Pendlerrechner, Operationskosten Bodylift und Oberschenkelstraffung
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7105648/2016-RS1 | Da das ausgedruckte Ergebnis des Pendlerrechners nur dann gesetzeskonform ist, wenn die den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Daten eingegeben werden, sind die in den Pendlerrechner eingegebenen Daten nach dem Ergebnis eines Beweisverfahrens darauf hin zu beurteilen, ob als erwiesen oder nicht erwiesen anzunehmen ist, dass sie den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend und damit inhaltlich richtig eingegeben worden sind. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 entschieden:
I. Der Beschwerde wird teilweise statt gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.
II. Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. In der elektronisch eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2015 beantragte der Beschwerdeführer (Bf.), I. das Pendlerpauschale (EUR 1.478,00) als Werbungskosten von seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen und den Pendlereuro (EUR 123,00) als Absetzbetrag und II. Operationskosten (EUR 14.900,00) als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.
2. Mit Schreiben vom wurde der Bf. ersucht, den Ausdruck aus dem Pendlerrechner und eine Liste der Krankheitskosten vorzulegen sowie die Krankheitskosten belegmäßig nachzuweisen.
Der vom Bf. vorgelegte Ausdruck aus dem Pendlerrechner besteht aus den Sätzen „Die Benützung des Massenbeförderungsmittels (öffentliches Verkehrsmittel) ist aufgrund derFahrzeit mit dem Massenbeförderungsmittel unzumutbar. Es steht daher ein großes Pendlerpauschale für eine Wegstrecke von mehr als 40 km bis 60 km zu. Das Pendlerpauschale beträgt 2.568,00 Euro jährlich/214,00 Euro monatlich. Der Pendlereuro beträgt 92,00 Euro jährlich/7,67 Euro monatlich.“
3. Am wurde der Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 erlassen, worin das Pendlerpauschale nicht als Werbungskosten, der Pendlereuro nicht als Absetzbetrag und die Ausgaben für Bodylift und Ganzkörperstraffung nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt wurden.
Begründend wurde ausgeführt, ein ordnungsgemäßer Ausdruck aus dem Pendlerrechner sei nicht vorgelegt worden und der Bf. habe nicht nachgewiesen, dass die Behandlung zwangsläufig gewesen sei, da er weder eine vor Behandlungsbeginn ausgestellte ärztliche Verordnung noch Belege über eine (zumindest teilweise) Kostenübernahme durch einen Träger der gesetzlichen Sozialversicherung vorgelegt habe.
Der v.a. Bescheid wurde am in die Databox des Bf. zugestellt, war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Beschwerde vom angefochten.
4. In der Beschwerde vom beantragte der Bf., das Pendlerpauschale zu kontrollieren und legte folgende Unterlagen vor:
a.) Einen Ausdruck aus dem Pendlerrechner mit folgenden im Pendlerrechner eingegebenen Daten: Einer nicht mit der Adresse lt. Spruch übereinstimmende Wohnadresse, einer Arbeitsortadresse, dem Abfragedatum , dem Arbeitsbeginn 05:00 Uhr und dem Arbeitsende 17:00 Uhr. Auf diese Daten bezogen wird vom Pendlerrechner festgestellt, dass die schnellste Strecke 46 km beträgt und die Benützung von Massenverkehrsmitteln auf der überwiegenden Strecke nicht möglich oder nicht zumutbar ist, weshalb das Pendlerpauschale EUR 2.568,00 jährlich (bzw. EUR 214,00 monatlich) und der Pendlereuro EUR 92,00 jährlich (bzw. EUR 07,67 monatlich) beträgt.
b.) Die eMail vom einer Ärztin einer Gebietskrankenkasse, die eine Anfrage des Bf. wie folgt beantwortet hatte: „… wie telefonisch besprochen ist der Krankenstand nach ihrer Operation kein Problem. Da Sie ja jedenfalls eine Bauchdeckenstraffung bewillligt bekommen hätten und diese auch mit einem Krankenstand verbunden wäre, ist auch der Krankenstand nach einer Ganzkörperstraffung medizinisch gerechtfertigt“. Diese eMail wurde vom Bf. am an die Ordination eines anderen Arztes weitergeleitet.
