Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.11.2016, RV/5100400/2011

Schwarzlohnzahlungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Haim in der Beschwerdesache VN2 NN, Adr., vertreten durch RA , über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des FA ABC vom , betreffend Einkommensteuer 2000, 2003 und 2004 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Für die Jahre 2000, 2003 und 2004  wurden vom Beschwerdeführer (Bf.) jeweils Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung eingereicht. Neben den Einkünften aus unselbständiger Tätigkeit lt. übermittelter Lohnzettel wurden keine weiteren Einkünfte erklärt. Es erfolgten erklärungsgemäße Veranlagungen. Die Bescheide wurden rechtskräftig.

Mit Bescheiden vom wurden die gegenständlichen Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2000, 2003 und 2004  wiederaufgenommen und wurden mit gleichem Datum neue Einkommensteuerbescheide für die betroffenen Jahre erlassen. Den neuen Bescheiden wurden amtswegig berichtigte Lohnzettel des Arbeitgebers SM P GmbH zugrunde gelegt.

Die Zustellung dieser Bescheide erfolgte am .

Hinsichtlich der Höhe der Beträge, die den ursprünglichen Lohnzetteln zugerechnet wurden, führt der Prüfer des Arbeitgebers, Herr PA vom FA ABC, im Schreiben vom aus (auszugsweise Wiedergabe):

"2000, 2001, 2002, 2005 und 1-6/06:

Es wurden die Daten von dem Softwareprogramm "BP 3000" und "BP 3002" verwendet.

2003 und 2004:

Aus der Direktbearbeitung (m9-Abfrage) wurden sämtliche Dienstnehmer (nur Arbeiter) herausgefiltert und in ACL eingelesen. Es wurde sodann eine Verhältnisrechnung bezugnehmend auf Arbeitstage (angefallene Gesamtarbeitstage zu den einzelnen Arbeitstagen des jeweiligen Mitarbeiters) angestellt. Dies ergibt dann einen %-Anteil für jeden Arbeiter, welcher als Basis für Aufteilung der Bmgdl. der Lohnsteuer diente."

Mit Berufung vom wurde gegen die Einkommensteuerbescheide 2000, 2003 und 2004 Berufung erhoben und ausgeführt:

Den Bescheiden sei zu entnehmen, dass die Gesamtbeträge der Einkünfte auf Schätzung der Grundlagen bei der SM P GmbH erfolgt seien. Dies treffe aber objektiv nicht zu. Den Bescheiden seien jene Gesamtbeträge der Einkünfte zugrundezulegen, welche sich auf Basis der ursprünglich ausgestellten Lohnunterlagen bzw. Lohnzettel ergeben. Die Schätzungsgrundlagen seien nicht angeführt und überhaupt nicht nachvollziehbar. Der Berufungswerber habe exakt jenes Einkommen bezogen bzw. jenen Lohn erhalten, welcher in den entsprechenden ursprünglichen Jahreslohnzetteln der jeweiligen Kalenderjahre enthalten sei. Eine detaillierte Auseinandersetzung und Argumentation sei nicht möglich, zumal nicht erkennbar sei, worauf die Behörde die Beträge stütze, wie sie sich zusammensetzen, wann sie ausbezahlt worden sein sollen usw. Gemäß § 93 Abs 3 Z a BAO habe ein Bescheid, wenn er von Amtswegen erlassen werde, eine Begründung zu enthalten. Die Begründung müsse für den Abgabepflichtigen nachvollziehbar und kontrollierbar sein. Zentrales Element sei die Darstellung des Sachverhalts und die Erwägungen, die zum festgestellten Sachverhalt führen. Ein Begründungsmangel führe zur Bescheidaufhebung. Weiters wird eingewendet, die Abgabennachforderung für 2000 sei verjährt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom  wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt:

