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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.02.2017, RV/7100216/2013

verdeckte Ausschüttung - Direktvorschreibung der Kapitalertragsteuer an den Empfänger der Kapitalerträge

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R über die Beschwerde des RA, Adresse1, als Masseverwalter im (bereits beendeten) Schuldenregulierungsverfahren des H., Adresse2  gegen den Bescheid des FA vom , betreffend Kapitalertragsteuer 1-12/2003 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

1.) Bescheid vom über die KESt-Festsetzung 1-12/2003:

Beschwerdegegenständlich ist der Bescheid vom über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 1-12/2013, welchen das FA an den Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren des H. (Gesellschafter der Fa. A Gmbh i.L.) richtete. Das Finanzamt bezifferte darin die gemäß § 93 EStG 1988 steuerpflichtigen Kapitalerträge mit € 592.608,16 und setzte die Kapitalertragsteuer iHv 25% mit € 148.152,04 fest. Begründet wurde der Bescheid wie folgt:

„Im Zuge der Außenprüfung bei der Fa A GmbH i.L. (im folgenden kurz: A GmbH) wurde folgendes festgestellt:

- An der A GmbH waren seit 2001 bis zur Löschung im Firmenbuch (9/2008) die Herren H. und S zu je 50 % beteiligt.

- An der Fa C-GmbH (im folgenden kurz: C GmbH), die auch zwischenzeitig im Firmenbuch gelöscht wurde, waren laut Firmenbuch ursprünglich (1993) die Herren H. und S zu je 50% beteiligt. Nach kurzfristigen unwesentlichen Mitbeteiligungen wurde die GmbH Ende 1999 an die L AG verkauft. Über die C GmbH wurde im X2001 der Konkurs eröffnet.

- An der Fa S.alt GmbH iL (im folgenden kurz: „S. alt“) waren laut Firmenbuch im Jahr 2003 zu 50% die P Privatstiftung einerseits und Dr. X (1—6/2003) bzw. H (0,18% Beteil. 6-12/2003) und S (49,72% Beteil. 6-12/2003) beteiligt. Dabei ist zu beachten, dass die Beteiligungsverhältnisse von H. und S laut niederschriftlicher Aussage tatsächlich je die Hälfte (also je 25%) betragen haben.

- An der Fa S.neu (im folgenden kurz: „S. neu“) war laut Firmenbuch im Jahr 2003 Hr G zu 100% beteiligt. Als Geschäftsführer war bis 8/2003 Hr D, ab 8/2003 Hr Sch. eingetragen. Im Strafverfahren GZ wurde allerdings festgestellt, dass die tatsächlichen Machthaber der „S. neu“ je zur Hälfte Hr H und Hr S waren.

Ausgangspunkt der folgenden verdeckten Ausschüttungen ist eine Gutschrift iHv € 1.175.745,27, welche durch eine Umsatzsteuerkorrektur für 2/2002 bei der A GmbH erwirkt wurde. Dieser Betrag wurde aber in weiterer Folge aus Gründen in der Gesellschaftersphäre an die tatsächlichen Machthaber der A GmbH, nämlich H und S (direkt oder indirekt) weitergegeben.

Umsatzsteuerkorrektur 2/2002 bei A GmbH

Nach der Konkurseröffnung über das Vermögen der C GmbH wurde von den geschäftsführenden Gesellschaftern und tatsächlichen Machthabern der A GmbH besprochen, gegenüber der C GmbH eine Umsatzsteuerkorrektur durchzuführen. Den Auftrag dazu erhielt Herr W., der zu diesem Zeitpunkt für die Buchhaltung der A GmbH zuständig war.

Im Dezember 2002 wurde für die A GmbH eine Umsatzsteuervoranmeldung für Februar 2002 abgegeben, die eine Gutschrift aufwies, die überwiegend mit der Umsatzsteuerberichtigung gegenüber der C GmbH begründet wurde.

Die diesbezüglich manipulierten Belege wurden von Herrn W der Finanzbehörde übermittelt, worauf das für Februar 2002 gemeldete Guthaben - nach Korrektur – nebst anderen Guthaben zur Auszahlung gelangte.

Die Manipulation wurde erst im Zuge des Strafverfahrens GZ im Juni 2003 aufgedeckt.

verdeckte Ausschüttungen

Nach Abschluss der Umsatzsteuersonderprüfung mit Anerkennung der USt-Korrektur (weil die Manipulation erst 6/2003 erkannt wurde) bei der Fa. A GmbH wurde das Gesamtguthaben iHv € 1.175.745,27 an die Steuerberatungskanzlei G überwiesen und von dieser auf ein Konto bei der Raika Z mit der Bezeichnung „H. S Verwertung A", über das beide geschäftsführenden Gesellschafter (H und S) verfügungsberechtigt waren, weitergeleitet.

Zu diesem Zeitpunkt war bei der A GmbH bereits ein Konkursantrag mangels Masse abgewiesen worden. Die entsprechende Eintragung ins Firmenbuch erfolgte am .

