Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 17.02.2017, RV/2100642/2010

Einstellung der Beschwerdeverfahren nach Löschung der GmbH im Firmenbuch nach § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der Bf über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend die Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr von Lohnsteuer und die Fesetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichfonds für Familienbeihilfe für die Jahre 2005, 2006, 2007, 2008 und 2009 beschlossen:

Die Beschwerdeverfahren werden eingestellt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Als Ergebnis einer GPLA ergingen die gegenständlich angefochtenen Bescheide mit den strittigen Punkten Reisekosten, Urlaubsablösen, begünstigte Auslandstätigkeit, SEG-Zulagen und Aushilfen. Den angefochtenen Bescheiden liegen Abgabennachforderungen an Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag in Höhe von insgesamt Euro 634.006,49 zu Grunde. Laut Firmenbuch wurde mit Beschluss des zuständigen Handelsgerichtes vom 1.1. das Konkursverfahren eröffnet und die Gesellschaft infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst. Aus dem Firmenbuch ist schließlich ersichtlich, dass die amtswegige Löschung der Firma der Beschwerdeführerin gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit am 2.2. eingetragen wurde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 40 Abs. 1 FBG (Firmenbuchgesetz) kann eine Kapitalgesellschaft, die kein Vermögen besitzt, auf Antrag der nach dem Sitz der Gesellschaft zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung oder der Steuerbehörde oder von Amts wegen gelöscht werden; mit der Löschung gilt die Gesellschaft als aufgelöst. Eine Abwicklung findet nicht statt. Sofern das Vorhandensein von Vermögen nicht offenkundig ist, gilt eine Kapitalgesellschaft bis zum Beweis des Gegenteils auch dann als vermögenslos, wenn sie trotz Aufforderung durch das Gericht die Jahresabschlüsse und gegebenenfalls die Lageberichte (§§ 277 ff UGB) von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht vollständig vorlegt.

Die Löschung gemäß § 40 Abs. 1 FBG sowie die im Firmenbuch gemäß § 39 Abs. 2 FBG einzutragende Auflösung gelten zwar nur als deklarativ und führen grundsätzlich nicht zur Vollbeendigung der Gesellschaft (vgl. dazu auch ). Jedoch ist mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv auch der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (vgl. ; 3 Ob113/07z), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam (vgl. ).

Die Vertretungsregelung des § 80 Abs. 3 BAO erfasst nur jene Fälle, in denen eine Liquidation (§ 89 GmbHG) stattgefunden hat. Nicht erfasst sind Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft gemäß § 40 Abs. 1 FBG wegen Vermögenslosigkeit durch das Gericht gelöscht wird oder eine Gesellschaft gemäß § 39 Abs. 1 FBG bei Konkursabweisung mangels eines zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichenden Vermögens (§ 71b IO) als aufgelöst gilt und daher mangels Vermögens von Amts wegen zu löschen ist. Eine Veranlassung zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs. 1 BAO erfordert, dass die Sache "wichtig" iSd Bestimmung ist und die gelöschte (vermögenslose) GesmbH die Kosten eines Kurators tragen kann.

Ergänzend zu der vom zuständigen Gericht festgestellten Vermögenslosigkeit im Firmenbuch wurde das Finanzamt mit Schreiben vom ersucht, bekannt zu geben, ob durch die vom Bundesfinanzgericht beabsichtigte Einstellung des anhängigen Beschwerdeverfahrens im Sinne des Erkenntnisses des , noch direkt oder indirekt abwickelbares Aktivvermögen der gelöschten Gesellschaft betroffen wäre.

Hiezu hat das Finanzamt ausgeführt, dass der vollstreckbare Rückstand per Euro Million,64 betragen würde. Angesichts des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 40 FBG am 2.2. gelöscht wurde, könne bei der Primärschuldnerin von einer Uneinbringlichkeit ausgegangen werden. Eine Nachtragsliquidation oder Ähnliches sei dem Finanzamt nicht bekannt. Die strittigen Abgaben seien im Insolvenzverfahren angemeldet worden. Der Masseverwalter habe keine Einwendungen gegen die Anmeldung erhoben und es sei bereits eine Verteilungsquote von X% ausgeschüttet worden. Die strittigen Abgaben seien teilweise durch Quotenausschüttung bezahlt worden. Eine Stattgabe der gegenständlichen Beschwerde würde zwar zum Entstehen der bereits auf diese Abgabe entrichteten Insolvenzquote führen, allerdings würden einer derartigen Gutschrift Abgabenforderungen von insgesamt Euro Million,64 gegenüberstehen. Nach der überwiegenden Rechtsprechung würde mangelnder Abwicklungsbedarf zu einer Einstellung des Beschwerdeverfahrens führen. Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens hätte keinen Rückzahlungsanspruch zur Folge.

Unzweifelhaft ist die Beschwerdeführerin als vermögenslos anzusehen. Aufgrund der Löschung im Firmenbuch gemäß § 40 FBG ist grundsätzlich auch davon auszugehen, dass die Rechtspersönlichkeit der Beschwerdeführerin untergegangen ist. Nach der Judikatur des VwGH (vgl. Erkenntnis vom , Ro 2014/13/0035) ist der Fortbestand der Rechtssubjektivität einer wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH zu bejahen, solange noch ein Abwicklungsbedarf besteht.

In vorliegenden Fall kann jedoch ein Abwicklungsbedarf im Zusammenhang mit den gegenständlich anhängigen Beschwerdeverfahren nicht erblickt werden, da einerseits im Falle einer Abweisung des Beschwerdeverfahrens die betroffenen Abgaben wegen der festgestellten Vermögenslosigkeit und dem Untergang der Rechtspersönlichkeit der Beschwerdeführerin nicht hereingebracht werden können und andererseits im Falle einer Stattgabe der Beschwerdeverfahren es zu keinem Aktivvermögen der gelöschten GmbH kommen kann, da die strittigen Abgaben grundsätzlich noch nicht entrichtet wurden. Darin, dass die gegenständlich strittigen Abgaben nach Auskunft des Finanzamtes im Insolvenzverfahren angemeldet wurden, der Masseverwalter dagegen keine Einwendungen erhoben hat und bereits eine Verteilungsquote von X % ausgeschüttet wurde, kann im Falle einer Stattgabe ebenfalls kein Abwicklungsbedarf ersehen werden, da dem andere vollstreckbare Abgabenforderungen in Höhe von insgesamt Euro Million,64 gegenüberstehen.

Obwohl nun nach Auskunft des Finanzamtes am xx.2014 von einer Steuerberatungskanzlei selbst im System der Finanzverwaltung eine Zustellvollmacht  gesetzt wurde und damit Bescheide wirksam zugestellt werden könnten, waren die gegenständlichen Beschwerdeverfahren aus den oben dargestellten Gründen, wie aus dem Spruch ersichtlich, einzustellen.

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG ist gegen ein Erkenntnis (bzw. Beschluss) des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nachdem die Beschwerde insoweit keine für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme und Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen die Unzulässigkeit der Revision sprechen würden, nicht vorgebracht wurden, wird unter Hinweis auf die zitierte eindeutige und einheitliche Rechtsprechung (vgl. insbesondere und die dortigen Verweise) die Einbringung einer Revision als unzulässig erachtet.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 40 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.2100642.2010

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at