Im Zuge einer Steuerprüfung beim Arbeitgeber sei festgestellt worden, dass neben den in den Lohnzetteln enthaltenen Beträgen weitere Beträge zugeflossen seien, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen worden seien. Demgemäß seien berichtigte Lohnzettel zu den einzelnen Arbeitnehmern erstellt worden. Es sei eine Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens erfolgt. Der Arbeitgeber sei zu den Schwarzlohnzahlungen geständig (ebenso andere Dienstnehmer des Arbeitgebers) und wurden hinsichtlich der Höhe der Zahlungen Daten in den Programmen BP 3000 und BP 3002 vorgefunden. Das seitens des Landesgerichts angeforderte Gutachten des Sachverständigen Dr. M K bestätigt das Vorliegen von Schwarzgeldauszahlungen als Teil der Lohnzahlung beim Arbeitgeber. Die Behauptung des Bw., kein Geld bekommen zu haben, sei in Anbetracht der Beweislage nicht glaubwürdig. Vielmehr sei es als erwiesen anzunehmen, dass die aus den beim Arbeitgeber vorgefundenen EDV-Programmen schlüssig und nachvollziehbar ermittelten Schwarzlöhne neben dem offiziellen Lohn zugeflossen sind. Ebenso gelte der Zufluss von Schwarzlöhnen in den Jahren 2003 und 2004 als erwiesen, da es keine Anzeichen für eine abweichende Vorgangsweise gebe. Im Übrigen werde auf die zu einem gleichgelagerten Fall ergangene abweisende Berufungsentscheidung des , hingewiesen.

Im Vorlageantrag vom , eingelangt am , wurde die Vorlage der Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat beantragt.

Die Berufung wurde dem UFS mit Vorlagebericht vom vorgelegt.

Mit dem Vorlagebericht wurde dem UFS auch ein aus 2 Ordnern bestehendes Sachverständigengutachten von Dr. M K vorgelegt. Dieser bestätigt das System der Schwarzlohnzahlungen in der Firma SM.

Ebenso wurde das rechtskräftige Urteil gegen SM VN übermittelt. Aus diesem ergibt sich, dass Herr SM zu dem System der Schwarzlohnzahlungen in seinem Unternehmen geständig war. Ebenso wurden Zeugenaussagen anderer Dienstnehmer dieses Unternehmens vorgelegt, die zu den Schwarzlohnzahlungen geständig waren.

Mit Schreiben vom an das Finanzamt ABC wurden die ursprünglichen Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2000, 2003 und 2004 zurückgenommen.

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängigen Berufungen als Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht zu erledigen.

Mit Schreiben vom wurde seitens der Richterin ein Vorhalt ausgefertigt und wurden dem Bf. folgende Beweismittel zur Kenntnisnahme und Stellungnahme übermittelt:

- Urteil SM, anonymisiert

Aus diesem Urteil ist ersichtlich, dass der Beschuldigte zu den Schwarzlohnzahlungen geständig war.

- Aussagen von anderen Arbeitnehmern, die dieses System bestätigen

- Auszüg Sachverständigengutachten Dr. M K Seite 13 und Seiten 29-54.

- Darstellung der Schätzungsgrundlagen für 2003 und 2004; Ausdruck der den BP-Programmen für 2000 entnommenen Beträgen

- Schreiben der Fachvorständin vom

Mit Schreiben vom wurde seitens des Bf. wie folgt Stellung genommen:

Zunächst wird der Beschluss des BFG vorn zur Kenntnisnahme beigelegt. Es handelt sich dabei ebenfalls um einen Mitarbeiter der Firma SM mit vergleichbarem Sachverhalt. Im Hinblick auf eine einheitliche Vorgangsweise in den vielzähligen gleichgelagerten Fallen wird dieser Beschluss vorgelegt und insbesondere auch auf den ergänzenden Hinweis (Seite 3 ganz unten) verwiesen. Im Übrigen wird ergänzend vorgebracht wie folgt: Der Berufungswerber vertritt nach wie vor die Auffassung, dass die „2. Wiederaufnahme" unzulässig ist. Der zu Grunde liegende Sachverhalt ist zum ersten Wiederaufnahmebescheid identisch. Zu den übermittelten Beweismitteln: Vorweg ist festzuhalten, dass die Arbeiter - soweit dem Berufungswerber bekannt - einen „Leistungslohn“ erhalten haben. Um diesen „Leistungslohn" der Höhe nach festzulegen, wurde mit den einzelnen Partien eine Preisvereinbarung festgelegt. Grundsätzlich hat der Berufungswerber - wie auch zahlreiche weitere Mitarbeiter der Firma SM - einen vorweg bestimmten Nettolohn erhalten. Für diesen Nettolohn waren - je nach Art der Arbeit - bestimmte m²-Leistungen bzw. bestimmte sonstige Leistungen zu erbringen und abzurechnen. An Hand dieser Leistungen konnte dann unter Berücksichtigung der vereinbarten Preise festgestellt werden, ob der Berufungswerber durch seine tatsächlich erbrachten Leistungen den vereinbarten Nettolohn erreicht bzw. über- oder unterschritten hat. Im Sinne einer Art Akkordlohn bestand auch eine höhere Bemessung für größere m²-Leistungen. Der Berufungswerber bestreitet nicht, dass bekanntlich verschiedene Personen, teilweise auch Partien, Barauszahlungen von der Firma SM erhalten haben und zwar betreffend jenes Betrages, welcher durch die geleisteten m2 bzw. sonstigen geleisteten Arbeiten den vereinbarten Nettolohn überschritten hat. Einzelne Mitarbeiter bzw. auch ganze Partien haben allerdings keine solchen Barauszahlungen erhalten. Dies betrifft auch den Berufungswerber. Im Falle, dass die Abrechnung der Firma SM Mehrleistungen ergeben hat wurden diese in Form eines Zeitausgleiches abgegolten. Barauszahlungen wurden an den Berufungswerber nicht getätigt. Diese Verrechnung einzelner Monate wurde insbesondere gegen Jahresende und Beginn der neuen Saison ausgeglichen und zwar in Form einer Jahreszeitverrechnung.