Von dem Konto „H. S Verwertung A" wurde ein Betrag von 650.000 Euro zunächst auf ein Sparbuch einbezahlt, ehe es an die unten angeführten Empfänger weitergeleitet wurde, der Rest wurde direkt verwertet. Da Herr S festgehalten haben möchte, dass sich das Sparbuch in Verwahrung von Herrn H. befunden und er Überweisungen in dessen Auftrag vorgenommen hat, weist Herr H. unter Berufung auf das Strafverfahren GZ darauf hin‚ dass sich das Sparbuch samt Überweisungsbelegen nicht in seiner Verwahrung befunden habe, sondern sich in den Büroräumlichkeiten der "S. neu" befunden hat. Sämtliche Zahlungen vor und nach Sparbucheröffnung, sowie die Eröffnung des Sparbuchs wären in gemeinsamer Absprache vorgenommen worden.

Folgende Beträge wurden nicht im Interesse der A, sondern deren Machthaber S bzw. H verwendet und werden im angeführten Ausmaß Herrn S (richtig wohl:H ) als verdeckte Ausschüttung hinzugerechnet:

a) verdeckte Ausschüttung € 255.745,27.-

€ 255.745,27,- erhielt Herr H..

b) Forderung gegenüber A GmbH — € 73.137,11

Bei der Zahlung lt. Punkt a) wird berücksichtigt, dass eine Forderung des Herrn H. in Höhe von € 73.137,11 nachvollziehbar gegenüber der A GmbH bestand.

c) verdeckte Ausschüttung € 20.000.-

Weitere € 40.000,— hat Herr H. an Herrn D weitergeleitet, wobei dieser den Betrag als Geschäftsführer bei der „S. neu" erhalten haben soll. (Zurechnung an Herrn H.: 50%; siehe Pkt d))

d) verdeckte Ausschüttung € 40.000.-

€ 80.000,- erhielt Herr W für dessen Mitwirkung im Rahmen der Umsatzsteuerberichtigung für Februar 2002. (Zurechnung an Herrn H.: 50%; s. unten)

Da diese Zahlungen weder dem Grunde noch der Höhe nach im Interesse der A GmbH erfolgten, ist dieser Geldfluss den Gesellschaftern bzw. Machthabern als verdeckte Ausschüttung zuzurechnen.

Da eine individuelle Zurechnung bei Pkt. c) + d) an die Gesellschafter aufgrund des gemeinsamen Interesses nicht möglich ist, erfolgt die Aufteilung gem. § 184 BAO im Schätzungsweg zu jeweils 50%.

e) verdeckte Ausschüttung € 90.214.-

Insgesamt 380.248,80 Euro (davon 200.000 durch Herrn H.) wurden an die „S. alt“ überwiesen, wobei bei einer Zahlung von 180.248,80, die Herr S durchführte, als Auftraggeber der „SRA Wien" (SRA Wien) angeführt wurde. Mit der Zahlung in Höhe von 180.248,80 wurden Kundenüberweisungen an die „S. neu" korrigiert, die an die „S. alt" hätten erfolgen sollen (Zurechnung an Herrn H.: 50% im Schätzungsweg, siehe Pkt f)). Bei der „S. alt“ waren die Herren H. und S zuletzt zu insgesamt 50% beteiligt, ehe diese Anteile aufgrund einer Vereinbarung vom an den bisherigen (fremden) Mitgesellschafter, der P Privatstiftung abgetreten wurde.

f) verdeckte Ausschüttung € 100.000,-

Die von Herrn H. veranlasste Zahlung in Höhe von 200.000 Euro resultiert aus der Vereinbarung vom mit der P Privatstiftung über die Übertragung der Anteile an der „ S. alt". Auch diese Zahlungen erfolgten daher nicht im Interesse der A GmbH, sondern im Interesse der Herren H. und S als Gesellschafter der „S. alt“.

Da eine individuelle Zurechnung an die Gesellschafter aufgrund des gemeinsamen Interesses nicht möglich ist, erfolgt die Aufteilung gem. § 184 BAO im Schätzungsweg zu jeweils 50%.

g) verdeckte Ausschüttung € 50.000,-

An die „S. neu“ wurden € 100.000,- von Herrn H mit dem Zahlungszweck „Zahlung H. VK" überwiesen. (Zurechnung an Herrn H.: 50% im Schätzungsweg, siehe Pkt i))

h) verdeckte Ausschüttung € 100.000,—

Weiters wurden insgesamt weitere € 200.000 von Herrn S vom Sparbuch auf das Verrechnungskonto des Herrn H. bei der „S. neu“ verbucht. (Zurechnung an Herrn H.: 50% im Schätzungsweg, siehe Pkt i))

i) verdeckte Ausschüttung € 9.875,80

Weitere € 19.751,60 wurden ebenfalls von Herrn S vom Sparbuch weitergeleitet, die (abzüglich Überweisungsspesen) als Einlage auf dem Verrechnungskonto des Herrn H. bei der „S. neu" verbucht wurden.

