Kein Vorliegen eines die nachträgliche buchmäßige Erfassung nach Art. 220 Abs. Buchst. b ZK ausschließenden Irrtums
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2017/16/0094. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bfin, Adr, vertreten durch V., Rechtsanwalt, Adr1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt vom , Zahl nnnnnn/nnnnn/2012/004, betreffend Einfuhrabgaben und Abgabenerhöhung, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung,
zu Recht erkannt:
„1. Der angefochtene Bescheid wird, soweit dieser die Festsetzung der Abgabenerhöhung betrifft, aufgehoben.“
„Gegenüberstellung:“
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bisher: | € 14.725,87 |
Neu: | € 0,00 |
Gutschrift: | € 14.725,87 |
„
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.“
2. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid vom , Zahl nnnnnn/nnnnn/2012/004, teilte das Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt der Beschwerdeführerin gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK die nachträgliche buchmäßige Erfassung unerhoben gebliebener Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt € 319.892,18 mit und setzte gleichzeitig eine Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG in Höhe von € 14.725,87 fest. Die Betriebsprüfung habe ergeben, dass es sich bei den im Zeitraum August 2009 bis Jänner 2012 mit den insgesamt 21 im Anhang zum Bescheid näher bezeichneten Zollanmeldungen in den freien Verkehr übergeführten Einzelteilen und Komponenten um vollständige Satellitenreceiver gehandelt habe und diese deshalb in die Warennummer 8528 7190 00 bzw. ab in die Warennummer 8528 7199 00 einzureihen gewesen wären.
Dagegen wurde mit Eingabe vom Berufung erhoben und im Wesentlichen begründend ausgeführt, dass ein Irrtum im Sinne des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK vorliege, da die Zollbehörde selbst davon ausgegangen sei, dass die importierten Teile nicht als bereits "zusammengebaute" Satelliten-Receiver zu verzollen gewesen seien. Die Beschwerdeführerin führte hierzu die durchgeführten Kontrollen (stichprobenweise innere Beschauen, Dokumentenkontrollen) ins Treffen, wodurch die Beschwerdeführerin davon ausgehen habe dürfen, dass die Verzollung nach Einzelteilen richtig sei. Die Anmeldungen seien in hoher Anzahl über einen langen Zeitraum anstandslos entgegengenommen worden. Hinzu komme, dass die anzuwendende Vorschrift komplex sei. Der Irrtum sei für die Beschwerdeführerin nicht erkennbar gewesen, weil die Anmeldungen so wie sie abgegeben wurden regelmäßig entgegengenommen worden seien, obwohl aus der Anzahl der in den einzelnen Sendungen enthaltenen Teile ersichtlich gewesen sei, dass es sich um Teile handle, die eben einen vollständigen Satellitenreceiver ergeben. Die Software habe zum tatsächlichen Betrieb auch erst aufgespielt werden müssen.
Mit Eingabe vom ergänzte die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen dahingehend, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom entschieden habe, dass aufgrund des mit 1. Jänner 2011 in Kraft getretenen § 30a Abs. 5 FinStrG die Verhängung einer Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG nicht zulässig sei. Es werde daher beantragt, die Vorschreibung der Abgabenerhöhung im Gesamtbetrag von € 14.725,87 aufzuheben.
Das Zollamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom , Zahl nnnnnn/nnnnx/2012-7, als unbegründet ab.
Aufgrund der Allgemeinen Vorschrift 2a zur Kombinierten Nomenklatur (KN) und der Erläuterungen sei die zutreffende Warennummer 8528 7190 00 und ab die Warennummer 8528 7199 00. Das Fehlen der Software sei für die Einreihung als SAT-Receiver nicht von Bedeutung. Um von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung abzusehen, müssten die drei in Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK gennannten Voraussetzungen nebeneinander vorliegen. Die Nachprüfungen hätten ergeben, dass der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bereits im Jahr 2006 in Bezug auf Satellitenreceiver unzutreffende Warennummern erklärt habe, was auch zu einer Bestrafung geführt habe. Darüber hinaus sei der Mailverkehr sichergestellt worden, wonach vom Geschäftsführer gegenüber dem Vertreter geäußert worden sei, dass die Teile nicht für den persönlichen Zusammenbau sondern zum Weiterverkauf gedacht seien. Das Zollamt sei daher der Ansicht, dass die Falscheinreihung von der Beschwerdeführerin nicht nur zu erkennen gewesen sei, sondern vorsätzlich herbeigeführt worden sei. Die Fiktion des Art. 71 Abs. 2 ZK sei widerlegt worden.
