Auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung bei Unterstützung der Eltern
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat
durch den Richter
A
in der Beschwerdesache
BF, Adresse, Ort,
gegen
FA, FAStrasse, FAOrt
wegen
Rechtswidrigkeit der Bescheide betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Einkommenssteuer 2013, die Einkommensteuer 2013 sowie die Einkommenssteuer 2014, alle vom , betreffend Einkommensteuer
zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die BF reichte am auf elektronischem Weg die Erklärung über die Arbeitnehmerveranlagung 2013 beim FA ein und machte dabei als Werbungskosten Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von € 1.043,60, Kosten für doppelte Haushaltsführung in Höhe von € 9.621,29 sowie sonstige Werbungskosten in Höhe von € 605,64 geltend.
Mit Bescheid vom veranlagte das FA die BF erklärungsgemäß und berücksichtigte diese Werbungkosten in Höhe von gesamt € 11.270,53.
Am reichte die BF auf elektronischem Weg die Erklärung über die Arbeitnehmerveranlagung 2014 beim FA ein und machte dabei als Werbungskosten Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von € 1.099,40, Kosten für doppelte Haushaltsführung in Höhe von € 9.455,89 sowie sonstige Werbungskosten in Höhe von € 2.027,85 geltend.
Mit Bescheiden vom verfügte das FA die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Einkommensteuer 2013 und begründete dies damit, dass im Zuge der Veranlagung für 2014 auch der Dienstvertrag für die ab 2013 neu begonnene Tätigkeit angefordert und dabei festgestellt worden sei, dass die BF im Gegensatz zu 2012 einen unbefristeten Arbeitsvertrag habe.
Mit dem Wiederaufnahmebescheid verband das FA einen neuen Einkommensteuerbescheid für 2013, in dem die Werbungkosten für Familienheimfahrten und für doppelte Haushaltsführung nicht anerkannt wurden. Diese Kosten stellten keine berufsbedingten Aufwendungen dar. Für die notwendige Pflege des Vaters reichten einzelne Besuche der BF nicht aus. Diese Fahrten seien als Besuchsfahrten zu qualifizieren.
Zu den sonstigen für 2013 beantragten Werbungskosten führte das FA aus, dass aus den geltend gemachten Telefonkosten ein Privatanteil von 40% ausgeschieden worden sei.
Am gleichen Tag erließ das FA auch einen Einkommensteuerbescheid für 2014 in dem die beantragten Werbungkosten für Familienheimfahrten und für doppelte Haushaltsführung mit einer vergleichbaren Begründung nicht anerkannt wurden.
Zu den sonstigen für 2014 beantragten Werbungskosten führte das FA aus, dass diese Kosten aufgrund der vorgelegten Belege korrigiert worden seien und Geschenke an Kollegen als Kosten der privaten Lebensführung nicht abgesetzt werden könnten.
Gegen alle drei Bescheide erhob die BF binnen offener Frist Beschwerde und führte darin zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass dem FA aufgrund der vorliegenden Lohnzettel bereits Anfang 2014 bekannt gewesen sei, dass ihr Arbeitsverhältnis am geendet habe, sie danach Arbeitslosengeld am Familienwohnsitz bezogen habe und das neue Arbeitsverhältnis am begonnen habe.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens diene nicht dazu, die Folgen einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung zu beseitigen. Der Wiederaufnahmebescheid sei daher aufzuheben.
In der Sache führte die BF für die Jahre 2013 und 2014 aus, dass die Beibehaltung Ihres Familienwohnsitzes dadurch bedingt sei, dass ihr Vater pflegebedürftig und auch Pflegegeldbezieher sei und sie die Betreuung und Hilfe sowie die Unterstützung ihrer Mutter und ihres Vater in Behördenangelegenheiten während ihrer Besuche ausführe. Da sie vollzeitbeschäftigt sei, übe sie diese Tätigkeiten hauptsächlich an Wochenenden aus.
