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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.03.2017, RV/3100163/2017

Familienbeihilfenanspruch nach Abschluss der Schulausbildung

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerde­sache Bf, Adr, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanz­am­tes Kitzbühel Lienz vom betreffend Familienbeihilfe,

zu Recht erkannt: 

1. Die Beschwerde wird  als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer hat für seine Tochter A. laufend Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag bezogen.

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt für den Zeitraum Juli 2014 bis Februar 2015 die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge zurück. Tochter A. habe am die Schulausbildung mit der Reifeprüfung abgeschlossen und am an der OTH Regensburg zu studieren begonnen. Der frühestmögliche Studienbeginn wäre jedoch das Wintersemester 2014/15 gewesen. Es bestehe daher für den angeführten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag.

Dagegen wurde mit Eingabe vom die als Berufung be­zeich­nete Be­schwer­de erhoben und die Aufhebung des Bescheides beantragt. Hilfsweise wurde beantragt, von der Rückforderung wegen Unbilligkeit durch eine Entscheidung der Oberbehörde nach § 26 Abs. 4 FLAG 1967 abzusehen.

Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass seine Tochter alles Mög­liche unternommen habe, um unmittelbar nach der Matura mit dem Studium beginnen zu können. Wegen un­zu­rei­chen­der Stu­dien­plätze an der FH 02 in Graz sei sie jedoch nicht auf­ge­nom­men worden. Daran treffe sie kein Ver­schulden und es wäre auch nicht möglich ge­wesen sich sicherheitshalber an mehreren Fach­hoch­schu­len gleichzeitig zu bewerben. Es wäre also Aufgabe des FH-Erhalters bzw. des Staates gewesen für ein ausreichendes Angebot an Studienplätzen zu sor­gen. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Nicht­auf­nah­me, habe sich die Tochter um eine Alternative umgesehen und mit Fleiß und Anrechnungen bzw. An­rech­nungs­prüfungen den Zeitverlust mehr als wett­gemacht, sodass sie sogar früher mit dem Studium fertig sein werde als Stu­den­ten, die in Graz begonnen hät­ten. Sie werde daher auch weniger Fa­mi­lien­beihilfe beanspruchen als ihr normaler­wie­se zustünde. Da die Tochter auch in der Zwischenzeit gemeinsam mit ihren Ge­schwistern erhalten habe wer­den müssen, sei die zwei Jahre später erfolgte Rück­for­derung zumindest un­billig, da das Geld ja längst im guten Glauben ver­braucht worden sei.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.

Die weitere Berufsausbildung sei nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt be­gon­nen wor­den. Der Beginn des Studiums wäre bereits mit dem Winter­se­mester 2014/15 möglich gewesen. Die Rückforderung könne auch nicht mit dem Hinweis auf den Bezug im guten Glauben abgewendet wer­den. Die Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung bestehe unabhängig von subjektiven Mo­men­ten. Mit dem Hilfsantrag „gemäß §26(4)“ meine der Be­schwer­de-füh-rer offensichtlich die Be­stimmung des § 264 BAO (Vorlageantrag). Da der Be­schwerde­füh­rer jedoch nicht explizit auf die Erlassung einer Be­schwer­de­vor­ent­scheidung verzichtet habe, sei die Behörde verpflichtet gewesen, mit Be­schwer­de­vor­ent­schei­dung über die Beschwerde abzusprechen.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer unter Wiederholung des Be­schwer­de­vor­brin­gens einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bun­des­finanz­gericht (Vor­lageantrag) ein.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

II. Sachverhalt

Die am geborene Tochter des Beschwerdeführers hat am die Schulausbildung mit der Reifeprüfung abgeschlossen. Zum Studium an der Fachhochschule der Wirtschaft (Campus 2) in Graz wurde sie mangels ausreichender Studienplätze für das Wintersemester 2014/15 nicht zugelassen. Im März 2015 begann sie mit dem Studium der Betriebswirtschaft an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH) tatsächlich eine weitere Berufsausbildung und besuchte Lehrveranstaltungen in Wien und Korneuburg. Weitere Unterrichtsstandorte befinden sich in Lustenau, Salzburg, Vöckla­bruck, Graz und Klagenfurt. An den Standorten Wien, Klagenfurt und Salzburg wäre ein Studien­beginn auch im Oktober 2014 möglich gewesen.

