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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.04.2017, RV/2100297/2013

Vorteil aus dem Dienstverhältnis: Kontoführungsgebühren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der AAA, vertreten durch den V, Adresse, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom betreffend Lohnsteuer samt Säumniszuschlägen, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2005 bis 2009 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

1. Die angefochtenen Bescheide für das Jahr 2005 werden aufgehoben.

2. Die angefochtenen Bescheide für das Jahr 2006 werden wie folgt abgeändert:
Die Beschwerdeführerin wird für Lohnsteuer in der Höhe von 2.573,80 Euro in Anspruch genommen. Der Säumniszuschlag wird mit 51,48 Euro festgesetzt.
Der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen wird mit 83.120,99 Euro, der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag mit 7.757,96 Euro festgesetzt.

3. Die angefochtenen Bescheide für das Jahr 2007 werden wie folgt abgeändert:
Die Beschwerdeführerin wird für Lohnsteuer in der Höhe von 3.259,42 Euro in Anspruch genommen. Der Säumniszuschlag wird mit 65,19 Euro festgesetzt.
Der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen wird mit 88.080,82 Euro, der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag mit 8.220,88 Euro festgesetzt.

4. Die angefochtenen Bescheide für das Jahr 2008 werden wie folgt abgeändert:
Die Beschwerdeführerin wird für Lohnsteuer in der Höhe von 3.259,42 Euro in Anspruch genommen. Der Säumniszuschlag wird mit 65,19 Euro festgesetzt.
Der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen wird mit 161.214,26 Euro, der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag mit 14.545,11 Euro festgesetzt.

5. Die angefochtenen Bescheide für das Jahr 2009 werden wie folgt abgeändert:
Die Beschwerdeführerin wird für Lohnsteuer in der Höhe von 3.259,50 Euro in Anspruch genommen. Der Säumniszuschlag wird mit 65,19 Euro festgesetzt.
Der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen wird mit 225.565,47 Euro, der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag mit 19.899,89 Euro festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit den Haftungsbescheiden vom wurde die Beschwerdeführerin für die Jahre 2005 bis 2009 als Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer in Anspruch genommen. Mit den Abgabenbescheiden vom selben Tag wurde der Beschwerdeführerin für die Jahre 2006 bis 2009 der Säumniszuschlag für die nicht zeitgerecht entrichtete Lohnsteuer, und für die Jahre 2005 bis 2009 der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (Dienstgeberbeitrag) und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben. In den jeweiligen Bescheidbegründungen wurde auf den Bericht über das Ergebnis einer Außenprüfung vom verwiesen. In diesem wurde ausgeführt, der Dienstgeber habe seinen Dienstnehmern keinerlei Kontoführungsgebühren verrechnet. Steuerpflichtige Einnahmen würden vorliegen, wenn dem Arbeitnehmer auf Grund des Dienstverhältnisses Rabatte gewährt würden, die über die handelsüblich allen Endverbrauchern zugänglichen Rabatte hinausgingen. Pro Dienstnehmer sei pauschal ein Betrag in der Höhe von 56,76 Euro als Sachbezugswert für die unentgeltliche Kontoführung angesetzt worden. Weiters sei bei zwei Mitarbeitern für die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benutzen, der volle Sachbezug in Ansatz gebracht worden.

