige Verhältnisse berücksichtigt werden (vgl. Jakom/Lenneis EStG, 2015, § 16, Rz 30).
Erwägungen
Streit besteht im konkreten Fall darüber, ob für die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. Arbeitsstätte und Wohnung nach Ansicht des Finanzamtes ausschließlich der Pendlerrechner oder, so die Meinung der Bf., eine Naturstreckenausmessung bzw. die Ermittlung über Google Maps zulässig ist.
Das Finanzamt hat im Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht zutreffend festgehalten:
Zweck des Pendlerrechners ist eine vereinfachte Pauschalermittlung der anzusetzenden Werte für Pendlerpauschale und Pendlereuro. Das Ergebnis des Pendlerrechners stellt auch keine Fahrtempfehlung dar, sondern dient ausschließlich als Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros. Lediglich in ganz bestimmten Fällen, wenn vom Pendlerrechner unrichtige Verhältnisse berücksichtigt werden, kann nach § 3 Abs. 5 der Verordnung vom Ergebnis des Pendlerrechners abgewichen werden. Unrichtige Verhältnisse liegen beispielsweise vor, wenn der Pendlerrechner eine Fahrtstrecke über eine nicht öffentlich zugängliche Privatstraße oder Straßen mit Fahrverbot berücksichtigt. Keine unrichtigen Verhältnisse liegen vor, wenn gegenüber einer Tachometermessung geringfügig andere Wegstrecken durch den Pendlerrechner berechnet werden. Tachometer ermitteln die Wegstrecke durch Multiplikation der Anzahl von Radumdrehungen mit dem Abrollumfang. Der Abrollumfang wiederum ist abhängig von Reifenzustand und Reifendruck. Kleinere Fehlerbeiträge, die nicht proportional zur gefahrenen Geschwindigkeit sind, entstehen durch Fliehkräfte und durch Schlupf aufgrund steigenden Luftwiderstands (Quelle: Wikipedia). Streckenmessungen mit Tachometer können daher niemals ein technisch exaktes Ergebnis liefern. Für Kraftfahrzeuge in Europa und vielen anderen Ländern gilt, dass die angezeigte Geschwindigkeit nicht unterhalb der tatsächlich gefahrenen liegt, aber nach oben um maximal 10 % v + 4 km/h abweichen darf (sog. Tachovoreilung; Quelle: Wikipedia). Ziel des Pendlerrechners ist nicht eine im vermessungstechnischen Sinn exakt ermittelte Streckenlänge, sondern eine pauschale vereinfachte Wegstreckenermittlung. Jede andere Betrachtungsweise würde den Intentionen der Pendlerverordnung widersprechen. Der Pendlerrechner wäre nicht mehr anwendbar, die Pendlerverordnung würde ihr Ziel verfehlen, möglichst einfach und rasch ein Pendlerpauschale ermitteln zu können. Die vom Pendlerrechner ermittelte Wegstrecke ist daher iZm der Pendlerförderung im Sinn der Verordnung anzuwenden.
Die Bf. hat als Ergebnis des Routenplaners Google Maps 20,4 Kilometer als einfache Wegstrecke angeführt. Bei jeder Wegstrecke ergeben sich immer irgendwo einige Meter an Differenzen, die sich mit Zunahme der Länge der Gesamtstrecke entsprechend aufsummieren. Als Beispiele dafür können angeführt werden: Wo ist per Definition der genaue Beginn und das genaue Ende der Wegstrecke (abhängig davon, wo man gerade parken kann bzw. wo sich die Garage befindet)? Legt man der Bemessung eine eher enge oder weite Fahrlinie zu Grunde? Wie viele Fahrspurwechsel (zB aufgrund von Überholvorgängen) sind erforderlich? Alle diese Kleinigkeiten können und müssen auch von keinem Routenplaner berücksichtigt werden. Pauschalregelungen haben generell an sich, dass gewisse Ungenauigkeiten bewusst in Kauf genommen werden um das Ziel der Vereinfachung erreichen zu können. Es ist gewollt und unvermeidbar, dass sich diese Ungenauigkeiten bei Pauschalregelungen manchmal zum Vorteil und manchmal zum Nachteil der Betroffenen auswirken. Die Notwendigkeit einer Art wissenschaftlichen Untersuchung oder einer Naturstreckenmessung wie die Bf. vorschlägt, ob eine bestimmte Wegstrecke 19,7 Kilometer (Pendlerrechner) oder 20,4 Kilometer (Google Maps) beträgt, soll genau durch diese Verordnungsermächtigung vermieden werden. Eine etwa 3,5%-ige Abweichung ist für die Anwendung einer Pauschalregelung sowohl bei einer Tachometermessung als auch bei Berechnungen durch diverse Routenplaner als im Toleranzbereich gelegen anzusehen. Solche Abweichungen sind nicht geeignet, die Anwendung unrichtiger Verhältnisse mit Bezugnahme auf die Verordnung zu behaupten. Überdies darf im vorliegenden Fall nicht außer Acht gelassen werden, dass die kürzeste PKW-Wegstrecke (über Z) sowohl beim Routenplaner Google als auch beim Routenplaner Herold nur 18,6 Kilometer bzw. 18,7 Kilometer beträgt. Laut Routenplaner Herold stellt diese Strecke auch die schnellste Stecke zwischen Wohnort und Arbeitsort dar (21 Minuten).
Zusammenfassend nimmt es das Bundesfinanzgericht als erwiesen an, dass keine unrichtigen Verhältnisse im Sinne der Verordnung vorliegen und die vom Pendlerrechner ermittelte Entfernung unter 20 Kilometer (19,7 Kilometer) verpflichtend für die streitgegenständliche Berechnung des Pendlerpauschales heranzuziehen ist. Die Bf. hat Anspruch auf ein Pendlerpauschale in Höhe von 372,00 € (öffentliches Verkehrsmittel unzumutbar, 2 – 20 Kilometer, einfache Wegstrecke) sowie auf einen Pendlereuro in Höhe von 40,00 €. Nicht mehr maßgeblich ist, dass verschiedene Routenplaner eine noch kürzere Wegstrecke als die vom Pendlerrechner ermittelte Entfernung errechnen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die im Beschwerdefall zu lösende Rechtsfrage beschränkt sich auf eine solche, welche im Gesetz bzw. in der genannten Verordnung eindeutig gelöst ist, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung in Betracht zu ziehen war. Bei dieser schlichten Rechtsanwendung war daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 3 Abs. 5 Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.5101995.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at