Nachdem ihr altes Dienstverhältnis mit befristet gewesen sei, habe sie nach siebenmonatiger intensiver jedoch ergebnisloser Suche nach einer passenden Stelle am Familienwohnsitz eine neue Arbeitsstelle in Wien angenommen. Doch selbst wenn ihre Arbeitsstelle in Salzburg gelegen wäre, könnte sie aufgrund ihrer Arbeitszeiten, Überstunden, Dienstreisen und sonstiger Verpflichtungen ihre Pflegetätigkeiten nur am Wochenende erbringen.
In Eventu beantragte die BF für den Fall, dass das FA ihrer Ansicht nicht folgen sollte, wonach eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung vorliege, dass die Kosten der doppelten Haushaltsführung sowie der Familienheimfahrten vorübergehend für die in den Lohnsteuerrichtlinien genannten maximalen Zeiten berücksichtigt würden.
Das FA wies diese Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidungen vom als unbegründet ab und verwies in den Beschwerdevorentscheidungen hinsichtlich der Wiederaufnahme des Verfahrens unter Darstellung des Verfahrensganges darauf, dass der Sachverhalt in Bezug auf das Vorliegen eines unbefristeten Dienstverhältnisses um Zeitpunkt der erstmaligen Bescheiderlassung nicht so vollständig bekannt gewesen sei, dass das FA zu der rechtlichen Beurteilung hätte kommen können.
In der Sache führte das FA aus, dass die BF ihren Wohnsitz im September 2009 mit Beginn der bis Dezember 2012 befristeten Tätigkeit nach Wien verlegt habe und nach zweiwöchigem Arbeitslosenbezug eine unbefristete Stelle in Wien angenommen habe. Für den Zeitraum bis Dezember 2012 sei eine doppelte Haushaltsführung unter dem Titel der Befristung des Dienstverhältnisses anzuerkennen gewesen. Ab dem Jahr 2013 und mit einem unbefristeten Dienstverhältnis falle dieser Grund für eine doppelte Haushaltsführung weg.
Der von der BF ins Treffen geführte Grund der Pflege eines nahen Angehörigen am Familienwohnsitz überschreite in der von der BF durchgeführten Form nicht das familiäre Beistandsgebot und bilde für sich allein keinen Grund für die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung.
Darauf beantragte die BF fristgerecht die Vorlage der Beschwerden zur Entscheidung an das BFG.
Zu dem am angesetzten Erörterungstermin erschien die BF nicht. Die Ladung war hinterlegt und am von der BF behoben worden. Am meldete sich die BF telefonisch und teilte mit, dass sie die Ladung erst jetzt gelesen habe. Sie werde allenfalls weitere in der Ladung zum Erörterungstermin angeforderte Unterlagen per e-mail nachreichen.
Bis zur Ausfertigung der Entscheidung am erfolgte keine Nachreichung von Unterlagen.
Das BFG hat dazu erwogen:
Das BFG nimmt den nachfolgend dargestellten Sachverhalt als erwiesen an und legt diesen der Entscheidung zugrunde. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und aus dem Vorbringen der BF im Beschwerdeverfahren. Dieser Sachverhalt ist von den Parteien des Verfahrens nicht bestritten.
Bis in das Jahr 2002 war die BF beruflich in Japan tätig. Im Jahr 2002 zog die BF aus Japan zurück nach Österreich. Sie arbeitete ab 2002 in Wien für eine Rechtsanwaltskanzlei und hatte ihren Hauptwohnsitz in Wien.
Im Jahr 2004 wechselte die BF ihren Arbeitgeber und arbeitete für ein großes Unternehmen im Bundesland Salzburg. Mit Beginn dieser Tätigkeit gab die BF ihren Hauptwohnsitz in Wien auf und verlegte diesen nach Salzburg. Sie wohnte zunächst am Wohnsitz ihrer Eltern und bezog nach ca. sechs Monaten eine Wohnung in der Innenstadt von Salzburg.