Dagegen richtete sich die nun als Beschwerde zu erledigende Berufung vom . Die Beschwerdeführerin, vertreten durch den V, brachte vor, die Berufung richte sich gegen die Nachverrechnung von Lohnsteuer in der Höhe von 7.605,72 Euro, Dienstgeberbeitrag in der Höhe von 855,72 Euro und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag in der Höhe von 78 Euro (Anmerkung: Entspricht den auf die Kontoführungsgebühren entfallenden Abgaben) und gegen die Festsetzung der Säumniszuschläge. Sie gewähre ihren Mitarbeitern die Kontoführung spesenfrei, weil sie einerseits den Anreiz schaffen wolle, dass die Mitarbeiter ihr die Kontoführung anvertrauten, und andererseits, weil damit den Mitarbeitern die Unannehmlichkeiten abgegolten werden würden, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegenüber dem Arbeitgeber offenzulegen. Diese grundsätzliche Aufforderung, alle Finanzangelegenheiten über den Arbeitgeber abzuwickeln, befinde sich in den "Verhaltensregeln für Mitarbeiter", die bei Eintritt von allen neuen Mitarbeitern zu unterfertigen seien. Diese Unannehmlichkeiten bestünden bei einer Kontoführung durch ein anderes Kreditinstitut nicht und reduzierten einen allenfalls bestehenden Vorteil dermaßen, dass im Ergebnis bestenfalls eine nicht zu versteuernde Aufmerksamkeit verbleibe.

Es könne sich kein Mitarbeiter aussuchen, wo er sein Gehaltskonto eröffne. De facto sei es denkunmöglich, dass ein Mitarbeiter sein Konto nicht bei der Beschwerdeführerin eröffne. Die Beschwerdeführerin habe laufend zu überprüfen, ob die Mitarbeiter die Bestimmungen des Bankwesengesetzes und die sonstiger Vorschriften einhielten. Hierfür sei stichprobenartig auch die Kontogebarung der Bediensteten zu überprüfen. Eine Einsichtnahme bei einem Fremdinstitut sei schon allein auf Grund des Bankgeheimnisses unmöglich. Die Beschwerdeführerin habe also ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse daran, dass die Arbeitnehmer die Konten bei ihr hätten. Es liege kein Vorteil aus dem Dienstverhältnis vor, wenn die Mitarbeiter faktisch nicht frei bestimmen könnten, sondern vom Arbeitgeber vorgegeben werde, wo ihr Konto zu führen sei.

Es müsse auch berücksichtigt werden, dass die Mitarbeiter auch bei anderen Kreditinstituten zu gleichen oder sogar zu besseren Konditionen als beim Arbeitgeber ein Konto eröffnen könnten. Es müsse nur die Möglichkeit bestehen, ein Konto zu gleichen Konditionen eröffnen zu können. Auch im allgemeinen Geschäftsverkehr erhalte nicht jeder Kunde die gleichen Konditionen. Die Mitarbeiter seien auch Meinungsbildner, wer sonst soll all seine Produkte bei einem einzigen Kreditinstitut haben. Es könne mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass ein Mitarbeiter der Beschwerdeführerin bei einem Konkurrenzunternehmen viel mehr Vorteile genießen würde, denn damit werde der Konkurrenz ein Einblick in eine Vielzahl von Geschäftsgeheimnissen ermöglicht (und sei es nur das Wissen über Gehaltsstrukturen und Bonifikationen). Auch branchenfremde Unternehmen hätten für ihre Mitarbeiter Gehaltskonten ohne Kontoführungsgebühren ausverhandelt. Bei Annahme eines Sachbezuges für die Mitarbeiter der Beschwerdeführerin seien diese also schlechter gestellt.

Die Beschwerdeführerin verwies auf eine Entscheidung des (deutschen) Bundesfinanzhofes. Diese sehe bei Gratiskonten keine Lohnabgabenpflicht vor, weil damit der Arbeitgeber Einblick in die Vermögensverhältnisse seiner Arbeitnehmer erhalte und im Verhältnis zum eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers der Vorteil des Arbeitnehmers nur geringfügig sei. Die gegenständliche Frage sei auch in anderen Bundesländern strittig, es werde daher um Aussetzung der Beschwerde bis zur Erledigung einer beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerde ersucht. Auch in der Literatur werde die Ansicht vertreten, dass es sich nicht rechtfertigen lasse, den Haustrunk und die unentgeltliche Beförderung steuerfrei zu belassen, während andere Sachbezüge steuerpflichtig seien.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Mit wurde der Unabhängige Finanzsenat aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren geht gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das Bundesfinanzgericht über. § 323 Abs. 38 BAO normiert, dass die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.

