Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.02.2015, RV/2100793/2012

Bachelor- und Masterstudium sind zwei Studien

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter AAA in der Beschwerdesache der Bfin. gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom , betreffend die Abweisung des Antrages auf Gewährung einer Differenzzahlung an Familienleistungen für das Kind XY, geboren am TT. April 1987, für die Monate August bis Dezember 2011, zu Recht erkannt:

Die Berufung (jetzt: Beschwerde) wird hinsichtlich der Monate Mai bis Juli 2011 als unzulässig zurückgewiesen.

Hinsichtlich der Monate August 2011 bis Dezember 2011 wird die Berufung (jetzt: Beschwerde) als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin hat im Februar 2012 (unter anderem) einen Antrag auf Gewährung einer Differenzzahlung zwischen den österreichischen und den slowakischen Familienleistungen für das im Spruch genannte Kind für den Zeitraum vom bis eingebracht.

Diesen Antrag hat das Finanzamt mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom hinsichtlich des Zeitraumes von August 2011 bis Dezember 2011 abgewiesen. Die Monate Mai bis Juli 2011 sind zwar in der Begründung erwähnt, nicht jedoch im Spruch dieses Bescheides.

Das Finanzamt hat mit dem angefochtenen Bescheid unzweifelhaft nur für die Monate August bis Dezember  2011 abgesprochen. Für die Monate Mai bis Juli 2011 wurde ein Bescheid (noch) nicht erlassen.
Die Nennung der Monate Mai bis Juli 2011 in der Begründung des für die Monate August bis Dezember 2011 ergangenen Bescheides kann nicht als Bescheid für die Monate Mai bis Juli 2011 umgedeutet werden, da der eindeutige Spruch des angefochtenen Bescheides eine Umdeutung nicht zulässt (z.B. ; , 2003/17/0233; , 2007/17/0115).

Die Beschwerde gegen Ausführungen hinsichtlich der Monate Mai bis Juli 2011 in der Begründung des nur die Monate August 2011 bis Dezember 2011 betreffenden Bescheides erweist sich als unzulässig und war daher, wie im Spruch geschehen zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht darf daher über die Berufung (jetzt: Beschwerde) in der Sache nur hinsichtlich der Monate August 2011 bis Dezember 2011 entscheiden.

Zur Begründung des Bescheides führte das Finanzamt aus:
„Auf Grund der ab geltenden Gesetzesänderung besteht für volljährige, in Berufsausbildung stehende Kinder längstens bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres ein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Ihre Tochter … hat ihr 24. Lebensjahr bereits im April 2011 vollendet. Nach Eintritt der Gesetzesänderung besteht somit ab kein Anspruch mehr auf
Familienbeihilfe.“

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung (jetzt: Beschwerde) führt die Beschwerdeführerin dazu auszugsweise aus:
„Im Sinne des § 2 Buchst. j) des österreichischen Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 wird die FB für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gewährt. Meine Tochter … hat das Studium an der Uni im Alter von 19 Jahren angefangen. Das Studium hat 10 Semester gedauert. Das Magister-Studium hat sie im August 2011 abgeschlossen….“

Mit Berufungsvorentscheidung vom hat das Finanzamt über diese Berufung abschlägig entschieden. In der Begründung weist das Finanzamt im Wesentlichen darauf hin, dass die Tochter der Beschwerdeführerin „nach Abschluss eines Bachelorstudiums am an der … vom bis ein Masterstudium absolviert“ habe. Dieses Masterstudium erfülle aber die im Gesetz genannten Voraussetzungen nicht.
Infolge eines fristgerecht eingebrachten Vorlageantrages gilt die Berufung (jetzt: Beschwerde) wiederum als unerledigt.

Über die Berufung (jetzt: Beschwerde) wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, in der hier anzuwendenden Fassung, haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl Nr 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

§ 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967, in der hier anzuwendenden Fassung lautet:

„Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird.