Dieses Konto wurde in der „S. neu“ nicht nur als Verrechnungskonto gegenüber Herrn H., sondern auch als Verrechnungskonto für nicht zuordenbare Beträge verwendet. Auch Geldflüsse, die Herr S im geringeren Umfang veranlasste, wurden hier buchhalterisch erfasst.

Die tatsächlichen Machthaber an der „S. neu“ waren H. und S.

Herr H. legt Wert auf die Feststellung, dass laut seiner Information und den ihm von Herrn S vorgelegten Auszügen aus dem CallCenter und Technikereinsätzen Forderungen der "S. neu" gegenüber der A gab. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass Verbindlichkeiten der A gegenüber der „S. neu" bestanden. Die Zahlungen erfolgten daher nicht im Interesse der A, sondern im Interesse derer Gesellschafter.

Die Außenprüfung hat in einem weitwendigen Ermittlungsverfahren versucht, hinsichtlich jener Beträge, die der S. neu zugeflossen sind, die Aufteilung der verdeckten Gewinnausschüttung der A auf die Gesellschafter zu berechnen. Eine genaue Ermittlung der Beträge hat sich jedoch trotz Mitwirkung der Gesellschafter als objektiv nicht möglich erwiesen. Es war daher die Aufteilung im Schätzungswege gem. § 184 BAO vorzunehmen. Die Beträge wurden somit nach dem Schlüssel der Beteiligung aufgeteilt, weil verschiedene Indizien dafür gesprochen haben, dass die Mittel von den Gesellschaftern zwar auch für private Zwecke, aber auch als betriebliche Einlage in die S. neu verwendet wurden.

Eine verdeckte Ausschüttung iSd § 8 KStG liegt vor, wenn eine Körperschaft vermögenswerte Vorteile an ihre Beteiligten (oder denen nahe Stehenden) nur deshalb gewährt, weil sie Beteiligte der Körperschaft sind und die Körperschaft diese Vorteile einem anderen Vertragspartner in dieser Form nicht gewähren würde. Empfänger einer solchen verdeckten Ausschüttung kann neben dem Beteiligten oder diesem Nahestehenden auch eine Person sein, die auf die Körperschaft einen mittelbaren, aber entscheidenden Einfluss nehmen kann. () Dies kann im Besonderen auf den nicht beteiligten faktischen Machthaber einer Körperschaft zutreffen, der als Entscheidungsträger alle wesentlichen Belange alleinverantwortlich besorgt.

Im vorliegenden Fall stellen die Herren H und S die faktischen Machthaber der A GmbH dar, welche die in den Punkten a)-i) beschriebenen Vorteilszuwendungen aus der A GmbH nur aufgrund dieser Stellung erhalten haben, weshalb diese Zuwendungen als verdeckte Ausschüttungen zu behandeln sind.

Die Kapitalertragsteuer ist vom Gesellschafter zu tragen.

Die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer erfolgt gem. § 95 Abs 5 EStG 1988 an den Empfänger der Kapitalerträge, da der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat.

Nach herrschender Lehre steht die Inanspruchnahme des Empfängers der Kapitalerträge im Ermessen der Abgabenbehörde (vgl. Doralt/Kirchmayr, EStG, § 95 Tz. 44, Schwaiger in ÖStZ 2001, S 1029, RV/0189—W/06). Ermessensentscheidungen sind gem. § 20 Bundesabgabenordnung nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Die Rechtsprechung versteht unter Billigkeit die „Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei“, unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse insbesondere an der Einbringung der Abgaben (vgl. Ritz, BAO- Kommentar, § 20 Tz. 7).

Haftungsbestimmungen dienen regelmäßig der Sicherung der Einbringlichkeit von Abgabenschulden. Die Erlassung eines Haftungsbescheides wird dann nicht zweckmäßig sein, wenn die Nachforderung beim Haftenden uneinbringlich ist.

Bei der Ermessensübung zur Abwägung der Zweckmäßigkeit der Erlassung eines KapitaIertragsteuer-Haftungsbescheides oder der Kapitalertragsteuer-Direktvorschreibung werden daher Einbringungsaspekte besonders zu beachten sein. Werden die Haftungsansprüche bei der ausschüttenden Gesellschaft nur unter großem Aufwand oder gar nicht durchsetzbar sein, stellt die leichtere Durchsetzbarkeit beim Empfänger der Kapitalerträge ein bei der Ermessensübung zu berücksichtigendes Zweckmäßigkeitselement dar (vgl. RV/0119-l/08). Diesfalls ist unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit der Vollziehung der KESt-Direktvorschreibung der Vorzug einzuräumen. Da im vorliegenden Fall durch die Abweisung eines Konkursantrages mangels Masse bei der A GmbH die Vermögenslosigkeit und damit die Uneinbringlichkeit einer allfälligen Haftungsschuld betreffend die Kapitalertragsteuer der oben beschriebenen verdeckten Ausschüttungen feststeht, war in Ausübung des durch § 20 Bundesabgabenordnung eingeräumten Ermessens im Sinne der vorstehenden Ausführungen der vorliegende Bescheid zu erlassen.