Nach dem Ende ihrer Tätigkeit für das Salzburger Unternehmen Ende 2008 und einer achtmonatigen Unterbrechung arbeitete die BF wiederum in Wien. Diese Tätigkeit war vom bis zum befristet. In dieser Zeit meldete sie sich an einer Adresse in Wien als Nebenwohnsitz an, den Hauptwohnsitz in Salzburg hielt die BF aufrecht.
Dies ergibt sich aus dem Vorbringen der BF, dem zentralen Melderegister sowie der Datenbank des FA.
Im Jahr 2012 versuchte die BF über sieben Monate vergeblich eine neue Arbeitsstelle in der Umgebung von Salzburg zu finden. Schließlich nahm sie im Dezember 2012 eine unbefristete Stelle in Wien an. Das Arbeitsverhältnis begann mit . Dies ergibt sich aus dem Vorbringen der BF und dem von ihr vorgelegten Arbeitsvertrag.
In den Streitjahren behielt die BF die beiden Wohnsitze in Salzburg und in Wien bei.
Dies ergibt sich aus dem Vorbringen der BF und dem zentralen Melderegister.
In ihrer seit 2013 ausgeübten Tätigkeit ist die BF unter anderem auch für die französische Tochtergesellschaft ihres Arbeitgebers zuständig und hat neben deutschsprachigen Agenden unter anderem auch Angebote, Vertragsverhandlungen, Claim Management in englischer, französischer und spanischer Sprache mit den jeweiligen potentiellen Auftraggebern vor Ort abzuwickeln. Sie ist aus diesen Gründen bereits aufgrund ihres Dienstvertrages zu Dienstreisen verpflichtet.
Dies ergibt sich aus dem Vorbringen der BF.
Im Jahr 2012 wurde nach einem Krankenhausaufenthalt die Pflegestufe des Vaters des BF erhöht.
Im Jahr 2013 fuhr die BF 22 mal nach Salzburg. Die Kosten dafür betrugen € 1.099,40.
Im Jahr 2014 fuhr die BF ca. 1x im Monat nach Salzburg um die Mutter bei der Pflege zu unterstützen. Die Kosten dafür betrugen € 1.043,60.
Der Vater hatte im Jahr 2014 einen weiteren Krankenhaus- und einen Rehabilitationsaufenthalt.
Dies ergibt sich aus dem Vorbringen der BF und den von ihr vorgelegten Unterlagen.
Die Kosten der Wohnung der BF in Wien betrugen im Jahr 2013 € 9.621,29, im Jahr 2014 betrugen die Kosten € 9.455,89.
Die geltend gemachten sonstigen Werbungskosten 2013 in Höhe von € 605,64 umfassten Telefonkosten in Höhe von € 376,19, weitere sonstigen Werbungskosten wies die BF nicht nach.
Die geltend gemachten sonstigen Werbungkosten 2014 in Höhe von € 2.027,85 umfassten Arbeitsmittel in Höhe von € 535,60, Fortbildungskosten in Höhe von € 1.064,00, Repräsentationsaufwendungen (Einstandgeschenke an Kollegen) in Höhe von € 28,00, weitere sonstigen Werbungskosten wies die BF nicht nach.
Dies ergibt sich aus den von der BF vorgelegten Belegen.
In rechtlicher Hinsicht ist zum gegenständlichen Sachverhalt Folgendes auszuführen:
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b) BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren … von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Dabei ist maßgebend, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können (zB VwGH 23.2.2010, 2006/15/0314; 29.7.2010, 2006/15/0006; 31.5.2011, 2009/15/0135; 19.9.2013, 2011/15/0157).(Ritz, BAO5, § 303 Tz. 24)
Die BF führt in ihrer Beschwerde nun aus, dass dem FA aufgrund der vorliegenden Lohnzettel bereits Anfang 2014 bekannt gewesen sei, dass ihr Arbeitsverhältnis am geendet habe, sie danach Arbeitslosengeld am Familienwohnsitz bezogen habe und das neue Arbeitsverhältnis am begonnen habe.