Zur Abgabenerhöhung führte das Zollamt an, dass § 30a Abs. 5 FinStrG mit Wirkung dahingehend klargestellt worden sei, dass eine Abgabenerhöhung nach dieser Bestimmung im Zusammenhang mit Zöllen und mit Abgaben, die von den Zollämtern zu erheben sind, unzulässig sei. Die Bestimmung des § 108 Abs. 1 ZollR-DG sei damit wieder materiell gültig und anzuwenden.
Mit Schriftsatz vom wurde dagegen der als Beschwerde bezeichnete Vorlageantrag eingebracht.
In der Begründung wird von der Beschwerdeführerin vorgebracht, dass die Geräte, so wie sie eingeführt worden sind, tatsächlich keine funktionsfähigen Receiver gewesen seien. Abgesehen davon, dass umfangreiche Qualitätskontrollen einzelner Teile vorgenommen werden hätten müssen und somit ein einfaches Zusammenstecken und Zusammenbauen der gelieferten Teile für sich alleine nicht möglich gewesen sei, habe auch noch die Software, die in ihrem Auftrag gesondert programmiert worden sei, eingespielt werden müssen, ohne die die Receiver für den österreichischen Markt unbrauchbar gewesen wären.
Hinzu komme, dass bei vielen der importierten Geräteteile die Tuner nachgelötet werden hätten müssen, was einen erheblichen Mehraufwand dargestellt habe und somit auch nicht ein reines "Zusammensetzen" darstelle. Die Allgemeinen Vorschriften träfen daher nicht zu, weshalb die eingeführten Teile richtig als Teile von Satellitenreceivern der Verzollung zugeführt worden seien.
Aufgrund der durchgeführten Kontrollen hätte die Zollbehörde feststellen können, dass es sich letztendlich um ganze Satellitenreceiver handle. Die Zollbehörde sei an das Ergebnis der Warenbeschauen bzw. der Dokumentenkontrollen gebunden. Es liege daher ein Irrtum der Zollbehörde im Sinne des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK vor. Die Beschwerdeführerin sei auch gutgläubig gewesen. Beim zitierten Mailverkehr sei der Geschäftsführer davon ausgegangen, dass der Zusammenbau nicht im eigenen Unternehmen, sondern extern durchgeführt werde. Die Vertreterin habe gewusst, dass die Teile zu ganzen Receivern zusammengebaut werden.
Wiederholend wurde vorgebracht, dass die Vorschreibung der Abgabenerhöhung wegen des im Zeitpunkt der Vorschreibung geltenden § 30a Abs. 5 FinStrG nicht erfolgen hätte dürfen.
Mit Eingabe vom legte die Beschwerdeführerin ein Gutachten vor, mit dem nachgewiesen werden soll, dass zwischen den im Jahr 2006 importierten und den gegenständlichen Receivern ein grundlegender technischer Unterschied bestehe. Das von der Finanzbehörde zur Argumentation der groben Fahrlässigkeit herangezogene Finanzstrafverfahren aus dem Jahr 2006 könne daher für den gegenständlichen Vorwurf der falschen Tarifierung nicht herangezogen werden, um ein rechtswidriges Verhalten nachzuweisen.