Berechnung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
Zahlung an Herrn H.
€ 255.745,27
b)
Forderungen gegenüber A GmbH
€ - 73.137,11
c)
GF—Honorar D
€ 20.000,--
d)
Entgelt für Herrn W
€ 40.000,--
e)
Zahlung an „S. alt“ (SRA)
€ 90.214,20
f)
Zahlung an „S. alt“ (bei Anteilsabtretung)
€ 100.000,--
g)
Zahlung an „S. neu“ H. VK
€ 50.000,--
h)
Zahlung an „S. neu“ H. VK
€ 9.875,80
i)
Zahlung an „S. neu“ H. VK
€ 100.000,--
verdeckte Ausschüttung
€ 592.608,16

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO (idF vor dem BetrugsbekämpfungsG) betrug die Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben sieben Jahre, wobei gemäß § 209 Abs. 1 BAO die Verjährungsfrist durch nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs um ein Jahr verlängert wird.

Eine solche nach außen hin erkennbare Amtshandlung ist in der im Jahr 2008 stattgefundenen Außenprüfung bei der A GmbH durch das sachlich und örtlich zuständige FA zu erblicken, in deren Rahmen der bisher geschilderte Sachverhalt und die sich daraus ergebende Kapitalertragsteuerpflicht erstmalig festgestellt wurde.

Daher wäre im vorliegenden Fall das Recht zur Festsetzung von hinterzogener Kapitalertrag- bzw. Einkommensteuer für 2003 gemäß § 207 Abs. 2 (idF vor dem BetrugsbekämpfungsG) iVm § 209 Abs. 1 BAO grundsätzlich mit Ablauf des Jahres 2011 verjährt.

Durch das BetrugsbekämpfungsG, das mit in Kraft getreten ist, wurden die Verjährungsfristen für hinterzogene Abgaben von 7 auf 10 Jahre verlängert. Die Verlängerung bezieht sich auf jene Fälle, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt sind. Somit verlängert sich für den vorliegenden Fall im Jahr 2011 die Verjährungsfrist um weitere 3 Jahre (unter Beachtung der absoluten Verjährung allerdings nur bis Ende 2013; vgl. Ritz, Kommentar zur BAO, § 207, Tz 14a „ Die Verlängerung von sieben Jahren auf zehn Jahre ist nach § 323 Abs. 27 erstmals auf Abgaben anzuwenden, für die der Abgabenanspruch nach dem entstanden ist.“).

Die im Spruch genannte Kapitalertragsteuer ist deshalb eine hinterzogene Abgabe, da zur Geltendmachung der ausgeschütteten Geldmittel (wie bereits angeführt strafrechtlich erwiesen) manipulierte Belege verwendet wurden....."

2. Berufung/Beschwerde vom :

In der als Beschwerde weitergeltenden Berufung wendete der Masseverwalter inhaltliche Rechtswidrigkeit ein:

„….Im Vorfeld und zwar mit Bescheid vom hat das FA zur StNr einen Haftungsbescheid an den Masseverwalter gerichtet, mit dem gemäß § 11 BAO der Schuldner für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der abgabepflichtigen Firma A GmbH die Liquidation im Ausmaß von € 1 144.116,69 in Anspruch genommen worden ist. Dieser Betrag setzte sich im Ausmaß von € 118.521,63 ebenfalls aus der Kapitalertragsteuer 2003 zusammen. Gegen diesen Haftungsbescheid hat der Masseverwalter fristgerecht Berufung erhoben, woraufhin das FA die Haftung um € 118.521,63 (Kapitalertragsteuer) eingeschränkt hat auf € 1.025.595,06. Diese Berufungsvorentscheidung ist nicht in Rechtskraft erwachsen, da der Masseverwalter fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz gestellt hat.

Eine Entscheidung hierüber ist noch nicht gefallen. Die Berufung wurde dem Unabhängigen Finanzsenat vorgelegt.

Im bezughabenden Schuldenregulierungsverfahren gibt es zum Thema Kapitalertragsteuer 2003 eine Forderungsanmeldung im Ausmaß von € 118.521,63 im Rahmen der angemeldeten Forderung von € 1.144.116,69, weiters eine Anmeldung von € 151.115,04, darin enthalten € 148.152,04 KESt und € 2.963,00 Säumniszuschlag. Die vorangegangene Forderungsanmeldung über € 148.174,54 aufgrund des Rückstandsausweises vom wurde zurückgezogen.

Dennoch gibt es aber zwei Anmeldungen aus ein und demselben Titel, nämlich Kapitalertragsteuer 2003, einmal im Rahmen des oben angeführten Haftungsbescheides und einmal aufgrund des nunmehr angefochtenen Bescheides und eines Rückstandsausweises vom und . Dem Schuldner kann nicht die dem Grunde nach ein und dieselbe Forderung wenn auch in unterschiedlicher Höhe zweimal angelastet werden.