5. Die Ausführungen im Schreiben vom zusammenfassend teilte der Bf. mit, dass er mit diesem Schreiben einen Screenshot des Ausdrucks aus dem Pendlerrechner vorlegt und ergänzte sein bisheriges Vorbringen wie folgt:
„Aufgrund verschiedener, persönlicher Gründe wurde der medizinisch notwendige Eingriff in einer Privatklinik durchgeführt. Es gab keine Zuzahlung der Krankenkasse“ (© Bf.). Das bereits vorgelegte Schreiben, aus dem hervorgehe, dass der Eingriff medizinisch notwendig sei, sei vor Behandlungsbeginn verfasst worden. Nach seinen Informationen (stammend aus „Hilfe der Arbeitnehmerveranlagung“, Hotline und online Steuerbuch) seien die Ausgaben für den in der Privatklinik durchgeführten Eingriff absetzbar.
6. In der Rechnung vom mit dem Zahlungsstatus „bezahlt“ verrechnet eine Privatklinik EUR 13.900,00 für Bodylift und Oberschenkelstraffung. Lt. Kontoauszug wurden am EUR 13.900,00 an diese Privatklinik überwiesen.
7. Mit Schreiben vom wurde der Bf. ersucht, eine Bestätigung seines Dienstgebers über die Dienstzeiten und Kopien seiner Dienstpläne 2015 vorzulegen.
Am bestätigt der Arbeitgeber des Bf., dass der Bf. bei ihm als Montagetischler beschäftigt wird und teilt mit: „… Grundsätzlich ist die Arbeitszeit von 07 – 17 Uhr. Auf Grund der Dienstleistung, die wir anbieten, kann es jedoch je nach Arbeitsaufwand zu unterschiedlichen Arbeitszeiten kommen. Zusätzlich kann man gewisse Dinge im Voraus nicht einplanen wie Stau etc.“
8. Der Beschwerde vom wurde mit der Beschwerdevorentscheidung vom teilweise stattgegeben.
Pendlerpauschale und Pendlereuro wurden insoweit anerkannt, als der Arbeitgeber die Arbeitszeiten des Bf. bestätigt hat, weshalb nur das kleine Pendlerpauschale abzugsfähig sei, da die Benützung von Massenbeförderungsmittel auf der überwiegenden Strecke möglich und zumutbar sei.
Dass die Krankheitskosten nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind, wurde wie folgt begründet: „Unter einer Krankheit ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu verstehen, die eine Heilbehandlung erfordert. Nicht jede gesundheitliche Beeinträchtigung – auch psychischer Natur – stellt eine Krankheit dar. Eine Bauchstraffung(Ganzkörperstraffung) wird in der Regel aus ästhetischen Gründen vorgenommen. Eine medizinische Indikation ist mangels Verordnung und Kostenbeitrag der Krankenkasse nicht gegeben ...“.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde am in die Databox des Bf. zugestellt, war innerhalb 1 Monats mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit Vorlageantrag vom (Postaufgabe ) angefochten.
9. Im Vorlageantrag brachte der Bf. vor, dass seine Operation keine ästhetische Operation gewesen sei. Sie sei medizinisch notwendig gewesen, weshalb die Krankenkasse einen wochenlangen Krankenstand genehmigt habe. Zitat/Bf: „Die Notwendigkeit der Operation und die medizinische Indikation sind nicht in Frage zu stellen, weil ich den Arzt meines Vertrauens für den Eingriff gewählt habe. Für meinen Wahlarzt habe ich zwar auf die Kostenübernahme der Gebietskrankenkasse verzichtet, aber mich vorab über die steuerliche Absetzbarkeit informiert, die mir zugesichert wurde“.
10. Am wurde vom Finanzamt folgendes Schreiben in die Databox des Bf. zugestellt:
„Für die Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ist erforderlich, dass nachweislich eine Krankheit vorliegt, die Behandlung in direktem Zusammenhang mit dieser Krankheit steht und eine taugliche Maßnahme zur Linderung oder Heilung der Krankheit darstellt. Unter Krankheit ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu verstehen, die eine Heilbehandlung bzw. Heilbetreuung erfordert. Nicht abzugsfähig sind daher Aufwendungen für eine Verjüngungskur oder für Schönheitsoperationen. Eine Oberschenkelstraffung stellt grundsätzlich keine Methode zur Beseitigung einer Krankheit dar, worauf auch in der Beschwerdevorentscheidung hingewiesen wurde. Von der Rechtsprechung wurde auch eine Bauchdeckenstraffung nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt ().