Das FA habe die Wiederaufnahme des Verfahrens dazu verwendet, die Folgen einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung zu beseitigen.
Dieser Sicht der BF kann sich das BFG nicht anschließen. Zwar ist es richtig, dass die von der BF angeführte Änderung der Arbeitsverhältnisse durch die von den Dienstgebern beim FA eingereichten Lohnzettel bekannt war. Dieses Faktum ist aber für sich allein nicht ausreichend, um den entscheidungswesentlichen Sachverhalt vollständig zu erhellen. Durch das im Jahr 2013 begonnene unbefristete Dienstverhältnis hat sich insofern eine Änderung im Sachverhalt ergeben, als sich die von 2009 bis 2012 als vorübergehende doppelte Haushaltsführung zu beurteilende Wohnsitzsituation der BF zu einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung geworden ist.
Dem FA war aber nicht bekannt, dass es sich bei dem im Jahr 2013 eingegangenen Dienstverhältnis – im Gegensatz zu dem zwischen September 2009 und Dezember 2012 bestehenden befristeten Dienstverhältnis – um ein unbefristetes Dienstverhältnis gehandelt hat.
Gerade dieses Faktum ist aber für die Beurteilung der Anerkennung der Doppelten Haushaltsführung einer alleinstehenden Steuerpflichtigen von wesentlicher Bedeutung, differenziert doch die Judikatur des VwGH und auch die Literatur zwischen einer auf Zeit angelegten doppelten Haushaltführung, die bei einem befristeten Dienstverhältnis vorliegen kann und einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung bei einem unbefristeten Dienstverhältnis und legt auch unterschiedliche Maßstäbe an eine doppelte Haushaltsführung im einen bzw. im anderen Fall an. (Jakom/Lenneis, EStG 2016, § 16 Rz 56 mwN)
Damit ist aber dem FA erst mit der Vorlage des (unbefristeten) Arbeitsvertrages ab dem Jahr 2013 der Sachverhalt in dem wiederaufzunehmenden Verfahren betreffend die ESt 2013 so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Einkommenssteuer 2013 erfolgte daher zu Recht.
Zu den Einkommensteuerbescheiden 2013 und 2014 ist Folgendes anzuführen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. … Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Die von der BF geltend gemachten Kosten für ein privates Mobiltelefon, stellen nach dem Verständnis des BFG ebenso wie nach dem Verständnis der beiden Verfahrensparten Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG dar. Die BF hat glaubhaft dargetan, dass bei der von ihr ausgeübten Tätigkeit eine berufliche Reisetätigkeit auch im Ausland und damit eine Erreichbarkeit außerhalb ihres Büros notwendig ist. Dem von der Behörde gewählten pauschalen Ansatz eines Privatanteiles ist die BF nicht entgegengetreten; er erscheint auch dem BFG unter Berücksichtigung der allgemeinen Lebenserfahrung angemessen.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Ausgaben für Arbeitsmittel (zB Werkzeug und Berufskleidung).
Der von der BF im Dezember 2014 erworbene Aktenkoffer stellt nach dem Verständnis des BFG ebenso wie nach dem Verständnis der beiden Verfahrensparten ein solches Arbeitsmittel dar.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.
Die von der BF im Jahr 2014 geltend gemachten Fortbildungskosten für Fremdsprachkurse (Französisch) stehen der Darstellung der BF mit ihrer beruflichen Tätigkeit im Zusammenhang, da die BF auch für eine französische Tochtergesellschaft ihres Arbeitgebers zuständig ist. Sie sind somit als Werbungkosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 10 EStG abzugsfähig.