Der Berufungswerber hat solche Mehrleistungen nie in bar ausbezahlt erhalten, sondern immer in Form von Zeitausgleich. Die Mehrleistungen wurden wiederum in den vereinbarten Stundenlohn umgerechnet und hat sich dann ein Stundenguthaben ergeben. Seitens Herrn SM muss bestätigt werden, dass verschiedene Partien bzw. verschiedene Arbeiter einzelnen Partien keine Barzahlungen erhalten haben sondern einen solchen Stundenausgleich bzw. Zeitausgleich. Festzuhalten ist, dass kein einziges Beweisergebnis vorliegt, wonach an den Berufungswerber eine Barauszahlung vorgenommen wurde. Ein solches Beweisergebnis kann auch nicht vorliegen, weil der Berufungswerber keine Barauszahlung erhalten hat.

Zum Urteil des Landesgerichtes RK: Es ist ausdrücklich anzuführen, dass das Gericht hier in keiner Weise feststellt, dass der Berufungswerber Schwarzgeldauszahlungen erhalten hat. Unstrittig ist, dass die Fa. SM an Dienstnehmer teilweise Schwarzgeldauszahlungen vorgenommen hat. So führt das Gericht auch auf Seite 5 des Urteils ausdrücklich an „teilweise“!!! Aus dem Urteil betreffend Herrn VN SM ist daher in Hinsicht auf eine angebliche Schwarzlohnauszahlung an den Berufungswerber nichts zu entnehmen.

Zu den Aussagen von anderen Arbeitnehmern: Hier wird auf obiges Vorbringen verwiesen. Die hier vernommenen Mitarbeiter haben ganz offenkundig erbrachte Mehrleistungen in Schwarzgeld ausbezahlt erhalten und nicht im Rahmen eines Zeitausgleiches. Dies ist ohnedies unstrittig, trifft jedoch auf den Berufungswerber nicht zu. Auszug Sachverständigen Gutachten Dr. M Kopetzki (Seite 13 und Seiten 29-54): Zum Gutachten ist festzuhalten, dass hier keine Bezugnahme auf den Berufungswerber vorliegt. Der SV hat hier lediglich die allgemeinen Grundlagen für die Ermittlung der Schwarzerlöse des Herrn SM festgelegt. Es handelt sich um allgemeine Berechnungen und Schätzungen des SV zur Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für das Finanzstrafverfahren. Wie bereits ausgeführt, ist es unstrittig, dass einzelne Mitarbeiter bzw. einzelne Partien (wie viele exakt entzieht sich der Kenntnis des Berufungswerbers) Schwarzgeldauszahlungen erhalten haben. Der Berufungswerber hat keine solchen Schwarzgeldauszahlungen  sondern Zeitausgleich erhalten, soferne die tatsächlich geleisteten Quadratmeter und sonstigen Leistungen den Nettolohn (bei entsprechender Umrechnung) überstiegen haben. Im SV- Gutachten ist auch nicht ansatzweise ein Beweisergebnis im Bezug auf den Berufungswerber vorhanden, nämlich in dem Sinne, dass dieser eine Schwarzgeldauszahlung erhalten hat.