Die medizinische Notwendigkeit für eine solche Behandlung muss hinreichend erwiesen sein. Einer Ersatzleistung durch den Sozialversicherungsträger oder ärztlichen Verordnungen kommt Indizwirkung für die medizinische Zweckmäßigkeit einer Heilbehandlung zu.
Aus den von Ihnen vorgelegten Unterlagen (zB E-Mail vom von Dr. …) ist ersichtlich, dass es zunächst um eine Bauchdeckenstraffung ging, jedoch dann eine Ganzkörperstraffung besprochen wurde. In der Rechnung der … ist als Produkt „Bodylift und Oberschenkelstraffung" ausgewiesen. Hinsichtlich der Höhe der beantragten Kosten ist bei einem Spitalsaufenthalt zu berücksichtigen, dass Aufwendungen für Verpflegung, die alle Menschen gleichermaßen treffen, nicht abzugsfähig sind.
Entgegen Ihren Ausführungen im Vorlageantrag vom werden Sie daher nochmals ersucht, die medizinische Zweckmäßigkeit (samt tauglichen Unterlagen) ausführlich darzulegen“.
11. Ein später als das Finanzamt-Schreiben datiertes Antwortschreiben befand sich nicht in den elektronisch vorgelegten Verwaltungsakten.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Da Beschwerde und Vorlageantrag innerhalb der jeweils einmonatigen Rechtsmittelfristen eingebracht worden sind, ist über das Parteienvorbringen „in der Sache“ zu entscheiden.
Beschwerdepunkt/e
Das Parteienvorbringen aus der Beschwerde und dem Vorlageantrag zusammengefasst ist I. strittig, ob und wenn ja in welcher Höhe ein Pendlerpauschale als Werbungskosten und der Pendlereuro als Absetzbetrag anzuerkennen sind und II. ob die Operationskosten für Bodylift und Oberschenkelstraffung als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind.
Über diese Beschwerdepunkte ist festzustellen und wie folgt zu entscheiden:
I. Pendlerpauschale und Pendlereuro
Gemäß § 16 Abs 1 Einkommensteuergesetz – EStG 1988 idgF sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Gemäß § 16 Abs 1 Z 6 EStG 1988 idgF sind Werbungskosten iSd § 16 Abs 1 EStG 1988 idgF auch die Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Gemäß § 33 Abs 5 Z 1 EStG 1988 idgF gilt für diese Ausgaben, dass sie mit dem Verkehrsabsetzbetrag iSd § 16 Abs 1 Z 6 lit a EStG 1988 idgF abgegolten sind und dass sie mit dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro abgegolten sind, wenn ein Anspruch auf ein Pendlerpauschale iSd § 16 Abs 1 Z 6 lit b – lit f EStG 1988 idgF besteht.
Gemäß § 16 Abs 1 Z 6 lit c EStG 1988 idgF beträgt das Pendlerpauschale bei mindestens 20 km bis 40 km EUR 696,00 jährlich, bei mehr als 40 km bis 60 km EUR 1.356,00 jährlich und bei mehr als 60 km EUR 2.016,00 jährlich, wenn die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km beträgt und die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar ist.
Gemäß § 16 Abs 1 Z 6 lit d EStG 1988 idgF beträgt das Pendlerpauschale abweichend von § 16 Abs 1 Z 6 lit c EStG 1988 idgF bei mindestens 2 km bis 20 km EUR 372,00 jährlich, bei mehr als 20 km bis 40 km EUR 1.476,00 jährlich, bei mehr als 40 km bis 60 km EUR 2.568,00 jährlich und bei mehr als 60 km EUR 3.672,00 jährlich, wenn dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar ist.
Für die Inanspruchnahme des Pendlerpauschales hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auf einem amtlichen Vordruck eine Erklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen abzugeben ( § 16 Abs 1 Z 6 lit g EStG 1988 idgF).
Um die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu ermitteln und um zu beurteilen, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar oder nicht zumutbar ist, ist innerhalb Österreichs der vom Bundesministerium für Finanzen (BMF) ins Internet gestellte Pendlerrechner zu verwenden. Das ausgedruckte Ergebnis des Pendlerrechners gilt als amtlicher Vordruck iSd § 16 Abs 1 Z 6 lit g EStG 1988 idgF.