Im Zuge der am durchgeführten mündlichen Verhandlung stimmte die Beschwerdeführerin zwar mit dem Zollamt überein, dass die nunmehrige Einreihung als vollständiger Satellitenreceiver zutreffend sei, beharrte aber weiterhin darauf, dass aufgrund der durchgeführten Kontrollen von einem Irrtum im Sinne des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK auszugehen sei und daher keine Nachforderung der Einfuhrabgaben erfolgen hätte dürfen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
II. Sachverhalt:
Im Zeitraum August 2009 bis Jänner 2012 beantragte die Beschwerdeführerin in 21 Einfuhrfällen direkt vertreten durch die C-GmbH die Überführung von Satellitenreceivern, noch nicht zusammengesetzt, in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr. In den Zollanmeldungen wurden die Waren als Teile von Satellitenreceivern bzw. nach ihrer Beschaffenheit bezeichnet und die für Teile geltende Warennummer erklärt. Die Teile waren dazu bestimmt in Lohnarbeit zu vollständigen Satellitenreceivern zusammengebaut zu werden. Die Software wurde nicht vom Lieferanten mitgeliefert, sondern im Auftrag der Beschwerdeführerin von einem Dritten erstellt und von der Beschwerdeführerin eingespielt. In den Zollanmeldungen wurde nicht erklärt, dass es sich bei den zur Abfertigung gestellten Teilen um vollständige Geräte mit allen wesentlichen charakteristischen Teilen handelt. Eigene Erkundigungen durch Lektüre der Rechtsvorschriften oder Einholung von Auskünften unter Offenlegung aller Tatsachen bei den fachlich zuständigen Stellen wurden nicht durchgeführt.
In sechs Einfuhrfällen (am , am , am und am ) wurden vom jeweiligen Zollorgan die Zollanmeldungen überprüft, wobei in vier Fällen lediglich eine Überprüfung der Unterlagen vorgenommen wurde, die zu keinen Beanstandungen führten, und in zwei Fällen zusätzlich eine (Teil-)Beschau erfolgte. Bei der am unter CRN 10AT100000IV9XFMG1 angemeldeten Sendung wurde infolge der Beschau das erklärte Ursprungsland und bei der Position 10 - davon ausgehend, dass es sich um Teile handelt, die KN-Unterposition abgeändert. Bei der am unter der CRN 11AT100000IVDI0ZG2 angemeldeten Sendung wurden infolge der Teilbeschau zwar keine Änderungen vorgenommen, jedoch angeregt bei der Beschwerdeführerin eine Betriebsprüfung durchzuführen.
III. Beweiswürdigung und rechtliche Erwägungen:
Nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates in der durch die Verordnung (EG) Nr. 254/2000 des Rates vom geänderten Fassung veröffentlicht die Europäische Kommission jährlich in Form einer Verordnung die vollständige Fassung der Kombinierten Nomenklatur (KN) zusammen mit den Zollsätzen, wie sie sich aus den vom Rat der Europäischen Union oder von der Kommission beschlossenen Maßnahmen ergeben. Diese Verordnung gilt jeweils ab 1. Jänner des folgenden Jahres.
Im Beschwerdefall sind die Einfuhren in den Jahren 2009 bis 2012 erfolgt. Es sind daher die Verordnungen (EG) der Kommission Nr. 1031/2008 vom , Nr. 948/2009 vom , Nr. 861/2010 vom und Nr. 1006/2011 vom zur Änderung von Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, ABL. L 291 vom , ABl. L 287 vom , ABl. L 284 vom und ABl. L 282 vom anzuwenden, die hinsichtlich der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN, welche den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Nomenklatur des Harmonisierten Systems (HS) entsprechen, gleichlautend sind .
Die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV) sind in deren Teil 1 Titel 1 Buchstabe A enthalten. Nach deren Nummer 1 sind die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist - die AV.
Nach AV 2a gilt jede Anführung in einer Position auch für die unvollständige oder unfertige Ware, wenn sie im vorliegenden Zustand die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware hat. Sie gilt auch für eine vollständige oder fertige oder nach den vorstehenden Bestimmungen dieser Vorschrift als solche geltende Ware, wenn diese zerlegt oder noch nicht zusammengesetzt gestellt wird.
Nach den Erläuterungen zum HS erweitert der erste Teil der AV 2 den Geltungsbereich jeder Position, die eine bestimmte Ware anführt, so dass nicht nur die vollständige Ware erfasst wird, sondern auch die unvollständige oder unfertige Ware, wenn diese im maßgebenden Zeitpunkt die charakteristischen Merkmale der vollständigen oder fertigen Ware aufweist. Diese AV wird auch auf unvollständige oder unfertige Waren angewendet, die zerlegt oder noch nicht zusammengesetzt gestellt werden, sofern sie nach dem ersten Teil dieser AV als vollständig oder fertig anzusehen sind.
