Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.02.2017, RV/2100479/2013

Vom Arbeitgeber gezahlte Prämien für die Kasko-Versicherung eines arbeitnehmereigenen Fahrzeuges

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter AAA in der Beschwerdesache der Bf, über die Berufung (jetzt: Beschwerde) vom , gerichtet gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom , betreffend die Festsetzung von Lohnsteuer gemäß § 202 BAO iVm § 82 EStG sowie die Festsetzung von Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) gemäß § 201 BAO, jeweils für die Jahre 2008 bis 2012, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zuge einer Lohnsteuerprüfung traf der Prüfer nach dem als Bescheidbegründung dienenden Prüfungsbericht unter anderem folgende Feststellung:
"... Bezahlt der Arbeitgeber Prämien zu einer KFZ-Haftpflichtversicherung für ein arbeitnehmereigenes KFZ, liegt ein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Vom Arbeitgeber bezahlte Prämien für eine KFZ-Kaskoversicherung stellen dann Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar, wenn aus dem Versicherungsvertrag der Arbeitnehmer begünstigt ist. ..."

Die vom Prüfer unter Zugrundelegung der vom Arbeitgeber gezahlten Versicherungsbeiträge errechnete Lohnsteuer und der entsprechende Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) wurden vom Finanzamt mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden festgesetzt.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung (jetzt: Beschwerde) führte die Beschwerdeführerin auszugsweise aus:
"Die Berufungswerberin hat zur Abdeckung des Haftungsrisikos bei Beschädigungen von dienstnehmereigenen Fahrzeugen im Zuge von Unfällen im Rahmen der Dienstverrichtung für gewisse Arbeitnehmer eine Kaskoversicherung abgeschlossen.
Mit den vorgenannten Haftungsbescheiden hat das Finanzamt Graz-Stadt festgestellt, dass die Prämien, welche der Arbeitgeber zu einer KFZ-Haftpflichtversicherung für ein arbeitnehmereigenes KFZ bezahlt, als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind und Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit darstellen, weil aus dem Versicherungsvertrag der Arbeitnehmer begünstigt ist. Die
Berufungswerberin wurde daher mit vorerwähnten Bescheiden zu einer Nachzahlung der Einkommensteuer dieser Prämien verpflichtet.

Dieser Rechtsauffassung kann nicht gefolgt werden.

Die von der Bfin abgeschlossene Kaskoversicherung hat ausschließlich den Zweck, das Risiko des Arbeitgebers im Falle von Beschädigungen der dienstnehmereigenen Fahrzeuge auf die Versicherung zu übertragen.
Die diesbezügliche Prämienzahlung der Bfin wurde vom Prüforgan als Vorteil für die betroffenen Arbeitnehmer qualifiziert und aufgrund des Zuflussprinzips der Lohnsteuer unterzogen.

Dagegen wendet die Bfin ein, dass dieser Rechtsmeinung aus folgenden Gründen nicht beigepflichtet werden kann:

