Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.03.2017, RV/7101580/2017

Säumniszuschlag, da Fälligkeit festgesetzter Umsatzsteuern bereits eingetreten, Einwände gegen die Festsetzung der Stammabgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Anschrift, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Hofer-Zeni, Landstraßer Hauptstraße 82/11, 1030 Wien, über die Beschwerden vom  gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Festsetzung von Säumniszuschlägen zu Recht erkannt: 

Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt erste Säumniszuschläge in Höhe von € 448,35 sowie jeweils € 60,00 fest, da die Umsatzsteuern 07-09/2015, 10-12/2015, 01-03/2016 und 04-06/2016 mit Beträgen von € 22.417,59 sowie jeweils € 3.000,00 nicht bis zu den Fälligkeitstagen , , und entrichtet worden seien.

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In den dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerden führte die Beschwerdeführerin (Bf.) aus, dass die Säumniszuschläge jeglicher rechtlichen Grundlage entbehren würden.

Sie habe vom Finanzamt eine Verständigung betreffend eine Außenprüfung erhalten. Dazu hätte sie „in“ das Finanzamt kommen sollen. Im Vorjahr sei sie ebenfalls in den Genuss von zwei Außenprüfungen gekommen, welche jedoch dem Titel „Außenprüfung“ (Anmerkung: nicht) gerecht geworden seien.

Die Bf. habe für den Zeitraum 07-09/2015 eine Umsatzsteuervoranmeldung beim Finanzamt eingebracht. Aus Gründen, die offensichtlich innerhalb des Finanzamtes zu suchen seien, sei es zu keiner Buchung ihrer Anmeldung gekommen. Um das Finanzamt nicht gänzlich zu überlasten, habe sie, für die nächste Einreichung, die Erledigung der „schwebenden“ Einreichung abgewartet. Das Finanzamt sei bis zum heutigen Tage nicht in der Lage, ihre Voranmeldung zu bearbeiten.

Am habe die Bf. mit der zuständigen Sachbearbeiterin des Finanzamtes ein Telefonat geführt, in welchem sie ihr mitgeteilt habe, zum gewünschten Zeitpunkt nicht in der Lage zu sein, in das Finanzamt zu kommen. Sie hätten sich auch über die Abgabe ihrer Voranmeldung und der darin enthaltenen Gutschrift unterhalten. Die Bf. habe ihr erklärt, dass sich darin eine große Eingangsrechnung befinde, die die Gutschrift bewirkt habe. Eine Auszahlung der Gutschrift sei weder sinnvoll noch geplant. Beim Verkauf der Handelsware entstehe eine Ausgangsrechnung mit Umsatzsteuer, die eine Abgabenschuld bewirke, welche die Gutschrift mehr als aufhebe. Die Sachbearbeiterin habe auf sie den Eindruck gemacht, dass sie dies verstanden hätte. Weiters hätten sie über die beiden Fitnessstudios gesprochen, die die Bf. verkauft und somit zurzeit keine wesentlichen Einnahmen habe. Im Prüfungszeitraum habe sie ca. € 40.000,00 an Einnahmen verzeichnet, was € 8.000,00 Umsatzsteuer ergebe. Wenn man die Vorsteuer der Ausgaben abziehe, bliebe so gut wie nichts über.

Auch darüber habe sie mit der Sachbearbeiterin gesprochen, die gemeint habe, eine kleine Schätzung durchzuführen, zu der die Bf. aus ökonomischen Gründen zugestimmt habe, da sich dies ohnehin mit der Abgabe der Bilanz wieder ausgleiche.

Zu dem von der Sachbearbeiterin vorgeschlagenen Termin (Besprechung der Feststellungen und Unterfertigung der Niederschrift der Außenprüfung) am , welchem die Bf. zugesagt habe, sei die Mitarbeiterin des Finanzamtes nicht erschienen. Weitere Schreiben oder Informationen habe sie weder von der Sachbearbeiterin noch vom Finanzamt erhalten.

Umsatzsteuerzahllasten für die gegenständlichen Zeiträume in der Höhe von € 22.417,59 anstelle einer Vorsteuergutschrift von € 51.248,15 bzw. von jeweils € 3.000,00 würden zusätzliche Umsätze von € 368.328,70 bzw. jeweils € 15.000,00 benötigt. Das aus zwei kleinen Fitnessstudios, wovon eines bereits verkauft gewesen sei und das zweite am die Besitzerin gewechselt habe, bestehende Unternehmen habe diese Umsätze, wie mit der Sachbearbeiterin des Finanzamtes besprochen, nicht erreicht.

Da weder die Feststellungen noch die Niederschriften des Finanzamtes der Bf. bis dato zugegangen seien, fordere sie die Zusendung dieser Unterlagen an ihren Rechtsanwalt, damit dagegen Rechtsmittel ergriffen werden könnten.

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Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidungen vom die Beschwerden als unbegründet ab und führte aus, dass die Fälligkeit bescheidmäßig festgesetzter Abgaben zu gesetzlich bestimmten Terminen unabhängig vom Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides eintrete. Somit sei trotz der Festsetzungsbescheide für die Umsatzsteuern 07-09/2015, 10-12/2015, 01-03/2016 und 04-06/2016 der jeweilige gesetzliche Fälligkeitstag (, , und ) für die Festsetzung der Säumniszuschläge maßgebend.