Zerlegte oder noch nicht zusammengesetzte Waren im Sinne dieser AV sind Waren deren verschiedene Teile dazu bestimmt sind, entweder durch einfache Hilfsmittel (Schrauben, Bolzen usw.) oder z.B. durch Vernieten oder Schweißen zusammengesetzt zu werden, sofern es sich dabei tatsächlich nur um einfaches Zusammensetzen handelt. Auf die Schwierigkeit der Methode der Zusammensetzung ist kein Rücksicht zu nehmen. Jedoch sollen die Bestandteile keiner weiteren Bearbeitung unterzogen werden müssen, die zur vollständigen Ware führt.
Nicht zusammengesetzte Teile einer Ware, welche die für eine vollständige Ware erforderliche Anzahl übersteigen, werden gesondert nach eigener Beschaffenheit eingereiht.
Beispiele für die Anwendung dieser Allgemeinen Vorschrift sind unter "Allgemeines" in den Erläuterungen zu den Abschnitten und Kapiteln angeführt (z.B. Abschnitt XVI und in den Kapiteln 44, 86, 87 und 89).
Darin heißt es, dass jede sich in Abschnitt XVI auf eine Maschine oder einen Apparat beziehende Stelle nicht nur die vollständige Maschine umfasst, sondern auch die unvollständige Maschine. (d. h. Zusammensetzungen von Teilen, die schon so weit vervollständigt sind, dass sie die wesentlichen Merkmale der vollständigen Maschine aufweisen). Maschinen, die z.B. noch nicht mit Schwungrad, Grundplatten, Kalanderwalzen, Werkzeughalter usw. ausgerüstet sind, gehören also zu der für die Maschinen bestimmte Position und nicht zu einer Position für Teile, falls eine solche Position besteht. Ebenso werden als vollständige Maschinen und Apparate, auch ohne Motor gestellte Maschinen und Apparate eingereiht, bei denen der Einbau eines Motors vorgesehen und ein Funktionieren nur mit eingebauten Motor möglich ist (z.B. Elektrowerkzeuge der Pos. 8467).
Im gegenständlichen Beschwerdefall kann daher kein Zweifel bestehen, dass die noch nicht zusammengesetzten Teile eines Satellitenreceivers, auch wenn die Software nicht mitgeliefert worden ist, in die Position eines vollständigen Gerätes einzureihen gewesen wäre. Daran ändert auch nichts, dass der Zweck der Lieferung in Teilen nach Abgaben der Beschwerdeführerin aus Gründen der erforderlichen Qualitätskontrollen bei einzelnen Teilen erfolgt ist und es sich herausgestellt hat, dass teilweise Nachlötungen erforderlich waren. Die allfällig erforderlich gewesenen Nachlötungen stellen Ausbesserungsarbeiten dar. Die Sendungen enthielten alle wesentlichen bzw. charakteristischen Teile eines vollständigen Gerätes, ohne dass es der weiteren Bearbeitung eines oder mehrerer wesentlicher Teile bedurfte. Auch wenn die Mitarbeiter der Gn für den Zusammenbau eigens geschult werden mussten, hat dies auf die Einreihung als vollständige Geräte in die Position 8528 keinen Einfluss, da es auf die Technik des Zusammensetzens oder die Kompliziertheit der Montagemethode nicht ankommt (vgl. ).
