Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.03.2017, RV/7400150/2014

Bloße Appartementvermietung unterliegt (vor 2017) nicht der Wiener Ortstaxe

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7400150/2014-RS1
Erst seit 2017 kommt es für die Ortstaxenpflicht nicht mehr auf das Anbieten von Beherbergungsleistungen an (vgl § 11 WTFG idF LGBl für Wien 7/2017). Dass die damit erfolgten Änderungen bloß klarstellenden Charakters sein sollen, wie in den Gesetzesmaterialien ausgeführt (Beilage Nr 23/2016), wird vom BFG nicht geteilt. Erst mit dieser letzten Gesetzesänderung, die den § 11 WTFG einer umfassenden Neutextierung unterzogen hat, wurde vom Erfordernis der Beherbergung abgegangen und damit alle Unterkünfte, die gegen Entgelt Aufenthalt gewähren, in die Ortstaxenpflicht einbezogen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Mag. Arno Hirschvogl, Trattnerhof 2/3/301, 1010 Wien, über (1.) die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs und Abgabewesen vom , betreffend Ortstaxe-Nichtbezahlung der Abgabe für gegen Entgelt in Beherbergungsbetrieben in Wien in den Jahren 2006-2011, Zl1 sowie (2.) die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs und Abgabewesen vom , betreffend Ortstaxe-Nichtbezahlung der Abgabe für gegen Entgelt in Beherbergungsbetrieben in Wien in den Jahren 2012-2013, Zl2 zu Recht erkannt: 

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Nachschau wurde von der belangten Behörde festgestellt, dass der Beschwerdeführer (Bf) in Appartements vierzehn Betten kurzfristig vermiete, wobei die Appartements voll möbliert sind und frisch bezogene Bettwäsche, Handtücher, Geschirrtücher, Flüssigseife, Geschirr, Gläser und Küchengeräte zur Verfügung gestellt werden. Daraus ergebe sich, dass die vorliegende gewerbliche Vermietung als Beherbergung iSd Tourismusförderungsgesetzes (WTFG) anzusehen sei. Zur Abgrenzung von Vermietung und Gewerbebetrieb iZm Wohnraumvermietung verweist die belangte Behörde auf . Für das Vorliegen eines Beherbergungsbetriebes führt sie ; , 91/04/0041 und ins Treffen. Zwar gebe es weder tägliche Reinigung noch werden Mahlzeiten verabreicht, doch spreche die Überlassung von Bett- und Tischwäsche sowie die Endreinigung und die Bereitstellung von Geschirr und Küchengeräten als typisch gewerbliche Nebenleistungen für eine gewerbliche Vermietung.

Der Bf bringt dagegen im wesentlichen vor, dass er keinen Beherbergungsbetrieb unterhalte, sondern - auch ertragsteuerlich erklärter Weise - Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erziele. Außerdem sei für die Ortstaxenpflicht die Erbringung von Beherbergungsleistungen erforderlich. Beherbergung bedeute aber - wenn auch in beschränkter Form - eine laufende Obsorge hinsichtlich der vermieteten Räume iSe daraus resultierenden Betreuung des Gastes. Eine solche sei nicht gegeben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Der Bf vermietet in einem Haus, das in seinem Eigentum steht, neben dauerhaft vermieteten Wohnungen, auch vier Appartements mit insgesamt 14 Betten kurzfristig für Zeiträume von einigen Tagen bis zu idR zwei Monaten. Diese Wohnungen sind voll ausgestattet, inkl. Küchengeräten, Geschirr und Reinigungsmitteln. Frische Bettwäsche und Handtücher werden wöchentlich zur Verfügung gestellt. Eine Endreinigung wird durchgeführt. Weitere Dienstleistungen wie insbesondere die Verabreichung von Frühstück oder eine tägliche Reinigung werden nicht angeboten.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt und ist unstrittig. Strittig ist seine rechtliche Beurteilung.