Das ausgedruckte Ergebnis des Pendlerrechners ist grundsätzlich verpflichtend als Entscheidungsgrundlage zu verwenden. Da das ausgedruckte Ergebnis des Pendlerrechners nur dann gesetzeskonform ist, wenn die den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Daten eingegeben werden, sind die in den Pendlerrechner eingegebenen Daten nach dem Ergebnis eines Beweisverfahrens darauf hin zu beurteilen, ob als erwiesen oder nicht erwiesen anzunehmen ist, dass sie den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend und damit inhaltlich richtig eingegeben worden sind (§ 166 BAO idgF, § 167 Abs 2 BAO idgF).
Welche Daten in den Pendlerrechner eingegeben worden sind, ist dem ausgedruckten Ergebnis des Pendlerrechners zu entnehmen. In der ggstl. Beschwerdesache sind diese Daten das Abfragedatum , eine Wohnadresse, eine Arbeitsortadresse, der Arbeitsbeginn 05:00 Uhr und das Arbeitsende 17:00 Uhr.
Von der vorzit. Rechtlage ausgehend ist über die in den Pendlerrechner eingegebenen Daten festzustellen:
(1) Da das Abfragedatum der gewesen ist, ist das ausgedruckte Ergebnis des Pendlerrechners nicht für das Streitjahr 2015 ermittelt worden. Mit dem ausgedruckten Ergebnis des Pendlerrechners wird daher nicht nachgewiesen, dass auch im Streitjahr 2015 die Benützung von Massenverkehrsmitteln auf der überwiegenden Strecke nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(2) Die im Pendlerrechner eingetragene Wohnadresse ist die Wohnadresse, die auch in den Abgabenkonto – Stammdaten aufscheint. Die im Spruch angegebene Wohnadresse ist offenbar nur eine vom Bf. bekannt gegebene Zustelladresse, weshalb davon auszugehen ist, dass die Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsort tatsächlich die vom Pendlerrechner berechneten 46 km beträgt.
(3) Da der Bf. keine Dienstpläne vorgelegt hat, ist nicht verifizierbar, ob die im Pendlerrechner eingegebenen Daten – Arbeitsbeginn 05:00 Uhr und Arbeitsende 17:00 Uhr – mit den tatsächlichen Arbeitszeiten des Bf. übereinstimmen oder davon abweichen.
Dass die Arbeitszeiten des Bf. tatsächlich um 05:00 Uhr begonnen und um 17:00 Uhr geendet haben, wird von seinem Arbeitgeber nicht bestätigt, da der Arbeitgeber im Schreiben vom eine grundsätzlich von 07:00 Uhr bis 17:00 Uhr dauernde Arbeitszeit angibt.
Deshalb hat der Bf. weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass der im Pendlerrechner eingegebene Arbeitsbeginn um 05:00 Uhr und das im Pendlerrechner eingegebene Arbeitsende um 17:00 Uhr mit seinen tatsächlichen täglichen Arbeitszeiten übereinstimmen.
Da der Bf. mit dem beantragten Werbungskosten-Abzug eine Steuerbegünstigung in Anspruch nehmen will, trägt er für die anspruchsbegründenden Daten Arbeitsbeginn und Arbeitsende die Beweislast, weshalb die nicht nachgewiesenen oder zumindest glaubhaft gemachten und in den Pendlerrechner eingegebenen Daten nicht als Entscheidungsgrundlage verwendbar sind.
(4) Ist Arbeitsbeginn um 05:00 Uhr und Arbeitsende um 17:00 Uhr, beträgt die tägliche Arbeitszeit 12 Stunden und die Wochenarbeitszeit bei einer 5-Tage-Woche 60 Stunden. Da der Bf. Arbeitnehmer ist, ist auf seine Arbeitszeiten das Arbeitszeitgesetz anzuwenden. Gemäß § 3 Abs 1 Arbeitszeitgesetz – AZG darf die tägliche Normalarbeitszeit 8 Stunden und die wöchentliche Normalarbeitszeit 40 Stunden nicht überschreiten, weshalb eine tägliche Arbeitszeit von 12 Stunden unglaubwürdig ist.
