Keine Hochrechnung bei ganzjährig bezogenen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den R in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch X, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Y vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2015, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (Bf.) war im Streitjahr 2015 laut elektronisch übermittelten Lohnzetteln das ganze Jahr über bei der AA-GmbH als Dienstnehmer beschäftigt und erzielte aus diesem Dienstverhältnis nichtselbständige Einkünfte von 10.326,75 € (für den Zeitraum 1. Jänner bis ) und von 1.518,87 € (für den Zeitraum 1. Jänner bis ). Von Jänner bis März 2015 erhielt der Bf. zusätzlich Weiterbildungsgeld nach dem AlVG 1977, bezugsauszahlende Stelle war das Arbeitsmarktservice Österreich.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2015 unter Anwendung der Bestimmung des § 3 Abs. 2 EStG 1988 mit 30,00 € fest; dabei wurden die gesamten Einkünfte des Bf. in die Hochrechnung miteinbezogen. Der Bescheid enthält folgende Begründung:
"Bei der Ermittlung des Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) - siehe Hinweise zur Berechnung - wurden zuerst Ihre steuerpflichtigen Einkünfte auf den Jahresbetrag umgerechnet, Sonderausgaben und andere Einkommensabzüge berücksichtigt und anhand der sich für das umgerechnete Einkommen ergebenden Tarifsteuer ein Durchschnittssteuersatz ermittelt und auf Ihr Einkommen angewendet (Umrechnungsvariante). Danach ist anhand einer Kontrollrechnung festzustellen, ob sich bei Hinzurechnung der Bezüge gemäß § 3 Abs. 2 EStG 1988 gegenüber der Umrechnungsvariante eine niedrigere Steuer ergibt. Da dies in Ihrem Fall zutrifft, wurde der Tarif daher nicht auf das im Bescheid ausgewiesene, sondern auf ein Einkommen von 13.808,82 € angewendet."
Gegen den angeführten Bescheid erhob der Bf. am Beschwerde:
Mit dem angefochtenen Bescheid sei für 2015 eine Nachforderung von 30,00 € festgesetzt worden.
Für das Jahr 2015 lägen die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 nicht vor, sodass es sich um eine Antragsveranlagung gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 handle.
Der Bf. ziehe hiermit seinen Antrag auf Veranlagung zurück und beantrage die ersatzlose Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für 2015 vom .
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab:
Da der Bf. im Veranlagungszeitraum zumindest zeitweise gleichzeitig Bezüge von zwei oder mehreren Arbeitgebern erhalten habe, lägen die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 41 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 vor. Deshalb sei eine Zurückziehung des Antrages des Bf. nicht möglich.
In seinem Vorlageantrag vom führte der Bf. aus, es handle sich nicht um gleichzeitige Bezüge zweier oder mehrerer Arbeitgeber, sondern um Bezüge nur eines Dienstgebers, welche über zwei Lohnzettel bescheinigt worden seien. Es handle sich auch nicht um überlappende Zeiträume in der Erbringung der Dienstleistung oder in der Auszahlung.
Weiters sei laut Auskunft einer Schalterbeamtin des Finanzamtes die Berechnung der Hochrechnung fehlerhaft durchgeführt worden, da jedenfalls die Bezüge aus geringfügiger Beschäftigung während des Erhalts des Weiterbildungsgeldes aus der Berechnung herausgenommen werden müssten. Dies sei in diesem Fall bei der automatisierten Berechnung nicht geschehen, sondern hätte bei der Eingabemaske manuell an-/weggeklickt werden müssen.
Eine Überprüfung der angewandten Hochrechnungsmethode sei dem Bf. jedoch nicht möglich gewesen, da im Bescheid nur das Ergebnis der Kontrollrechnung, nicht aber die Hochrechnung zu finden sei.
Da im vorliegenden Fall ohnedies ganzjährig Erwerbseinkünfte bezogen worden seien (Jänner bis März 2015 geringfügige Beschäftigung während des Bildungsgeldbezuges, April bis Dezember 2015 Teilzeitarbeit), wäre eine Hochrechnung der Einkünfte auf einen fiktiven Jahresbetrag jedoch nicht geboten gewesen (Jakom/Laudacher EStG, 2013, § 3 Rz 122). Weiters verwies der Bf. auf das Erkenntnis , wonach bei ganzjährig bezogenen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit keine Hochrechnung vorzunehmen sei.