§ 11 WTFG idF bis 2012 lautet im wesentlichen: "Wer im Gebiet der Stadt Wien in einem Beherbergungsbetrieb gegen Entgelt Aufenthalt nimmt (Beherbergung), hat die Ortstaxe zu entrichten."

§ 11 WTFG idF ab 2013 lautet im wesentlichen: "Wer im Gebiet der Stadt Wien in einem Beherbergungsbetrieb oder in einer Privatunterkunft gegen Entgelt Aufenthalt nimmt (Beherbergung), hat die Ortstaxe zu entrichten."

Bei dieser Ausweitung der Ortstaxenpflicht auf Privatunterkünfte wurde am Erfordernis der Beherbergung festgehalten (Mair, taxlex 2013, 104). Erst seit 2017 kommt es für die Ortstaxenpflicht nicht mehr auf das Anbieten von Beherbergungsleistungen an (vgl § 11 WTFG idF LGBl für Wien 7/2017). Dass die damit erfolgten Änderungen bloß klarstellenden Charakters sein sollen, wie in den Gesetzesmaterialien ausgeführt (Beilage Nr 23/2016), wird vom BFG nicht geteilt. Erst mit dieser letzten Gesetzesänderung, die den § 11 WTFG einer umfassenden Neutextierung unterzogen hat, wurde vom Erfordernis der Beherbergung abgegangen und damit alle Unterkünfte, die gegen Entgelt Aufenthalt gewähren, in die Ortstaxenpflicht einbezogen. In den streitgegenständlichen Jahren 2006-2013 ist die Beherbergung notwendiges Tatbestandsmerkmal für eine Abgabenpflicht.

Zur Definition der Beherbergung hat der VwGH erst unlängst festgestellt, dass gewerbliche Vermietung nicht ausreicht, sondern für die Annahme einer Beherbergung laufende Betreuungsleistungen erforderlich sind (). Wörtlich führt der VwGH in diesem Erkenntnis aus: "Die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Argumente, dass im Rahmen dieser Beherbergung in den vollmöblierten Appartements frisch bezogene Bettwäsche, Handtücher, Geschirrtücher sowie Flüssigseife zur Verfügung gestellt werden, ebenso wie Geschirr, Gläser und Küchengeräte begründen daher nicht die Verpflichtung zur Entrichtung der Ortstaxe. Diese stellen nämlich keinerlei laufende Betreuungsleistungen dar, sondern ist im vorliegenden Fall von einer Sachmiete auszugehen. Laufende Betreuungsleistungen wurden nicht festgestellt und sind auch aus dem Akteninhalt nicht zu entnehmen."

Mit Verweis auf dieses VwGH-Erkenntnis wurde der Bf im hg. Erkenntnis vom , RV/7500244/2016, rechtskräftig vom Vorwurf freigesprochen, mit der strittigen Vermietungstätigkeit die Ortstaxe für die Monate November und Dezember 2013 verkürzt zu haben.

Damit ist das Schicksal der Beschwerde entschieden: Hinsichtlich des Jahres 2006 ist bereits die fünfjährige Verjährungsfrist (§ 207 Abs 2 BAO) abgelaufen, weil die erste Verfolgungshandlung erst im Jahr 2012 im Wege der Nachschau gesetzt wurde und keine Abgabenhinterziehung vorliegt. Auch im übrigen ist keine Ortstaxenpflicht gegeben, weil die von der belangten Behörde ins Treffen geführten Leistungen (frisch bezogene Bettwäsche, Handtücher, Geschirrtücher, Flüssigseife, Geschirr, Gläser, Küchengeräte, Endreinigung) keinerlei laufende Betreuungsleistungen darstellen und damit das Erfordernis der Beherbergung nicht erfüllt ist.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die strittige Rechtsfrage wurde erst unlängst zu einem nahezu identen Sachverhalt entschieden ( ).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 11 WTFG, Wiener Tourismusförderungsgesetz, LGBl. Nr. 13/1955
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7400150.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at