Die Ausführungen in Pkt. (1) – Pkt. (4) zusammenfassend spricht mehr dagegen als dafür, dass im Pendlerrechner die den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Daten eingegeben worden sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf von mehreren Versionen die wahrscheinlichste als erwiesen angenommen werden (Ritz, BAO4, § 167, Tz 8, und die do. zit. Judikate ; …), weshalb als erwiesen anzusehen ist, dass nicht die den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Daten in den Pendlerrechner eingegeben worden sind.
Werden nicht die den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Daten in den Pendlerrechner eingegeben, ist das ausgedruckte Ergebnis des Pendlerrechners nicht als Entscheidungsgrundlage zu verwenden.
Nach dem ausgedruckten Ergebnis des Pendlerrechners wäre die Benützung des Massenbeförderungsmittels nicht möglich und unzumutbar. Da dieses Ergebnis des Pendlerrechners nicht als Entscheidungsgrundlage verwendet werden darf, ist der Entscheidung eine mögliche und zumutbare Benützung des Massenbeförderungsmittels zugrunde zu legen, weshalb als Rechtsfolge das kleine Pendlerpauschale als Werbungskosten und der Pendlereuro als Absetzbetrag anzuerkennen sind.
In der Beschwerdevorentscheidung hat das Finanzamt richtigerweise das kleine Pendlerpauschale als Werbungskosten anerkannt und den Pendlereuro als Absetzbetrag veranlagt. Die Beschwerdevorentscheidung war daher mit diesem Erkenntnis zu bestätigen und das Mehrbegehren des Bf. war abzuweisen.
B. Operationskosten Bodylift und Oberschenkelstraffung
Sach- und Beweislage
Der Entscheidung über diesen Beschwerdepunkt ist folgende, aus der Rechnung vom , dem Kontoauszug, der eMail vom und dem Beschwerdevorbringen sich ergebende, Sachlage zugrunde zu legen:
(1) Die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Ausgaben sind Operationskosten. Da die Rechnung vom für das Produkt Bodylift und Oberschenkelstraffung und iHv EUR 13.900,00 ausgestellt worden ist, in der Entscheidung die Sachlage zugrunde zu legen, dass die Operation ein Bodylift und eine Oberschenkelstraffung gewesen sind und dass die Operationskosten EUR 13.900,00 betragen haben.
(2) Mit dem vorgelegten Kontoauszug hat der Bf. nachgewiesen, dass Operationskosten iHv EUR 13.900,00 am bezahlt worden sind. Der Entscheidung ist daher die Sachlage zugrunde zu legen, dass die Operationskosten EUR 13.900,00 im Streitjahr bezahlt worden sind.
(3) In der eMail vom hat eine Ärztin einer Gebietskrankenkasse eine den Krankenstand nach der Operation betreffende Anfrage des Bf. beantwortet. Diese eMail hat der Bf. per eMail an einen anderen Arzt weitergeleitet. Beide eMails sind als Entscheidungsgrundlage zu verwenden.
(4) Zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt gehört auch, dass die Gebietskrankenkasse die Operationskosten nicht zurückerstattet hat.
Rechtslage
Gemäß § 34 Abs 1 Einkommensteuergesetz EStG 1988 idgF sind bei der Ermittlung des Einkommens von unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein. 2. Sie muss zwangsläufig erwachsen. 3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.
Die Belastung darf weder Betriebsausgabe, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Gemäß § 34 Abs 2 EStG 1988 idgF ist die Belastung außergewöhnlich, wenn sie höher ist als jene, die der Mehrzahl von Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Gemäß § 34 Abs 3 EStG 1988 idgF erwächst die Belastung Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn sie sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen können.
Gemäß § 34 Abs 4 EStG 1988 idgF beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, wenn sie den vom Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von ….
Rechtliche Würdigung und Entscheidung
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind durch eine Krankheit verursachte Ausgaben grundsätzlich außergewöhnlich () und erwachsen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig (). Für die (steuerliche) Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ist jedoch erforderlich, dass sie keine Betriebsausgabe, keine Werbungskosten oder keine Sonderausgaben sind () und dass 1. nachweislich eine Krankheit vorliegt, die eine Heilbehandlung erfordert, 2. die Heilbehandlung nachweislich in direktem Zusammenhang mit der Krankheit steht und 3. typischerweise eine taugliche Maßnahme zur Heilung oder Linderung dieser Krankheit darstellt.