Die im Jahr 2015 erzielten steuerpflichtigen Einkünfte seien daher ohne Anwendung der Bestimmung des § 3 Abs. 2 EStG 1988 zu versteuern.
Der Bf. beantrage daher eine Neufestsetzung der Einkommensteuer ohne Hoch- bzw. Kontrollrechnung und die Überweisung der dabei entstehenden Gutschrift auf sein Bankkonto.
Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Im Bezug habenden Vorlagebericht führte das Finanzamt ua. aus, der Bf. habe von Jänner bis März 2015 Weiterbildungsgeld vom Arbeitsmarktservice bezogen. Während dieser Zeit habe der Bf. geringfügig bei seinem Arbeitgeber gearbeitet. Danach sei er wieder teilzeitbeschäftigt gewesen.
Es sei eine Hochrechnung der gesamten Einkünfte erfolgt. Tatsächlich sei der Betrag der geringfügigen Beschäftigung während des Bezuges des Weiterbildungsgeldes (im gegenständlichen Fall 1.518,87 €) nicht in die Hochrechnung miteinzubeziehen. Jedenfalls hochzurechnen seien die außerhalb des Leistungszeitraumes des Weiterbildungsgeldes ausbezahlten Bezüge des Dienstgebers.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Fest steht im gegenständlichen Fall, dass der Bf. im Streitzeitraum 2015 das ganze Jahr über bei der AA-GmbH als Dienstnehmer beschäftigt war (Jänner bis März 2015 geringfügige Beschäftigung während des Weiterbildungsgeldbezuges, April bis Dezember 2015 Teilzeitarbeit) und dass er von diesem Dienstgeber ganzjährig Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen hat.
Dass aber für den Fall, dass neben dem Arbeitslosengeld - dies gilt auch beim Bezug von Weiterbildungsgeld infolge Bildungskarenz - ganzjährig geringfügige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen werden, eine Hochrechnung nicht zu erfolgen hat, und zwar - entgegen der Rechtsauffassung des Finanzamtes - auch nicht hinsichtlich jener Teile, die außerhalb der Zeit der Arbeitslosigkeit (bzw. des Bezuges von Weiterbildungsgeld) zugeflossen sind, hat das Bundesfinanzgericht, worauf der Bf. im Vorlageantrag vom zu Recht hinweist, in seinem Erkenntnis , bereits ausgesprochen, weshalb es in diesem Zusammenhang genügt, auf dieses Judikat zu verweisen. Darin hat das Bundesfinanzgericht ua. folgendes ausgeführt:
" Die Bestimmung [des § 3 Abs. 2 EStG 1988] soll verhindern, dass das steuerfreie Arbeitslosengeld bzw. Weiterbildungsgeld progressionsmindernd auf die außerhalb der Zeit der Arbeitslosigkeit oder Bildungskarenz bezogenen Einkünfte wirkt. Das Hochrechnen von Einkünften auf einen fiktiven Jahresbetrag ist jedoch dann nicht geboten, wenn - so wie im vorliegenden Beschwerdefall - Einkünfte ohnedies ganzjährig bezogen werden (Jakom/Laudacher EStG, 2013, § 3 Rz 122), das steuerfreie Bildungsgeld entfaltet diesbezüglich keine progressionsmindernde Wirkung. Ganzjährig bezogene Einkünfte fiktiv um die in der Zeit der Arbeitslosigkeit oder Bildungskarenz bezogenen Teile zu kürzen und dann die restlichen, außerhalb dieses Zeitraumes gelegenen Bezugsteile in die Hochrechnung einzubeziehen, führt zu einer dem Gesetzeszweck des § 3 Abs. 2 EStG 1988 nicht entsprechenden Progressionserhöhung der tatsächlich außerhalb der Zeit der Arbeitslosigkeit bzw. Bildungskarenz erzielten anderen Einkünfte."
Im streitgegenständlichen Fall hat der Bf. unstrittig während des gesamten Veranlagungszeitraumes 2015 Erwerbseinkünfte von der AA-GmbH bezogen, die auch zu versteuern sind. Dem Bf. ist daher zuzustimmen, dass in diesem Fall keine Hochrechnung nach § 3 Abs. 2 EStG 1988 - und war auch nicht hinsichtlich jener Bezüge des Dienstgebers, die außerhalb des Leistungszeitraumes des Weiterbildungsgeldes ausbezahlt wurden - zu erfolgen hat.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Unzulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da sich die angeführten Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz ergeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 3 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.7105820.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at