Darstellung der Schätzungsgrundlagen für 2003 und 2004 Ausdruck aus den Bauprofiprogrammen für 2000 entnommenen Beträgen: Hier ist zunächst einmal anzumerken, dass betreffend des Berufungswerbers Auf- Zeichnungen aus dem System BP nur im Zeitraum 00/2000 bis 11/2000 vorliegen. Betreffend der Jahre 2003 und 2004 liegen diesbezüglich keine Daten vor und ist hier nur eine ganz allgemeine Schätzung erfolgt. Nach Ansicht des Berufungswerbers können Einkommenssteuernachforderungen wegen Schwarzlohnauszahlungen wohl nicht auf völlig unbelegten allgemeinen Schätzungen basieren, welche offenkundig auf allgemeinen Unternehmensgrundlagen beruhen. Wie gesagt liegt eine konkrete Aufzeichnung betreffend des Berufungswerbers nur für 6 Monate vor. Es kann wohl nicht allen ernstes unterstellt werden, dass auf Basis einer allgemeinen durchschnittlichen Schätzung für das gesamte Unternehmen für 80 oder 100 Mitarbeiter für 2003 und 2004 dann dem Berufungswerber unterstellt wird, dass er in diesen völlig unbelegten Zeiträumen irgendwelche Schwarzgeldlohnauszahlungen in einer bestimmten Höhe erhalten hat. Diese allgemeinen Schätzungen für die Jahre 2003 und 2004 sind daher von vorne herein keine geeignete Grundlage für eine Steuernachforderung gegenüber dem Berufungswerber. Es mag auch durchaus sein, dass dem System Bauprofi Aufzeichnungen betreffend des Berufungswerbers für den genannten Zeitraum Juni 2000 bis November 2000 entnommen werden konnten. Auf weicher Basis und wer solche Eingaben in das System BP vorgenommen hat, entzieht sich der tatsächlichen Kenntnis des Berufungswerbers. Wahrscheinlich wurde - wie vorab angeführt - die monatlich aufgezeichnete Quadratmeterleistung in Entgelt umgerechnet und in Vergleich zum tatsächlich vereinbarten Nettolohn gesetzt. Ganz offenkundig hat der Berufungswerber in den genannten 6 Monaten mehr Quadratmeter geleistet und gearbeitet, als dem tatsächlichen Nettolohn entsprochen hat. Dies bedeutet zusammengefasst, dass offenkundig der Berufungswerber in diesen 6 Monaten um EUR 4.004,05 mehr Arbeitsleistung erbracht hat, als seinem Nettolohn entsprochen hat.

Wie bereits ausgeführt wurde allerdings dem Berufungswerber keineswegs ein solcher Betrag ausbezahlt. Vielmehr wurde beim Berufungswerber dann dieser Betrag
in Stunden umgerechnet und in Form von Zeitausgleich abgegolten. Eine diesbezügliche Auszahlung hat der Berufungswerber nicht erhalten und gibt es dafür auch keine einzigen Hinweis oder Beleg. Natürlich kann sich der Berufungswerber nicht konkret an das Jahr 2000 erinnern, jedoch hat der Berufungswerber durchaus häufig
etwas mehr gearbeitet und regelmäßig Zeitausgleich erhalten und zwar wie im obangeführten System und entsprechender Umrechnung."

Mit Schreiben vom wurde nochmals ein Vorhalt ausgefertigt und ausgeführt:

"In der Beilage wird die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/5101049/2012, übermittelt. Die Richterin beabsichtigt, sich den dort getroffenen Überlegungen anzuschließen. Daher wird um Stellungnahme zu den dortigen Feststellungen, insbesondere zu den Aussagen des Arbeitgebers und zu den Feststellungen zum Freizeitausgleich, ersucht. Um Beantwortung dieses Schreibens innerhalb von vier Wochen ab Zustellung wird ersucht."

Dieses Schreiben wurde mit Schriftsatz vom wie folgt beantwortet.