Mit Vertrag vom wurde von H seine Beteiligung an der C-GmbH an die LT AG verkauft. Der steuerpflichtige Anteil von H betrug ATS 3,4 Millionen. Dieser Betrag wurde nachversteuert und ergab sich eine Nachzahlung von € 64.073,02, welche vom Masseverwalter auch anerkannt worden ist.

Im bezughabenden Strafverfahren beim Landesgericht N hat der gerichtlich beeidete Sachverständige B zu 2 St ****** am ein Gutachten erstattet, in dem er zum Ergebnis kommt, dass dem Schuldner H tatsächlich eindeutig nur € 255.745,27 zuzuordnen sind, sodass sich eine KESt-Schuld im Ausmaß von € 51.149,05 errechnen und zurechnen lässt. Unberücksichtigt hat er hierbei die Einlagenrückgewähr im Ausmaß von € 73.137,11 gelassen. Hätte der Sachverständige dies auch berücksichtigt, wäre er aus dem Titel der Kapitalertragsteuer zu einem Betrag von € 36.521.63 gelangt.

Der Sachverständige errechnet insgesamt einen hinterzogenen Betrag von € 115.222,07, darin enthalten Einkommensteuer 1998 mit einem Betrag von € 64.073,02, weitere direkt zurechenbare Hinterziehungsbeträge waren bei Herrn H. nicht feststellbar. Das Finanzamt hat weitere Zahlungen (S. „alt“ und S. „neu“), sowie Honorarzahlungen im Gesamtausmaß von € 410.000,00 dem Schuldner zugerechnet, nach Abzug der Einlagenrückgewähr/Verrechnungskonto von € 73.137,11 die verdeckte Gewinnausschüttung mit € 592.608,16 angenommen und die Kapitalertragsteuer mit € 118.521,63 errechnet. Der Sachverständige bezeichnet die Aufteilung der nicht direkt zuordenbaren Beträge im Verhältnis der Beteiligung am Unternehmen als durchaus gängige Schätzungsmethode, einen Nachweis für die verdeckte Gewinnausschüttung und somit den Betrag, der der Kapitalertragsteuer zugrunde liegt, von € 592.608,16, gibt es jedoch nicht.

Eingewendet wird ferner die Verjährung der angeblich hinterzogenen Abgabe. Es kann nicht nachvollzogen werden, wonach erst mit Ablauf des Jahres 2011 das Recht zur Festsetzung von hinterzogener Kapitalertragsteuer verjährt gewesen wäre. Insbesondere erscheint fraglich, ob und inwieweit eine nach außen erkennbare Amtshandlung im Sinne des Gesetzes 2008 gesetzt worden ist, nämlich dergestalt, dass diese zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen worden wäre. Ist alleine eine solche Qualifikation zu verneinen, so folgt daraus, dass das Recht zur Festsetzung bereits mit Ablauf des Jahres 2010 verjährt war und auch durch das Betrugsbekämpfungsgesetz keine Sanierung erfolgt ist, zumal da dieses erst mit in Kraft getreten ist und zu diesem Zeitpunkt bereits die Verjährung eingetreten wäre, sodass die Verlängerung der Verjährungsfrist nicht mehr zum Tragen kommt.

In Abrede gestellt wird auch die Richtigkeit der Ermessensentscheidung, den Empfänger der Kapitalbeträge hier in Anspruch zu nehmen. So trifft zwar zu, dass infolge Abweisung eines Konkursantrages bei der A GmbH dort die Uneinbringlichkeit bejaht werden musste, jedoch kann auch beim Schuldner, über dessen Vermögen das Schuldenregulierungsverfahren 2006 eröffnet worden ist, zumindest größtenteils die Uneinbringlichkeit angenommen werden. Da die Einbringungsaspekte besonders zu beachten sind, ist die Inanspruchnahme des Empfängers der Kapitalerträge im Sinne des Ergebnisses einer rechtmäßigen Ermessensentscheidung unzulässig.

Aus all diesen Gründen stellt der Masseverwalter……den Antrag, die Berufungsbehörde wolle den angefochtenen Bescheid….ersatzlos beheben.“

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Aus verfahrensrechtlicher Sicht ist vorweg festzuhalten, dass die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängige Berufung gemäß § 323 Abs. 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen ist.

Das BFG geht von folgendem Sachverhalt aus:

1. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes auf die eingangs dargestellten Ausführungen im beschwerdegegenständlichen Bescheid vom verwiesen.

2. Mit Urteil des LG N vom , GZ1 wurde H der Abgabenhinterziehung

  • gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG an Umsatzsteuer für den Monat 02/2002 iHv € 1.025.595,06;

  • gemäß § 33 Abs. 1, Abs. 3 lit. a FinstrG an Einkommensteuer 1998 iHv € 64.073,02 sowie

  • gemäß § 33 Abs. 1 und Abs. 3 lit. b FinstrG an Kapitalertragsteuer 2003 iHv € 51.149,05

für schuldig erkannt.