Gemäß § 25 Abs. 1 lit. a EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) unter anderen Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis.

Nach § 15 Abs. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 zufließen.

Geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) sind gemäß § 15 Abs. 2 EStG 1988 mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchortes anzusetzen. Mit dem Ansatz eines Sachbezugswertes im Sinne des § 15 EStG 1988 wird der Vorteil erfasst, der darin besteht, dass sich der Dienstnehmer jenen Aufwand erspart, der ihm erwachsen würde, wenn er für die Kosten einer vergleichbaren Leistung aus eigenem aufkommen müsste ().

Betreffend den gegenständlichen Sachbezug, im Wesentlichen in Form eines Gehaltskontos, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom (2010/13/0196) festgehalten, dass für den Fall eines (erheblichen) betrieblichen Interesses an einer Vorteilsgewährung nach der ständigen ertragsteuerrechtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann kein geldwerter Vorteil im Sinne des § 15 EStG 1988 vorliegt, wenn die Inanspruchnahme im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers liegt. Die Beurteilung der strittigen kostenlosen Kontoführung als nicht steuerbar setzt damit die Ausschließlichkeit des Interesses des Arbeitgebers an dieser Kontoführung derart voraus, dass nach der Lage des konkreten Einzelfalles für den Arbeitnehmer ein aus der kostenfreien Führung des Mitarbeiterkontos resultierender Vorteil schlechthin nicht besteht.

Im gegenständlichen Verfahren stand aufgrund der Vorbringen der Beschwerdeführerin, denen die belangte Behörde (auch im Zuge der Vorlage) nicht widersprochen hat, und aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung, wonach Kunden von sehr vielen Banken kostenlose Gehaltskonten angeboten werden, fest, dass den Mitarbeitern der Beschwerdeführerin bei anderen Geldinstituten eine vergleichbare entgeltfreie Kontoführung durchaus möglich gewesen wäre. Es kann schon deshalb nicht mehr gesagt werden, dass die (verpflichtende) entgeltfreie Kontoführung bei der Beschwerdeführerin für die Mitarbeiter einen Vorteil schlechthin bedeutet. Es kann von einem ausschließlichen Interesse der Beschwerdeführerin an der Führung der kostenfreien Mitarbeiterkonten ausgegangen werden. Es lagen diesbezüglich keine steuerbaren Einnahmen (geldwerten Vorteile) im Sinne des § 15 EStG 1988 vor (). Die Beschwerdeführerin hat glaubhaft dargelegt, dass ihre Mitarbeiter verpflichtet seien, ihre Bankgeschäfte bei der Arbeitgeberbank abzuwickeln und zwecks Einhaltung der einschlägigen Vorschriften und Vorgaben ein eigenbetriebliches Interesse bestanden hat, dass die Mitarbeiterkonten möglichst bei ihr geführt werden. Das kann vor allem dadurch erreicht werden, dass die Kontoführung den Mitarbeitern kostenlos angeboten wird ().

Den Bescheiden für das Jahr 2005 lagen ausschließlich die Feststellungen betreffend die Kontoführungsgebühren zu Grunde. Diese Bescheide waren daher aufzuheben. Den angefochtenen Bescheiden für die Jahre 2006 bis 2009 lagen neben den Feststellungen betreffend die Kontoführungsgebühren weitere, mit der als Beschwerde zu erledigenden Berufung nicht angefochtene Feststellungen zugrunde. Diese Bescheide waren daher entsprechend abzuändern.

Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO). Gemäß § 217 Abs. 8 BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen, sondern hat sich auf diese gestützt. So hat der Verwaltungsgerichtshof mit dem mehrmals genannten Erkenntnis vom in einem vergleichbaren Fall festgestellt, dass steuerbare Einnahmen nicht vorliegen.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.2100297.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at