Inhaltlich wird nochmals auf die ausführliche Stellungnahme vom verwiesen. Der gegenständliche Fall unterscheidet sich vom angeführten Erkenntnis ganz maßgeblich. Im gegenständlichen Fall liegen nämlich den Beschwerdeführer betreffend nur Aufzeichnungen im Zeitraum 06/2000 bis 11/2000 vor. Es handelt sich hier um 6 Monate. Betreffend der Zeiträume 2003 und 2004 liegen überhaupt keine Aufzeichnungen vor. Der Zeitraum 2003 und 2004 wurde lediglich im Rahmen der Schätzungsbefugnis des Finanzamtes gegenüber der Firma SM zugrunde gelegt. Diese Schätzungsbefugnis steht dem Finanzamt gegenüber der Firma SM zu. Diese Schätzungsbefugnis kann jedoch nicht dazu führen, dass dem Beschwerdeführer in diesem Zeitraum auch nur irgendeine Schwarzgeldauszahlung unterstellt werden kann. Beim angeführten Präzedenzfall lagen für den gesamten Zeitraum dem Mitarbeiter zurechenbare Aufzeichnungen vor. Wie ausgeführt trifft dies hier nicht zu (jedenfalls nur für den Zeitraum eines halben Jahres). Demgemäß ist zusammenfassend auszuführen, dass zumindest betreffend der Jahre 2003 bis 2004 kein einziges Beweisergebnis dahingehend vorliegt, dass dem Beschwerdeführer eine Zahlung zugeflossen sein soll.

Die Richterin geht in freier Beweiswürdigung von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Der Bf. hat für die Jahre 2000, 2003 und 2004  Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung (Lohnsteuerausgleich) gestellt. Der diesbezügliche Bescheid wurde rechtskräftig.

Im Zuge einer Steuerprüfung beim Arbeitgeber wurde festgestellt, dass neben den in den Lohnzetteln enthaltenen Beträgen weitere Beträge zugeflossen sind, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen wurden. Demgemäß wurden berichtigte Lohnzettel zu den einzelnen Arbeitnehmern erstellt. Beim Bf. erfolgte eine Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens.

Der Arbeitgeber ist zu den Schwarzlohnzahlungen geständig (ebenso weitere Dienstnehmer des Arbeitgebers) und wurden hinsichtlich der Höhe der Zahlungen Daten in den Programmen BP 1 und BP 2 vorgefunden. Das seitens des Landesgerichts angeforderte Gutachten des Sachverständigen Dr. M K bestätigt das Vorliegen von Schwarzgeldauszahlungen als Teil der Lohnzahlung bei der Firma.

Strittig bleibt somit die Frage, ob dem Bf. Schwarzlöhne zugeflossen sind. Der Bf. bestreitet dies.

Beweis wurde diesbezüglich aufgenommen durch Einsichtnahme in den ANV-Akt, den Veranlagungsakt der GmbH, das Gerichtsgutachten sowie zahlreiche Protokolle betreffend einvernommener ehemaliger Arbeitnehmer der GmbH betreffend den Erhalt von Schwarzgeldzahlungen.

Im Zuge der Prüfung bei der GmbH wurden selbst erstellte Berechnungsprogramme sichergestellt. Aufgrund der dort vorhandenen Daten wurden die tatsächlich ausbezahlen Löhne ermittelt. Der Arbeitgeber war bei der Schlussbesprechung dabei und hat dem Zahlenmaterial nicht widersprochen. Grundsätzlich geht die Richterin demnach von der Richtigkeit des Zahlenmaterials aus.

Der Bf. bringt dagegen vor, manche Partien hätten Barauszahlungen erhalten, andere – so auch der Bf. – hätten sich die Mehrleistungen in Form von Zeitausgleich am Jahresende abgelten lassen. Dies wird auch vom Arbeitgeber bestätigt. (siehe ebenfalls RV/5101049/2012).

Es gebe kein einziges Beweisergebnis dahingehend, dass es je zu einer Barauszahlung an den Beschwerdeführer gekommen sei.

Richtig ist, dass es keine Aufzeichnungen mit Beträgen über Barauszahlungen gibt. Dies wäre nach Ansicht der Richterin aber auch sehr unwahrscheinlich – über Schwarzlohnzahlungen werden nach den Erfahrungen des täglichen Lebens eben keine Belege angefertigt, um deren Beweisbarkeit zu erschweren.