Das Kapitel 85 umfasste bis u.a. folgende Positionen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
"... | |
8528 | Monitore und Projektoren, ohne eingebautes Fernsehempfangsgerät; Fernsehempfangsgeräte, auch mit eingebauten Rundfunkempfangsgerät oder Ton- oder Bildaufzeichnungs- oder wiedergabegerät |
- Fernsehempfangsgeräte, auch mit eingebautem Rundfunkempfangsgerät oder Ton- oder Bildaufzeichnungsgerät | |
... | ... |
8528 71 | -- der Beschaffenheit nach nicht für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet |
--- Videotuner | |
... | ... |
8528 7190 00 | --- andere |
... | ... |
und ab folgende Positionen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
... | ... |
8528 | Monitore und Projektoren, ohne eingebautes Fernsehempfangsgerät; Fernsehempfangsgeräte, auch mit eingebauten Rundfunkempfangsgerät oder Ton- oder Bildaufzeichnungs- oder wiedergabegerät |
- Fernsehempfangsgeräte, auch mit eingebautem Rundfunkempfangsgerät oder Ton- oder Bildaufzeichnungsgerät | |
... | ... |
8528 71 | -- der Beschaffenheit nach nicht für den Einbau eines Videobildschirms hergerichtet |
--- Videotuner | |
... | ... |
--- andere | |
8528 7191 00 | ---- Geräte auf Mikroprozessorenbasis, mit eingebautem Modem für den Internetanschluss, für den interaktiven Informationsaustausch, geeignet zum Empfang von Fernsehsignalen (sog. "Set-Top-Boxen (STB) mit Kommunikationsfunktion", einschließlich Geräte, die mit einer Aufnahme- oder Wiedergabefunktion ausgestattet sind, vorausgesetzt, das Gerät behält den wesentlichen Charakter einer Set-Top-Box mit Kommunikationsfunktion) |
8528 7199 00 | ---- andere |
... | ..." |
Satellitenreceiver waren daher bis zum in die Warennummer 8528 7190 00 und ab in die Warennummer 8528 7199 00 einzureihen und unterlagen einem Zollsatz von 14%. Durch die Einreihung in die Position 8529 und andere Warenpositionen für Teile wurden für die Berechnung der Einfuhrabgaben jeweils niedrigere Zollsätze angewendet. Die Abgaben wurden damit mit einem geringeren Betrag als den gesetzlich geschuldeten Abgaben buchmäßig erfasst und mitgeteilt.
Auf die gegenständlichen Einfuhren ist noch die Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex - ZK) anzuwenden.
Gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK hat in den Fällen, in denen der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag nicht nach den Art. 218 und 219 ZK buchmäßig erfasst oder mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden ist, nach Art. 220 Abs. 1 ZK die nachträgliche buchmäßige Erfassung des zu erhebenden Betrages oder des nachzuerhebenden Restbetrages zu erfolgen.
Nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK erfolgt außer in den Fällen gemäß Art. 217 Abs. 1 Unterabsätze 2 und 3 ZK keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag auf Grund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat.
Nach dieser Bestimmung haben die zuständigen Zollbehörden von einer Nacherhebung von Eingangsabgaben abzusehen, wenn drei Voraussetzungen nebeneinander erfüllt sind. Die ursprüngliche Nichterhebung der Abgaben muss auf einen Irrtum der zuständigen Behörden zurückzuführen sein, der Abgabenschuldner muss gutgläubig gehandelt haben, das heißt bei vernünftiger Betrachtungsweise außerstande gewesen sein, den Irrtum der zuständigen Behörden zu erkennen, und er muss alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet haben (vgl. etwa in ständiger Rechtsprechung das P, EU:C:2015:205, Wünsche Handelsgesellschaft mbH & Co KG, Rn 55. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat der Abgabenschuldner einen Anspruch darauf, dass von einer Nacherhebung abgesehen wird. Dagegen ist der Antrag auf Absehen von einer Nacherhebung bereits dann nicht begründet, wenn eine der drei Voraussetzungen fehlt (vgl. zu all dem das VwGH-Erkenntnis vom , 2000/16/0590, mwN).
Für den Irrtum der Zollbehörden verlangt der EuGH ein Handeln der zuständigen Behörden und die Ursächlichkeit dieses Handelns für ihren Irrtum, sog. aktiver Irrtum (vgl. die , EU:C:2007:612, Agrover Srl , Rn 31, und vom in der Rs. C-409/10, EU:C:2011:843, Afasia Knits Deutschland GmbH, Rn 54). Ein solcher Irrtum ist jeder Irrtum bei der Auslegung oder Anwendung der Vorschriften über Eingangs- oder Ausgangsabgaben, falls er auf ein Handeln der zuständigen Behörden zurückzuführen ist (vgl. ). Ein Irrtum ist auch schon in der langjährigen unrichtigen Abfertigungspraxis bei widerspruchsloser Entgegenahme der Zollanmeldung zu sehen, wenn diese alle notwendigen und zutreffenden Angaben enthält. Ohne dass es auf die Zahl und die Bedeutung der vom Zollschuldner getätigten Einfuhren ankommt, wird ein Irrtum der Zollbehörden angenommen, wenn die Unrichtigkeit der Anmeldung für eine vollständig angemeldete Ware bei einem Vergleich zwischen der angemeldeten Tarifposition und der ausdrücklichen Warenbezeichnung entsprechend dem Tarifschema erkennbar war und sie auf Grund der unrichtig angemeldeten Tatsachen tatsächliche Feststellungen der Abgabenfestsetzung zu Grunde legte (vgl. das , EU:C:1993:134, Hewlett Packard France, Rn 21 und Alexander in Witte, Zollkodex6 Art. 220 Rz 13ff mwN).
