Bewertung von bebauten Grundstücken
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vormals: H-GmbH und Miteigentümer, Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes St. Johann Tamsweg Zell am See vom betreffend Einheitswert eines Geschäftsgrundstückes zum zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Höhe des mit Berufungsvorentscheidung vom festgestellten Einheitswertes zum bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Im Beschwerdefall ist die Einheitswertfeststellung (Wert- und Zurechnungsfortschreibung) zum betreffend ein Betriebsgrundstück, ein Kur- und Kongresszentrum, der Beschwerdeführerin (kurz: Bf) strittig.
Mit dem zum EW-AZ XY ergangenen Feststellungsbescheid vom setzte das Finanzamt nach § 21 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 BewG den (nicht erhöhten) Einheitswert ab dem für das Betriebsgrundstück (bewertet als Geschäftsgrundstück ) mit € 1,712.500 fest.
Fristgerecht wurde Berufung erhoben und vorgebracht, dass für das Objekt 'Kongresszentrum' keine Betriebsanlagengenehmigung bestehen würde. Dies würde einen schweren Mangel darstellen, das Gebäude könne daher seiner Zweckbestimmung entsprechend nicht genutzt werden. Mit Kaufvertrag vom , abgeschlossen zwischen der K-GmbH und der G-GmbH, sei ein Nettokaufpreis in Höhe von € 2,366.800 erzielt worden. Darin sei sowohl das Kongresszentrum als auch das Haus T enthalten. Würde man den Nettokaufpreis aufteilen, so würde auf das Kongresszentrum ein Betrag von € 1,183.400 entfallen.
Die Bf beantragte daher, den Einheitswert gemäß § 53 Abs. 10 BewG auf den gemeinen Wert herabzusetzen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Berufung gegen den Feststellungsbescheid zum , Wertfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 BewG, teilweise stattgegeben. Der nicht erhöhte Einheitswert wurde mit € 1,319.600, der gemäß AbgÄG 1982 um 35 % erhöhte Einheitswert mit € 1,781.400 festgestellt. Das Finanzamt berücksichtigte bei der Berechnung des Gebäudewertes einen niedrigeren Durchschnittspreis je Kubikmeter umbauten Raumes und führte in der gesondert ergangenen Bescheidbegründung aus:
"Die Bewertung von bebauten Grundstücken hat nach Maßgabe der Bestimmungen des § 53 Abs. 1-9 Bewertungsgesetz zu erfolgen. Gem. § 53 Abs. 10 BewG ist der Gemeine Wert (=Verkehrswert, Marktwert) dann anzusetzen, wenn der Gemeine Wert geringer ist, als der Wert, (Einheitswert) der sich nach den Bestimmungen der Absätze 1-9 ergeben würde.
Was als 'Gemeine Wert' zu verstehen ist, wrid im § 10 BewG definiert. Lt. Kommentar zum Bewertungsgesetz (Twaroch Wittman Frühwald) handelt es sich beim 'Gemeinen Wert' um einen Marktwert: .... der Gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit eines Wirtschaftsgutes (hier Gebäude) .... bei einer Veräußerung zu erzielen wäre.
Für die Wertfindung können vergleichbare Verkäufe bzw. selbstverständlich vorangegangene Kaufvorgänge, die sich auf das zu bewertende Wirtschaftsgut (Gebäude) bezogen haben, herangezogen werden. Der Gemeine Wert ist unabhängig von einer Betriebsbezogenheit zu ermitteln.
Bei der Bestimmung des § 53 Abs. 10 BewG handelt es sich um eine 'Antragsbestimmung', d.h. wenn auf Antrag der niedrigere Gemeine Wert zum Ansatz kommen soll, dann ist dieser Gemeine Wert vom Antragsteller nachzuweisen. Dieser Nachweis würde im gegenständlichen Fall wohl nur durch ein Sachverständigengutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen für Liegenschaftsschätzungen erfolgen können. In Ihrem Berufungsschreiben beantragen Sie, diesen Gemeinen Wert mit € 1 Mio festzusetzen; wie dieser Betrag ermittelt wurde bzw. auf welcher Schätzungsgrundlage er beruht, wurde nicht dargelegt.