Über den Bf. wurde eine Geldstrafe iHv insgesamt € 217.000,00 verhängt, das Urteil ist - nach Abgabe eines Rechtsmittelverzichtes – in Rechtskraft erwachsen.

Festgehalten wird in diesem Zusammenhang, dass für das beschwerdegegenständliche Verfahren das vorerwähnte Urteil ausschließlich in Bezug auf die Hinterziehung der Kapitalertragsteuer 2003 (lt. Schuldspruch € 51.149,05) von Relevanz ist.

3. Dem vorerwähnten Gerichtsurteil ist die im angefochtenen Bescheid erwähnte, bei der Fa. A GmbH iL (StNr des FA) durchgeführte Außenprüfung vorangegangen, welche mit Bericht vom abgeschlossen wurde.

Tz. 8 des Berichtes enthält Ausführungen zur Kapitalertragsteuer iZm den im Zuge der Prüfung betreffend das Jahr 2003 festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen und deren Aufteilung auf die beiden Gesellschafter H und S („Die direkt vorgenommenen Zuwendungen werden dem Ausmaß entsprechend zugerechnet. Die Aufteilung der dritten Personen zugeflossenen Beträge erfolgt im Verhältnis der Gesellschaftsanteile“). Die Beilage 1 zum Prüfbericht beinhaltet detaillierte Ausführungen zu den verdeckten Ausschüttungen, auf welchen im Wesentlichen die bereits eingangs wiedergegebene Bescheidbegründung vom beruht.

Zahlenmäßig stellte der Prüfer die Aufteilung des iHv € 1.175.745,27 als vGA festgestellten Auszahlungsbetrages wie folgt dar:


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verdeckte Gewinnausschüttung
2003
 
 
Auszahlungsbetrag
1.175.745,27
 
 
Anteil
 
 
H
S
Zahlungen auf Privatkonten
355.745,27
255.745,27
100.000,00
Zahlungen an S. „alt“ (S. alt)
Zl. „SRA“
180.248,40
90.124,20
90.124,20
Zl. Anteilsabtretung „S. alt“
200.000,00
100.000,00
100.000,00
 
 
 
 
Zahlungen an S. „neu“ (S.neu)
„Zahlung H. Vk“
100.000,00
50.000,00
50.000,00
Rest aus Abhebung Zl. SRA
19.751,60
9.875,80
9.875,80
Sparbuchrealisat
200.000,00
100.000,00
100.000,00
 
319.751,60
159.875,80
159.875,80
 
 
 
 
Zahlungen Honorare
 
 
 
Geschäftsführungshonorar D
40.000,00
20.000,00
20.000,00
Entgelt für Herrn W
80.000,00
40.000,00
40.000,00
abzgl. Einlagenrückgewähr/Verrechnungskonto
-73.137,11
-78.470,73
Verdeckte Gewinnausschüttung
592.608,16
431.529,27

Auf Basis vorangeführter Prüfungsfeststellungen hat das Finanzamt den eingangs erwähnten Bescheid vom erlassen, demzufolge die Kapitalertragsteuer für 1-12/2003 iHv € 148.152,04 (=25% von € 592.608,16) direkt dem Empfänger der Kapitalerträge vorgeschrieben wurde.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung:

Nach § 93 Abs. 1 EStG 1988 in der für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung wird bei inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2) sowie bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (Abs. 3) die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer).

Zu den kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalerträgen im Sinne des § 93 Abs. 2 EStG 1988 zählen auch verdeckte Ausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 2 KStG 1988 ().

Gemäß § 95 Abs. 5 EStG 1988 in der für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum gültigen Fassung ( nunmehr gleichlautend § 95 Abs. 4 ) ist dem Empfänger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn 

Z 1: der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder 

Z 2: der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt. 

§ 95 Abs. 5 Z 1 EStG stellt auf rein objektive Momente ab: Der zum Abzug Verpflichtete hat die Kapitalertragsteuer nicht abgezogen und der Empfänger der Kapitalerträge hat die entsprechenden Kapitalerträge ungekürzt bzw. nicht vorschriftsmäßig gekürzt erhalten (Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17 § 95 Tz 67). 