Die Tochter der Beschwerdeführerin hat im Jahr 2009 ein Bakkalaureatsstudium (gesetzliche Studiendauer: sechs Semester, 180ECTS) abgeschlossen. Im Anschluss daran absolvierte sie in der Zeit vom bis ein darauf aufbauendes Masterstudium (gesetzliche Studiendauer: vier Semester, 120ECTS).

Eine gesetzliche Studiendauer von zehn Semestern läge somit nur dann vor, wenn man, wie es die Beschwerdeführerin vermeint, das Bakkalaureats- und das Masterstudium als eine Einheit anzusehen hätte.

Einer derartigen Beurteilung steht jedoch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegen.

Im Erkenntnis vom , 2011/16/0066, führte der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf das (Vor-)Erkenntnis vom , 2011/16/0086, wörtlich aus:

"Die belangte Behörde geht zutreffend davon aus, dass der Sohn der Beschwerdeführerin mit dem Abschluss des Bachelorstudiums eine Berufsausbildung abgeschlossen hatte und dass das mit September 2007 begonnene Masterstudium ein davon getrenntes neues Studium und eine neuerliche weitere Berufsausbildung darstellt."

Im erwähnten Erkenntnis vom , 2011/16/0086, leitete der Gerichtshof diese Rechtsansicht aus den Bestimmungen der §§ 3 bis 5 FHStG ab. Vergleichbare Bestimmungen finden sich auch im Universitätsgesetz (UG) 2002, wobei § 51 Abs. 2 Z 2 UG die Diplomstudien, die Bachelorstudien, die Masterstudien und die Doktoratsstudien als (eigenständige) ordentliche Studien qualifiziert. Die Bestimmung des § 51 Abs. 2 Z 10 UG normiert, dass Bachelorgrade die akademischen Grade sind, die nach dem Abschluss der Bachelorstudien verliehen werden.

Nach § 6 Z 2 StudFG ist Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe, dass der Studierende noch kein Studium (§ 13 StudFG) oder keine andere gleichwertige Ausbildung absolviert hat. Gemäß § 13 Abs. 1 StudFG ist unter Studium eine auf Grund der einschlägigen Studienvorschriften durchgeführte Ausbildung an den im § 3 StudFG genannten Einrichtungen zu verstehen. Besonders deutlich wird die Tatsache, dass es sich bei einem Bakkalaureatsstudium und einem Magisterstudium um zwei getrennte Studien handelt durch die Bestimmung des § 15 Abs. 4 StudFG, wobei diese ausdrückliche Ausnahmebestimmung vom Grundsatz des § 6 Z 2 StudFG nicht notwendig wäre, wenn Bachelor- und Magisterstudium grundsätzlich als Einheit anzusehen wären ("Anspruch auf Studienbeihilfe für ein Doktorratsstudium besteht trotz Absolvierung eines Diplomstudiums oder eines Bakkalaureatsstudiums...").

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass ein Bakkalaureatsstudium als eigenständiges Studium mit eigenem Abschluss anzusehen ist und mit einem daran anschließenden Masterstudium keine Einheit bildet.

Die im § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967 genannten Voraussetzungen liegen daher hinsichtlich des Masterstudiums nicht vor, sodass der angefochtene Bescheid insoweit der anzuwendenden Rechtslage entspricht und die Berufung (jetzt: Beschwerde) insoweit abgewiesen werden musste.

Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision nur zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das vorliegende Erkenntnis wird auf die in seiner Begründung angeführte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gestützt, sodass eine Revision nach der genannten Norm nicht zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
§ 6 Z 2 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 15 Abs. 4 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§§ 3 bis 5 FHStG, Fachhochschul-Studiengesetz, BGBl. Nr. 340/1993

§ 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 13 Abs. 1 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 13 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 51 Abs. 2 Z 10 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002
§ 6 Z 2 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 51 Abs. 2 Z 2 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002
ECLI
ECLI:AT:BFG:2015:RV.2100793.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at