Infolge der Rechtsprechung der Höchstgerichte (OGH und VwGH) haftet der Arbeitgeber für jeden Schaden, den der Arbeitnehmer im Rahmen der dienstlichen Verrichtung an seinem Fahrzeug erleidet, wenn dem nicht bestimmte Umstände entgegenstehen (z.B. Vorsatz).
Diese abstrakte Arbeitgeberhaftung kann auch vom Arbeitnehmer durch den Abschluss einer Kaskoversicherung für sein Fahrzeug nicht abgewendet werden, da der Versicherungsträger im Falle eines Dienstunfalls einen Regressanspruch gegen den Arbeitgeber hat. Es besteht daher nur die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber die volle Schadenszahlung selbst übernimmt oder aber seinerseits eine Versicherung abschließt, welche die entsprechenden Schadenersatzansprüche gegen den Arbeitgeber übernimmt.
Daher hat die Bfin seit Jahren Kaskoversicherungen für jene Arbeitnehmer abgeschlossen, welche ihre Fahrzeuge dem Arbeitgeber für dienstliche Fahrten zur Verfügung stellen müssen (die entsprechenden Verpflichtungen sind in den jeweiligen Arbeitsverträgen festgelegt). Die Bfin bezahlt den Arbeitnehmern für die Zurverfügungstellung der Fahrzeuge das amtliche Kilometergeld. Das amtliche Kilometergeld deckt die außerordentlichen Beschädigungen an Fahrzeugen nicht ab (siehe Lohnsteuerrichtlinien RZ 372) Der Arbeitgeber haftet daher im Falle eines Schadens trotzdem für diesen.
Da es sich bei der Bfin um einen Mittelbetrieb handelt, deren Belegschaft zur Hälfte im Außendienst tätig ist und für die die Bfin die volle vorerwähnte abstrakte Schadenshaftung trifft, wäre es für die Bfin finanziell nicht verkraftbar, dass bei mehreren größeren Schäden an Fahrzeugen im Kalenderjahr entsprechende Haftungszahlungen an die Arbeitnehmer erfolgen. Daher wurde zur Hintanhaltung dieser Haftung des Arbeitgebers eine entsprechende Versicherung abgeschlossen, die vor Neufassung des Versicherungsvertragsgesetzes im Jahre 1993 noch die Berufungswerberin selbst als Vertragspartner des Versicherungsinstitutes auswies, Seit dem Jahr 1993 ist dies jedoch rechtlich nicht mehr möglich, weil nur mehr der Halter eines Fahrzeuges als Inhaber der Polizze aufscheinen kann Beim Abschluss der Versicherung hat sich nichts geändert. Die Bfin schließt nach wie vor die Versicherungsverträge ohne Zutun des Arbeitnehmers ab (siehe Anlage l).
Jeder betroffene Arbeitnehmer ist dienstvertraglich verpflichtet, die Versicherung zu akzeptieren. Selbst beim Arbeitnehmer, der nicht Arbeitnehmer der Bfin, sondern nach wie vor XY, hat die Berufungswerberin im diesbezüglichen Vertrag darauf bestanden, dass eine entsprechende Klausel beigefügt wird (siehe Anlage 2 und 3).
Die Bfin schließt die Verträge nicht für die jeweiligen Fahrzeuge der betroffenen Arbeitnehmer ab, sondern für einen „fiktiven Dienstwagen" Derzeit handelt es sich dabei um einen ... Fährt ein Arbeitnehmer ein Fahrzeug, das über den vorerwähnten Versicherungswert des „fiktiven Dienstwagens“ hinausgeht, ist der darüberhinausgehende Betrag vom Arbeitnehmer selbst zu zahlen.
Für die private Nutzung des arbeitnehmereigenen Fahrzeuges, die weit unter der dienstlichen Nutzung liegt, werden dem Arbeitnehmer 25% der Prämie der Kaskoversicherung, welche die Bfin bezahlt, als Selbstbehalt vorgeschrieben und anlässlich der Sonderzahlungen vom Gehalt abgezogen. Der Selbstbehalt ergibt sich aufgrund des Verhältnisses zwischen den privat und dienstlich zurückgelegten Kilometern im Laufe eines Kalenderjahres (siehe Anlage 4).
In den Lohnsteuerrichtlinien RZ 664 ist festgelegt, dass Prämienzahlungen nicht zu den Einkünften aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit zählen, wenn aus dem Versicherungsvertrag der Arbeitgeber begünstigt ist. Im gegenständlichen Fall trifft dieser Umstand voll zu. Durch den Abschluss des Versicherungsvertrages wälzt ausschließlich der Arbeitgeber die ihn treffende abstrakte Schadenshaftung auf den Versicherungsträger über. Für die betroffenen Arbeitnehmer besteht die arbeitsrechtliche Verpflichtung sich der versicherungsvertraglichen Vereinbarung zu unterziehen und wird diese Verpflichtung bereits bei der Aufnahme in den Dienst den betroffenen Arbeitnehmern bekannt gegeben und für  die Aufnahme vorausgesetzt. Eine Entscheidungsfreiheit des betroffenen Arbeitnehmers ist daher nicht gegeben.
Dies geht so weit, dass, sollte sich ein Arbeitnehmer später weigern, sein Fahrzeug derart versichern zu lassen, ihm dienstliche Verrichtungen mit diesem Fahrzeug ausdrücklich untersagt werden (siehe Anlage 5).
Ein Vorteil für den Arbeitnehmer kann auch deshalb nicht abgeleitet werden, weil jegliche Benützung des Fahrzeuges über die dienstliche hinaus, im Hinblick auf mögliche Schadensereignisse vom Arbeitnehmer selbst durch den entsprechenden Selbstbehalt abzudecken ist.
Wäre diese strenge arbeitsrechtliche Vorschrift nicht existent, wäre es sicherlich in dem einen oder anderen Fall möglich, dass der Arbeitnehmer nicht an den Abschluss einer Versicherung denkt, weil ohnedies der Arbeitgeber im Falle eines Schadens schadensersatzpflichtig wäre. Erleidet der Arbeitnehmer einen privat verursachten Schaden, kann auch aus diesem Titel kein Vorteil für den Arbeitnehmer hervorgehen, weil die Bfin für diese Fälle keinerlei Prämien bezahlt. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer nicht nur den Selbstbehalt für Privatfahrten aus eigener Tasche bezahlen, sondern auch die Differenz der Prämie von dem „fiktiven Dienstwagen“ zum tatsächlich benützten Fahrzeug des Arbeitnehmers.
Daraus ergibt sich zusammenfassend, dass die Prämienzahlung der Berufungswerberin keinesfalls als Vorteil für die betroffenen Arbeitnehmer zu qualifizieren ist und somit auch kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt."