Der Beschwerdeführer hat selbst zugestanden, dass teilweise ganze Partien bzw. teilweise Mitarbeiter schwarz entlohnt wurden. Wenn sein Argument der fehlenden Belege zutreffend wäre, müssten für diese Mitarbeiter Belege vorliegen – es liegen aber für keinen Arbeitnehmer „Auszahlungsbestätigungen“ oder ähnliches vor.

Besonderes Gewicht hat im Zusammenhang mit der im Rahmen der Beweiswürdigung zu klärenden Frage, ob Schwarzauszahlungen an Arbeitslohn vorgenommen wurden, das Gutachten des Sachverständigen. Dieser hält die Vorgehensweise des Finanzamtes bei der Berechnung der Schwarzlöhne für schlüssig und nachvollziehbar (Pkt 4.2.2.3.1. des Gutachtens), und geht weiters von einer systematischen Auszahlung von Arbeitslöhnen aus. Die gegen das Gutachten vorgebrachten Einwände des Bf. vermochten die grundsätzlichen Aussagen des Gutachtens nicht zu widerlegen. Dass einzelne sichergestellte Belege keine Währungsangaben enthalten und rechnerisch nicht vollständig nachvollziehbar sind, kann nicht zu Lasten der Abgabenbehörde bzw. der Grundaussagen des Gutachtens gehen.

Hinsichtlich der Konsumation von Zeitguthaben scheint es der Richterin zudem unglaubwürdig, dass der Bf, der in den streitgegenständlichen Jahren ohnehin lediglich in der Zeit von ca. Mitte März bis Oktober/November vom Arbeitgeber angemeldet wurde, übermäßigen Zeitausgleich während der Saison konsumieren konnte.

Unbestritten wurden die Übermeter nämlich mit einem Aufwertungsfaktor bewertet worden. Die beim Bf. festgestellten Beträge hätten zu enormen Zeitguthaben und somit zu wochen- oder gar monatelanger Abwesenheit geführt. Dies wäre bei ganzjähriger Beschäftigung ev. noch glaubwürdig, nachdem die Anmeldung aber nur in der Saison erfolgt sei, geht die Richterin davon aus, dass auch der Bf. Schwarzlöhne erhalten hat. Zumal während der Saison ja auch noch ein Urlaubsanspruch bestand.

Die allgemeine Schätzung für die Jahre 2003 und 2004 sei eine völlig unbelegte allgemeine Schätzung lt. Beschwerdeführer.

Richtig ist, dass für die Jahre 2003 und 2004 keine Unterlagen in den Programmen vorgefunden wurden und demnach für diese Jahre Schätzungen durchgeführt wurden.

Gemäß § 184 BAO hat die Abgabenbehörde zu schätzen, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann.

Es ist nicht glaubwürdig, dass der Arbeitgeber in den Jahren bis 2002 Schwarzlohnzahlungen tätigt, dann zwei Jahre pausiert, und dann mit seinem System wieder fortsetzt.

Für die Jahre 2003 und 2004 erfolgten Schätzungen, da für diese Jahre keine EDV-Daten vorhanden waren schlüssig und nachvollziehbar aufgrund des Zahlenmaterials der Jahre 2001 und 2002 sowie 2005. Da jedoch nicht ersichtlich ist, dass der Arbeitgeber in diesen Jahren sein System der Auszahlung geändert hätte, werden auch für diese Jahre Schwarzlohnzahlungen festgestellt. Dies erscheint der Richterin wiederum in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Sachverständigen in freier Beweiswürdigung schlüssig und nachvollziehbar.

Im Zuge der gegenständlich erfolgten Veranlagung zur Einkommensteuer waren daher im wiederaufgenommenen Verfahren die Einkünfte des Beschwerdeführers aus nichtselbständiger Arbeit unter Einbeziehung der bisher nicht dem Lohnsteuerabzug unterzogenen Beträge aus Schwarzlöhnen anzusetzen.