Da die BF im Unternehmen auch Schulungen abzuhalten hat, gilt gleiches auch für die Schulungskosten zum Thema Vortragstechnik.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 dürfen Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.
Diese Aufwendungen umfassen auch Einstandsgeschenke an Kollegen. Das BFG folgt dem FA darin, dass die dafür geltend gemachten Kosten in Höhe von € 28,00 nicht abgezogen werden können.
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. … Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1. EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen … aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.
Gemäß § 20 Abs. 2 Z 2 lit. e) EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) nicht abgezogen werden, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs‑)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d angeführten Betrag übersteigen.
Die Beurteilung der geltend gemachten Kosten für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung bewegt sich somit im Spannungsverhältnis der zitierten Bestimmungen der §§ 16 und 20 EStG 1988.
Für die Streitjahre führt die in Wien arbeitende BF aus, dass sie ihren Hauptwohnsitz in Salzburg beibehalten habe, da ihr die Verlegung des Hauptwohnsitzes aufgrund der Unterstützung ihrer Mutter bei der Pflege ihres Vaters in der Stadt Salzburg nicht zumutbar sei.
Zunächst ist die vom FA in der Beschwerdevorlage aufgeworfene Frage zu klären, ob die BF als Ledige, die in Salzburg einen eigenen Wohnsitz unterhält, hier einen Familienwohnsitz im Sinne dieser Bestimmungen unterhält.
Davon ist auszugehen, wenn es sich um den Ort handelt, an dem ein alleinstehender Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen hat. (zB Eltern, Freunde) Mangels gegenteiliger Beweisergebnisse ist daher im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass die BF ihren Familienwohnsitz in Salzburg hat.
Der VwGH hat in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass die Beibehaltung eines Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblich weiter Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, nicht durch die Erwerbstätigkeit, sondern durch Umstände veranlasst ist, die außerhalb der Erwerbstätigkeit liegen. Der Grund, warum Aufwendungen für Familienheimfahrten dennoch als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei den aus der Erwerbstätigkeit erzielten Einkünften Berücksichtigung finden, liegt darin, dass derartige Aufwendungen solange als durch die Einkünfteerzielung veranlasst gelten, als dem Steuerpflichtigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit kann ihre Ursache sowohl in der privaten Lebensführung haben als auch in einer weiteren Erwerbstätigkeit des Ehegatten, ebenso in einer weiteren Erwerbstätigkeiten des Steuerpflichtigen selbst. (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/14/0124, mwN).
Für die einkünftemindernde Berücksichtigung von Heimfahrtkosten muss sohin die Begründung des zweiten Haushaltes am Arbeitsort beruflich veranlasst und die Aufgabe des bisherigen Wohnsitzes unzumutbar sein.
Die Frage der Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (Jakom/Lenneis EStG 2016, § 16, Tz. 56 mwN). Darauf hat auch das FA in der Beschwerdevorentscheidung hingewiesen, es hat die strittigen Kosten für diese Jahre 2009 bis 2012 anerkannt, da die BF zwischen 09/2009 und 12/2012 in Wien in einem befristeten Dienstverhältnis tätig war.
Ab dem Jahr 2013 begründet die BF die Kosten der doppelten Haushaltsführung mit einer, bereits 2012 eingetretenen Pflegebedürftigkeit ihres Vaters und der Unterstützung ihrer Mutter bei der Pflege des Vaters.