Als Anlagen sind angeschlossen:
Anlage 1: Ablichtung eines Antrages auf Abschluss einer "Kollision-Aktiv"-Versicherung (so genannte "VollKasko-Versicherung"), aus der hervorgeht, dass als Versicherungsnehmer der Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin genannt ist und als versichertes Fahrzeug jenes des Arbeitnehmers bezeichnet ist.

Anlagen 2 und 3: Ablichtungen eines Dienstvertrages vom und einer Zustimmungserklärung vom , auf welche die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde hingewiesen hat.

Anlage 4: Eine nicht unterfertigte Aufstellung für einen Dienstnehmer, wonach dieser im Jahr 2012 insgesamt 32.124 Kilometer gefahren ist, "davon während der Dienstverrichtung: 24.977 Kilometer".

Anlage 5: Eine Ablichtung der in der Beschwerde erwähnten Dienstanweisung vom .

Über die Berufung (jetzt: Beschwerde) wurde erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit.a EStG 1988 gehören (unter anderem) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (sind daher Arbeitslohn).

Gemäß § 15 Abs. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 zufließen. Die Veräußerung von Wirtschaftsgütern führt nur dann zu Einnahmen, wenn dies ausdrücklich angeordnet ist. Hinsichtlich der durchlaufenden Posten ist § 4 Abs. 3 anzuwenden.

Nach § 15 Abs. 2 EStG 1988 sind geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen.

Als Vorteil aus dem bestehenden Dienstverhältnis kommt alles in Betracht, was im Rahmen eines Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer zufließt. Es können dies Geldleistungen oder geldwerte Vorteile (Sachbezüge) sein. Zu solchen Vorteilen gehören auch Leistungen zu einer Versicherung, die dem Arbeitnehmer gehört.
Um hievon sprechen zu können, muss der Arbeitnehmer im Versicherungsverhältnis eine solche Stellung haben, dass er über die Ansprüche aus der Versicherung verfügen kann, es müssen ihm also die Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis zustehen (vgl. z.B. ).

Es besteht kein Zweifel (und wird von der Beschwerdeführerin auch gar nichts Anderes behauptet), dass die gegenständlichen Arbeitgeberleistungen unter keine der im § 26EStG oder § 3 EStG genannten Arbeitgeberleistungen subsumiert werden können.

Im vorliegenden Fall wurden die "Vollkasko-Versicherungen" durch den Arbeitgeber als Machthaber für seine Arbeitnehmer geschlossen. Versicherungsnehmer, und mangels anders lautender Verfügungen, alleiniger Anspruchsberechtigter aus dem jeweiligen Versicherungsvertrag ist daher nach den Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes der Arbeitnehmer, der grundsätzlich dem Versicherer gegenüber auch zur Zahlung der Versicherungsprämie verpflichtet ist

Damit ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass die (vom Arbeitgeber gezahlte) Versicherungsprämie jedenfalls einen Vorteil des Dienstnehmers aus dem Dienstverhältnis darstellt. Ob es sich dabei um einen Geld- oder einen Sachbezug handelt kann dahingestellt bleiben (vgl. dazu auch , , , und ).

Auch dem Umstand, dass die Arbeitnehmer pauschal einen Anteil von 25 v.H. der Versicherungsprämie selbst bezahlen mussten, kommt im gegenständlichen Fall keine Bedeutung zu:
Die Frage, ob und mit welchem Anteil die Versicherungsprämien als beruflich veranlasste Aufwendungen anzusehen sind, kommt nämlich nicht dem Arbeitgeber zu sondern nur dem Finanzamt. Dem Grunde nach stellen alle auf berufliche Fahrten entfallenden Ausgaben und Aufwendungen Werbungskosten des Arbeitnehmers dar, die er beim Finanzamt im Rahmen einer Veranlagung als solche zum Abzug beantragen kann. Der Vollständigkeit halber sei hier jedoch darauf hingewiesen, dass die gesamten anteiligen KFZ-Kosten nur insoweit tatsächlich als Werbungkosten abgezogen werden dürften, als sie die dem Arbeitnehmer unversteuert gewährten Kostenersätze (Kilometergelder) übersteigen (vgl. § 20 Abs. 2 EStG).

Da die angefochtenen Bescheide somit der anzuwendenden Rechtslage entsprechen, musste die dagegen erhobene Berufung (jetzt: Beschwerde), wie im Spruch geschehen, als unbegründet abgewiesen werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.2100479.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at