Die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Ausgaben sind Operationskosten gewesen, weshalb entscheidungsrelevant ist, dass diese Operationskosten keine Betriebsausgabe, keine Werbungskosten und keine Sonderausgaben sind und dass 1. nachweislich eine Krankheit vorliegt, deren Heilung oder Linderung eine Operation erfordert, 2. die Operation nachweislich in direktem Zusammenhang mit dieser Krankheit steht und 3. typischerweise eine taugliche Maßnahme zur Heilung oder Linderung dieser Krankheit darstellt.
Nach der im Beschwerdefall offen gelegten Sachlage sind die Operationskosten keine Betriebsausgabe, Werbungskosten oder Sonderausgaben, da mit der Operation keine berufstypische Krankheit geheilt oder gelindert worden ist und da die Ausgaben nach ihrer Bezeichnung unter keinen Sonderausgabentatbestand fallen.
Welche Krankheit mit Bodylift und Oberschenkelstraffung geheilt oder gelindert werden sollte, geht aus den vorgelegten Unterlagen nicht hervor, da die Operation nicht ärztlich verordnet worden ist. Denn eine Operation wird wie jede ärztliche Behandlung nur dann „ärztlich verordnet“, wenn sie durch einen Vertrags- oder Wahlarzt verschrieben wird. Per definitionem sind Ärzte zur Ausübung der Heilkunde befugte natürliche Personen. Eine Gebietskrankenkasse ist nicht zur Ausübung der Heilkunde befugt, weshalb von ihren Arbeitnehmern ausgestellte Bestätigungen oder erteilte Auskünfte – unabhängig davon, ob diese Personen zur Ausübung der Heilkunde befugt sind oder nicht – keine ärztlichen Verordnungen sind. Die eMail einer Ärztin einer Gebietskrankenkasse ist daher keine ärztliche Verordnung und wird auch nicht dadurch zu einer ärztlichen Verordnung, dass sie an einen anderen Arzt weitergeleitet wird.
Unabhängig davon, ob der Bf. vor oder nach der Operation im Krankenstand gewesen ist, ist eine Krankschreibung keine ärztliche Verordnung, da mit einer Krankschreibung nur bescheinigt wird, dass Jemand nicht arbeitsfähig ist.
Da der Bf. darauf verzichtet hat, allfällig vorhandene Rückerstattungsansprüche geltend zu machen, spricht die fehlende Kostenübernahme weder für noch gegen eine medizinisch indizierte Operation.
Wer die steuerliche Begünstigung der außergewöhnlichen Belastung beansprucht, ist behauptungs- und beweispflichtig und muss 1.) die Krankheit bekannt geben, die behandelt worden ist und 2.) die nach der vorzit. VwGH-Rechtsprechung erforderlichen Nachweise erbringen. Wird daher die Krankheit, die mit Bodylift und Oberschenkelstraffung geheilt oder gelindert werden sollte, nicht offen gelegt, wird nicht einmal behauptet, dass mit dieser Operation eine Krankheit geheilt oder gelindert werden soll, weshalb die Operationskosten schon aus diesem Grund nicht als außergewöhnliche Belastung absetzbar sind.
Wer seine Informationen aus Broschüren, online-Steuerbüchern und Anrufen bei Hotlines bezieht, erhält keine rechtsverbindlichen Auskünfte, weshalb dem Bf. auch nicht „zugesichert“ (© Bf.) worden ist, dass die Operationskosten für Bodylift und Oberschenkelstraffung als außergewöhnliche Belastung absetzbar sind.
Das Beschwerdebegehren war daher abzuweisen.
Revision
Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung abhängt.
Grundsätzlich bedeutende Rechtsfragen musste das Bundesfinanzgericht iZm dem Beschwerdepunkt Pendlerpauschale und Pendlereuro nicht beantworten, da durch Beweiswürdigung zu beantwortende Sachfragen nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sind ().
Die Rechtsfrage, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit Operationskosten außerordentlich belastend sind, hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner de dato ständigen Rechtsprechung bereits beantwortet (vgl. bspw. ).
Die (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 6 lit. g EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7105648.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at