Gemäß § 210 Abs. 4 BAO werde für die Umsatzsteuerbescheide, die später als einen Monat vor Fälligkeit der Abgabe erlassen würden, werde für die Entrichtung derselben eine Nachfrist von einem Monat ab Bekanntgabe des Bescheides lediglich zur Vermeidung von Einbringungsmaßnahmen zugestanden.

Aufgrund obiger Bestimmungen bestehe die Vorschreibung der Säumniszuschläge zu Recht.

Im Falle von nachträglichen Herabsetzungen der Umsatzsteuerfestsetzungen würden die infrage stehenden Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 8 BAO von Amts wegen berichtigt bzw. abgeschrieben.

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Die Bf. beantragte am rechtzeitig die Vorlage der Beschwerden zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Gemäß Abs. 2 beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 8 BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Der Unternehmer hat gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 UStG und des § 16 UStG selbst zu berechnen hat.

Wenn der Unternehmer die Einreichung der Voranmeldung pflichtwidrig unterlässt oder wenn sich die Voranmeldung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist, so hat gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994 das Finanzamt die Steuer festzusetzen. Eine Festsetzung kann nur so lange erfolgen, als nicht ein den Voranmeldungszeitraum beinhaltender Veranlagungsbescheid erlassen wurde. Eine festgesetzte Vorauszahlung hat den im Abs. 1 genannten Fälligkeitstag. Die Gutschrift eines festgesetzten Überschusses wirkt bis zur Höhe des vorangemeldeten Überschussbetrages auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück. Führt eine Festsetzung zur Verminderung eines Überschusses, so gilt als Fälligkeitstag der Nachforderung der Zeitpunkt, in dem die Gutschrift des Überschusses wirksam war.

Werden Abgaben, ausgenommen Nebenansprüche, später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzt, so steht gemäß § 210 Abs. 4 BAO dem Abgabepflichtigen für die Entrichtung der Abgabennachforderung eine Nachfrist von einem Monat ab der Bekanntgabe des maßgeblichen Bescheides zu.

Festgestellt wird, dass die den gegenständlichen Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Umsatzsteuern aufgrund einer Betriebsprüfung des Finanzamtes vom mit Bescheiden vom wie folgt festgesetzt wurden:


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Abgabe
Betrag in €
Fälligkeit
Zahlungsfrist
Umsatzsteuer 07-09/2015
22.417,59
Umsatzsteuer 10-12/2015
3.000,00
Umsatzsteuer 01-03/2016
3.000,00
Umsatzsteuer 04-06/2016
3.000,00

Der Fälligkeitstag für die Umsatzsteuervorauszahlungen wird durch § 21 Abs. 1 erster Satz UStG bestimmt. Gemäß § 21 Abs. 3 UStG hat eine festgesetzte Vorauszahlung den im Abs. 1 genannten Fälligkeitstag.

Da es sich bei den gegenständlichen Umsatzsteuernachforderungen um Abgabenfestsetzungen nach der Fälligkeit handelt, steht dem Abgabepflichtigen für die Entrichtung eine Nachfrist von einem Monat ab der Bekanntgabe der Umsatzsteuerbescheide zu. Weil die Zahlung auf Grund der Nachforderung erst nach Fälligkeit erfolgt, ist jedoch grundsätzlich ein Säumniszuschlag verwirkt ().

Die Zahlung innerhalb der Nachfrist gemäß § 210 Abs. 4 BAO (ein Monat nach Bekanntgabe des Bescheides) kann lediglich die Setzung von Vollstreckungsmaßnahmen verhindern, nicht aber die Verwirkung eines Säumniszuschlages.

Da die genannten Umsatzsteuern nicht bis zum jeweiligen Fälligkeitstag (und im Übrigen auch nicht bis dato) entrichtet wurden, waren gemäß § 217 Abs. 1 und 2 BAO erste Säumniszuschläge zu Recht bescheidmäßig festzusetzen.

Den Einwendungen der Bf., die den Festsetzungen zugrunde gelegten Umsätze nicht erzielt, hingegen nicht anerkannte Vorsteuern bewirkt zu haben, muss entgegengehalten werden, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Säumniszuschlagspflicht nicht den Bestand einer sachlich richtigen Abgabenschuld voraussetzt, sondern nur einer formellen, wobei die Stammabgaben nicht rechtskräftig festgesetzt sein müssen (). Ein Säumniszuschlagsbescheid ist daher auch dann rechtmäßig, wenn die zu Grunde liegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig ist ().

Die Abgabenbehörde hat daher im Bereich des Säumniszuschlages lediglich die objektive Voraussetzung der Säumnis, nicht aber die Richtigkeit des zu Grunde liegenden Abgabenbescheides zu prüfen (vgl. ). Im Fall einer nachträglichen Abänderung oder Aufhebung des Abgabenbescheides ist jedoch von Amts wegen insoweit auch der Säumniszuschlag herabzusetzen oder aufzuheben (§ 217 Abs. 8 BAO).

Die Einwendungen der Bf. betreffend die Richtigkeit der zu Grunde liegenden Abgabenbescheide gehen daher ins Leere. Darüber hinaus wurden keine Gründe vorgebracht, die geeignet wären, eine Rechtswidrigkeit der gegenständlichen Säumniszuschläge aufzuzeigen.

Die Festsetzungen der ersten Säumniszuschläge erfolgten somit - ungeachtet eventueller Abänderungen gemäß § 217 Abs. 8 BAO im Falle von stattgebenden Rechtsmittelerledigungen im Abgabenfestsetzungsverfahren - zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 8 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 21 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 21 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 210 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7101580.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at