Das FA sieht in den Aufenthalten der BF lediglich familienhafte Besuche der BF. Es ist dem FA darin zuzustimmen, dass solche familienhaften Besuche keinen Grund für die Anerkennung von Kosten der doppelten Haushaltsführung darstellen würden. (VwGH, 96/15/0259 vom und 93/13/0013 vom )
Als Grenze darf die Unterstützung der betagten Eltern bei ihrer Haushalts- und Lebensführung an Wochenenden, Feiertagen und im Urlaub gelten. (UFS, RV/1989-W/04) Eine derartige, für die Anerkennung einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung notwendige, Intensität der Betreuung kann das BFG aber im gegenständlichen Fall nicht erkennen. Betrachtet man die von der BF belegte und im Sachverhalt angeführte Häufigkeit ihrer Besuche bei ihren Eltern, so sieht das BFG durchaus die von der BF angeführte Entlastung ihrer Mutter durch diese Besuche. Diese Unterstützung ihrer Eltern an einzelnen Wochenenden bildet aber im Sinne der oben zitierten Entscheidung allein keine Grundlage für die Begründung einer doppelten Haushaltsführung. (Jakom/Lenneis EStG 2016, § 16, Tz. 56 unter Verweis auf RV/1989-W/04)
Damit sind aber die gegenständlichen Beschwerden entschieden. Die Kosten einer doppelten Haushaltsführung sind bei der gegebenen Sachlage steuerlich nicht zu berücksichtigen.
In ihrer Beschwerde betreffend die ESt 2013 beantragte die BF als Alternativbegehen, ihr für das Jahr 2013 die doppelte Haushaltsführung entsprechend den Rz 346ff und Rz 354ff der Lohnsteuerrichtlinien für die maximale Zeit zu berücksichtigen.
Die entsprechenden Bestimmungen der LStR führen im Wesentlichen unter Berücksichtigung der Judikatur des VwGH aus, dass die Kosten für die Begründung eines zweiten Hausstandes (ebenso wie die Kosten von Familienheimfahrten) vorübergehend als Werbungskosten zu betrachten sein könnten. Dieser Zeitraum orientiere sich an der Frist, die für die Beschaffung eines Wohnsitzes im Einzugsbereich des Beschäftigungsortes angemessen sei, wobei von den Verhältnissen des Einzelfalles auszugehen sei, aber im Allgemeinen eine Frist von sechs Monaten ausreichend sei.
Auch wenn das BFG an die Erlässe und Richtlinien des BMF nicht gebunden ist, so ist diese Rechtsansicht des BMF, die in Übereinstimmung mit der Judikatur des VwGH formuliert wurde, nach Sicht des BFG auch für das gegenständliche Verfahren von Bedeutung.
Auch wenn die Frage der Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen ist (Jakom/Lenneis EStG 2016, § 16, Tz. 56 mwN), so kann doch der Sachverhalt im gegenständlichen Fall nicht für den Zeitraum ab 2013 isoliert betrachtet werden.
Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die BF im Jahr 2009 einen Wohnsitz in Wien begründet hat und diesen auch in den Jahren ab 2013 beibehalten hat. Damit erfolgt zwar im Jahr 2013 mit dem Wechsel von einem befristeten in ein unbefristetes Dienstverhältnis eine Änderung der Rahmenbedingungen für die steuerliche Beurteilung einer doppelten Haushaltsführung. Da aber sowohl die befristete Tätigkeit bis 2012 als auch die unbefristete Tätigkeit ab 2013 mit lediglich zwei Wochen Unterbrechung in Wien ausgeübt wurde und wird, kann das BFG nicht erkennen, aus welchem Grund im Jahr 2013 eine (neue) Frist (zB von einem halben Jahr) berücksichtigt werden sollte, um einen Wohnsitz im Einzugsbereich des Beschäftigungsortes zu begründen. Dieser Wohnsitz im Einzugsbereich des Beschäftigungsortes bestand bereits und wurde weiterhin beibehalten.
Für eine Berücksichtigung der Kosten einer doppelten Haushaltsführung im Ausmaß von einem halben Jahr verbleibt somit im Jahr 2013 kein Raum, weswegen sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren der BF als unbegründet abzuweisen waren.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht folgt mit dieser Entscheidung den im Begründungsteil zitierten Entscheidungen des VwGH zu vergleichbaren Sachverhalten.
Eine Revision gegen dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist daher nicht zulässig.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.6100318.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at