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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.03.2017, RV/1100554/2014

Verrechnung einer rückwirkend zugesprochenen Invaliditätspension mit Arbeitslosengeld unter dem Aspekt des Zuflusses

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1100554/2014-RS1
Hier: Verrechnung einer rückwirkend zugesprochenen Pension mit Arbeitslosengeld
Folgerechtssätze
RV/1100554/2014-RS1
wie RV/0333-F/09-RS1
Eine im Wege einer Legalzession abgetretene Waisenpension fließt dem Pensionsberechtigten im Zeitpunkt der Zahlung durch die PVA an den Neugläubiger Jugendwohlfahrtsträger zu und ist bei ersterem steuerlich zu erfassen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gerhild Fellner

in der Beschwerdesache des Adr,

betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom

hinsichtlich  Einkommensteuer für 2013 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

In seiner Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, von der Pensionsversicherungsanstalt im Jahr 2013 kein Geld erhalten zu haben. Er verwies zum Beweis auf beilgelegte Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt.

Seitens des Finanzamtes erging eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, in der ausgeführt wurde: Hinsichtlich einer von der PVA ermittelten Nachzahlung einer Invaliditätspension für den Zeitraum bis sei ein Betrag in Höhe von 9.077,72 € zur Verrechnung mit der (deutschen) Bundesagentur für Arbeit einbehalten worden. Die Bundesagantur für Arbeit habe schriftlich gegenüber der PVA hinsichtlich des bis ausbezahlten Arbeitslosengeldes gemäß § 103 SGB X (Zehntes Sozialgesetzbuch) einen Erstattungsanspruch in Höhe von 4.482,47 € geltend gemacht.

Es habe sich daher für den gesamten Zeitraum eine Nachzahlung von bloß 1.497,05 € (netto) ergeben. Ab Juni 2014 betrage die Leistung der PVA 1.184,58 € (brutto) monatlich.

Ein von der PVA übermittelter Lohnzettel habe zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens, verbunden mit dem nun angefochtenen neuen Sachbescheid, geführt. Dieser PVA-Lohnzettel habe die auf das Jahr 2013 entfallenden Bruttobezüge mit 4.888,36 € ausgewiesen.

Als Streitfrage sei zu beurteilen gewesen, ob die seitens der PVA angeführten Einkünfte mangels unmittelbaren Zuflusses an den Beschwerdeführer der Besteuerung zu unterziehen gewesen seien.

Für die Beurteilung abgabenrechtlicher Folgen sei die wirtschaftliche Betrachtungsweise iSd § 21 BAO maßgeblich. Unter diesem Gesichtspunkt sei es nun für die steuerliche Einordnung unerheblich, ob das aufgrund eines bereits entstandenen Anspruches auf Invaliditätspension zu Unrecht ausbezahlte Arbeitslosengeld unmittelbar vom Beschwerdeführer zurückgefordert werde und der gesamte Anspruch auf Pension an ihn ausbezahlt werde, bzw., ob die Rückzahlung mittelbar im Wege einer Verrechnung zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der PVA erfolge und an ihn nur noch der gekürzte Differenzbetrag zur Auszahlung gelange.

In beiden Fällen handle es sich unter Berücksichtigung der Anspruchsgrundlage um Pensionsleistungen der PVA, die rechtsrichtig mit Lohnzettel dem Finanzamt bekanntgemacht worden seien.

In der Folge brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein.

Erwägungen

Das Bundesfinanzgericht legt seinem Erkenntnis folgende Feststellungen zugrunde:

  • Der Beschwerdeführer hatte im Streitjahr in Österreich weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt.

  • Er beantragte, gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 in Österreich als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt zu werden.

  • Von bis war er bei A und Z X in K (Ö) beschäftigt, von bis  im Y W (Ö).

  • Er bezog im Streitjahr Arbeitslosengeld von der Bundesagentur für Arbeit G (D).

  • Mit Bescheid vom  wurde dem Beschwerdeführer durch die PVA (Ö) rückwirkend für die Zeit von bis eine Invaliditätspension zuerkannt.

  • Die Bundesagentur für Arbeit G macht für den Zeitraum bis einen Erstattungsanspruch geltend.

  • Die PVA behielt für die Verrechnung mit der Bundesagentur für Arbeit einen Betrag von insgesamt 9.077,72 € ( bis ) ein.