Einsicht genommen wurde in die Strafakten des LG N zur AZ GZ1 sowie in das in diesem Verfahren erstellte Gutachten des B, in welchem der Sachverständige hinsichtlich der verdeckten Ausschüttung u.a. zum Ergebnis kam, dass

  • die Aufteilung der nicht direkt zuordenbaren Beträge im Verhältnis der Beteiligung am Unternehmen eine durchaus gängige Schätzungsmethode ist (Gutachten Seite 7);

  • man H einen Teil der zur Anzeige gebrachten Kapitalertragsteuer 2003, nämlich die Kapitalertragsteuer der auf Privatkonten geflossenen Beträge aus der verdeckten Gewinnausschüttung, somit € 51.149.05, berechnet aus der Basis von € 255.745,27 zurechnen kann (Gutachten Seite 10);

  • weitere direkt zurechenbare Hinterziehungsbeträge bei keinem Beschuldigten feststellbar sind (Gutachten Seite 10);

  • Schätzungen in den zur Anzeige gebrachten Beträgen nur im Sinne von Zuordnungen bei der Aufteilung der verdeckten Gewinnausschüttung, soweit diese nicht direkt zurechenbar war, gegeben sind (Gutachten Seite 12);

  • eine Aufteilung nach dem Beteiligungsverhältnis eine durchaus gangbare und übliche Methode ist (Gutachten Seite 12).

Dem Sachverständigengutachten folgend ist das Gericht im Finanzstrafverfahren hinsichtlich der verdeckten Ausschüttungen davon ausgegangen, dass der Angeklagte (nur) die ihm iHv € 255.745,27 persönlich (Anm. BFG: weil eindeutig auf dem Privatkonto) zugeflossene Zahlung verschwieg sowie die Abgabe einer entsprechenden Selbstberechnung für das Jahr 2003 betreffend Kapitalertragsteuer im Betrag von € 51.149,05 unterließ.

Diese Vorgangsweise des Gerichts entspricht zwar strafrechtlichen Grundsätzen, wonach bei bestehenden Zweifeln die Annahme einer finanzstrafrechtlich relevanten Verkürzung ausgeschlossen sein wird, hingegen reichen im beschwerdegegenständlichen Abgabenfestsetzungsverfahren die weniger strengen Beweisanforderungen zur erfolgreichen Geltendmachung des Abgabenanspruches. Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang, dass auch der Sachverständige „die Aufteilung der nicht direkt zuordenbaren Beträge im Verhältnis der Beteiligung am Unternehmen als durchaus gängige Schätzungsmethode“ bezeichnete.

Das Finanzamt hat im beschwerdegegenständlichen Abgaben(festsetzungs)verfahren folglich zu Recht auch die weiteren (d.h. über € 255.745,27 hinausgehenden) Zahlungen als verdeckte Ausschüttung behandelt und – mangels anderer aus dem bisherigen Verfahren zu gewinnender Anhaltspunkte - entsprechend den Beteiligungsverhältnissen den Gesellschaftern 50:50 zugerechnet.

Die Begründung eines Abgabenbescheides hat nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in einer Weise zu erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. zuletzt etwa das Erkenntnis vom , Ra 2015/13/0051).

Diesen Anforderungen entspricht der beschwerdegegenständliche Bescheid vom zweifellos. Wie aus der eingangs wiedergegebenen Begründung ersichtlich, hat das Finanzamt ausführlich und nachvollziehbar dargestellt, dass Ausgangspunkt der verdeckten Ausschüttungen eine Gutschrift iHv € 1.175.745,27 war, welche durch eine Umsatzsteuerkorrektur für 2/2002 bei der A GmbH erwirkt wurde. Dieser - auf einer Rechnungsmanipulation beruhende - Betrag wurde in weiterer Folge aus in der Gesellschaftersphäre gelegenen Gründen an die Gesellschafter und tatsächlichen Machthaber der A GmbH, nämlich H und S, weitergegeben und von diesen u.a. zur Begleichung diverser Zahlungen (siehe vorstehende Tabelle lt. Beilage 1 zum Prüfbericht bzw. Bescheidbegründung vom ) verwendet.

Diesen entscheidungswesentlichen Feststellungen zur verdeckten Ausschüttung ist der beschwerdeführende Masseverwalter nicht entgegengetreten, vom ihm wurde kein substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, die auf Tz. 8 des Bp Berichtes beruhenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid zu widerlegen.

Den Beschwerdeeinwendungen ist im Einzelnen Folgendes zu entgegnen:

- Zum Vorbringen, das beim unabhängigen Finanzsenat anhängige Verfahren betreffend den gemäß § 11 BAO erlassenen Haftungsbescheid sei noch nicht abgeschlossen, ist festzuhalten, dass der unabhängige Finanzsenat als Abgabenbehörde II. Instanz der Berufung des Masseverwalters gegen den Bescheid des FA vom betreffend Haftung gemäß § 11 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung – der vom Finanzamt erlassenen Berufungsvorentscheidung folgend - auf Umsatzsteuer 2/2002 in Höhe von € 1,025.595,03 eingeschränkt hat.

Mit Beschluss vom , 2013/16/0145, hat der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde abgelehnt.