Faktum ist, dass mit Nutzwertgutachten vom des Sachverständigen C 4 neue Wohnungseigentumseinheiten (WE 5 bis 8) parifiziert wurden (durch Abtrennung von der WE 1), die insgesamt einen Nutzwertanteil von 2704/12407 aufweisen. Diese Nutzwertanteile von 2704/12407 wurden mit Kaufvertrag vom bzw. Kaufnachtrag vom um insgesamt 1,2 Mio € brutto an die H-GmbH veräußert. Lt. Kaufvertrag vom bzw. lt. Auskunft der Gemeinde E handelt es sich bei diesen veräußerten Wohnungseigentumsanteilen um Geschäftslokale, ein Gastlokal bzw. um eine Terrassenebene, die sich im Gebäude des Kur- und Kongresszentrums auf Höhe des Straßenniveaus befinden.
Des weiteren befinden sich 511/12407 WE-Anteile im Besitze des Herrn A bzw. 124/12407 WE-Anteile im Besitze der Frau B; bei diesen WE-Anteilen handelt es sich ebenfalls um Geschäftslokale bzw. um ehemalige Bankräumlichkeiten, die ja auch einen entsprechenden Wert präsentieren werden (zB. Kaufpreis für ehemalige Bankräumlichkeiten ATS 2,212.100 - Kaufvertrag vom - Verkauf von der D-Bank an B).
Ausgehend vom Bruttoverkaufspreis von 1,2 Mio € für die im Jahre 2007 veräußerten Nutzwertanteile von 2704/12407 kann wohl nicht behauptet werden, dass der Gemeine Wert des gesamten Gebäudes sich nur auf € 1 Mio beläuft. Nach Ansicht des Finanzamtes ...... liegt daher der Gemeine Wert über dem Wert, der sich nach den Bewertungsbestimmungen für bebaute Grundstücke (§ 53 Absatz 1-9) ergibt, womit dieser Wert zum Ansatz kommt und nicht der Gemeine Wert nach § 53 (10) BewG.
Bei der Bewertung nach den Bestimmungen des § 53 Abs. 1 bis 9 wurde die Tatsache, dass das Gebäude hinsichtlich des Teiles Kur- und Kongressbetrieb durch feuerpolizeiliche Auflagen außer Betrieb ist und weiters die Tatsache, dass das Gebäude ein über 30jähriges Bestandsalter aufweist und daher entsprechende Sanierungsmaßnahmen nötig waren, berücksichtigt.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände wurde das Gebäude unter die Bauklasse 3.22/23 mit einem Wert von € 21,80 (=ATS 300,-) pro Kubikmeter umbauten Raum (entspricht einem Mittelwert für eine weitaus überwiegende einfache Bauausführung) bewertet. Mit diesem Wertansatz wurden die im Berufungsschreiben angeführten Baumängel bzw. anstehenden Sanierungsaufwendungen berücksichtigt.
Da dieser nach den Bestimmungen des § 53 (1-9) ermittelte Wertansatz über dem von Ihnen beantragten Gemeinen Wert (Begründung siehe oben) liegt, kam dieser Wert zum Ansatz."
Fristgerecht wurde dagegen der Antrag gestellt, die Berufung der Abgabenbehörde 2. Instanz zur Entscheidung vorzulegen und eine mündliche Verhandlung vor dem Senat anzuberaumen.
Mit Ergänzungsvorhalt vom wurde die Bf eingeladen, den beantragten gemeinen Wert in Höhe von € 1 Mio nachzuweisen, evtl. ein Sachverständigengutachten vorzulegen.
Mit Schriftsatz vom wurde die Stellungnahme eines Baukonzerns zur möglichen Entwicklung des Ortszentrums - darin wird der Totalabriss mit anschließendem Neubau empfohlen - sowie 2 Zeitungsartikel zum Zustand des Kongresszentrums übermittelt.
Die Abgabenbehörde legte die Berufung und den entsprechenden Verwaltungsakt an den Unabhängigen Finanzsenat vor.
Gemäß § 323 Abs. 38 1. Satz BAO idF FVwGG 2012, BGBl I Nr. 14/2013, sind die am bei dem Unabhängigen Finanzsenat anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden iSd Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
Mit Schreiben vom wurden die Anträge auf mündliche Verhandlung und Senat zurückgezogen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Nach § 60 Abs. 4 BewG sind Betriebsgrundstücke im Sinne des Abs. 1 Z 1 wie Grundvermögen zu bewerten.
Gemäß § 53 Abs. 1 BewG ist bei der Bewertung von bebauten Grundstücken vom Bodenwert (Abs. 2) und vom Gebäudewert (Abs. 3 bis 6) auszugehen.