  • Auf das Streitjahr entfielen 4.888,36 €.

Die Feststellungen beruhen auf einer Zentralmelderegisterauskunft, einer seitens des Finanzamtes Feldkirch eingereichten Vorhaltsbeantwortung, einem Schreiben der Bundesagentur für Arbeit G, einem Bescheid, einer Abrechnung und weiteren Schreiben der PVA sowie einem Lohnzettel der PVA.

Strittig ist: Unterliegen die von der PVA für das Streitjahr zugesprochenen und direkt mit der deutschen Bundesagentur für Arbeit verrechneten Pensionsbezüge der Besteuerung?

Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich gemäß § 1 Abs. 2 iVm Abs. 4 EStG 1988 auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Zu den gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988 der Einkommensteuer unterliegenden Einkünften zählen Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis sowie Pensionszusagen, die ganz oder teilweise anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohnes gewährt werden (§ 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988).

§ 19 EStG 1988 normiert, dass Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. In dem Kalenderjahr, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden, gelten als zugeflossen Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird (§ 19 Abs. 1 Z 2, 1. Teilstrich, EStG 1988).

Nach § 1392 ABGB liegt eine Abtretung (Zession) dann vor, wenn eine Forderung von einer Person auf eine andere übertragen und von dieser angenommen wird. Die Zession stellt einen Gläubigerwechsel dar (Koziol/Welser,  Bürgerliches Recht 13 , II 116).

In bestimmten Fällen überträgt das Gesetz selbst eine Forderung an einen Dritten, ohne dass es eines rechtsgeschäftlichen Aktes bedarf. Es handelt sich dabei um gesetzliche- oder Legalzessionen (zB § 1358 ABGB, § 332 ASVG, § 67 VerVG).

Auch der § 103 Abs. 1 des deutschen SGB X umschreibt eine Legalzession:

"Hat ein Leistungsträger (Anm.: Das ist im Streitfall die Bundesagentur für Arbeit mit dem Arbeitslosengeld) Sozialleistungen erbracht und ist der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen, ist der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger (Anm.: Das ist die PVA mit der Invaliditätspenion) erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat".

Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei der zitierten Regelung von der Zielvorstellung leiten lassen, dass eine "doppelte Leistungserbringung" zu vermeiden sei. Der Leistungsempfänger soll nicht im Ergebnis dadurch besser gestellt werden, dass ihm Rentenleistungen erst im Nachhinein rückwirkend zugeprochen werden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, , L 16 R 134/13).  

Außer Streit steht gegenständlich, dass die Leistungsverrechnung zwischen dem österreichischem und dem deutschen Leistungsträger stattgefunden hat.

Schuldnerin war hiebei die Pensionsversicherungsanstalt (PVA), Zedent ("Altgläubiger") der Beschwerdeführer, Zessionar ("Neugläubiger") die Bundesagentur für Arbeit.

Zahlungen, die der Schuldner des Zedenten unmittelbar an den Zessionar leistet, fließen dem Zedenten im Zeitpunkt der Zahlung zu (Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18 , § 19 Tz 30, Einzelfälle, mit Verweisen auf die höchstgerichtliche Judikatur).

Die im Wege der Legalzession gemäß § 103 Abs. 1 SGB X von der Schuldnerin (PVA) an die Bundesagentur für Arbeit geleisteten Pensionszahlungen sind daher dem Beschwerdeführer iSd § 19 Abs. 1 Z 2, 1. Teilstrich, EStG 1988 im Streitjahr zugeflossen.

Hätte die PVA die Pension - in Ermangelung der gesetzlichen Anordnung gemäß § 103 Abs. 1 SGB X - direkt an den Beschwerdeführer ausbezahlt, so wäre diese von ihm in entsprechender Höhe an die Bundesagentur für Arbeit weiterzuleiten gewesen. Das wirtschaftliche Ergebnis - mit steuerlicher Erfassung - für den Beschwerdeführer ist in beiden Fällen dasselbe.

Auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung wird hingewiesen (vgl. auch UFS, , RV/0333-F/09).

Es war insgesamt wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit/Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Streitfall aufgeworfene Rechtsfrage ist mit Hilfe der anzuwendenden gesetzlichen Normen so eindeutig lösbar, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung ernstlich in Betracht zu ziehen ist und daran keine Zweifel bestehen können.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.1100554.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at