Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.03.2017, RV/7100162/2013

Rechtswidrige Periodenvermischung.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Stb, über die Beschwerde vom , gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom betreffend Kapitalertragsteuer 2010, zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob dem Beschwerdeführer (Bf.) im Streitjahr 2010 Kapitalertragsteuer i.H.v. 86.823,01 €, resultierend aus Zuschätzungen in den Jahren 2007, 2008, 2009 und 2010 bei der Fa. GesmbH, zuzurechnen ist.

Bei der Fa. GesmbH fand im Jahre 2011 eine Außenprüfung betreffend Umsatz-, Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer sowie Kammerumlage und Zusammenfassende Meldung für die Jahre 2007 bis 2009 sowie eine Nachschau für die Monte Jänner 2010 bis August 2011 statt.

Der Bf. war bei der GesmbH wie folgt beteiligt:


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A
 
Handelsrechtlicher GF:
a) Eintragung ab
Funktion gelöscht: Antrag , Eintragung
b) Eintragung ab
Funktion gelöscht: Antrag , Eintragung
Prokura:
Eintragung ab
Funktion gelöscht: Antrag , Eintragung
Gesellschafter:
Eintragung: Antrag , Eintragung
Funktion gelöscht: Antrag , Eintragung

Für die Abgabenbehörde bestand an der Zurechnung, der sich aus der Zuschätzung ergebenden Beträge an A als Machthaber und Gesellschafter kein Zweifel, da einerseits die volle Zeichnungsberechtigung im überwiegenden Teil des Prüfungszeitraumes beim Bf. gelegen sei und andererseits ein konkretes Einschreiten von Herrn B (Bruder des Bf. und Darlehensgeber) nicht nachvollziehbar gewesen sei.

Aus „verfahrensökonomischen Gründen“ seien die Änderungen der Besteuerungsgrundlagen für den Prüfungszeitraum komplett im Jahr 2010 wie folgt erfasst worden:


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Jahr
KZ 000
Umsatz lt. Erkl.
Netto-Erlös
Gesamt
Forderungs-ausfälle
Umsatz-hinzurechnung
lt. Bp (netto)
2007
474.927,01
672.997,77
-38.466,28
159.605,48
2008
463.618,05
649.153,50
 
185.535,45
2009
399.163,89
404.696,99
 
5.533,10
2010
368.966,56
458.649,12
 
89.682,56
Summe:
1.706.675,51
2.185.497,38
-38.465,28
440.356,59
abzügl. Umsatz K 2010
 
 
 
-150.946,54
= Umsatz-hinzurechnung
(= vA; netto)
 
 
 
289.410,05
+ 20 % USt
 
 
 
57.882,01
vA (brutto)
 
 
 
347.292,06
KESt
 
 
 
86.823,01
(= 347.292,06 x 25 %)

Da die Einbringung der KESt bei der Fa. GesmbH aufgrund der Eröffnung des Konkurses am Datum nicht mehr möglich gewesen sei, sei die Vorschreibung an den Bf. erfolgt.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Außenprüfung und zog den Bf. als Haftenden für die Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2010 i.H.v. 86.823,01 € heran.

Der Bf. erhob gegen den angefochtenen Bescheid Beschwerde (Berufung) und begründet diese im Wesentlichen folgendermaßen:

Aus dem KESt-Bescheid sowie dem Prüfbericht sei u.a. nicht ersichtlich, wie sich die KESt genau berechne und weshalb von einer verdeckten Ausschüttung ausgegangen werde, für die der Bf. als angeblicher „Machthaber“ der Gesellschaft haften solle.

Es sei nicht nachvollziehbar worauf die Schätzung basiere und wie die prozentmäßige Schätzung, insbesondere hinsichtlich der Beträge der Stehzeiten erfolgt sei.

Tatsächlich habe Herr B (Bruder des Bf.) der Gesellschaft ein Darlehen i.H.v. insgesamt 163.700 € gegeben. Dieses Darlehen sei nicht zurückgezahlt worden. Inwiefern der Bf. davon einen Nutzen gehabt haben solle, sei nicht ersichtlich und könne nicht zulasten des Bf. ausgelegt werden, auch wenn der Bf. weiterhin als gewerberechtlicher GF tätig gewesen sei.

Da sich im bekämpften Bescheid überhaupt keine Ausführungen hinsichtlich der Ermessensausübung fänden, sei der bekämpfte Bescheid auch verfassungswidrig.

Schließlich könnten für das gesamte Vorbringen div. Zeugen als Beweis für die Richtigkeit der Ausführungen des Bf. namhaft gemacht werden.

Gem. § 323 Abs. 38 erster und zweiter Satz BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Bf. ist österreichischer Staatsbürger und war im Streitjahr bis im Firmenbuch eingetragener handelsrechtlicher Geschäftsführer und Alleingesellschafter und danach weiterhin gewerberechtlicher Geschäftsführer der Fa. GesmbH (FN 1234).