Aufgrund der Erklärung als Teile, ohne dass in den Zollanmeldungen auch darauf hingewiesen bzw. angemerkt wurde, dass es sich dabei um noch nicht zusammengesetzte vollständige Geräte handelt, bei denen lediglich die Software noch aufgespielt werden musste, konnte das jeweilige Zollorgan bei den vorgenommenen Dokumentenkontrollen bzw. auch bei den stichprobenweisen Beschauen, welche sich auf die Übereinstimmung des Inhaltes einzelner Packstücke mit den in den Rechnungen/Packlisten angeführten Teilen bezog, nicht erkennen, dass es sich bereits um alle Teile (mit Ausnahme der Software) von vollständigen Geräten handelte und nicht etwa wesentliche bzw. charakteristische Teile fehlten. Allein aufgrund der übereinstimmenden Stückanzahl der Teile kann nicht davon ausgegangen werden, dass das jeweilige Zollorgan ohne entsprechende Erklärung erkennen hätte müssen, dass noch nicht zusammengesetzte vollständige Geräte angemeldet werden. Das Vorbringen, dass ein Irrtum der Zollbehörde vorliege, weil sie die Zollanmeldungen lange Zeit widerspruchslos angenommen habe, geht schon deshalb ins Leere, weil die Zollanmeldungen im Feld "Warenbezeichnung" eben nicht alle notwendigen und zutreffenden Angaben, insbesondere eben nicht den Hinweis, dass es sich um noch nicht zusammengesetzte Teile von Satellitenreceivern handelt, enthalten haben. Bezeichnenderweise versuchte der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft noch im Dezember 2011 vorhandene Zweifel dadurch zu zerstreuen, dass er schriftlich bestätigte, dass "der Inhalt der Container mit der Nr. .... (diverse Einzelteile) nicht für den eigenen Zusammenbau gedacht ist, sondern für den Wiederverkauf, als welcher dieser auch importiert wurde", obwohl er wusste, dass ein Zusammenbau in Lohnarbeit bei der G. in W. erfolgt. Die Erklärung, dass er davon ausgegangen sei, dass der Zusammenbau nicht im eigenen Unternehmen, sondern extern vorgenommen werde, ist als Schutzbehauptung zu werten. Dass die Beschwerdeführerin tunlichst bemüht war, dass das Wort "Satellitenreceiver" nicht in den Rechnungen oder Packlisten aufscheint, ergibt sich beispielsweise auch aus dem E-Mail vom (vgl. Vernehmungsprotokoll vom ).
Selbst wenn man von einem Irrtum der Zollbehörde ausgehen würde, wäre für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen. Der Zollschuldner muss auch gutgläubig gehandelt haben, das heißt bei vernünftiger Betrachtungsweise außerstande gewesen sein, den Irrtum der zuständigen Behörden zu erkennen, und er muss alle geltenden Bestimmungen betreffend die Zollerklärung beachtet haben. Dabei muss sich der Zollschuldner nicht nur die Fehler seines Vertreters, sondern auch dessen Kenntnisse und Erfahrung zurechnen lassen (vgl. Alexander, aaO, Rz 26 mwH zur Rechtsprechung)
Die AV 2a zur Einreihung von Teilen von noch nicht zusammengesetzten Geräten sind entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht als sehr komplex anzusehen. Die Beschwerdeführerin hätte allein durch die Lektüre der diesbezüglichen Bestimmung - es wurde in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass dies nicht erfolgt sei – erkennen können, dass die von ihr bzw. ihrem Vertreter vorgenommene Einreihung falsch ist. Zumindest hätten derartige Zweifel aufkommen müssen, dass ein verständiger und sorgfältig agierender Wirtschaftsteilnehmer entsprechende weitere Auskünfte unter Offenlegung aller Tatsachen bis hin zu einer verbindlichen Zolltarifauskunft bei den fachlich zuständigen Stellen der Zollverwaltung eingeholt hätte. Anzumerken ist, dass eine Rückfrage nur bei der abfertigenden Zollstelle in der Regel nicht genügt (vgl. Alexander, aaO, Rz 34 mwH). Demgegenüber hat sich die Beschwerdeführerin damit begnügt, dass die Zollanmeldungen von den einzelnen Zollbeamten unbeanstandet angenommen wurden und auch bei Dokumentenkontrollen bzw. bei stichprobenweisen inneren Beschauen keine Änderung der Einreihung erfolgt ist. Bei der gegebenen Sachlage ist die Beschwerdeführerin ihren Erkundigungspflichten nicht mit der erforderlichen Sorgfalt nachgekommen.