Für die Veranlagungsbehörde besteht keine Bindung an die (unrichtige) Vornahme des Lohnsteuerabzuges vom Arbeitslohn durch den Arbeitgeber. Ebenso wenig ist der Umstand von Bedeutung, ob der Arbeitgeber zur Haftung für die Lohnsteuer herangezogen wurde. Somit kann ein fehlerhafter Lohnsteuerabzug im Rahmen der Veranlagung wieder korrigiert werden (Hofstätter/Reichl, Die Einkommensteuer, Kommentar §§ 82, 83 Tz 8, EStG 1988 unter Hinweis auf und vom , 92/14/0040). Ist das Veranlagungsverfahren im Zeitpunkt der Beendigung des Lohnsteuerverfahrens bereits abgeschlossen, dann ist die Berücksichtigung der Ergebnisse des Lohnsteuerverfahrens unter den übrigen Voraussetzungen der §§ 303 und 304 BAO im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens möglich (Hofstätter/Reichl, Die Einkommensteuer, Kommentar §§ 82, 83 Tz 8, EStG 1988 unter Hinweis auf ).

Im gegenständlichen Verfahren wurde die Einkommensteuerverfahren nach § 303 BAO wiederaufgenommen. Gegen die diesbezüglichen Bescheide wurde nicht Berufung erhoben.

Nach § 83 Abs. 1 EStG ist der Arbeitnehmer beim Lohnsteuerabzug Steuerschuldner.

Nach Abs. 2 wird der Arbeitnehmer unmittelbar in Anspruch genommen, wenn

1. Die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 vorliegen

2. außerkraftgetreten BGBL. I 2007/99

3. die Voraussetzungen für eine Nachversteuerung gemäß § 18 Abs. 4 vorliegen,

4. eine Veranlagung auf Antrag (§ 41 Abs. 2) durchgeführt wird

5. eine ausländische Einrichtung im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn (§ 47) nicht erhoben hat.

Im gegenständlichen Fall wurden für die beschwerdegegenständlichen Jahre Antragsveranlagungen durchgeführt. Diese Bescheide wurden rechtskräftig.

Im Falle der Einkommensteuerveranlagung eines Arbeitnehmers wird ein fehlerhafter Lohnsteuerabzug nicht über den Umweg der Haftungsinanspruchnahme des Arbeitgebers geltend gemacht, sondern im Veranlagungsverfahren des Arbeitnehmers korrigiert (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, 21. Lieferung, §§ 82, 83 Tz 2 unter Hinweis auf B 2/96). Insoweit kommt es daher im Rahmen des Veranlagungsverfahrens zu einer Nachholwirkung. Ob der Arbeitgeber zur Haftung für die Lohnsteuer herangezogen wurde, ist dabei grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl. ).

Diese Rechtsauffassung findet eine Stütze auch im § 46 Abs. 1 EStG 1988, wonach eine im Haftungsweg (§ 82 EStG 1988) beim Arbeitgeber nachgeforderte Lohnsteuer nur insoweit anzurechnen ist, als sie dem Arbeitgeber vom Arbeitnehmer ersetzt wurde. Daraus folgt, dass bei der Veranlagung Lohnbezüge auch dann zu erfassen sind, wenn von ihnen zu Unrecht keine Lohnsteuer einbehalten und abgeführt und der Arbeitgeber zur Haftung herangezogen wurde. Wäre eine Erfassung von Löhnen, hinsichtlich derer der Arbeitgeber zur Haftung gemäß § 82 EStG 1988 herangezogen werden kann, nur im Wege dieser Haftung, nicht jedoch (auch) im Rahmen der Veranlagung des betreffenden Lohnsteuerpflichtigen möglich, so wäre diese Lohnsteueranrechnungsvorschrift widersinnig (vgl. ).

Nach Ansicht der Richterin ist die gewählte Vorgangsweise zulässig und wurde diese auch bereits vom UFS in anderen Verfahren als zulässig erachtet. (vgl. zB UFS Feldkirch, RV/0121-F/04)

Im Zuge der gegenständlich erfolgten Veranlagung zur Einkommensteuer waren daher im wiederaufgenommenen Verfahren die Einkünfte des Beschwerdeführers aus nichtselbständiger Arbeit in der vom Prüfer im Zuge der Betriebsprüfung beim Arbeitgeber festgestellten Höhe und somit unter Einbeziehung der bisher nicht dem Lohnsteuerabzug unterzogenen Beträge aus Schwarzlöhnen anzusetzen. Die Grundlagen des Bescheides wurden dem Bf. in der Berufungsvorentscheidung vom dargelegt.

Zurückziehung Anträge Arbeitnehmerveranlagung

Mit Schreiben vom , eingelangt am Finanzamt ABC am , wurden die Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2000, 2003 und 2004 zurückgenommen.