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A
 
Handelsrechtlicher GF:
a) Eintragung ab
Funktion gelöscht: Antrag , Eintragung
b) Eintragung ab
Funktion gelöscht: Antrag , Eintragung
Prokura:
Eintragung ab
Funktion gelöscht: Antrag , Eintragung
Gesellschafter:
Eintragung: Antrag , Eintragung
Funktion gelöscht: Antrag , Eintragung

Die lt. Außenprüfung für das Veranlagungsjahr 2010 hinzugeschätzten Umsätze betragen wie folgt:


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2010
 
Umsatzzurechnung durch die Abgabenbehörde
89.682,55
abzüglich zu versteuernder Umsatz „K“ im Jahr 2010
-150.946,54
Summe:
-61.263,99

Dieser Sachverhalt war rechtlich folgendermaßen zu würdigen:

Gewinnanteile, Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung zählen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988.

Zu den Bezügen nach § 27 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 gehören auch verdeckte Ausschüttungen.

Solche Einkünfte unterliegen, wenn der Schuldner der Kapitalerträge Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat (inländische Kapitalerträge), der Kapitalertragsteuer nach § 93 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988.

Die Kapitalertragsteuer wird nach § 93 Abs. 1 EStG 1988 durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben.

Unter einer verdeckten Ausschüttung versteht man alle nicht ohne weiteres als Ausschüttung erkennbaren Zuwendungen (Vorteile) einer Körperschaft an die unmittelbar oder mittelbar beteiligten Personen, die zu einer Gewinnminderung bei der Körperschaft führen und die dritten, der Körperschaft fremd gegenüberstehenden Personen nicht gewährt werden. Entscheidendes Merkmal einer verdeckten Ausschüttung ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben.

Subjektive Voraussetzung für eine verdeckte Ausschüttung ist eine auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft, wobei sich die Absicht der Vorteilsgewährung schlüssig aus den Umständen des Falles ergeben kann, was etwa auch dann zu unterstellen ist, wenn die Gesellschaft nach Kenntnis des vom Gesellschafter in Anspruch genommenen Vorteils nichts unternimmt, um ihn rückgängig zu machen. Es bedarf somit zur Verwirklichung einer verdeckten Ausschüttung rechtlich eines der Gesellschaft zuzurechnenden Verhaltens des geschäftsführenden Organs, welches, bestehe es auch in einem bloßen Dulden oder Unterlassen, den Schluss erlaubt, dass die durch ihre Organe vertretene Gesellschaft die Entnahme von Gesellschaftsvermögen durch den Gesellschafter akzeptiert habe (vgl. , 0072, und vom , 96/15/0018, sowie die dort zitierten Vorerkenntnisse).

Entsprechend der wiedergegebenen ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist daher bei der Annahme einer verdeckten Ausschüttung (vA) darauf abzustellen, ob dem Gesellschafter ein einem Fremden nicht zugänglicher Vermögensvorteil gewährt werden sollte.

Im gegenständlichen Fall hat die Abgabenbehörde „aus Zeitdruck und verfahrensökonomischen Gründen“ sämtliche gem. § 184 BAO geschätzte Erlöse und Umsatzzurechnungen der Jahre 2007, 2008, 2009 und 2010 zur Gänze im Jahre 2010 veranlagt. Eine derartige rechtswirksame Periodenvermischung kann – aus welchen Gründen auch immer dies erfolgte – den Abgabengesetzen jedoch nicht entnommen werden.

Vielmehr sind für das Streitjahr 2010 jene Beträge heranzuziehen, die zum einen hinzugeschätzt wurden und andererseits abzüglich jenes Umsatzes („K“), der erst im Folgejahr erklärt wurde, jedoch aufgrund des zu beachtenden Grundsatzes der Periodenrichtigkeit dem Jahr 2010 zuzurechnen ist.

Wie sich aus obiger Tabelle ersehen lässt, ergibt sich somit für den Bf. kein „Vorteil“, der Basis für eine Kapitalertragsbesteuerung sein könnte, da die Zuschätzung zur Gänze vom zu berücksichtigenden Umsatz „K“ abgedeckt ist.

Der bekämpfte KESt-Bescheid vom war daher ersatzlos aufzuheben, da sich im Jahre 2010 keine Basis für eine KESt-Festsetzung ergibt.

Aus diesem Grunde war auch auf die Problematik, ob im gegenständlichen Fall der Bf. zu Recht oder zu Unrecht zur KESt herangezogen wurde, nicht näher einzugehen.

Zur Zulässigkeit der Revision:

Gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a Abs. 1 VwGG wird eine ordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof nicht zugelassen, da die Revision von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, nicht abhängt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Kapitalertragsteuer ab.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Periodenvermischung
Schätzung
Erlöse
verfahrensökonomische Gründe
Periodenrichtigkeit
KESt
Aufhebung
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7100162.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at