III. Beweiswürdigung.

Der relevante Sachverhalt ergibt sich unstrittig aufgrund der vorliegenden Unterlagen und Angaben des Beschwerdeführers.

IV. Rechtslage:

§ 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der im hier maßgeblichen Zeitraum des BGBl I Nr. 35/2014 lautete auszugsweise:

"(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) ...

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. ...

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,

..."

§ 10 Abs. 2 FLAG 1967 lautet:

"(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt."

§ 26 Abs. 1 und 4 FLAG 1967 lautet:

"(1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen

...

(4) Die Oberbehörden sind ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre."

§ 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) lautet:

"(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden."

V. Rechtliche Erwägungen:

Die Tochter des Beschwerdeführers ist im Rückforderungszeitraum Juli 2014 bis Februar 2015 unstrittig nicht in Berufsausbildung gestanden. Strittig ist die Frage, ob mit dem Beginn des Studiums am an der OTH Regensburg frühestmöglich nach Abschluss der Schulausbildung eine weitere Ausbildung begonnen worden ist.

Der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 erfordert den tatsächlichen Be­ginn der Berufsausbildung. Wenn die angestrebte Ausbildung nach einem voran­gegangenen Aus­wahlverfahren wegen negativer Testergebnisse oder auch nur wegen Platzmangels bei den Studienplätzen nicht zum gewünschten (frühest­mög­lichen) Zeitpunkt tatsächlich begonnen wird, besteht wegen Nichterfüllens des Tatbestandsmerkmales des "frühestmöglichen Beginns der weiteren Berufs­aus­bildung" für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung kein Anspruch auf Familienbeihilfe (siehe zur insoweit gleichlautenden Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit e FLAG 1967).

Nach den weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im angeführten Er­kenntnis ist das Risiko, für einen begehrten Ausbildungsplatz nach einer zeit­lich vor­ge­staffelten Bewerbung nicht aufgenommen zu werden, "allen Berufs­aus­bildun­gen immanent, die keinen unbeschränkten Zugang haben."

Auch der Unabhängige Finanzsenat und das Bundesfinanzgericht haben schon mehr­mals judiziert, dass dann, wenn ein angestrebtes Studium we­gen be­stehen­der Zu­gangs­be­schrän­kungen nicht tatsächlich begonnen wer­den kann und auch keine andere Berufs­aus­bil­dung (etwa ein Ersatz- oder Ausweichstudium, dh. ein anderes, als das ursprünglich geplante Studium) zum "frühestmöglichen Zeit­punkt" tatsächlich begonnen wird, der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 nicht erfüllt ist und somit für den be­treffen­den Zeitraum kein Familien­bei­hilfen­an­spruch besteht (vgl. mit weiteren Hinweisen zur Recht­sprechung).

Die Tochter des Beschwerdeführers konnte die nach Ablegung der Reifeprüfung im Juni 2014 ursprünglich geplant gewesene Ausbildung an der Fach­hoch­schule der Wirt­schaft in Graz wegen Platzmangels nicht ab dem frühestmöglichen Zeit­punkt nach Abschluss der Schulausbildung im Oktober 2014 be­gin­nen. Für den Zeitraum des auf den Abschluss der Schulausbildung folgenden Mo­nates (Juli 2014) und dem Februar 2015 ist für das Kind A. mangels Er­fül­lens der gesetzlichen Voraussetzungen kein Anspruch auf Familien­beihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 gegeben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Mo­mente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. zB ). Das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers geht daher ins Leere.

Soweit der Beschwerdeführer beantragt die Oberbehörde möge nach § 26 Abs. 4 FLAG 1967 von der Rückforderung der Familienbeihilfe und der Kin­der­absetz­be­träge wegen Unbilligkeit absehen, ist darauf zu verweisen, dass das Bundes­fi­nanz­gericht nicht Oberbehörde der Abgabenbehörde ist. Oberbehörde ist das Bundes­mini­sterium für Familien und Jugend. Eine derartige Anweisung liegt nicht vor. Die Bestimmung des § 26 Abs. 4 leg.cit. räumt der jeweiligen Partei des Ver­wal­tungs­verfahrens auch keinen Anspruch auf Ausübung dieses Auf­sichts­rech­tes ein (vgl. ).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

VI. Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht konnte sich mit seiner Entscheidung auf die zi­tierte Recht­sprechung des Verwaltungs­gerichtshofes stützen. Das Er­kennt­nis war daher nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grund­sätz­licher Bedeutung abhängig.

Innsbruck, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at