Als Bodenwert ist nach § 53 Abs. 2 leg. cit. der Wert maßgebend, mit dem der Grund und Boden allein als unbebautes Grundstück gemäß § 55 zu bewerten wäre. Dabei sind insbesondere die Lage und die Form des Grundstückes sowie alle anderen den gemeinen Wert von unbebauten Grundstücken beeinflussende Umstände zu berücksichtigen. Der Wert jener Fläche, die das 10-fache der bebauten Fläche nicht übersteigt, ist um 25 v.H. zu kürzen.
§ 53 Abs. 3 bis 6 BewG zufolge ist der Gebäudewert im Wesentlichen aus dem Neuherstellungswert abzuleiten.
Die bei der Ermittlung des Gebäudewertes gemäß § 53 Abs. 3 bis 5 zu unterstellenden Durchschnittspreise sind in der Anlage zu § 53a BewG festgesetzt.
§ 53 Abs. 7 BewG ordnet eine Kürzung der nach den vorhergehenden Bestimmungen des § 53 ermittelten Summe aus Bodenwert und Gebäudewert an.
§ 53 Abs. 8 BewG sieht eine von der bebauten Fläche abhängige Kürzung der Werte gemäß Abs. 1 bis 7 vor und Abs. 9 regelt die Bewertung von Grundstücken, die sich im Zustand der Bebauung befinden.
§ 53 Abs. 10 leg. cit. lautet:
"Bei bebauten Grundstücken, deren gemeiner Wert geringer ist als der auf Grund der Bestimmungen der Abs. 1 bis 9 ermittelte Wert, ist auf Antrag der gemeine Wert zu Grunde zu legen."
Um den 'geringeren gemeinen Wert' im Sinne des § 53 Abs. 10 BewG geht im Beschwerdefall der Streit.
Diese Bestimmung ordnet an, dass bei bebauten Grundstücken, deren gemeiner Wert geringer ist als der aufgrund der Bestimmungen der Abs. 1 bis 9 ermittelte Wert, auf Antrag der geringere gemeine Wert zugrunde zu legen ist. Ein höherer gemeiner Wert als der ermittelte Wert kommt keinesfalls in Frage. 'Auf Antrag' heißt wohl auch, dass der geringere gemeine Wert nachgewiesen werden muss, denn ein Antrag muss stets begründet sein. Dieser Nachweis fällt erfahrungsgemäß schwer, weil die beigebrachten Sachverständigengutachten sehr oft von verschiedenen Voraussetzungen ausgehen und schon aus diesem Grunde zu einem vom Einheitswert abweichenden Ergebnis gelangen müssen. Grundsätzlich wird daher ein Gutachten nur dann mit der Einheitswertfeststellung vergleichbar sein, wenn es auf gemeinüblichen Methoden beruht. Wichtig ist auch, dass der im § 51 Abs. 1 geforderten scharfen Trennung zwischen Gebäuden und Vorrichtungen entsprochen wird (vgl. Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz, § 53 BewG, Abs. 10, Seite 28).
Der geringere gemeine Wert ist schlüssig nachzuweisen (vgl. ).
Die Abgabenbehörde hat in der Berufungsvorentscheidung den Gebäudewert unter Anwendung der Anlage zu § 53a BewG ermittelt.
Bei der Frage des gemeinen Wertes hat sich das Finanzamt im Wesentlichen an den von der Bf etwa ein halbes Jahr vor dem Feststellungszeitpunkt abgeschlossenen Kaufvertrag plus Nachtrag orientiert. Der Bf ist es nicht gelungen ist, den geringeren gemeinen Wert nachzuweisen, zumal ein entsprechendes Gutachten nicht vorgelegt wurde.
Es kann daher keine Rechtswidrigkeit darin erkannt werden, wenn die Abgabenbehörde zu dem Schluss kommt, dass der gemeine Wert höher ist als der nach den Bestimmungen des § 53 Abs. 1 bis 9 BewG ermittelte Wert in der Berufungsvorentscheidung.
Nach Artikel II des AbgÄG 1982 (BGBl. 570/1982) sind die ermittelten Einheitswerte um 35% zu erhöhen (erhöhter Einheitswert).
Die Berufungsvorentscheidung vom entspricht daher der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen diese Entscheidung eine (ordentliche) Revision unzulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 90/15/0001) folgt.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 53 Abs. 10 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.6100242.2009 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at