Es trifft zwar zu, dass ein Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung im Berufungswege bzw. im Rahmen der Beschwerde an das BFG zurückgezogen werden kann, und zwar auch dann, wenn die Antragsveranlagung zu einer Nachzahlung führt (Doralt, EStG Band I, § 41 Tz 11). Dies ist jedoch nur möglich, wenn nicht eine Pflichtveranlagung vorliegt (vgl. Doralt, EStG, Band II, § 83 Tz 5). Ist gemäß § 41 Abs. 1 EStG eine Pflichtveranlagung durchzuführen, dann liegt eben eine solche und keine Antragsveranlagung vor. Der zweite Fall einer Veranlagung lohnsteuerpflichtiger Einkünfte, jener auf Antrag des Steuerpflichtigen nach Abs. 2 des § 41 EStG, kommt nämlich nur dann zum Tragen, wenn nicht die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung nach Abs. 1 leg.cit. gegeben sind. Liegt aber eine Antragsveranlagung nicht vor, so ist auch die Zurückziehung eines Antrages auf eine solche ausgeschlossen.

Da im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 EStG gegeben sind, nämlich jene gemäß Z 2 (in den Jahren 2000, 2003 und 2004, jeweils auch ein Lohnzettel der BUAK), handelt es sich bei der angefochtenen Arbeitnehmerveranlagung um eine Pflichtveranlagung, deren Beseitigung im Beschwerdeweg durch Zurückziehung eines Antrages auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung nicht möglich ist.

Verjährung

In der Berufung wurde eingewendet, die Einkommensteuernachforderung 2000 sei verjährt.

Die Verjährungsfrist für hinterzogene Einkommensteuerbeträge der Jahre 2000 beträgt gem. § 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO in der zum Berufungszeitpunkt geltenden Fassung sieben Jahre.

Grundsätzlich gilt dabei (vgl. Ritz, BAO4, § 207 Tz 15 f mit weiteren Nachweisen):

Ob eine Abgabe gem. § 33 FinStrG hinterzogen ist, ist eine Vorfrage (vgl. etwa ). Für die Annahme der sieben Jahre betragenden Verjährungsfrist ist deshalb weder ein rechtskräftiger Schuldausspruch im Finanzstrafverfahren noch die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens notwendig (vgl. beispielsweise ; , 2002/14/0154).

Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt aber eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus (vgl. ), und zwar auch dann, wenn keine Verjährungseinrede erhoben wurde. Die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände sind von der Abgabenbehörde nachzuweisen (vgl. ). Die Beurteilung der Vorfrage hat in der Begründung des Bescheides zu erfolgen. Aus der Begründung muss sich somit ergeben, auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse sowie auf Grund welcher Überlegungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Beurteilung die Annahme der Hinterziehung gerechtfertigt ist (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall wurde Herr SM wegen Verkürzung von Lohnsteuer wegen gewerbsmäßiger Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs. 1 und 2 lit a) und b) jeweils in Verbindung mit 38 Abs. 1 lit a) FinStrG verurteilt.

Maßgeblich für die verlängerte Verjährungsfrist ist allein der Umstand, dass es sich um hinterzogene Abgaben handelt. Nicht ausschlaggebend ist, von wem die Abgaben verkürzt wurden.

Hinterzogene Abgaben liegen nach den Ausführungen im Urteil und der erfolgten rechtskräftigen Verurteilung jedenfalls vor.

Der Abgabenanspruch entsteht sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft (§ 4 Abs. 1 BAO):

Bei der veranlagten Einkommensteuer ist das der Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird (§ 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO).

Für das strittige Jahr 2000 ist zu prüfen, ob am die Verjährung bereits eingetreten war.

Der Abgabenanspruch ist am entstanden. Die Verjährungsfrist verlängert sich durch die Bescheiderlassung vom um ein Jahr (nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs). Der gegenständliche Einkommensteuerbescheid 2000 erging am , die Verjährungsfrist endet aber erst am . Auch die Abgabenfestsetzung für das Jahr 2000 ist demnach noch nicht verjährt.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde abzuweisen

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide waren Sachverhaltselemente bzw. die Beweiswürdigung streitgegenständlich. Es ist daher keine Revision zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.5100400.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at