Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.02.2017, RV/2100131/2011

Höhe Verspätungszuschlag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin als Vertreterin in der Beschwerdesache

SRL, vertreten durch Witago WP und StB GmbH, Schönbrunnerstr. 43/2/13, 1050 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde FA Graz-Stadt vom , betreffend Verspätungszuschlag Umsatzsteuer Jänner 2010 und Februar 2010 zu Recht erkannt: 

Die angefochtenen Bescheide werden – ersatzlos – aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin ist eine italienische Kapitalgesellschaft.

Am reichte die Bf. die UVA für Jänner und Februar 2010 ein.

Mit Bescheiden vom selben Tag wurde ein Verspätungszuschlag im Ausmaß von 8% der Vorauszahlung (Jänner 1.207,43 Euro) iHv 96,59 Euro bzw. (Februar 1.331,18 Euro) iHv 106,49 Euro festgesetzt.

In der dagegen eingebrachten Berufung (nunmehr Beschwerde) wandte sich die Bf. gegen die Höhe der Verspätungszuschläge und führte aus, dass 8% in Anbetracht der relativ kurzen Verspätung überhöht seien.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung ab.

Im Vorlageantrag wiederholte die Bf. ihr Vorbringen und ergänzte die Berufung um die Feststellung, dass der %-Satz nicht begründet wurde.

Rechtslage

Bundesabgabenordnung BGBl 194/1961 idF BGBl 71/2003:

§ 135 Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

Das BFG hat erwogen

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994, BGBl. Nr. 663/1994 idgF hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung.

Gemäß § 135 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu zehn Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag.

Wird eine einzureichende Umsatzsteuervoranmeldung nicht fristgerecht abgegeben, kann ein Verspätungszuschlag verhängt werden (vgl. Ruppe, UStG³, § 21, Tz 19; ).

Da der Verspätungszuschlag die gesetzlich vorgesehene Sanktionierung der Verletzung der Erklärungsfrist ist, ist somit allein auf diese Frage, nicht auf die Frage der Zahlungspünktlichkeit oder des Zahlungsverzuges Bedacht zu nehmen (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 1994, Band 2, 1539).

Zweck des Verspätungszuschlages ist, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen (; ; ) und damit die zeitgerechte Festsetzung und Entrichtung der Abgabe sicherzustellen (Ritz, BAO5, Tz 1 zu § 135). Er stellt die Einhaltung einer geordneten Abgabenfestsetzung sicher.

Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen.

Bei der Ermessensübung ist die grundsätzliche Zielrichtung des Verspätungszuschlages sowie Art und Ausmaß der objektiven Pflichtwidrigkeit des säumigen Abgabepflichtigen zu berücksichtigen ().

Sie setzt voraus, dass ein Abgabepflichtiger die Frist bzw. Nachfrist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht einhält und dass dies nicht entschuldbar ist.

Eine Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft; bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus (vgl. dazu Ritz, BAO5, § 135 Tz 4 und 10 mwN).

Als Kriterien für die Ermessensübung zur Festlegung der Höhe des Verspätungszuschlages von maximal zehn Prozent der festgesetzten Abgabe sind vor allem das Ausmaß der Fristüberschreitung, die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils, das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen (der Umstand, ob der Abgabepflichtige bereits mehrfach säumig war), sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. unter Hinweis auf Ritz, BAO³, § 135, Tz 13).

Im Rahmen des Ermessens sind auch der Liquiditätsvorteil und der Wettbewerbsvorteil gegenüber pünktlich erklärenden Abgabepflichtigen zu berücksichtigen (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 1994, Band 2, 1534).

Es ist unbestritten, dass die Umsatzsteuervorauszahlungen für die Voranmeldungszeiträume Jänner und Februar 2010 nicht am bzw. am sondern am entrichtet wurden. Bis zu den vorhin genannten Fälligkeitstagen wurden auch keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht.

Damit liegen bezüglich der einzelnen Voranmeldungszeiträume Fristüberschreitungen hinsichtlich der einzureichenden Umsatzsteuervoranmeldungen von etwas mehr als einem Monat bzw. zwei Monaten vor.

Demzufolge ist wegen Verletzung der sich aus § 21 Abs. 1 erster und zweiter Unterabsatz UStG 1994 iVm § 1 der Verordnung des BM Finanzen, betreffend die Abstandnahme von der Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen, BGBl. II Nr. 206/1998, ergebenden Verpflichtung, wonach für den Fall, dass die Vorauszahlung nicht oder nicht in voller Höhe entrichtet wird, eine Umsatzsteuervoranmeldung einzureichen ist, die grundsätzliche Berechtigung zur Auferlegung von Verspätungszuschlägen nach Maßgabe des § 135 BAO jedenfalls gegeben. Für die unbestritten verspätet erfolgte Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldungen wurden auch keine Entschuldigungsgründe angegeben.

Mit Rücksicht auf das das abgabenbehördliche Rechtsmittelverfahren beherrschende Gebot der prinzipiell meritorischen Entscheidung über ein Rechtsmittel geht auch das Recht und die Pflicht zur Ermessensübung auf die Berufungsbehörde über.

Im Rechtsmittelverfahren hat somit die Rechtsmittelbehörde die Ermessensentscheidung im eigenen Namen und unter eigener Verantwortung zu treffen, von sich aus inhaltlich zu gestalten und zu vertreten (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Band 1, 213).

Im Rahmen der Ermessensübung bezüglich der Höhe der auferlegten Verspätungszuschläge ist insbesonders auf die Dauer der Fristversäumnis, die Höhe des finanziellen Vorteils und das bisherige Verhalten des Abgabepflichtigen Bedacht zu nehmen.

In diesem Zusammenhang stellen ein bzw. zwei Monate Fristüberschreitung eine relativ kurze Dauer dar, die Höhe des finanziellen Vorteils hält sich bei einer Zahllast von rund 1.300 Euro in Grenzen und die Bf. war – soweit ersichtlich – auch erstmals säumig.

Unter diesem Aspekt ist eine Festsetzung des Verspätungszuschlags mit 8% jedenfalls überhöht.

Der UFS (-G/08) hat in einem vergleichbaren Fall (einem ausländischen Unternehmer) bei einer Fristüberschreitung von rund einem Monat und einem relativ niedrigen Vorauszahlungsbetrag selbst im Wiederholungsfall einen Verspätungszuschlag von 3% als angemessen beurteilt.

Auch im Beschwerdefall ist ein Verspätungszuschlag von 3% angemessen.

Für Jänner 2010 ergibt das rechnerisch 36,22 Euro (3% von 1.207,43 Euro), für Februar 2010 sind das 39,93 Euro (3% von 1.331,18 Euro).

Da Verspätungszuschläge unter 50 Euro gem. § 135 BAO nicht festzusetzen sind, und dies auch im Rechtsmittelverfahren zu beachten ist (vgl Ritz, BAO5, § 135 Tz 15 unter Verweis auf ), waren die Bescheide aufzuheben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2017:RV.2100131.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at