- Zum Vorbringen, die Kapitalertragsteuer 2003 sei im Schuldenregulierungsverfahren doppelt angemeldet worden, ist auszuführen, dass der Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens ausschließlich der angefochtene KESt-Bescheid vom ist und Einbringungsmaßnahmen des Finanzamtes in Form der Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren nicht den Gegenstand dieses Verfahrens betrifft und daher Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich einer berechtigten Forderungsanmeldung im (ohnehin bereits beendeten) Schuldenregulierungsverfahren nicht im Rahmen des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens, in welchem es ausschließlich um die Abgabenfestsetzung geht, zu klären sind.

- Das Vorbringen, der Sachverständige im Strafverfahren sei zum Ergebnis gekommen, dass dem Schuldner H tatsächlich eindeutig nur € 255.745,27 zuzuordnen sind, wobei noch eine Einlagenrückgewähr von € 73.137,11 zu berücksichtigen sei, erweist sich als folgenden Gründen als nicht zielführend:

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen zusammensetzt. Ein vom bindenden Strafurteil abweichendes Abgabenverfahren würde zu Lasten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer Durchberechnung der materiellen Rechtskraft und einer unzulässigen Kontrolle der Rechtsprechung durch die Verwaltung gleichkommen; die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen, wobei die Bindung selbst dann besteht, wenn die maßgebliche Entscheidung rechtswidrig ist (vgl. und die in diesem Erkenntnis zitierten Judikate).

Mit dem rechtskräftig gewordenen Urteil des Landesgerichtes N als Schöffengericht vom wurde H u.a. der Abgabenhinterziehung an Kapitalertragsteuer für das Jahr 2003 iHv € 51.149,05 für schuldig erkannt. Mit der Rechtskraft dieses Strafurteils bestand für die Abgabenbehörde betreffend den dem Angeklagten iHv € 255.745,27 nachweislich zugeflossenen Betrag sohin Bindungswirkung.

Die Vorgangsweise des Gerichtes, "nur" € 255.745,27 als H zugeflossene verdeckte Ausschüttung anzusehen, entspricht – wie bereits vorstehend dargestellt - strafrechtlichen Grundsätzen, wonach bei Zweifeln (hinsichtlich der über € 255.745,27 hinausgehenden Beträge) Tatsachen nicht zum Nachteil des Beschuldigten als erwiesen angenommen werden dürfen. Hingegen ist im Abgabenverfahren beweisrechtlich eine an hohe Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit auch dann ausreichend, wenn Zweifel bestehen bleiben sollten. In diesem Sinne hat auch der Sachverständige in seinem Gutachten die Aufteilung der nicht direkt zuordenbaren Beträge im Verhältnis der Beteiligung als durchaus gängige Schätzungsmethode im Abgabenverfahren bezeichnet. Dem eindeutig zuordenbaren Betrag iHv € 255.745,27 wurden  die nicht eindeutig zuordenbaren Beträge, die von der Finanzbehörde gemäß § 184 BAO im Schätzungswege analog dem Beteiligungsverhältnis 50:50 mit jeweils € 410.000,00 aufgeteilt wurden, hinzugerechnet und davon € 73.137,11 (Einlagenrückgewähr) in Abzug gebracht. Das Finanzamt ist in diesem Sinne  daher schlüssig von einer auf H entfallenden verdeckten Ausschüttung iHv € 592.608,16 ausgegangen (vgl. detaillierte Berechnung lt. Bescheidbegründung Seite 6).

- Zur Einrede der Verjährung wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die rechtlichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, denen es nichts hinzuzufügen gibt.

- Soweit die Richtigkeit der Ermessensentscheidung in Bezug auf die direkte Inanspruchnahme des Empfängers vom Masseverwalter in Abrede gestellt wird, vermögen auch diese Ausführungen nicht zu überzeugen.

Aktenkundig ist, dass vor Erlassung des beschwerdegegenständlichen Bescheides im November 2012, der Konkurs über das Vermögen der GmbH mangels Vermögens im Februar 2003 abgewiesen wurde und im September 2008 bereits die amtswegige Löschung der GmbH erfolgt ist.

Insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit der Vollziehung (vgl Ritz, BAO5, § 20 Tz 9) wäre es nicht gerechtfertigt, eine Festsetzung der KESt beim Empfänger der Kapitalerträge zu unterlassen und die KESt stattdessen einem Haftungspflichtigen vorzuschreiben, bei dem die Einbringlichkeit nicht nur wenig wahrscheinlich, sondern von vornherein unmöglich ist. Daran vermag auch das zwischenzeitig über das Vermögen des H eröffnete Schuldenregulierungsverfahren nichts zu ändern.

Im angefochtenen Bescheid hat das Finanzamt jedenfalls auch die Ermessensübung ausführlich dargestellt, sodass sich ein weiteres Eingehen auf das bezughabende B eschwerdevorbringen schon aus diesem Grund erübrigt.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass sich sämtliche Beschwerdeeinwendungen aus vorstehenden Gründen als nicht geeignet erweisen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage liegt verfahrensgegenständlich nicht vor. Die wesentlichen Fragen lagen im Bereich der Beweiswürdigung und der Sachverhaltsfeststellung.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.7100216.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
OAAAC-13461