Hinzu kommt, dass die vertretende Speditionsgesellschaft gewerbsmäßig im Einfuhrgeschäft tätig ist und damit vom Vorliegen entsprechender Erfahrung bei der Einreihung von Waren in den Zolltarif auszugehen ist. Auch die Beschwerdeführerin verfügte über eine gewisse Erfahrung im Handel mit Satellitenreceivern. Dies ergibt sich aufgrund des Strafverfahrens aus dem Jahr 2006, den Aussagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung bezüglich gleichartiger bzw. ähnlicher Importe durch Importeure in Deutschland und dem sichergestellten E-Mail-Verkehr mit einem Lieferanten über den geltenden Zollsatz von 14 % für vollständige Geräte.
Die Beschwerdeführerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die in Art. 70f ZK normierte Fiktion berufen. Die bei einer Teilbeschau getroffenen Feststellungen gelten nur für die betreffende Zollanmeldung und können durch nachträglich tatsächlich festgestellte Umstände widerlegt werden. Das Zollamt hatte aufgrund des Ergebnisses der Betriebsprüfung die Einfuhrfälle unter Berücksichtigung der ihr bekannten neuen Umstände zu regeln und demgemäß die unerhoben gebliebenen Einfuhrabgaben nachzufordern (Art. 78 Abs. 3 ZK).
Es liegt daher kein die nachträgliche buchmäßige Erfassungen nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK ausschließender Irrtum vor. Die nachträgliche buchmäßige Erfassung erfolgte bezüglich der Einfuhrabgaben deshalb zu Recht.
Die Festsetzung der Abgabenerhöhung erweist sich hingegen als rechtswidrig. Es kann zwar der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden, dass die Vorschreibung einer Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz in der Fassung vor der Novelle durch das Abgabenänderungsgesetz 2015 (AbgÄG 2015), BGBl I Nr. 163/2015 aufgrund der mit Wirkung vom eingeführten Bestimmung des § 30a FinStrG rechtswidrig wäre, jedoch hat gemäß § 279 Abs. 1 BAO das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtene Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB ) hat das Bundesfinanzgericht grundsätzlich auf Grund der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage zu entscheiden, soweit sich nicht insbesondere aus dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften das Gebot zur Anwendung der zu einem bestimmten früheren Zeitpunkt maßgebenden Rechtslage ergibt oder ein Sachverhalt zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt zugrunde zu legen ist.
Aufgrund der Zeitbezogenheit der zollrechtlichen Bestimmungen betreffend das Entstehen der Einfuhrzollschuld ist noch der Zollkodex in der bis zum geltenden Fassung anzuwenden. Der Abgabenanspruch für die Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG entsteht hingegen erst durch die Festsetzung (vgl. ).
Die die Abgabenerhöhung regelnde Bestimmung des § 108 Abs. 1 ZollR-DG ist durch das AbgÄG 2015 mit Wirkung aufgehoben worden. Das Bundesfinanzgericht hatte daher ausgehend von der nunmehr geltenden Rechtslage die vom Zollamt vorgeschriebene Abgabenerhöhung mangels Bestehens einer entsprechenden Bestimmung aufzuheben.
IV. Unzulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die sich im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ergebenden Rechtsfragen sind, soweit nicht ohnehin Tatsachenfragen zu beurteilen waren, die einer Revision im Allgemeinen nicht zugänglich sind, durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Gerichtshofes der Europäischen Union bereits geklärt. Die ordentliche Revision war daher als nicht zulässig zu erklären.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Zoll |
betroffene Normen | Art. 220 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 Art. 12 Abs. 1 KN-VO, VO 2658/87, ABl. Nr. L 256 vom S. 1 |
Verweise | P |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7200005.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at